Wudtone decodieren...

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Seit Jahren beschäftige ich mich mit Alterniven zum Lack und vor allem mit der Basis von natürlichen Rohstoffen. Dank @murle1 kam ich dann zum Öl und Wachs und habe mich tief in die Materie gekniet.

Tatsächlich ist das am Ende alles auch kein Hexenwerk, denn die klassischen Naturöl/Harz/Wachstechniken sind inzwischen mehrere hundert Jahre alt und dank Internet auch äußerst gut dokumentiert. Man brauch das also alles nur lesen, auszuprobieren und üben um tolle Ergebnisse zu erzeugen die in vielen Fällen sogar deutlich edler als lackierte Oberflächen sind.

Natürlich blieb mir auch Wudtone nicht unbekannt und ich hatte immer großes Interesse das mal zu probieren. Da ich aber über eine funktionierende Technik verfügte, waren mir die 50€ pro Set einfach zu teuer.

Neulich kam dann aber ein Kunde zu mir, mit dem Wunsch eines Wudtonefinish und brachte gleich ein Set mit. Spontan fluchten wir beide über den grenzwertigen Preis, die schlechte Erklärung und über den Exklusivvertrieb eines einzigen Händlers in Deutschland (Monopolstellung?! :mad:) und so beschloss ich mir die Sache mal genauer anzusehen. Als nun erfahrener "Natural-Finish-Profi", kenne ich übliche Methoden und erkenne Bestandteile bereits am Geruch und an der Haptik.

....ja und was soll ich sagen.... Einmal an jedem Fläschchen geschnuppert, war sofort klar: Wudtone ist nichts anderes als ein bequem abgefülltes traditionelles Öllasurverfahren (mit >100 Jahre alter Geschichte) :D

Die Bestandteile:

Grundierung: Das ist eine Bimsmehlgrundierung, ein Gemisch aus Bimsmehl, Leinöl und Sikkativ. Das wird auch bei der Schellack-Lackierung genau so verwendet.

Tiefengrund: Im Traditionshandwerk nennt man das "magerer Anstrich". Das ist ein Gemisch aus einem härtenden Öl (Leinöl/Walnussöl) mit einer Terpentinverdünnung, Sikkativ und Eisenoxid. Stark verdünnt dringt das sehr tief ein.

Basis (Base Coat): Nichts anderes als der sogenannte "halbfette Anstrich". Das gleiche wie der Tiefengrund nur weniger verdünnt und vermutlich mit einem Schuss Tungöl zum Schichtaufbau versehen

Sealer: Nennt man traditionell "fetter Anstrich" und gibts im Baumarkt als "Öllack". Das ist eine Mischung aus Leinöl, Tungöl und Carnuba. Wer es seidenmatt will, mischt Bienenwachs mit dazu.

Highlighter: Bienenwachs + Carnuba mit Eisenoxid. Sammelt sich in den Vertiefungen, nicht auf der Oberfläche.


Und fertig ist "Wudtone".

Nachdem ich jetzt weiß worauf das basiert, finde ich den Preis nicht mehr nur noch grenzwertig, sondern massiv frech - in der Menge in der man es kauft ist das keine 5€ wert. :bad:

Jetzt wo ich ein Vergleichsprojekt habe, werde ich hier die traditionelle Technik auf einem anderen Stück anwenden und hier veröffentlichen. Wen das überzeugt, der kann sich bei mir ebenfalls eine Abfüllung für die Hälfte vom Wudtonepreis bestellen.... wollen wir diese Monopolstellung doch mal ein wenig "auflockern" :D :cool:.
 
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Mal wieder sehr informativ:great:

Der Vorteil ist halt dass man als Laie schnell und einfach zu einem Finish kommt sozusagen allen in einem hat.
Gut Preis ist schon gesalzen...
 
Der Vorteil ist halt dass man als Laie schnell und einfach zu einem Finish kommt sozusagen allen in einem hat.

Ja wie mit jedem Ölfinish, was Du heute ja auch problemlos im Baumarkt kaufen kannst. Der einzige Unterschied ist, dass es noch nichts fertiges mit Farbpigmenten gibt, weil man dann eben 3-4 Produkte braucht.
 
Wen das überzeugt, der kann sich bei mir ebenfalls eine Abfüllung für die Hälfte vom Wudtonepreis bestellen...
Sehr gut, dass denke ich auch schon länger das es preiswerter gehen könnte und seltsam fand ich es auch bisher das es die nur bei dem Gitarrenesoteriker gibt (Gitarren einfrieren, damit sie besser klingen:weird:) - aber habe schon zwei Gitarren damit erfolgreich eingeölt. Jetzt bei der dritten fange ich an mit experimentieren (um kosten zu sparen) und da kommt dein Beitrag, der bestätigt, was ich mir so gedacht habe. Bin sehr gespannt und mache schonmal quasi eine Vorbestellung!
 
