Wie sagt man so schön, Feminismus endet wenn der Richtige auftaucht, Kommunismus spätestens bei 2,5k Gehalt im Monat und Atheismus wenn das Flugzeug brennt.
Das Problem ist @Drummerhexe , du betreibst hier eine gewisse Form von "Auge-um-Auge" (was bekanntlich niemals zu einer Lösung führt). Das ewige (Grund-)Problem eines jeden Sexismus ist dasselbe wie bei jeder anderen Form von "-ismus", Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus, such dir was aus. Alle pauschalieren und fassen irgendwelche anderen Menschen nach irgendwelchen Kriterien (ist ja mal egal ob das die Herkunft, Religion,.... oder eben das Geschlecht ist) in Gruppen zusammen und unterstellen dann, Eigenschaft X trifft auf alle in Gruppe Y zu.
Auch wenn du sagst, dass "Gruppe Y" nicht alle, sondern "90% der Männer sind", es ist noch immer der selbe, pauschalierende Grundgedanke wie der von den ach so vielen ach so bösen Männern, die meinen mit Frauen so umgehen zu dürfen wie eben z.B. du es schilderst.
Und jetzt kommen wir zu einem nach wie vor aktuellen Politikum unserer Zeit, das Problem ist ja: Du hast ja nicht Unrecht!
Jeder, der mit irgendwelchen empirischen Daten Arbeitszeiten, Aufstiegschancen, (Kinderbedingte) Auszeiten, .... kommt zu den selben Ergebnissen: Von der perfekten Gleichberechtigung sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Schaut man sich diverse Statistiken an, was Durchschnittsfrau sich innerhalb eines Durchschnittsfrauenlebens von Durchschnittsmann gefallen lassen muss, kommt einem regelmäßig das Grausen. Das, was du hier ja durchaus lebhaft schilderst hat ja durchaus seine Berechtigung und, sehr wichtig: soll und muss auch gesagt werden, wenn sich das irgendwie verbessern soll.
Aber, der riesengroße Fehler, den Mensch gerne macht: Das darf man ja nicht auf sein höchstpersönliches Umfeld (=Einzelpersonen) runterbrechen. Allgemein machen derlei Gedankengänge ja durchaus Sinn. Wenn man die nächste Generation in diesem Sinne erzieht - sehr gut -, wenn man von Politikern fordert, sich mehr mit dem Thema zu beschäftigen - sehr gut -, wenn man zu fortgeschrittener Stunde mit seinen Freunden darüber schwadroniert, was in unseren Welt so alles falsch läuft - sehr gut-, um zumindest ein wenig Threadbezug herzustellen: Wenn man versucht, Initiativen auf die Beine zu stellen, um mehr Mädls an männerdominierte Instrumente zu bringen - sehr gut -, wenn man in irgendeiner höheren Arbeits- oder gar Politfunktion sich dafür einsetzt - noch besser -, aber nicht allgemeingültig, sondern bezogen auf Einzelpersonen wird ein Bumerang draus:
Mal unterstellt, es gibt wirklich nur 10% Männer, die eine Frau völlig natürlich als 1:1 gleichwertigen Menschen wahrnehmen und solange es nicht um das Austragen und Stillen von Kindern geht keinen Unterschied zwischen stereotypischen "männlichen" und "weiblichen" Tätigkeiten machen - wie glaubst du hält man diese 10% am besten von sich fern?
Genau mit solchen Aussagen wie "90% der Männer sind eh zum vergessen".
Da sind wir dann beim Auge-um-Auge-Prinzip, genauso wie es keine Frau verdient hat, nur wegen ihres Geschlechts in irgendwelche Rollenstereotypen gequetscht zu werden, genauso wenig hat Mann es verdient, in den Rollenstereotyp des Sexisten gedrängt zu werden.
Stell dir mal vor, wir treffen uns erstmals zu einer Probe und ich stelle erst mal fest "Ne Frau? Glaubts ihr, das macht Sinn, ich meine, wie viele ernst zu nehmenden Bands mit Drummerin kennt ihr?", glaubst du wir hätten gemeinsam eine 2te Probe?
Wenn du mir umgekehrt suggerierst, dass du speziell bei Konfliktsituationen in mir im Zweifel mal vorsichtshalber das primitive Mannsbild siehst (und wenn du keine eiskalt berechnender Psychopathin bist transportierst du das wenn nicht verbal zumindest unterschwellig) wird meine Motivation, mit dir weiter was machen zu wollen ziemlich sicher ziemlich darunter leiden. Was auch immer dich berechtigterweise oder unberechtigterweise zu dem Männerbild gebracht hast, welches du hier propagierst, kann ich was dafür? Ich werde sicher jedem Menschen, dem ich im Leben begegne unvoreingenommen gegenübertreten, weil es mir nun mal ein Bedürfnis ist, diese Pauschaleinteilung eben NICHT zu treffen, sobald ich aber merke, dass mein Gegenüber das aber sehr wohl macht (egal warum und in welcher Form) ist meine Reaktion idR. mich möglichst schnell zu verdünnisieren- verstehst du, was ich meine? Es kann aus deiner Sicht gerechtfertigt sein soviel du willst, überleg mal, welches Bild du damit bei einem Mann hinterlässt, der eben das genaue Gegenteil von dem ist was du hier beschreibst.
Wie gesagt, ich will deine Zahlen nicht einmal in Frage stellen und mir ist durchaus bewusst, dass ich von meiner (männlichen) Seite aus vom wesentlich einfacheren Standpunkt aus argumentiere.
Aber es geht doch darum: Es gibt 8Mrd. Menschen auf der Welt. Etwa 100mio im deutschen Sprachraum. Davon die Hälfte männlich und davon meinetwegen 10% von Grund auf in Ordnung sind immer noch verdammt viele Menschen (5mio). Was das "große Ganze", also allgemein das Thema Gleichberechtigung und Liberalismus betrifft, ist das so das so stimmt (so man was derart komplexes überhaupt auf einzelne Zahlen hinunterbrechen kann) natürlich eine alarmierend niedrige Zahl und es ist natürlich unser aller Aufgabe, sich gegen diese Entwicklung zu stellen.
Aber auf das kleine, höchstpersönliche Universum bezogen (wo ja auch in einer Band spielen dazu gehört) würde ich es mir niemals antun, für so was zu "kämpfen". Bei Arbeitgeber, Nachbarn oder auch Familie muss man idR. mit dem Leben, was da ist, aber bei allem Anderen akzeptiere ich auf Dauer sowieso nur Menschen, mit denen ich durch und durch auf einer Wellenlänge bin - und ob die restlichen 99% der Menschen, die ich in meinem Leben kennen lerne "ganz OK", "Eh ganz nett" oder auch "die größten Ärsche" sind, ist mir eigentlich ziemlich egal. Aber das eine Prozent, woraus sich dann ja die wesentlichen Freundschaften und Beziehungen fürs Leben ergeben erkennen zu können ist schon wichtig - und das geht unvoreingenommen wesentlich besser. Auch wenns um Mitmusikanten geht - und auch wenn das bedeutet, dass man regelmäßig viel zu nett ist zu Leuten, die es eigentlich gar nicht verdient haben.
Weil: Man muss sich auch bewusst sein, dass die Alternative ist, dass man sonst regelmäßig zu Leuten nicht nett genug ist, die es sehr wohl verdient hätten - mit allen Konsequenzen. Oder anders: Wenn du brav geübt hast und dir wieder eine Band suchst und du gehst mit der Einstellung ran, wie du sie eben hier ausgeführt hast, dann erhöht das auf jeden Fall die Chance das diese Einschätzung zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung wird.