Was ist Kompositionslehre?

  • Ersteller MarkFrisch20
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Hi @ all

Für mich strukturiert eine Lehre das mehr oder weniger chaotisch ablaufende Leben. Mit Hilfe einer Kompositionslehre kann ich mir besser ungeläufige Harmoniefolgen, melodische Variationen, musikalische Formen merken. Vor allem dann, wenn ich unterwegs bin.

Ich bin ein Texter mit solidem musiktheoretischen und instrumentalen Können. Gelegentlich arbeite ich mit Komponisten zusammen, die Komposition an Hochschulen studiert haben. Meistens benutzen wir dann unser musiktheoretisches Wissen, um uns über die Quellen der musikalischen Inspiration zu verständigen. Verdichtet, also ohne umschweifige Erklärungen.

Ein Beispiel: mit einem studierten Komponisten diskutierte ich in einer bestimmten Phase einer Rock-CD-Produktion, ob es eine deutsche Rockmusik gibt oder geben sollte. Unabhängig (!) vom Text.

Mein studierter Kollege führte mich 2 faszinierende Stunden durch die Musikgeschichte Europas und speziell Deutschlands. Wir sprachen über den Bau italienischer und deutscher Opern, analysierten Gassenhauer und Ufasongs und landeten schließlich bei Bands der neuen deutschen Härte.

Mein "kompositionsgelehrter" Kollege weckte in diesem Gespräch in mir Textideen, wie dies NIEMALS ein Laie könnte. Wir flogen sozusagen stundenlang über dem europäischen Musik-Kontinent und die Texte meiner Lieblingsdichter wie Randy Newman oder Bob Dylan wurden mir fremder und fremder. Weil diese - historisch gesehen - "nur" an eine aktuelle Mode gebunden sind. Dafür begriff ich, wie stark ich in meiner Kinder- und Jugendzeit durch Eltern und Schule unterschwellig mit europäischer Musiktradition vollgepumpt wurde. Nach ...zig Jahren routiniertem Texten auf meine geliebten angloamerikanische nMusikstilen witterte ich plötzlich süße Morgenluft.

Das Gespräch ist natürlich verweht wie Parfüm. In der Zwischenzeit habe ich längst wieder getextet wie immer. Aber in meiner Freizeit "rappe" ich seither gern mal beim einsamen Frühstück auf die Musik von Klassik-Radio.

Fazit: Kompositionslehre hilf mir, zu erfahren, woher ich komme. Und wer weiß, vielleicht auch, wohin ich gehen sollte...
 
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Ha, dass ich nicht lache... Beethoven war zeitlebens Klassiker.

Nur weil das Gegenteil nicht stimmt, ist das auch nicht richtig. Und der Begriff "Wiener Klassik" ist wohl ein eher deutscher als z.B. angelsächsischer Begriff.

Mozart und Haydn waren Komponisten des Spätbarock. Als solche waren sie "Kinder ihrer Zeit". Beethoven wiederum hat mit der "Eroica" die romantische Musik nicht erfunden. Wenn, dann war sie schon vorher in seinen Klavierwerken erkennbar. Mit der "Eroica" aber hat Beethoven ein - für seine Zeit - sehr ungewöhnliches Harmonieverständnis in die Sinfonische Musik eingebracht. So ungewöhnlich, dass später noch Komponisten wie Wagner "Verbesserungsvorschläge" unterbreiteten , Stichwort der berüchtigte "falsche Horneinsatz".

Hat der Begriff "Romantische Musik" überhaupt einen Bezug zur Funktionstheorie? Was unterscheidet Schubert funktionsharmonisch von Beethoven?

These: Beethoven dachte nicht im heutigen Sinn funktionsharmonisch - wohl aber polytonal, wobei er die Funktionen auf Tonarten abbildete. Die Dominant-Tonart war dann eben auch die Dominante. Erschien die Dominant-Tonart in Moll, hatte Beethoven zugleich einen Bezug zur Paralleltonart 2 Quinten unter der Tonika - und damit war eine (höchst erwünschte) funktionale Mehrdeutigkeit hergestellt. Zur funktionalen Mehrdeutigkeit auch als Beispiel Op. 111 , 2. Satz .