Hehe, was man schon eine ganze Weile vermutete, nimmt nun immer mehr Gestalt an :D.
Danke für die Analyse.
 
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Cool, deine Mischung würde ich dann vlt auch gerne mal ausprobieren. Bin zwar mit dem Osmo Hartwachs sehr zufrieden bisher aber immer offen für neues! Sach mal Bescheid, wenn du soweit bist ;)
 
Wenn du eine schöne Anleitung zur Verarbeitung mitlieferst, finde ich 25€ auch wirklich mehr als gerechtfertigt.
 
ja ein bissl Arbeit ists ja schon, dann muss man die Verpackung kaufen und mischen etc. - keine Frage das das nicht fürn 10er geht. Aber 50€ is doch etwas happich.
 
Hallo @smartin

Danke für die Analyse. Super, wenn Du etwas Gleichwertiges für die Hälfte anbieten kannst. Bis dahin finde ich Wudtone noch ganz praktisch und preislich vertretbar. Ich habe nur zwei Hälse zu machen, aber weder die Zeit, mir alles einzeln zusammen zu suchen, noch den Platz, um nachher mehrere angebrochene Flaschen rumstehen zu haben. 50€ hat mein Kit aber auch nicht gekostet...

Gruß,
glombi
 
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Meins hat 35,95 Euro gekostet (einige sind ja sogar noch günstiger) und ich finde den Preis absolut ok.
Davon abgesehen, dass mir das Wissen über die Einzelzutaten und vor allem über das Mischungsverhältnis fehlt, fände ich es sehr unpraktisch mir alles einzeln zu kaufen und dann angebrochene Flaschen rumstehen zu haben.
Ist natürlich was anderes wenn man Gitarren ständig oder das Material sogar aus beruflichen Gründen regelmäßig braucht. Auf mich trifft das nicht zu. ;)
die schlechte Erklärung
Meinst du damit die Inhaltsangaben? Was die Anwendung angeht war bei mir ein 5-(DinA4)-seitige Erklärung dabei.
 
Meinst du damit die Inhaltsangaben? Was die Anwendung angeht war bei mir ein 5-(DinA4)-seitige Erklärung dabei.

Über die Inhaltsangaben will ich mal gar nicht reden. So wie es ist, dürfte das in Deutschland gar nicht kommerziell verkauft werden :D - es fehlt nämlich nicht nur die verpflichtende Angabe über Füllmengen und Inhaltsstoffe, sondern auch sämtliche Sicherheitshinweise.

Nein ich meine eine Gebrauchsanweisung. Die 5 Saiten beziehen sich auf alle Farben, wobei es zur Gundierung z.B. keine konkrete Anleitung gibt wann sie bei welchem Holz wie anzuwenden ist.
 
Schreibt der Hersteller ja selbst, dass es nicht den EU-Richtlinien entspricht.

Hab ich gelesen und gelacht :D - damit ist die Einfuhr und der Verkauf in Deutschland in dieser Form quasi eine ganz dicke Ordnungswidrigkeit, wenn nicht gar illegal und die schreiben das sogar noch drauf :D

Aber egal - so schlimm ist das auch nicht, darum solls nicht gehen...


Ja ich meine auch diese Anleitungen. Such doch mal darin nach der Grundierung (Filler) und nach dem Fakt, dass die nur für saugfähiges und sehr grobboriges Holz zu benutzen ist.... sonst nicht. Da steht man soll keinerlei Filler verwenden, aber sie liefern einen Filler.
 
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Hi,

ich glaube die beziehen das darauf, keine Mittelchen vor dem Auftrag ihrer eigenen Produkte zu nutzen. Ich hatte auch mal ein Set gekauft, einmal für einen Ahorngriffbrett/ -Hals und ein anderes Mal für zwei Gitarren.
Es funktioniert gut und ja; es ist teuer. Aber das ist bei allen Produkten so, die unsere Gitarren "verschönern" sollen... :-D

Hab ich gelesen und gelacht :D - damit ist die Einfuhr und der Verkauf in Deutschland in dieser Form quasi eine ganz dicke Ordnungswidrigkeit, wenn nicht gar illegal und die schreiben das sogar noch drauf :D

Aber egal, darum solls nicht gehen...


Ja ich meine auch diese Anleitungen. Such doch mal darin nach der Grundierung (Filler) und nach dem Fakt, dass die nur für saugfähiges und sehr grobboriges Holz zu benutzen ist.... sonst nicht. Da steht man soll keinerlei Filler verwenden, aber sie liefern einen Filler.
 
[...]
Die Bestandteile:

Grundierung: Das ist eine Bimsmehlgrundierung, ein Gemisch aus Bimsmehl, Leinöl und Sikkativ. Das wird auch bei der Schellack-Lackierung genau so verwendet.

