HellToPay
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Stromlinienförmig, oder: Wie erschaffe ich ein Poppunk-Idol. Eine Anleitung in zehn Kapiteln.
I. Nehme fünf nicht allzu smarte Highschool Kids, die gerade nichts Besseres zu tun haben, als eine Band zu gründen. Schließlich muss der Sound stilistisch flexibel sein und je nach Bedarf auf aktuelle Markttendenzen reagieren. Instrumente nach Belieben verteilen, Talent kann dabei vernachlässigt werden.
II. Stecke die Halbstarken in ranzige Jeans und Logo-Shirts. Dann bekommt mindestens einer, aber höchstens drei Bandmitglieder ein Piercing verpasst, damit für jeden Fangeschmack etwas dabei ist. Tatoos eher vermeiden, schwarze Fingernägel nicht vergessen. Als nächstes gehören Mimik und Gestik trainiert. Im Optimalfall haben alle Mitglieder ein paar lustige Fratzen im Repertoire (wichtig: rausgestreckte Zunge und gespreizte Finger). Ansonsten für die Rolle des schweigsamen Träumers notieren.
III. Trage beim anschließenden Fotoshooting dafür Sorge, dass der Einzelgänger ganz doll ernst und immer aus dem Bild heraus guckt. Fürs Booklet benötigt man drollige Fotos. Etwa eine Spießerparodie: die Band beim Golf spielen usw. Das wirkt identitätsstiftend.
IV. Setze die Gruppe auf Fernsehdiät. Eine Woche lang 24 Stunden MTV. Wenn gerade kein Clip von Good Charlotte oder Avril Lavigne läuft, gibt es "Made" und "Jackass" vom Band. Politik und sonstiges Weltgeschehen tunlichst vermeiden.
V. Sperre die fünf unter ein Dach und stelle sie unter Beobachtung. Basballcaps verteilen. Wer die Kappe falsch herum aufsetzt, bekommt Dosenbier. Schüttet jemand spontan das Dosenbier über ein anderes Bandmitglied, winkt die Belohnung in Form einer original Avril-Lavigne-Krawatte. Alles auf Video fest halten und später als "Special Feature" auf das Album packen.
VI. Beauftrage die Songwriter. Folgenden Punkten soll dabei besondere Aufmerksamkeit gelten: Das bewährte Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Bridge-Refrain-Schema unbedingt einhalten! Eingängigkeit ist höchste Prämisse! So viel Pathos und Dramatik wie passt! Auf Mitsing-Hooks und Backing Vocals achten! Größere Abwechslung bei Gesang, Melodie und Rhythmus vermeiden! Ausnahme: Ein bis zwei Pianoballaden.
VII. Beauftrage die Texter. Inhalt in möglichst simpel gehaltenem Englisch verfassen lassen; Doppeldeutigkeiten gilt es zu vermeiden. Zentrales Motiv: Teenage Angst. Zeilen wie "No one understands you" sollten unbedingt vorkommen. Das Ganze mit ordentlich pupertärem Trotz abschmecken ("Shut up, don't wanna hear it"). Empfohlene Songtitel: "Welcome To My Life", "Me Against The World" usw. Auflehnung gegen Unbestimmt ("die Anderen", "die Reichen", "die Anpasser"). Das Paradoxon einfach ignorieren.
VIII. Hole die Band aus dem Haus und verfrachte sie ins Aufnahmestudio. Erfolgreichen Rock-Produzenten anheuern. Der sorgt mit moderner Technik für satten, klaren Sound und schleift Ecken und Kanten ab. Dem Ganzen trotzdem das Label "Punk" aufdrücken.
IX. Organisiere einen Live-Auftritt. Per Ausweiskontrolle sicher stellen, dass nur die Zielgruppe (11 bis 15 Jahre) eingelassen wird. Vorort ein Musikvideo drehen und die Kids auf der Bühne die Hedonistensau raushängen lassen (Feuerwerk, Instrumente zertrümmern usw.). Keine Scham vor Klischees! In Nachfolgevideos entweder die Band im Regen spielen lassen oder alternativ Bälle, Empfänge und sonstige spießige Veranstaltungen sprengen lassen.
X. Kaufe dich in Musiksender und Radios ein, um die Rotation der Band zu sichern. Schöpfe anschließend mit CD-Verkäufen, überteuerten Konzerten, Nietenarmbändern und Bandshirts ordentlich Kohle ab. Die Band je nach Publikumsresonanz für ein bis zwei weitere Alben verbraten. Dann durch jüngere Band bzw. neuen Trend ersetzen. Wieder bei I. anfangen.
Bei konsequenter Befolgung dieses Handbuchs ist kommerzieller Erfolg vorprogrammiert. Für weitere Genre-Leitfäden siehe die Ausgaben "Aus der Rock-Garage auf die Bühne" und "Straight Outta Ghetto: Dollars, Nutten, Waffen". Viel Erfolg!