Klar, weil Bach natürlich nicht Kind seiner Zeit war und mit den Harmoniebegriffen von Janacek und Brahms schon vertraut war. :rolleyes:

Bach dachte polyphon, hatte aber zugleich ein überragendes harmonisches Verständnis - so waren wohl die "Harmonischen Funktionen bei Bach" gemeint. Von der Funktionstheorie im heutigen Sinn konnte Bach nichts wissen - doch Rameau dürfte er gekannt haben.
 
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Bitte sei mir nicht böse wenn ich jetzt so auf deinem Beitrag herumhacke, aber diese Infos sollten sich besser nicht verbreiten:

"
Mozart und Haydn waren Komponisten des Spätbarock."

Was spricht dafür? Jedenfalls spricht eine Menge dagegen: Haydn war 18 als der Barock mit Bachs Tod unter die Erde ging. Musikalisch kontrastieren Haydn und Mozart mit Bach extrem.

Was konkret soll an der Eroica harmonisch revolutionär sein? Der falsche Horneinsatz ist kein harmonisches Phänomen. Besonders waren vor allem zwei andere Dinge: Die gigantischen Dimensionen des 1. Satzes und dessen Abstraktheit, welche eher an die erste Hälfte des 20. Jh. erinnert (erst Sprünge, dann Schritte, dann Primen).

Die ganze Diskussion über geschichtliche Relevanz von Funktionstheorie hat außerdem keinen Fuß: Es spielt keine Rolle, ob ein Komponist sie explizit gekannt hat oder nicht. Entweder lässt sie sich problemlos und gewinnbringend anwenden, oder man muss sie total verbiegen, dann bringt sie nichts. Und bei W. Klassik geht das so gut wie immer problemlos.
Wenn man sie nur anwenden sollte, wenn ein Komponist sie kennt, dann dürfte man sie nur auf Musik ab 1900 anwenden. Und das funktioniert überhaupt nicht.
Und was Rameau damit zu tun hat, weiß ich auch nicht.

Wie Beethoven harmonisch gedacht haben wird ist überliefert, ich habe es jedoch leider gerade nicht im Kopf. Die von dir angesprochene funktionale Mehrdeutigkeit ist richtig beobachtet, aber auch nichts besonderes - jede Modulation funktioniert so.


 
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Ähm... Der TE schreibt schon längst nicht mehr mit. EINE Erklärung dafür könnte sein, dass seine schlichte Ausgangsfrage lautete: kann man Inspiration und Kreativität lehren? Ist nicht jedes Lied eine Komposition? Wer will darüber richten? Was nützt mir eine Kompositionslehre?
 
Weder Beethoven noch Mozart, noch Bach, ja nicht mal Wagner kannten die Funktionstheorie. Einfach weil sie erst benutzbar war, als kein ernsthafter Komponist mehr tonal komponiert hat. Das ist schlichtweg Fakt, weil die Funktionstheorie zwei Leute erfunden und verbessert haben, die ist nicht entstanden.

Und Beethoven war sehr wohl ein Komponist der Wiener Klassik. An seiner Harmonik ist absolut nichts revolutionäres, im Gegenteil: Sie ist teilweise noch einfacher gestrickt als die von Haydn und Mozart.
 
Was ist Kompositionslehre?
Dieser Thread ist ein Musterbeispiel für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Geisteswissenschaftler.
Viel reden anstatt zu machen [...]

Naja ich verstehe was Du meinst. Ich denke allerdings dass eine Grundsatzdiskussion manchmal wirklich frischen Wind in die eigene Art und Weise zu Arbeiten oder mit dem Thema umzugehen, bringt.
Desweiteren ist es gar nicht mal so schlecht, zu versuchen einmal Dinge auszuformulieren, die einem natürlich vorkommen. Wie vermittle ich eine Idee, oder Art und Weise? "Wie geht swing - schriftlich in 3 Sätzen" :D
 
Naja, mir gefällt die Diskussion. Genau so etwas hatte ich im Sinn.
Es gibt auch Leute, ich glaube die nennen sich Philosophen, die denken darrüber nach was Sein, Wahrheit und Existenz bedeutet. Komische Leute, aber irgendwie auch recht wichtig, oder?
 

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