Fingers Freddy
Registrierter Benutzer
Howdy!
Also:
Als ich letztens wieder nichtsahnend durch den Music Shop in München schlenderte, stach mir eine kleine, weiße Gitarre ins Auge. Sie auf den ersten Blick wie eine Paula aus, entpuppte bei näherem Hinsehen jedoch als ein mehr oder weniger originalgetreues Remake einer 1959er Gibson Melody Maker (Wer sie nicht kennt: die Melody Maker war anno '59 als eine Gitarre für Einsteiger mit wenig Geld gedacht, die sich dennoch eine echte Gibson umschnallen wollten).
Ich spielte die Gitarre eine Weile über verschiedene Amps an, und da sie über jeden mein Ohr mit orgasmatischen Klängen bezirzte, überkam mich irgendwann ein unbändiger Kaufdrang - dem ich bei dem Preis von gerademal 400 Euro auch nicht lange standhalten konnte.
Ob sie jedoch diesen Eindruck verfestigen konnte, oder ob sie am Ende doch nur eine Mogelpackung ist, lest ihr im folgenden Review über die "Gibson für jedermann".
Specs
Die Melody Maker ist komplett aus Mahagoni gefertigt und hat einen sauber eingeleimten Hals (zur Erinnerung: 400 Euro!!) mit Palisander-Griffbrett, der ein eher dünnes, SG-artiges Profil aufweist. Auffällig ist die sehr eigene Kopfplatte, die viel schlanker als die normalen Gibson-Kopfplatten ist. Die Mechaniken sind ganz im Retro-Style gehalten. Sehr sexuell ist der Body, der äußerst dünn und offenporig-matt lackiert ist und mit einem aufreizenden, eigenwillig designten Pickguard verziert wird.
Am Steg findet sich ein einzelner, einsamer Singlecoil wieder, der aus Gibson-eigener Produktion stammt ("special designed"). Anstatt eines Neck-Pickups prangt der Schriftzug "Melody Maker" am Halsansatz. Noch ein Volume- und ein Tone-Poti sowie eine ziemlich mittig angeordnete Buchse, und das war's mit der Elektronik. Die Saiten schlingen sich verführerisch um ein einfaches Wraparound-Tailpiece. No Bullshit!
Die Gitarre ist absolut sauber verarbeitet, da gibt's nirgendwo was zu meckern!
Zum Lieferumfang gehört ein komfortabler Pappkarton.
Spielkomfort
... ist durchaus vorhanden. Was als erstes auffällt: Die Gitarre ist äußerst leicht und damit orthopädisch absolut unbedenklich, bei einem breiteren Gurt dürfte man sie nicht einmal bemerken. Zwei-Stunden-Gigs sind mit der Melody Maker sicher kein Problem.
Der Hals gehört mit zum bequemsten, was ich je in den Fingern hatte. Nicht nur das Profil erfreut die geplagte Greifhand (das hätte ich ja schon bei meiner SG), sondern vor allem auch der nicht vorhandene Lack, der bei anderen Gitarren ja oft zum "Bremser" für diejenigen wird, die wie ich beim Spielen viel schwitzen. Bei der Melody Maker macht's hingegen großen Spaß, auf und ab zu schubbern.
Negativ hingegen fallen die recht klein geratenen Gurtpins auf, die bei mir schon zu einigen Beinahe-Unfällen geführt haben, hier sollten dringend Straplocks nachmontiert werden. Auch die sehr zentral angeordnete Buchse könnte zu einigem Kabelwirrwarr führen.
Von Werks wegen ist die Melody Maker korrekt eingestellt, da gab's - für meinen Geschmack - nichts zum Nachschrauben.
Jetzt aber nicht's wie ab zum vorgewärmten Plexi und eingestöpselt das gute Ding!
Sound
Test-Amp: Marshall 1987x Reissue (50W-Plexi) + Orange-Box + Marshall Bluesbreaker
Die Melody Maker kann vor allem eines: rotzen. Und zwar richtig dicke, schleimige Batzen Rock'n Roll. Der eine Singlecoil tut seine Sache wirklich gut. Er klingt durch den Mahagoni-Body nicht so penetrant trommelfell-zerhackend wie beispielsweise einige Strat-Stegsinglecoils, sondern verknüpft eine ordentliche Portion Biss, Knackigkeit und Transparenz mit solidem Fundament untenrum. Klassische Rockriffs haben (mit einem lauten, crunchy Plexi-Marshall) selten besser geklungen.
