Da bin ich - aufgrund der Arbeit mit einem Naturstoff - nicht ganz bei dir. Wenn du einen Esche Korpus mit einem Ahorn Hals - der zusätzlich ein Rosewood Griffbrett hat - kombinierst, wird der Grundklang zumindest leichte Schwankungen haben. Holz ist nicht homogen und 1 zu 1 identisch mit dem Stück Holz im nächsten Stapel ... und im Beispiel treffen auch noch 3 "Bandbreiten" Holz auf einander, die sich verstärken oder kompensieren können ...
Naja, die Gitarrenhersteller gehen aber nicht in den Wald und fällen mal spontan ein paar passende Bäume. Die kaufen ihr Holz in großen Mengen und dieses Holz entspricht auch gewissen Qualitätsnormen und wird unter genau geregelten Bedingungen angebaut.
Da ist es sehr wohl möglich die Qualität und Homogenität des Holzes weitesgehend festzulegen. Zu 100% wird man sich bei einem Naturrohstoff nie sicher sein, das stimmt wohl.
Ich würde gerne mal einen Einkäufer von Gibson oder Fender dazu hören, unter welchen Kriterien sie einkaufen und wie hoch die Abweichungen innerhalb einer Charge Holz sein dürfen, ohne dass beanstandet wird.
Was man aber auch nicht vergessen darf: Innerhalb einer Holz- bzw. Baumart gibt es auch große Unterschiede. Weltweit gibt es z.B. dutzende Arten von Erle. Hinzu kommt noch die Umgebung, in der der Baum gewachsen ist.
Ich merke das immer beim Vergleich meiner Squier Classic Vibe und Fender Standard Strat - beide haben einen Erle Korpus, dennoch ist die Classic Vibe ein gutes Stück leichter als die Fender.
Bei Epiphone ist die Situation noch merkwürdiger:
Wenn man den Angaben im Internet glauben darf, ist das von Epiphone verwendete Mahagoni, rein botanisch gesehen, gar kein echtes Mahagoni sondern ein ähnliches asiatisches Holz, mit nahezu identischen Eigenschaften. Wie gesagt, ich habe dies im Internet gelesen, keine Ahnung ob es stimmt.
Persönlich ist mir bei den Epis aber schon aufgefallen, dass sie manchmal eine komische Art von "Sandwich-Technik" verwenden. Als ich bei meiner G-400 die PUs wechselte, merkte ich, dass der "Kern" der Gitarre aus einem anderen Holz war als Decke, Rückseite und Zargen. Bei meiner Gibson SG ist dies nicht so.
Zum Herstellungsland:
Bei Gitarren ist es wie bei Autos. Das Wissen über das Herstellungsland beinhaltet eine gewisse Vorstellung über die Beschaffenheit und Qualität des Produktes - das "Prestige".
Es gibt Leute, die werden IMMER ein deutsches Auto kaufen, auch wenn beispielsweise Toyota ein besseres Preis/Leistungsverhältnis hat.
Das wissen die Hersteller und das nutzen sie aus.
Aber: Die großen Gitarrenhersteller haben über die Jahrzehnte entdeckt, dass es viele Leute gibt, die gerne eine Fender oder Gibson hätten, aber nicht über das nötige Geld verfügen bzw. einfach nicht so viel ausgeben wollen.
Genau aus diesem Grund gibt es Handelsmarken wie Squier oder Epiphone.
Stufenweise Abschöpfung des Marktes, sogenanntes "Skimming" in der Fachsprache.
Man kann eine Strat von 100€ - 10.000€ kaufen und dabei immer bei Fender (bzw. Squier) bleiben.
Ein weiterer Effekt ist, dass man damit billigen Nachahmerprodukten das Wasser abgräbt.
Bei anderen Produkten, wie z.B. Technikartikeln ist der Nimbus des Herstellungslandes allerdings schon längst gefallen.
Es interessiert niemanden groß woher das Iphone, die Playstation oder der Flatscreen kommen.
Hier würde eine Produktion in Hochlohnländern keinen Sinn machen.
Ein Iphone braucht kein Mojo (bzw. das Mojo wird hier anders erzeugt), es muss funktionieren und gewisse Features haben. Bei einer Gitarre sieht das allerdings ganz anders aus. Eine Les Paul aus Nashville wird immer begehrter sein, als eine aus Qingdao, auch wenn die tatsächlichen Unterschiede gar nicht mehr sooo groß sind.
Das beste Beispiel ist Fender in den 80er Jahren: Auf einmal stellte man mit Schrecken in Fullerton fest, dass die Strats, die aus Japan kamen, besser als die eigenen waren.
Wenn man sich die aktuelle Entwicklung ansieht, könnte sich die Geschichte vielleicht bald wiederholen - nur diesesmal mit China anstatt Japan... Stichwort "Classic Vibe" usw...