Werte Gemeinde!
Das Yamaha CP4 Stage Piano befindet sich endlich seit einigen Tagen in meinem Besitz - Hurraaa! - und konnte oder musste sich auch schon bei zwei Auftritten in seinem Element beweisen, auf der Bühne also.
Hier meine ersten Eindrücke - es ist natürlich viel zu früh, um mir eine fundierte Meinung über dieses Instrument zu bilden oder sie zu äußern, manchmal entscheiden aber bereits die ersten Tage über eine Beziehung, ob es eine langfristige Liebe oder eher etwas Stürmisches, Kurzlebiges wird...
Nun, eigentlich habe ich mich etwas unüberlegt, ja kopflos in diese "Affäre" gestürzt, da ich zum ersten Mal überhaupt ein Instrument blind bestellte! Ich habe mein CP5 schamlos hintergangen, ohne ein Wort für ein jüngeres Modell ausgetauscht. Wir hatten uns auseinander gelebt. Und dabei habe ich ihm Treue geschworen, vielleicht nicht ewig aber zumindest etwas langfristiger als die 2 1/2 Jahre, die es doch nur geworden sind. Schwach ist aber das Fleisch, und das CP4 sah schlank, ziemlich schlank und leicht aus. Habe ich schlank schon erwähnt? Das CP5 war nie schlank, leicht auch nicht, es waren eher die inneren Qualitäten, der Charakter, der mich überzeugte. Man soll nicht mehr so oberflächlich sein, dachte ich anfangs. Jeder wünscht sich ja insgeheim eine schlanke Blondine(oder etwas Rotes aus Schweden), ob dumm oder piepsige Stimme, gänzlich nebensächlich - was die breite Masse will, das war mir schon immer suspekt. Millionen Fliegen können schließlich nicht irren... Aber ich schweife ab. Trotzdem kurz noch ein paar Worte zur Vorgeschichte - wer will, kann unten weiter lesen.
Die Zufriedenheit mit dem Vorgänger steht am Anfang meiner Entscheidung, das CP4 zu kaufen, ohne es überhaupt anzuspielen. Mein Urvertrauen in die Qualität der Yamaha Stage Pianos hat eine lange Geschichte, angefangen vor langer Zeit mit einem P-100, glaube ich. Dann folgten die ganz großen und bekannten Vertreter der Gattung Stage Piano, das P-250, CP-300, ein P-120, CP-33 und schließlich das CP5. Die Argumente für das CP4 waren eindeutig: das geringe Gewicht, das Kündigen der Mitgliedschaft im Kraftsportverein also und die bessere Klaviatur, das heißt weniger Rhodes-Soli, mehr Piano für meine Songs.
Denn tatsächlich wurde ich immer unzufriedener mit dem Anschlagsverhalten des CP5. Viel zu leicht war es für mich geworden. Ich konnte die Klavier-Klänge aus diesem Grund nicht sehr gut kontrollieren, das mir von Flügeln bekannte und erwünschte Gefühl des "Eintauchens" in die Tasten war für mich nicht existent, ich ertappte mich immer öfter dabei, instinktiv einen Rhodessound zu wählen, weil ich damit viel besser spielen konnte. In der Tat ist diese CP5-Tastatur ein Traum für Rhodes-Imitate! Gepaart mit den sehr guten Rhodes-Grundklängen, die man mit genialen Effekten und Parametern verändern kann, ergibt das ein sehr gutes Produkt. Für mich als Pianist, der nur gelegentlich Rhodes-Sounds benötigt, jedoch ein zu großer Kompromiss.
Auch klang für mich der CFIIIs Pianoklang des CP5 schon immer etwas dumpf, so als wäre der Flügel geschlossen, mit einer zusätzlichen dicken Decke drüber. Klar, am Equalizer habe ich geschraubt, mit zufriedenstellenden Ergebnissen, auch waren hellere Klänge vorhanden, genug davon - trotzdem! Grundklang dumpf, der S6 keine Offenbarung, Klaviatur für Pianozwecke nicht ausreichend, schwer, breit und tief, etwas unübersichtlich in der Bedienung, das CP4 konnte eigentlich nur punkten. Und das tut es, auf allen Ebenen, wenn ich es derart enthusiastisch formulieren darf.