Dreht man das Volume-Poti zurück, wird eine Besonderheit offenbar: die Gitarre verliert einen Teil ihrer Höhen. Das kann man als Konstruktionsfehler/Schwäche sehen, muss man aber nicht: der Sound wird so viel weniger aufdringlich. Und vor allem wunderschön. Dieser unscheinbare Singecoil zaubert dann Cleansounds aus dem Ärmel, die mich persönlich ganz wuschig gemacht haben. Da perlt es aus dem Amp, als ob die Sonne aufginge! Herrlisch, The Who hätten ihre Freude gehabt. (Mhh, noch etwas Chorus und Delay drauf...)
Funker bleiben jedoch lieber bei einer Strat.
Dreht man mal am Gainregler oder schaltet einen guten Booster davor, bleibt die Melody Maker klar definiert und man kann schöne, sustainreiche Leadlinien aus dem Singlecoil kratzen (Tipp: Volume leicht zurückgedreht lassen). Klar, das ist kein Wuuwuwuuwuwuu-*Zeit für 'ne Kippe*-wuuwuwuuuwuuuu-Paula-Sound, aber dafür drahtig und trotzdem mit soviel Pfund, dass es nicht auf die Nerven geht.
Zuhause lassen sollte man allerdings, neben der Metal-Zerre und dem Guns'n'Roses-Songbuch, vor allem den Transistor-Amp. Wirklich: die Melody-Maker entfaltet sich ausschließlich über Röhren-Amps, so leid es mir tut...
Einsatzbereiche der Melody Maker: Classic Rock, Blues, Pop, Indie-Rock , Slide.
Warum sollte man diese Gitarre sofort kaufen?
Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt - aber sowas von. Im Ernst: soviel Gibson für so wenig Geld gibt's sonst einfach nicht. Das ist keine Spielzeug- oder Pseudogibson, das ist eine absolute High-Class-Gitarre für unter 500 Euro.
Perfekt für alle, die an G.A.S. sowie schmalem Geldbeutel leiden. Und die eine absolut ehrliche Rockgitarre wollen, die ohne Bullshit einfach das tut, was sie am besten kann.
Und vielleicht auch noch für die, denen eine Paula zu fett und eine Strat zu dünn ist.
Fazit
ÜBEL GEILES GERÄT, ALTER!!!
Also:
Als ich letztens wieder nichtsahnend durch den Music Shop in München schlenderte, stach mir eine kleine, weiße Gitarre ins Auge. Sie auf den ersten Blick wie eine Paula aus, entpuppte bei näherem Hinsehen jedoch als ein mehr oder weniger originalgetreues Remake einer 1959er Gibson Melody Maker (Wer sie nicht kennt: die Melody Maker war anno '59 als eine Gitarre für Einsteiger mit wenig Geld gedacht, die sich dennoch eine echte Gibson umschnallen wollten).
Ich spielte die Gitarre eine Weile über verschiedene Amps an, und da sie über jeden mein Ohr mit orgasmatischen Klängen bezirzte, überkam mich irgendwann ein unbändiger Kaufdrang - dem ich bei dem Preis von gerademal 400 Euro auch nicht lange standhalten konnte.
Ob sie jedoch diesen Eindruck verfestigen konnte, oder ob sie am Ende doch nur eine Mogelpackung ist, lest ihr im folgenden Review über die "Gibson für jedermann".
Specs
Die Melody Maker ist komplett aus Mahagoni gefertigt und hat einen sauber eingeleimten Hals (zur Erinnerung: 400 Euro!!) mit Palisander-Griffbrett, der ein eher dünnes, SG-artiges Profil aufweist. Auffällig ist die sehr eigene Kopfplatte, die viel schlanker als die normalen Gibson-Kopfplatten ist. Die Mechaniken sind ganz im Retro-Style gehalten. Sehr sexuell ist der Body, der äußerst dünn und offenporig-matt lackiert ist und mit einem aufreizenden, eigenwillig designten Pickguard verziert wird.
Am Steg findet sich ein einzelner, einsamer Singlecoil wieder, der aus Gibson-eigener Produktion stammt ("special designed"). Anstatt eines Neck-Pickups prangt der Schriftzug "Melody Maker" am Halsansatz. Noch ein Volume- und ein Tone-Poti sowie eine ziemlich mittig angeordnete Buchse, und das war's mit der Elektronik. Die Saiten schlingen sich verführerisch um ein einfaches Wraparound-Tailpiece. No Bullshit!
