Liebe Musikerkollegen, auch wenn ich nicht alle Posts gelesen habe (8 Seiten für so ein Thema sind ja auch schon mal eine Ansage):
In diesem Thread wird viel zu viel Gewese um das Thema Oktavreinheit hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Intonation beim Gitarrenspiel gemacht (immerhin jetzt bereits 8 Seiten)!
Auch die weiteren Ausflüge in hardwaretechnische Themen, die die Intonation beeinflussen (Bünde, Sattel, Stimmgeräte) sind meines Erachtens insgesamt NICHT so bedeutsam für eine ordentliche Intonation beim Gitarrenspiel.
Darüber hinaus wird der Anschein von manchen erweckt, dass 2 bis 3 Cent-Abweichungen gravierend bei der Intonation wären (und damit diese ganzen hardwaretechnischen Aufrüstungen irgendwie zu rechtfertigen ?).
Da ich viele Gitarren- und Vokal-Aufnahmen gemacht habe und ich daher über KONKRETE Erfahrungen bzgl. Intonationsproblematiken verfüge (und nicht nur abtrakt darüber phantasiere) möchte ich ein paar Punkte zum Thema Intonation meinerseits beisteuern (auch wenn der eine oder andere bereits vielleicht schon erwähnt wurde):
- Bei Gesangslines und bei Gitarren-Bendings/Vibrato, bei denen die Noten nicht mehr als maximal ca. +/- 20 Cent abweichen, wird diese Abweichung IN ALLER REGEL als musikalisch
akzeptabel intoniert empfunden.
- Je nach musikalischem Kontext (z.B. in einer Ballade mit 100% Intonationsrefenz durch unterlegte Keys im Hintergrund) kann das etwas anders aussehen und die Anforderung an die
Intonationsgenauigkeit steigen.
- 2 Cent-Abweichungen sind aus meiner Sicht so gut wie gar nix. Gitarrenaufnahmen oder Vokalspuren mit derartig durchgängig minimalen Abweichungen sind meines Erachtens sehr selten
bzw. unrealistisch zu erreichen.
- Meines Erachtens braucht es auch keine speziellen Bünde, die eine exakte Notenfrequenz abbilden, um eine gute Intonation beim Gitarrenspielen zu erzielen.
- Es braucht auch keine Highend-Stimmgeräte für mehrere hundert Euro um eine (auch für Recordings) akzeptable Intonation zu erhalten.
- Ich habe auch eine Gitarre mit einem Earwana-Sattel, der die Intonation in den tieferen Lagen etwas verbessert. DAS BRAUCHT MAN ABER NICHT !
Sollte einem jetzt deshalb die Oktavreinheit gleichgültig sein ?
Nein, natürlich nicht! Jeder sollte bei seinen Gitarren selbstverständlich schauen, dass sie oktavrein sind bzw. die Gitarre auch ordentlich gestimmt ist.
Was ich in den vergangenen Jahren als deutlich wichtigere Quellen für schlechte Intonation beim Gitarrenspiel wahrgenommen habe, sind die nachfolgenden Punkte.
Auf diese sollte man sich meines Erachtens viel mehr in punkto gute Intonation konzentrieren (als auf die Oktavreinheit, denn die ist ja auch ziemlich schnell eingestellt):
- Zu starker Druck der Finger der Greifhand, eventuell auch in Kombination mit sehr hohen Bünden bzw. etwas zu hoch eingesetztem Sattel (1-2 mm reichen schon).
- Schlechtes Bending.
- Schlechtes Vibratospiel.
Das sind alles Spieltechniken !
Meine - daher zugebener Maßen - provokante Meinung:
Wenn sich die Gitarristen dieser Welt mit gleichem Eifer in die Verbesserung relevanter Spieltechniken (siehe oben) stürzen würden als sie Zeit und Geld in die hardware technische Beseitigung ihrer Intonationsprobleme investieren, dann wären die Gitarren-Community insgesamt deutlich mehr in tune.
Grüße aus Franken - wolbai