Die Frage nach Vibrato als Qualitätsmerkmal beantworte ich mal mit einem klaren JEIN. Es gibt nämlich zwei Arten von Vibrato, das natürliche und das künstliche Vibrato. Das natürliche Vibrato entsteht beim Singen mit weichem Stimmbandschluss automatisch (so wie bei Buddy wenn er Elvis singt), wenn man die richtigie Grundspannung im Atemtrakt hat. Diese Grundspannung (manche sagen gummiartige Spannung) sollte man bei jeder Art von Gesang haben. Somit ist das natürliche Vibrato in der Tat eine Art Qualitätsmerkmal, nämlich dafür, ob man die richtige softe Spannung im Atemtrakt hat.
Im Pop und erst Recht im Rock ist es aber üblich mit einem härteren Stimmbandschluss zu singen. Dieser verringert in der Regel das Vibrato (bis hin zur Nichtexistenz bei hartem Rockgesang wie z.B. Steven Tyler) und macht die Stimme "gerade". Trotzdem muss man noch die gummiartige Spannung im Atemtrakt behalten, sonst besteht die Gefahr dass man zu sehr presst. Deshalb halte ich es für ganz gut, den Gesang aus einem weichem Stimmbandschluss (mit natürlichem Vibrato) heraus zu entwickeln und dann graduell die Stimmbänder stärker zu schließen bis das Vibrato verschwindet, dann hat man genau die richtige Atemspannung, die "gerades" Singen ohne Pressen ermöglicht.
Musicalsänger machen es häufig so, dass sie einen langen Ton hart (popartig) ansetzen und dann Stimmbandspannung wegnehmen, um den Ton mit Vibrato ausklingen zu lassen.
Ein Vibrato hat im allgemeinen zwei Vorteile
1) Es fällt nicht so auf, wenn man den Ton nicht genau trifft, weil man sozusagen um den Ton herumeiert und ihn zwischendurch immer mal wieder trifft
2) Man kann Töne länger halten. Dies kann man sich so vorstellen, dass man bei geradem Gesang einen konstanten Luftstrom ausstösst, während man beim Vibrato immer mal kurz keine Luft ausströmen lässt (das kann man ein wenig mit Lachen vergleichen).
Aufgrund dieser Tatsachen ist es halt auch ein Qualitätsmerkmal, wenn man "gerade" singt und trotzdem noch die Töne treffen und lange halten kann ohne zu pressen, weil das alles beim "gerade" Singen einfach schwieriger ist.
Das künstliche Vibrato entsteht, wenn man mit hartem Stimmbandschluss singt und dann willentlich eine Art Lachreflex auslöst. Das nennt man auch Presslufthammervibrato. Das künstliche Vibrato wird erzeugt, wenn der Sänger der Meinung ist, dass das schöner klingt oder wenn er verschleiern will, dass er den Ton nicht trifft. Diese Art von Vibrato kann sich aber auch sehr leicht wie hässliches Wabern anhören.
Eine weitere Anwendung von künstlichem Vibrato sind sehr hohe Belts, die im Pop/Rock, aber nicht in der Klassik vorkommen. Das sind Belts, die höher liegen als die klassische Top-Note des jeweiligen Stimmfachs, also beim Tenor z.B. höher als das hohe C, aber noch nicht im Falsett-Bereich. Bei diesen Tönen ist der Atemdruck so hoch, dass man die gummiartige Spannung nicht mehr halten kann. Um den Kehlkopf ein wenig zu entlasten wird dann entweder Vocal Fry hinzugefügt (Screaming) oder halt ein Presslufthammervibrato. Wenn man so will ist Fry Screaming eine Art künstliches Vibrato, das am Kehlkopf erzeugt wird anstatt im Atemtrakt ;-)
Die Hauptcharakteristik des Vibrato ist übrigens nicht die Änderung der Tonhöhe (wie etwa bei einer Sirene), sondern das Stakkatoartige anhalten des Lufstroms (wie etwa beim Lachen).
So, das ist so ziemlich alles, was ich zu dem Thema sagen kann ;-)
EDIT: Ach ja, es gibt ein paar Sänger (u.a. die Power Metal Sänger, die Buddy nannte), die es schaffen, auch im Über-Top-Note-Bereich noch ein natürliches Vibrato zu haben. Die erreichen das durch ein ganz extremes Ausdünnen der Stimme, die dadurch extrem dünn und beißend klingt (Power Metal-typisch eben). Die Sänger, die das können, sind die, die in der Klassik für das Countertenor-Stimmfach in Frage kommen.