Jo Leute,
hier ist ja wenig los im Thread - vor allem seit es schwieriger geworden ist, an Mikes Pedale zu kommen. Ich möchte bei der Gelegenheit aber noch einmal darauf hinweisen, dass es durchaus noch Pedale gibt, die in Europa zu kriegen wären - allen voran der Prince of Tone und sein Delay (mannomann, das würde mir echt noch gut reinlaufen...)
Um uns auszutauschen, mag ich gerne noch mal so ein "Halbreview" schreiben wie oben (für ganze fehlt mir gerade Zeit und Musse). Und da das Astrotone manchmal noch in der Bucht auftaucht, wollte ich meine Erfahrungen damit beschreiben.
Analogman Astrotone
Ist ein Fuzz/Distortion Pedal auf Si Transistorbasis. Dabei scheint es laut Analogmike einen großen Unterschied zu machen, ob man in der Schalte die originalen Fairchild Trannies nutzt, oder andere. Ich kann das weder bestätigen noch widerlegen, da ich nur über ein Astrotone verfüge und noch keinen Clone oder anderes mit anderen Transistoren gespielt habe. Apropos Clone: Die Vorlage für das Astrotone ist die Sam Ash Fuzzbox aus den End60ern, die beispielsweise Tommy Bolin und Leslie West (Mountain) gespielt haben. Mike fand den Sound wohl etwas dünn und hat einen Tonregler angebracht, der es wirklich in sich hat. Das ist wohl nicht ein Tweak, das ist wohl DER Tweak. Denn wenn ich die Schalte im Originalsound (Regler ganz offen) mit den Möglichkeiten dazwischen vergleiche, muss ich sagen, dass ich das Original wohl nie gekauft hätte. Ich denke aber wenn man über ein Fullstack mit fettem Amp in der Sättigung spielt, macht der schlanke Sound sehr viel Sinn. Nur, das tue ich nie.
Das Astrotone verfügt also über eine Volumeregler, einen für Fuzz - also die Zerrintensität, und besagten Tone. Letzterer funktioniert aber genau anders, als wir es von den meisten Tretminen kennen: Es ist quasi ein Basscut. Die Höhen sind eigentlich in jeder Stellung voll da. Tone auf Linksanschlag liefert annähernd ein Fullrangeklangbild, in dem der Wumms untenrum gut erhalten wird. Je weiter ich den Regler mit der Uhr drehe, desto mehr werden die Bässe und tieferen Mitten ausgedünnt. Mit einer Humbuckergitarre räumt das unter Umständen das Klangbild sehr gut auf, sodass Transparenz erhalten bleibt.
Obwohl das AT ein Si Fuzz ist, wirkt es niemals zu bissig. Die Höhen werden für ein Fuzzpedal verhältnismässig weich dargestellt. DIe Gainreserven sind begrenzt. Für ein Fuzz wohl ein low-gainer, ich würde es insgesamt als Midgainer bezeichnen, aber da spielen schon Overdrives in der Bewertung mit.
Die Klangcharakteristik ist irgendwo zwischen Fuzz und Distortion. Eine Verwandschaft zu Fuzzfaces kann ich insgesamt unterschreiben - vielleicht mehr noch zu GE als zu SI FF, jedoch klingt das AT weniger cremig - und damit im Bandkontext durchsetzungsstärker. Insgesamt weniger fett und böse als die meisten Fuzzboxes. Dafür liefert es ordentliche 70er Rocksounds, wenn man möchte. Ich möchte hier mal schreiben was die wirklichen Qualitäten der Kiste sind, die auch teilweise andere Fuzzschaltungen alt aussehen lassen:
Dynamik - das AT ist wahrscheinlich die dynamischste Fuzzkiste meiner Sammlung. Als Low-gainer ist es möglich zwischen leichten Dreck und fuzzigen Leadsound das meiste einfach mit der Anschlagsdynamik zu regeln. Dabei regelt der Fuzzpot vor allem den Maximalausschlag, denn wenn man zusätzlich mit dem VolumePoti seiner Gitte umgehen kann, kriegt man das Pedal auch in Maximalaussteuerung auf leichten Crunch heruntergeregelt (sagen wir mal: unter AC/DC Niveau).
Transparenz - ein Fuzz ist nicht transparent. Auch das AT nicht. Es ist auch nicht zu verhindern, dass das AT dem Sound ein paar Höhen spendiert (das wollen wir aber fast alle, oder). Im Vergleich zu meinen anderen Kisten (Sunface, Sunbender, FuzzFacelift) liefert das AT eine wesentlich bessere Saitentrennung, die es möglich macht bei geringerer Zerre auch mal nen 7er oder 7/9er Akkord darzustellen, ohne dass alles im dissonanten Creme-Brei endet. Auch differenziert es deutlicher unterschiedliche Pickupstellungen als meine andere Fuzzpedale.
Flexibilität - die meisten mir bekannten Fuzzkisten haben so etwas wie einen Sweespot. Ein Fuzzface sollte man schon ziemlich weit aufreissen, damit es nicht zu mumpfig wird. Da geht nicht viel unterhalb von 9.00 Uhr. Auch wenn mein MK1.5 Bender da etwas freundlicher ist, so wirds auch bei dem irgendwann im niedrigen Gainbereich bröckelig, bröselig. Ja - auch das AT hat den bröckeligen Bröselbereich (den Mumpfbereich hat es nicht!) - aber der liegt etwa bei 20.45 Uhr oder niedriger

. Das heisst, dass man das AT auch ähnlich einem Booster verwenden kann. Auch bei niedrigen Fuzzstellungen hat es ausreichend Volumenkapazitäten um sich jenseits von Unitygain damit zu vergnügen, den Amp etwas anzublasen. Sicher nicht so viel wie ein regelrechter Booster - aber zumindest für meine Zwecke genug.
Zudem verträgt sich das AT auch mit Humbuckergitarren und amerikanischen Amps. Mein Facelift beispielsweise (viel mehr Gain) kann gut Humbucker (eigentlich nur Humbucker), ist aber für amerikanische Amps zu giftig. Das Astro kann SC und HB, britisch und amerikanisch, dreckiger Booster, fuzziger OD und distortionartiges Fuzz. Was es nicht macht ist fiercely fuzzy madness.
Ich selbst habe übrigens gerade am meisten Spass damit, den Volumeregler auf 9.30, den Fuzz auf 21 Uhr und die Toneblende entsprechend der Gitarre, aber meist zwischen 20 - 23 Uhr. Das gibt einen rockigen Boost, den ich an der Gitarre mit Volumenpoti und Pickattack zwischen CLEAN (mit Klangcharakteristik des AT, entsprechenden Höhen, aber ohne Verzerrung) und fuzzigem Overdrive (Leadsound) changieren kann.
Weiss gar nicht mehr, warum es eine Weile im Schrank stand...
Zwiebler