I. Nehme fünf nicht allzu smarte Highschool Kids, die gerade nichts Besseres zu tun haben, als eine Band zu gründen. Schließlich muss der Sound stilistisch flexibel sein und je nach Bedarf auf aktuelle Markttendenzen reagieren. Instrumente nach Belieben verteilen, Talent kann dabei vernachlässigt werden.
II. Stecke die Halbstarken in ranzige Jeans und Logo-Shirts. Dann bekommt mindestens einer, aber höchstens drei Bandmitglieder ein Piercing verpasst, damit für jeden Fangeschmack etwas dabei ist. Tatoos eher vermeiden, schwarze Fingernägel nicht vergessen. Als nächstes gehören Mimik und Gestik trainiert. Im Optimalfall haben alle Mitglieder ein paar lustige Fratzen im Repertoire (wichtig: rausgestreckte Zunge und gespreizte Finger). Ansonsten für die Rolle des schweigsamen Träumers notieren.
III. Trage beim anschließenden Fotoshooting dafür Sorge, dass der Einzelgänger ganz doll ernst und immer aus dem Bild heraus guckt. Fürs Booklet benötigt man drollige Fotos. Etwa eine Spießerparodie: die Band beim Golf spielen usw. Das wirkt identitätsstiftend.
IV. Setze die Gruppe auf Fernsehdiät. Eine Woche lang 24 Stunden MTV. Wenn gerade kein Clip von Good Charlotte oder Avril Lavigne läuft, gibt es "Made" und "Jackass" vom Band. Politik und sonstiges Weltgeschehen tunlichst vermeiden.
V. Sperre die fünf unter ein Dach und stelle sie unter Beobachtung. Basballcaps verteilen. Wer die Kappe falsch herum aufsetzt, bekommt Dosenbier. Schüttet jemand spontan das Dosenbier über ein anderes Bandmitglied, winkt die Belohnung in Form einer original Avril-Lavigne-Krawatte. Alles auf Video fest halten und später als "Special Feature" auf das Album packen.
VI. Beauftrage die Songwriter. Folgenden Punkten soll dabei besondere Aufmerksamkeit gelten: Das bewährte Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Bridge-Refrain-Schema unbedingt einhalten! Eingängigkeit ist höchste Prämisse! So viel Pathos und Dramatik wie passt! Auf Mitsing-Hooks und Backing Vocals achten! Größere Abwechslung bei Gesang, Melodie und Rhythmus vermeiden! Ausnahme: Ein bis zwei Pianoballaden.
VII. Beauftrage die Texter. Inhalt in möglichst simpel gehaltenem Englisch verfassen lassen; Doppeldeutigkeiten gilt es zu vermeiden. Zentrales Motiv: Teenage Angst. Zeilen wie "No one understands you" sollten unbedingt vorkommen. Das Ganze mit ordentlich pupertärem Trotz abschmecken ("Shut up, don't wanna hear it"). Empfohlene Songtitel: "Welcome To My Life", "Me Against The World" usw. Auflehnung gegen Unbestimmt ("die Anderen", "die Reichen", "die Anpasser"). Das Paradoxon einfach ignorieren.
VIII. Hole die Band aus dem Haus und verfrachte sie ins Aufnahmestudio. Erfolgreichen Rock-Produzenten anheuern. Der sorgt mit moderner Technik für satten, klaren Sound und schleift Ecken und Kanten ab. Dem Ganzen trotzdem das Label "Punk" aufdrücken.
IX. Organisiere einen Live-Auftritt. Per Ausweiskontrolle sicher stellen, dass nur die Zielgruppe (11 bis 15 Jahre) eingelassen wird. Vorort ein Musikvideo drehen und die Kids auf der Bühne die Hedonistensau raushängen lassen (Feuerwerk, Instrumente zertrümmern usw.). Keine Scham vor Klischees! In Nachfolgevideos entweder die Band im Regen spielen lassen oder alternativ Bälle, Empfänge und sonstige spießige Veranstaltungen sprengen lassen.
X. Kaufe dich in Musiksender und Radios ein, um die Rotation der Band zu sichern. Schöpfe anschließend mit CD-Verkäufen, überteuerten Konzerten, Nietenarmbändern und Bandshirts ordentlich Kohle ab. Die Band je nach Publikumsresonanz für ein bis zwei weitere Alben verbraten. Dann durch jüngere Band bzw. neuen Trend ersetzen. Wieder bei I. anfangen.
Bei konsequenter Befolgung dieses Handbuchs ist kommerzieller Erfolg vorprogrammiert. Für weitere Genre-Leitfäden siehe die Ausgaben "Aus der Rock-Garage auf die Bühne" und "Straight Outta Ghetto: Dollars, Nutten, Waffen". Viel Erfolg!
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