Das Aging der Kopfplatte
Nun geht es der Gitarre aber definitiv an die Substanz. Deshalb muss dieser Schritt wirklich sehr gut überlegt werden. Ich brauchte dazu doch 9 Jahre. Wenn man beginnt, so kann ab dem ersten Eingriff nichts mehr rückgängig gemacht werden. Deshalb unterscheidet dieser Beitrag sich schon grundsätzlich von meinen anderen Ausführungen. Denn alles was bis jetzt an der Gitarre gemacht wurde, auch jene, welche im Tread:
https://www.musiker-board.de/modifi...460405-upgrading-les-paul-19.html#post6025423 beschrieben sind, lassen sich wieder in den Originalzustand zurückversetzen.
So sah die Kopfplatte etwa im Jahr 2005 aus:
Ausser einem kleinen Hick von einer Unachtsamkeit meinerseits und einigen kleinen Kratzern vom Saitenwechsel war sie noch wie neu.
Aber zuerst einige Gedanken zu den Lackrissen des Lackes. Nun, die Originale hatten eine Nitrolackierung. Diese Gitarre hat eine Nitrolackierung mit einem Anteil von ca. 1% Nitro. Der Rest ist Kunstharzlack mit viel Weichmacher. Denn die Lacke sollen ja schön bleiben. Nicht alle Leute möchten ja eine alte, runtergespielte Gitarre. Die Nitrolacke beginnen schon in der Trocknungsphase, wenn sie aushärten durch die Spannungen die dadurch entstehen, zu springen. Dann wurden viele der alten Gitarren grossen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Wurden sie zum Beispiel im Flugzeug über den Atlantik transportiert, was ja des Öfteren vorgekommen sein soll, dann war die Gitarre total durchgefroren. Die Gepäckabteile waren damals noch nicht klimatisiert. Da konnte es also durchaus vorkommen, dass da Temperaturen um die -30° Celsius herrschten. Heute betragen die Temperaturen in einem Gepäckabteil zwischen 0° und 15° Celsius. Können wir uns also diese Methode zum Aging unseres Lieblings, abschminken. Was wir aber daraus entnehmen können ist, dass eine Gitarre sehr grosse Temperaturschwankungen schadlos überstehen kann. Denn auf einer Konzertbühne an einem Open Air, wenn die Gitarre schon bereitsteht, können durchaus Temperaturen über 40° Celsius herrschen. Nun, aber wie bekommen wir den unsere so heissgeliebten Lackrisse auf den Lack?
Nun, es gibt verschiedene Methoden. Die Kälte kann mit einem Kältespray nachgeahmt werden. Ich habe gehört, dass diese Methode viel angewandt wird. Nur, ich habe absolut keine Erfahrungen damit und weiss nicht, ob der Lack dann so springt, wie ich es mir wünsche. Deshalb habe ich mich für die mechanische Methode entschieden.
Folgendes Material kam zum Einsatz:
Vor allem arbeitete ich mit diesem Skalpell:
Sehr wichtig ist, dass die Skalpelle extrem scharf sind. Wenn nicht, dann gibt es keine sehr schönen und eher breite Risse. Auch habe ich zuerst fast zu viel Druck auf das Skalpell ausgeübt.
Nun, dies können wir wieder etwas korrigieren, indem der Riss mit ganz feinem Schmirgeltuch oder einem Glasradierer etwas korrigiert wird. Man muss sich auch informieren, wie die Risse verlaufen. Meist überqueren sie die ganze Kopfplatte, können aber auch ineinanderlaufen und sich dann zu einem Riss vereinen. Ganz wichtig, da habe ich leider einen Fehler gemacht: Der Gibson Schriftzug ist nicht von Rissen durchzogen. Aber meist reisst der Lack um den Schriftzug herum.
Das Anbringen der Risse braucht viel Zeit. Die Mechaniken müssen zwingend abmontiert werden. Dann muss die Gitarre gut fixiert sein und die Kopfplatte unterlegt, damit auch Druck darauf ausgeübt werden kann. Aber wie schon gesagt, lieber zuerst ganz feine Haarrisse anbringen. Breiter machen kann man diese immer noch, da das Skalpell dann am feinen Riss entlang läuft.
Nun, als ich meine Kopfplatte mit den gewünschten Vertiefungen fertig hatte, fragte ich mich schon: Was machst du denn da??? Sieht ja nicht sehr schön aus. Die Risse waren silberfarben. Also schliff ich sie mit feinem Schmirgeltuch etwas an, aber nicht zu fest. Danach kam wieder mein Allroundmittel das Kaliumpermanganat zum Einsatz. Mit einem Pinsel bestrich ich die Kopfplatte und schaute, dass die Risse gut gefüllt waren. Der Effekt sah dann so aus:
Aber wieder war ich noch nicht zufrieden. Deshalb polierte ich die Kopfplatte zuerst mit Autopolitur, danach mit der AMOR-Paste, welche ich vor 25 Jahren von einem Geigenbauer bekommen habe. Danach polierte ich die Kopfplatte mit der Polierscheibe. Damit wurde der Les Paul Schriftzug auch, wie auf den meisten alten Gitarren, abgewischt, aber trotzdem noch lesbar. An den Historic Collection Les Pauls wird dieser immer zerstört, weil er im Siebdruckverfahren angebracht wurde, eben wie früher. Auf den meisten anderen Paulas, ist er als Schiebebild aufgebracht und darüber lackiert.
Nun mit der Farbe der Risse bin ich noch nicht ganz zufrieden. Da wird es sicher noch ein Update geben. Ich möchte diese dunkler einfärben, eher Richtung schwarz. Vermutlich werde ich da mal mit der Methode, welche ChevChelios empfohlen hat, der Schuhcremé probieren. Sonst werde ich dies mit dünnflüssiger Acrylfarbe machen. Ich berichte wieder darüber.
Ab morgen Montag beginnt die Schule wieder zu 100%. Deshalb wird es bis zum nächsten Update schon noch eine gewisse Zeit gehen. Nun können wir ja in der Zwischenzeit über gemachte Erfahrungen austauschen.
Das nächste Thema widmet sich dann den Erfahrungen mit dem Lack. Auch da natürlich Risse auf dem Korpus usw.
Grüsse von Peter