Der "Neue" in der Palette, der CFX-Klang, ist hell, hell und nochmal hell. Lässt sich ausdrucksstark spielen und gut kontrollieren, dieser Klang. Sicherlich Geschmacksache, wer aber die Flügel aus dem Hause Yamaha kennt und liebt, so wie ich es tue, wird den Klang mögen. Ich fand den ersten Sound, die Nummer 1, der beim ersten Einschalten angezeigt wird, nicht auf Anhieb perfekt, da ihm etwas "Bauch" fehlt und musste sofort den 5-bändigen EQ auf der rechten Seite bemühen, welcher aber wahrlich ins Geschehen "eingreift" und sofort radikale Änderungen hörbar macht. Nach einiger Zeit fand ich einen guten Preset-Klang, die Nummer 8, glaube ich, "CFX Dark" genannt, der deutlich voller, aber noch hell genug ist, um sich durchzusetzen.
Neues gibt es auch aus den CFIIIs und S6-Kategorien zu berichten, da mir die Klänge frischer erscheinen und in einigen helleren, aber auch dunkleren Varianten angeboten werden - hier sollte einem in puncto Klavierklang nichts fehlen; schön hätte ich es allerdings gefunden, wenn Yamaha einige Uprights gesampelt hätte, die haben doch genug davon herum stehen.
Dass die alten CFIIIs-Klänge mir etwas "frischer" erscheinen kann eigentlich nur mit einem einzigen Punkt zusammen hängen, und damit kommen wir zur für mich persönlich wichtigsten Neuerung, derTastatur des CP4. Diese spielt und fühlt sich phänomenal an, die Gewichtung ist diesmal perfekt gelungen, glücklicherweise nicht zu schwer wie die GH des P-155, CP-300 oder P-120. Gut so, weil gute Flügelmechaniken sich auch nicht zu schwer spielen lassen, und man will ja genau dieses Feeling imitieren. Die Oberfläche der weißen Tasten fühlt sich außerdem sehr gut und "trocken" an - dieses trockene Gefühl ist mir wichtig, ich verabscheue das rutschige Gefühl auf den Tasten,wenn die Klaviatur die Feuchtigkeit nicht absorbiert.
Das Repetitionsverhalten ist exzellent! Jetzt lässt sich endlich erneut einen Ton erzeugen, bevor die Taste wieder zu hoch kommt! Bravo, bravissimo und Glückwunsch an die Ingenieure - ich vermute, dass der dritte Sensor endlich da ist, wo er sein müsste, denn ich kann nun endlich fast wie beim Flügel spielen, wo diese Eigenschaft deutlich zum Tragen kommt und wahrlich "spielformend" ist, will sagen, es inspiriert einen und lässt eine noch ausdrucksvollere Spielweise zu, wobei man hier die Steigerung des Volumens, das "Aufbäumen" des Klanges, vor allem beim gedrückten Haltepedal leider vermisst. Es gibt aber einen"Damper Resonance"-Effekt, eine Simulation, eigentlich gar nicht schlecht klingend und auch veränderbar; für mich persönlich viel wichtiger als die überbewertete "Sympathetic Resonance (Saitenresonanz), die ich nur sehr selten, wenn überhaupt, vermisse. Man darf es aber mit diesem Damper Resonance - Effekt nicht übertreiben, denn dann klingt es schnell sehr unnatürlich.
Zurück zur Tastatur - endlich gelingen mir einige Stellen besser, die mir auf Flügeln schon immer leichter fielen, wo ich aber bei Klavieren und Digitalpianos meine Schwierigkeiten hatte. Es mag sein, dass einige keinen großen Wert auf diese Sache legen, auch gebe ich zu, dass es ein sehr subjektives Empfinden ist, für mich aber ist die Art, wie die Taste repetiert bzw. ob sich schnell nach dem Drücken einen erneuten Ton erzeugen lässt, von enormer Wichtigkeit. Das, gepaart mit der ausgeglichenen und gelungenen Gewichtung und der griffigen Oberfläche ergibt einen Traum für Pianisten! Für mich besser als alle anderen, ob Kawais RM3 oder Rolands PHAIII, ich bin angekommen. Für eine Weile zumindest.
Und das bei 17kg Gesamtgewicht! Wie man so viel Geld für eine Klapperkatastrophe a la Nord hinblättern kann, wird mir ein Rätsel bleiben und ist für mich nur mit einem dem Apple-Fanboy-Syndrom ähnlichen Phänomen zu erklären. Aber genug der Polemik, jetzt geht es weiter.
Weil ich das Gewicht schon erwähnt habe, kurz einige Worte zur Verarbeitung und Gehäuse. Klar, dass die edle Optik und teuer wirkende Retro-Anmutung des CP5 nicht mehr da ist, hier herrscht die Plaste.
