Hallo,
ich habe mal eine kurze Frage. In der Zeitung Gitarre & Bass (03/09) ist jetzt ein Workshop über Melodisch Moll drin.
Dort wird die Stufenbildung auf MM wie folgt beschrieben:
Wenn ich nach der gelernten Terzschichtung vorgehe, erhalte ich aber folgende Akkorde:
Code:
MM: ImMaj7 - IIm7 - IIIMaj7/#5 - IV7 - V7 - VIm7b5 - VIIm7b5
So findet man das auch hier im Forum und woanders. Und das stimmt nicht überein. Mich stört auch die Aussage "man bildet" - das heißt man macht das immer so und es handelt isch nicht nur um eine beliebige Variante des Autors. Aber dann mach ich es fasch und auf der II.Stufe z.B steht nicht ein IIm7 sondern ein IIsus/b9
???
Kann mir jemand erklären warum die Stufenakkorde laut Workshop in G&B richtig sein sollen? Und wie man diese nach welchen Regeln gebildet hat?
Vielen Dank
Hi,
ein
Link zu
Gitarre & Bass zeigt ein Stück des Artikelautors der in Melodisch Moll gehalten ist. Die Soundfile dort heißt
Workshop: Melodisch Moll - Moderne Sounds & viele Möglichkeiten, Beispiel 1
Folgende Akkordprogression ist dort zu hören:
|| F-ma7/9 D-7b5/9 | Db13 C7alt. | F-ma7 C7alt. | Db13 |
| G-7b5/9 C7alt. | F-ma7 Bb7alt. Eb-7 Ab7b9 | Db7 | G-7b5 Db7#11 C7alt. Gb7#11 |
|F-ma7/9 ||
Er hat dabei allerdings lediglich auf der I und VI Stufe Melodisch Moll als Chordscale angewandt. Schade eigentlich, da es ja gerade interessant gewesen wäre zu sehen, wie er mit den anderen Stufen umgeht.
Nun zu dem von ihm zitierten Stufen ImMaj7, Im6 - IIsus/b9 - IIIMaj7/#5 - IV7/#11 - V-??? - VIm7/9/b5 - VII7-alteriert .
ImMaj7, Im6 ist korrekt. Die Molltonika wird sogar häufiger mit hinzugefügter Sexte als mit ma7 gespielt.
IIsus/b9, in A Moll wären das die Töne b, c, e und a.
Dabei heißt der Akkord der II Stufe in MM eigentlich B-7. Bei seinem Konstrukt IIsus/b9 ist sozusagen der Grundton und die Terz vorgehalten durch die Tb9 und die sus4. Das Klangerlebnis hängt nun stark von der Situation ab in der dieser Akkord steht. Ihn als II Stufe mit Subdominantmollfunktion zu realisieren ist fraglich, da der Grundton der Subdominante vorgehalten wird.
IIIMaj7/#5 ist direkt aus MM. Die korrekte Bezeichnung ist bIIIma7#5. Die Chordscale ist MM3
IV7/#11. Chordscale zu diesem Akkord ist die vielzitiert MM4, Mixo#11 oder auch Lydisch b7 genannte Tonleiter. Die T#11 ist eine reguläre der Mutterskala MM entnommene Tension.
V-???. V- gibt es nur in Dorisch und Aeolisch. MM bildet auf seiner V Stufe einen Dominantseptakkord mit großer None und kleiner Tredezime.
VIm7/9/b5. Ist korrekt, aber falsch geschrieben. Die b5 schreibt man vor der None im Akkordsymbol. Also VI-7b5/9. Chordscale ist MM6 (Lokrisch 9).
VII7-alteriert . Da sollte man zunächst die reguläre Terzstruktur erwähnen, also VII-7b5. Dass diese Stufe durch enharmonische Umdeutung andere Funktion erlangen kann, ist an anderer Stelle schon ausgibig besprochen worden.
Ausser der II und V Stufe ist also alles so weit korrekt.
Die Chordscales der einzelnen Stufen in MM kann man MM, MM2, MM3, MM4 etc. benennen. Oft werden aber auch die Namen der Kirchentonleitern mit Modifikationszusätzen herangezogen. Die sind Dir ja aber aus dem Workshop bekannt. Denke immer daran dass sie alle von der selben Stammtonleiter abgeleitet sind. Wenn Du die Stammtonleiter spielen kannst, kannst Du auch deren Derivate spielen. ;-)
An anderer Stelle habe ich zu MM folgendes geschrieben:
Vergleicht man Melodisch Moll (auch heptatonia secunda oder Akusitsch genannt) mit der ebenfalls siebentönigen diatonischen Durtonleiter erkennt man, dass sie im Gegensatz zur Diatonischen eine Quintenbreite von 8 statt 6 hat. Dies bringt, ausser der ihr innenwohnenden doppelten Tritonushaltigkeit, auch 2 symmetrisch angeordnete Lücken zu Tage.
Quintenmodell Diatonisch (C):
F - C - G - D - A - E - B
Quintenmodell Akustisch (C):
Bb - C - G - D - A - E - F#
Du siehst die beiden Lücken entstehen zwischen Bb - C und E - F#. Wir brauchen also immer zusätzliche Vorzeichen um diese Skala korrekt darzustellen.
CIAO
CUDO
PS
Hier ein Beispiel, eingespielt ausschließlich mit Tönen der Stammtonleiter F Melodisch Moll. In dieser Einspielung gibt es auch keine Blue Notes oder sonstige Chromatizismen.
Harmonisch ist es eine zweitaktige erweiterte Kadenz.
|| t | S D ||
Der Bass spielt vorwiegend die Töne:
|| f ab | g c ||
für die Akkorde
|| F-ma7 Abma7/#5 | G-7b5 | C7/9 ||
Allerdings spielt er im weiteren Verlauf der Improvisation auch
Stellvertreter-Stufen. Hierbei gilt:
Moll Tonikafunktion haben:
I-ma7, I-6, VI-7b5 und bIIIma7/#5
Subdominantfunktion haben:
IV7 und II-7
Dominantfunktion haben:
V7 und VII-7b5
Die Akkorde innerhalb einer Gruppe können nach Belieben ausgetauscht und gegenseitig ersetzt werden.
Das ist auch was der Bassist, in dem Fall meine linke Hand, tut. So wird das ganze etwas aufgelockert und verliert den statischen Charakter. Das aber nur nebenbei.
Wichtig bei der ganzen Sache ist das Gesamtklangerlebnis.
Im Gegensatz zu der Einspielung des Workshop-Autors, der ziemlich oft die Chordscales wechselt, ist meine Einspielung, wie schon gesagt, ausschließlich auf einer Tonreihe aufgebaut. Trotzdem, so finde ich, hat man an manchen Stellen den Eindruck, es wechsle.