Hallo allerseits,
Vor ein paar Wochen hatte ich beschlossen ein Review zu einer der, sagen wir mal etwas unkonventionelleren E-Geige zu schreiben: Die
Wood Viper!
Allerdings konnte ich meinen Erfahrungsbericht aufgrund technischer Probleme nicht veröffentlichen, nicht einmal abspeichern, und so hab' ich mir heute gedacht ich versuch' das ganze noch einmal zu schreiben.
Immerhin kann man das Teil nicht wirklich mit anderen Instrumenten vergleichen, wegen den Features, die es zu dem Instrument machen, das es ist.
Und ich habe festgestellt, dass auch hier im Forum ein paar Musiker herumstöbern, um einen Erfahrungsbericht zur Viper zu finden.
Vor zwei Jahren ging's mir nämlich genauso. Ich suchte vergeblich jemanden, der seine Erfahrungen mit dem Instrument mit mir teilen könnte.
Die einzige Informationsquelle für mich war damals Mark Wood's Homepage und das zugehörige Forum bzw. "message board". (
http://www.woodviolins.com/wvmb/index.php)
Für diejenigen, die des Englischen nicht mächtig sind, allerdings unbrauchbar. (Trifft gottseidank nicht auf mich zu)
Im Mai 2010 habe ich dann etwas sehr gewagtes, andere würden's dumm nennen, getan. Ich hab' die Katze im Sack gekauft.
Gekauft habe ich ein 5-Saitiges Ausstellungsstück (natural Finish). Fretted (mit Bünden) und dem Standard-Pickup. (Ich hatte bereits einen Tonabnehmer von Barbera zuhause, den ich ein Jahr früher für ein Eigenbau Projekt gekauft hatte) Damals noch Schüler, war auch der Preis ein ganz wichtiges Kriterium. (Ist heute allerdings nicht anders, als ob's den Studenten besser ginge...
). Dadurch, dass es ein Ausstellungsstück war, und diversen anderen glücklichen Zufällen, auf die ich allerdings nicht extra eingehen will, habe ich das Instrument etwas billiger kaufen können. Für alle die's interessiert: Generell gilt $ = (Durch Importkosten, Steuern etc.)
Erst einmal ein paar Worte zum Instrument selbst:
Die Anzahl der Saiten
Kauft ihr eine Wviper, habt ihr die Wahl zwischen 4, 5, 6 oder 7 Saiten. (Stimmung: immer eine Quinte tiefer) Für mich mussten es 5 Saiten sein! Dies ist dann auch der erste Punkt, an dem sich die Geister scheiden mögen. Viele behaupten, sie wären lange Jahre mit 4 Saiten ausgekommen. Das geb' ich gerne zu, ging' mir auch so. Allerdings merke ich jeden Tag, dass das Instrument mit einer C-Saite sehr viel an Vielseitigkeit gewinnt. Jeder, der mit Loopern herumspielt, und sich Basslinien einspielen will, weiß was er an einer Unterquinte hat. Gut, mann kann's auch mit Oktav-pedalen simulieren, ich bevorzuge allerdings die analoge Variante. Meiner Meinung ist das Ganze Geschmackssache, das werdet ihr auch an vielen weiteren Stellen hier lesen, tut mir Leid ;-)
Allerdings muss man sich erst einmal umgewöhnen, im Nachhinein beeinflusst die 5. Saite meiner Meinung nach die Spielbarkeit, oder den Komfort in keinster Weise.
Da wären wir auch schon bei meinem zweiten Punkt angelangt:
Dem Spielekomfort.