Die Gitarre ist absolut sauber verarbeitet, da gibt's nirgendwo was zu meckern!
Zum Lieferumfang gehört ein komfortabler Pappkarton.
Spielkomfort
... ist durchaus vorhanden. Was als erstes auffällt: Die Gitarre ist äußerst leicht und damit orthopädisch absolut unbedenklich, bei einem breiteren Gurt dürfte man sie nicht einmal bemerken. Zwei-Stunden-Gigs sind mit der Melody Maker sicher kein Problem.
Der Hals gehört mit zum bequemsten, was ich je in den Fingern hatte. Nicht nur das Profil erfreut die geplagte Greifhand (das hätte ich ja schon bei meiner SG), sondern vor allem auch der nicht vorhandene Lack, der bei anderen Gitarren ja oft zum "Bremser" für diejenigen wird, die wie ich beim Spielen viel schwitzen. Bei der Melody Maker macht's hingegen großen Spaß, auf und ab zu schubbern.
Negativ hingegen fallen die recht klein geratenen Gurtpins auf, die bei mir schon zu einigen Beinahe-Unfällen geführt haben, hier sollten dringend Straplocks nachmontiert werden. Auch die sehr zentral angeordnete Buchse könnte zu einigem Kabelwirrwarr führen.
Von Werks wegen ist die Melody Maker korrekt eingestellt, da gab's - für meinen Geschmack - nichts zum Nachschrauben.
Jetzt aber nicht's wie ab zum vorgewärmten Plexi und eingestöpselt das gute Ding!
Sound
Test-Amp: Marshall 1987x Reissue (50W-Plexi) + Orange-Box + Marshall Bluesbreaker
Die Melody Maker kann vor allem eines: rotzen. Und zwar richtig dicke, schleimige Batzen Rock'n Roll. Der eine Singlecoil tut seine Sache wirklich gut. Er klingt durch den Mahagoni-Body nicht so penetrant trommelfell-zerhackend wie beispielsweise einige Strat-Stegsinglecoils, sondern verknüpft eine ordentliche Portion Biss, Knackigkeit und Transparenz mit solidem Fundament untenrum. Klassische Rockriffs haben (mit einem lauten, crunchy Plexi-Marshall) selten besser geklungen.
Dreht man das Volume-Poti zurück, wird eine Besonderheit offenbar: die Gitarre verliert einen Teil ihrer Höhen. Das kann man als Konstruktionsfehler/Schwäche sehen, muss man aber nicht: der Sound wird so viel weniger aufdringlich. Und vor allem wunderschön. Dieser unscheinbare Singecoil zaubert dann Cleansounds aus dem Ärmel, die mich persönlich ganz wuschig gemacht haben. Da perlt es aus dem Amp, als ob die Sonne aufginge! Herrlisch, The Who hätten ihre Freude gehabt. (Mhh, noch etwas Chorus und Delay drauf...)
Funker bleiben jedoch lieber bei einer Strat.
Dreht man mal am Gainregler oder schaltet einen guten Booster davor, bleibt die Melody Maker klar definiert und man kann schöne, sustainreiche Leadlinien aus dem Singlecoil kratzen (Tipp: Volume leicht zurückgedreht lassen). Klar, das ist kein Wuuwuwuuwuwuu-*Zeit für 'ne Kippe*-wuuwuwuuuwuuuu-Paula-Sound, aber dafür drahtig und trotzdem mit soviel Pfund, dass es nicht auf die Nerven geht.
Zuhause lassen sollte man allerdings, neben der Metal-Zerre und dem Guns'n'Roses-Songbuch, vor allem den Transistor-Amp. Wirklich: die Melody-Maker entfaltet sich ausschließlich über Röhren-Amps, so leid es mir tut...
Einsatzbereiche der Melody Maker: Classic Rock, Blues, Pop, Indie-Rock , Slide.
Warum sollte man diese Gitarre sofort kaufen?
Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt - aber sowas von. Im Ernst: soviel Gibson für so wenig Geld gibt's sonst einfach nicht. Das ist keine Spielzeug- oder Pseudogibson, das ist eine absolute High-Class-Gitarre für unter 500 Euro.
Perfekt für alle, die an G.A.S. sowie schmalem Geldbeutel leiden. Und die eine absolut ehrliche Rockgitarre wollen, die ohne Bullshit einfach das tut, was sie am besten kann.
Und vielleicht auch noch für die, denen eine Paula zu fett und eine Strat zu dünn ist.
Fazit
ÜBEL GEILES GERÄT, ALTER!!!
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