Es will halt keiner zugeben, dass er diese feinen Nuancen nicht hört, die entstehen, wenn Atome durch jahrelanges Spiel beeinflusst, ihre Richtung ändern. Das englischsprachige
Wikipedia nennt einen Test von 1817, der zum gleichen Ergebnis führte:
A guitar-like violin made by the naval engineer François Chanot, a member of a family of luthiers. A committee of scientists and musicians, listening to the violins played in an adjacent room, judged Chanot's violin to be at least as good as the Stradivarius, but apparently Chanot's instruments quickly lost their good qualities. Fétis, François-Joseph (1868).
In den Siebzigern hatte ein Test der BBC ein 50:50 Ergebnis.
Bei
Stern-TV lag eine High-Tech-Geige vorne, ein
anderes Mal eine Bio-Tech-Geige, aus pilzbehandeltem Holz.
Für den Einen ist es die
Chemie, bzw. der
Holzwurm, vor dem sie schützen soll, für den Anderen sind vor allem die Stärke der Decke und des Bodens und die Maße der Wölbungen für den Klang entscheidend, auch ohne den Urin einer Jungfrau im
Lack.
Laut Dünnwald lässt sich der Klang gewöhnlicher Violinen erheblich in Richtung Stradivari verbessern, indem man ein kleines Gewicht von weniger als 1/10 Gramm an einer speziellen Stelle anbringt. In der Fernsehsendung "W Wie Wissen" klebte er zur Andeutung ein Klümpchen Knetmasse mittig an den Rand des Stegs, wobei er darauf hinwies, dass er die genaue Stelle jedoch als Firmengeheimnis nicht verrät.
Wieder Andere sagen, der verwendete Lack sei nicht ungewöhnlich gewesen, es liege an der
Dichte des Holzes.
Da könnte mancher Gitarrenbauer noch etwas davon lernen! A propos Gitarre und Pilz: Von Rory Gallaghers
Stratocaster wird berichtet, dass sich in ihrem Inneren ein grosser Pilz gebildet hatte. Beim Nachbau fehlt dieser anscheinend.
Ja was denn nun? Ist das wertvolle Holz verantwortlich für den "Ton", oder doch der Pilz? Oder ist es alles völlig egal?
Ich erinnere mal wieder an den alten Witz, von dem Mann, der sich ein Hufeisen an die Wand nagelte. Als ihn sein Nachbar fragte, ob er denn glaube, dass das Glück bringe, sagte er: Nein, aber es soll auch helfen, wenn man nicht daran glaubt.
Fest steht doch, dass von irgendwelchen armen Bluesmusikern, die mit den billigsten Kaufhausgitarren ihrer Zeit spielten, ein Einfluss auf die Populärmusik ausging, der immer noch nachwirkt, während von ihren reicheren Zeitgenossen, die sich ein qualitativ besseres Instrument leisten konnten, nie jemand etwas hören wollte. Nigel Kennedy spielte auch schon eine (geliehene) Stradivari. Er hat jetzt noch eine Guarneri und eine No-Name-Geige, über die er sagt:
Sie ist völlig runtergerockt und sieht überhaupt nicht mehr schön aus, aber sie spielt sich herrlich - und das überall. Wissen Sie, während man mit so einer Guarneri immer umgehen muss wie mit einem rohen Ei, wo man sicherstellen muss, dass die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in einem Raum optimal sind, bevor ich sie auspacke, könnte ich mit meiner anderen Geige noch im übelsten Sandsturm in der Sahara stehen, und sie würde trotzdem toll klingen. Diese Mischung ist für mich das Optimum, denn so habe ich eine Prinzessin und eine Schlampe als Lebensbegleiterinnen. Und ich liebe sie beide in gleicher Weise.
Können wir daraus nicht etwas lernen?