Finde ich überhaupt nicht schlimm, auch nicht optisch, diese Tolex-Imitation empfinde ich außerdem als optisch und haptisch sehr ansprechend, man darf aber keine Materialien wie beim CP5 erwarten. Die Buttons und Regler scheinen ausreichend solide zu sein, das Display ist eine elektronische "blaue Lagune"
, leider nicht so schön wie beim CP5, erfüllt aber seinen Zweck mit Bravour - man soll ja schließlich auf der Bühne Sachen ablesen und dies gelingt ohne Probleme.
Weiter zu den anderen Sounds. Tja, jetzt kommt es, man kann ja nicht alles haben. Die Rhodessounds sind gut, sehr gut, nach wie vor meine Favoriten, lassen sich aber auf der neuen Tastatur des CP4 nicht mehr so butterweich spielen. Ja, wir haben es bereits geahnt, nicht wahr?
Allerdings kann man damit arbeiten, Velocity-Kurve anpassen, hier und da mit den Klangzungen-Parametern arbeiten, da lässt sich ja glücklicherweise Einiges anstellen, und schon sind wir wieder zufrieden. Das ist jammern auf hohem Niveau, wer allerdings mehr Wert auf Rhodes legt, wäre mit dem CP5 definitiv besser aufgehoben.
Die anderen Sounds habe ich in der kurzen Zeit nur angespielt und auf der Bühne bis jetzt bei den zwei Jobs nicht gebraucht. Sie machen einen guten Eindruck und sind auf dem Niveau des CP5, also gut. Stärken: Der Upright-Bass ist klasse, damit werde ich viel Spaß haben (den brauche ich auch oft für Duo-Geschichten), E-Bass ist auch nicht von schlechten Eltern, Brass-Sections sind super, Pads in Hülle und Fülle, von guter bis sehr guter Qualität (man soll keine Synthesizerwelten a la Vangelis erwarten,es ist ein Stage Piano), die Orgel geht so, macht auf der Tastatur keinen Spaß, für Notfälle aber super, dass die da sind. Desweiteren jede Menge DX-Pianos und Glockiges, über die ich mich lieber nicht auslasse - werde ich sowieso nicht verstehen,wer so viele Bells & Co. und wofür braucht... Clavinet ziemlich gut, ist eher nicht mein Favorit, Strings klingen gut, ich vermisse einige Synth-Strings a la Roland ( ja, ja, ich weiß, hier steht Yamaha drauf
), Gitarren sind in Ordnung, Nylon sehr gut
; alles durchgehend gut klingend, ich würde sagen auf MOX-Niveau. Für ein Stagepiano sind die Klänge Klasse und ich kann mit einem einzigen Board dank der Split und Layering-Funktionen alle Gigs bestreiten. Notfalls nehme ich noch einen Expander mit und kann die Klänge durch die durchdachten Masterkeyboard-Eigenschaften (4-Zonen) somit erweitern. Nichts hasse ich mehr als eine Keyboardburg, Materialschlachten sind sooo Neunziger...
Die Bedienung: Ja, auch hier hat sich Einiges getan. Es ist klarer, einfacher, Einiges ist im Vergleich zum CP5 verschwunden, ich muss noch tiefer in die Materie eintauchen, dafür war wenig Zeit da, das was ich aber erreichen wollte, fand ich auf Anhieb , ohne die Bedienungsanleitung, die auf einer CD geliefert wird, auch nur einmal zu bemühen. Gut, ich habe eine langjährige Yamahaerfahrung hinter mir und komme direkt vom CP5, kann daher nicht beurteilen, wie und ob sich ein Yamaha-Neuling zurecht findet. Ich meine aber, dass das leichter geworden ist. Beim CP5 konnten einige Leute im Laden nicht einmal die Klänge wechseln, habe ich gehört. Wobei, die sollten wahrscheinlich bei ihrem normalen Job bleiben.
Ein Metronom ist da! Super praktisch, gut klingend, einfach zu bedienen, mit vielen Taktarten! Danke, danke, danke, warum nicht gleich so? Habe ich beim CP5 schmerzlich vermisst. Und das schlimme Schlagzeug, das manchmal mit einigen Sounds direkt startete, gehasst. Abgrundtief!
Oje, ich habe gerade nach oben gescrollt und festgestellt, welchen Roman ichgeschrieben habe - ich habe mich wahrlich treiben lassen, na ja Sonntag nahc dem Gig, müde und gelangweilt. Wer mein Geschwafel bis zum Schluss ausgehalten hat, danke und Verzeihung; jetzt mache ich mal einen Punkt, ich habe Hunger und Durst.
Grüße und schöne Weihnachten!
Manolios