Tiefengrund: Im Traditionshandwerk nennt man das "magerer Anstrich". Das ist ein Gemisch aus einem härtenden Öl (Leinöl/Walnussöl) mit einer Terpentinverdünnung, Sikkativ und Eisenoxid. Stark verdünnt dringt das sehr tief ein.

Basis (Base Coat): Nichts anderes als der sogenannte "halbfette Anstrich". Das gleiche wie der Tiefengrund nur weniger verdünnt und vermutlich mit einem Schuss Tungöl zum Schichtaufbau versehen

Sealer: Nennt man traditionell "fetter Anstrich" und gibts im Baumarkt als "Öllack". Das ist eine Mischung aus Leinöl, Tungöl und Carnuba. Wer es seidenmatt will, mischt Bienenwachs mit dazu.

Highlighter: Bienenwachs + Carnuba mit Eisenoxid. Sammelt sich in den Vertiefungen, nicht auf der Oberfläche.


Und fertig ist "Wudtone".

Nachdem ich jetzt weiß worauf das basiert, finde ich den Preis nicht mehr nur noch grenzwertig, sondern massiv frech - in der Menge in der man es kauft ist das keine 5€ wert. :bad:

Jetzt wo ich ein Vergleichsprojekt habe, werde ich hier die traditionelle Technik auf einem anderen Stück anwenden und hier veröffentlichen. Wen das überzeugt, der kann sich bei mir ebenfalls eine Abfüllung für die Hälfte vom Wudtonepreis bestellen.... wollen wir diese Monopolstellung doch mal ein wenig "auflockern" :D :cool:.

Hm, ich habe auch einige Male Wudtone probiert (allerdings in England bestellt) und fand es gar nicht schlecht - war auch nicht ganz so teuer, wenn ich mich recht erinnere.
Es gab aber auch nur zwei oder drei Bestandteile, glaube ich - Base Coat, Deep Colour und dann noch ein Finish oder so ähnlich.

Ich wäre auch an einer Alternative interessiert - aber am liebsten würde ich da selbst experimentieren, vor allem mit den Farbpigmenten, dann kann man sich seinen eigenen Farbton mischen.

Was nimmst du denn so für Farbpigmente?

Rudi
 
Was nimmst du denn so für Farbpigmente?

Eisenoxidpigmente...das hatte ich oben als Eisenoxid abgekürzt.

Du kannst Dir eine einfache Öllasur mischen aus Leinölfirnis und entsprechend Pigment dazu. Wenn Dir das zu dickflüssig ist, gibst Du Balsam-Terpentin dazu. Mit hohem Terpentinanteil bekommst Du das "Deep Color", mit wenig bekommst Du den "Base Coat". Ohne die sehr dünne Variante bekommt man leicht transparente Farben.


Für das Finish bietet sich übrigens einfaches Danish Oil an bzw. folgende Mixtur:

(Schellack+Alkohol (1:1))+Tungöl+Balsamterpentin
ODER schneller trocknend:
(Schellack+Alkohol (1:1))+Leinölfirnis+Balsamterpentin


Verhältnis 1:1:1 als Grundstoff. Schellack+Alkohol bilden einen Basisstoff. Kann man aber auch fertig gemixt kaufen z.B. von Clou.

So bekommt man ein einfaches Danish Oil in Hochglanz. Mit der Zugabe von Bienenwachs wird es entsprechend matter.


Den Filler braucht man nur für sehr saugfähige Hölzer wie z.B. Sumpfesche. Man kann ihn aber auch weg lassen, nur braucht man dann eben mehr Öllasur. Dafür wird das Ergebnis dann deckender.


Wer ganz sicher und schnell einen voll deckenden Anstrich will, gibt einfach überall etwas Pigment dazu. Schaden kann es nicht, nur ist man dann weniger variabel. Deshalb macht Wudtone das nicht, sondern tauscht eben nur das mittlere Element und kann alle Fartöne modular zusammensetzen.
 
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klingt ziemlich interessant - ich bin jetzt nicht so sehr daran interessiert, die Basis selbst zu mischen, mein Interesse gilt eher der farbigen Mischung.
Daher würde ich dann gleich eher das Zeugs von Clou kaufen - weißt du, wie das Produkt heißt?

Und woher kriege ich die Farbpigmente? Hast du da eine gute Bezugsquelle? erst mal möchte ich mich über die verüfgbaren Farben informieren.

Rudi
 
Also der Schellack von Clou heißt Lumberjack Schellack-Streichlack. Aber das ist nichts für eine wirklich färbende Mischung das ist nur fürs Finish gut.

Pigmente gibts bei ebay oder im Künstlerbedarf

Ich mach das gerade zum Vergleich mit Schwarz zum Wudtone. Hier ist der erste Anstrich:

Anhang 1000.jpg
 
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