Dies ist einer der Punkte, an dem das Instrument so richtig punkten kann. Das «*Straplock-System*» funktionniert tadellos. Noch nie war es angenehmer eine Geige zu spielen. Das Instrument wird nämlich nicht zwischen Kinn und Schulter eingeklemmt. Mithilfe eines ausklappbaren Arms und einer Strap, ähnlich wie bei ner Gitarre, hält sich das Instrument von selbst oben. Die Genickmuskulatur bleibt völlig unbelastet. Das ist etwas schwerer in Worte zu fassen, ich denke das Video spricht für sich.
http://www.youtube.com/watch?v=sPtfwe3-5S4&feature=related
Für alle Metalheads: Wenn ihr das nötige Maß an Koordination mitbringt, könnt ihr also während ihr spielt ununterbrochen Headbangen. Ich kann's nicht
Wie gesagt, der Spielkomfort ist meiner Meinung nach unübertroffen.
Kommen wir zum nächsten Kontroverse:
Bünde / Frets
Vorab: Ich habe über 10 Jahre Geigenunterricht genommen, und der Grund, weshalb ich eine Violine mit Bünden gekauft habe, sind nicht die Intonationsschwierigkeiten. Jedenfalls nicht direkt.
Ich war mir damals glaube ich gar nicht bewusst, weshalb ich unbedingt welche wollte, es musste einfach sein. Wahrscheinlich einfach weil's verdammt gut aussieht, und weil's einfach etwas anderes ist. Think different halt ;-).
Heute weiß ich's besser, ich kenne die wahren Vorzüge davon. Zum einen ist es verdammt unbehaglich, wenn man auf ner Bühne steht und kein gutes Monitoring hat. Dann ist man froh wenn man etwas hat, woran man sich festhalten kann.
Vorallem verleihen die Bünde ein ganz anderes Spielgefühl. Ich habe in den anderthalb Jahren mit der Viper ein viel akkordischeres Empfinden gekriegt. Ich kann es nicht richtig in Worte fassen, meiner Meinung nach ist dies ein ganz subjektives Thema, das Instrument fühlt sich einfach anders an, und ich spiele es auch anders, als eine klassische Geige.
Glissandi bleiben unbeeinflusst von den Bünden. Das Vibrato habe ich mir zum größten Teil allerdings wieder abgewöhnt. Nicht, dass es nicht möglich wäre, ich finde nur, dass es nicht besonders gut mit den Bünden klingt. Bzw. durch einen verzerrten Gitarrenamp.
Die Bünde bringen allerdings auch ihre negative Seite mit sich. Das Säubern des Griffbretts ist etwas schwieriger. Vorallem nahe am Steg sind die Abstände so gering, dass man oft nicht dazwischen reinigen kann, bzw. nur sehr umständlich.
Außerdem verkürzen sie die Lebensdauer der Saiten, weshalb ich auch generell recht billige Saiten verwende.
Ich will niemandem die Bünde schön reden. Es ist eine absolute Geschmackssache. Mir gefällt's, deshalb versuche zu erklären wieso. Ich verstehe auf der anderen Seite, die Gegner von Bünden jedoch durchaus.
Der Sound
Klingen tut das Instrument absolut traumhaft, verglichen mit Billig-Klampfen. Und es rauscht nichts! Ich habe selbst nie die Gelegenheit gehabt Zetas oder Yamahas anzuspielen,
weil ich schlicht und einfach niemanden kenne, der E-Geige spielt, und es auch keine Shops in Luxemburg gibt, die welche anbieten.
Ich habe nur ein oder zwei billige Teile aus Plastik zum anspielen gehabt (Preisbereich 100 Euro mit allem), und wie gesagt, es ist nicht zu vergleichen. Der Tonabnehmer ist, wie bereits erwähnt, von Barbera Transducer Systems, ein Twin Hybrid Modell. Der Ton ist sehr warm und klar. Kommt meiner Meinung nach am besten mit Röhren-Verstärkern zur Geltung, darauf will ich allerdings gleich etwas detaillierter eingehen. Ein ausgeglichener Basis-Sound ist die Grundlage für alle weiteren Sounds.
Wenn ich von Sound rede, komme ich nicht um Effekte, Verstärker drumherum. Diese sind ebenso am Klang beteiligt, deshalb sind sie auch ein Teil davon.
Nun stellt sich die Frage,
welche Art Verstärker man benutzt.
Hier scheiden sich, wie so oft
, die Geister erneut. Ich habe selbst viel darüber gelesen, vorallem im Wood Message Board. Dabei habe ich herausgefunden, dass es keine eindeutige Antwort gibt. Manche reden von Keyboard-Amps, andere von Straight-into-PA, Akustik-Amps, Gitarren-Amps, ja sogar Bass-Verstärker erfreuen sich angeblich höchster Beliebtheit. Ich für meinen Teil fühlte mich immer den Gitarren am nächsten, deshalb fiel auch meine Entscheidung auf Gitarren-Verstärker. Schnell bemerkte ich die Vorzüge von Röhrenamps gegenüber den billigeren Transistorverstärkern. Wie so oft langte das Geld jedoch nicht, und ich spielte lange Zeit einen billigen Marshall Transi. Danach bin ich auf einen Marshall JCM2000 DSL401 Combo umgestiegen. Momentan spiele ich einen Orange AD30 Head mit 410er Box. Überhaupt kann ich Orange empfehlen, sie kosten zwar ihr Geld, wenn ihr jedoch eine Gebrauchtanzeige seht, versucht's einfach einmal, die klingen meiner Meinung nach super mit Violine. Werden auch im WV Message Board hoch gelobt. Letztendlich bleibt auch dies Geschmackssache. Probieren geht halt über studieren, so ist's definitiv auch bei den Verstärkern.
Mich entzückt einfach die Wärme und Präsenz eines schönen Röhrenverstärkers jedes Mal erneut. Geschmackssache, ich steh' halt drauf!
Last but not least habe ich hier auch sehr viel über
Pedalkompabilität gelesen. Eigentlich ist jedes Pedal kompatibel mit der Violine. Manche tun halt besser klingen als andere, aber generell funktionniert alles, was mit Gitarre funktioniert, und noch mehr! Ich benutze jedenfalls ausschließlich Gitarrengear. Ich zähl einfach mal schnell auf, worum es sich handelt. Jedoch gilt auch hier leider: Es gibt keine absolute Wahrheit, ihr müsst testen was euch gefällt!
Dunlop Slash Signature Wah
Korg Pitchblack Tuner (Kann ich nur empfehlen: sehr robust, sehr präzise, funktionniert super mit Violine)
MXR DynaComp (Kompressor, den ich als Booster für cleane Soli einsetze)
Marshall Jackhammer JH-1 (Sound ist ganz in Ordnung für Classic Rock)
Boss Metal Zone MT-2 (Die Metal-Zerre, die in dem Preisbereich am besten mit meiner Viper klingt. Bei weitem! Allerdings nicht im Bühnengebrauch, weil der Sound nicht zum Rest der Band passt)
Boss DD-3 (Digital Delay. Ein Must-have)
Digitech JamMan Stereo ('Ne Loopstation, viel gibt's dazu nicht zu sagen
)
Fazit:
Hat sich der Kauf gelohnt? Definitiv. Ich habe auf viel verzichten müssen, um mir das Teil zu leisten, ich bereue es jedoch keinen Augenblick. Gut, das Teil ist teuer, ich finde jedoch, dass der Preis gerechtfertigt ist. Viele mögen behaupten, es wäre Irrsinn, soviel Geld auszugeben, aber ich denke, das muss jeder für sich entscheiden. Ich für meinen Teil habe mein Geld gut angelegt, in ein Instrument, das mir noch viele Jahre Spaß bereiten wird. Ob Frets, oder nicht, 4,5,6 oder 7 Saiten, ist Geschmackssache. Es ist halt kein Mainstream-Instrument, man hasst oder liebt es. Ich zähle mich zu Letzteren
.
Das war's von mir, ich hoffe ich konnte euch einen Einblick verschaffen.
Für weitere Fragen steh' ich gerne zur Verfügung!
Roadjack over and out!
PS: Alle Infos sind natürlich rein subjektiver Natur, es ist ein Erfahrungsbericht. Ich habe viel aus meinem persönlichem Empfinden geschildert, es sind keine absoluten Wahrheiten, bloß Anregungen.