FretboardJunkie
Helpful & Friendly User
Tach!
*Editiert->Falls Du diesbezüglich Gesprächsbedarf empfindest, steht Dir das "Anliegen und Beschwerden"-Sub offen/Rockin'Daddy*
Zum Thema:
Der richtige Weg, sich mit Musik zu befassen, ist ganz bestimmt nicht der, monatelang nichts anderes als sich dem Drill durch chromatische Übungen hinzugeben. Am Ende wird man vor allem eines gelernt haben: Nämlich die chromatische Übung.
Zudem ist es nicht wichtig, eine technische Übung über einen längeren Zeitraum im Plan zu haben (vielleicht ist es nicht einmal richtig, überhaupt einen Plan zu haben), wenn man etwas lernen will. Denn die Lernkurve ist nur am Anfang steil, später flacht sie ab. 5 bpm mehr kosten dann zwei weitere Wochen intensiven übens, die nächsten zwei Wochen schafft man nur noch 2 bpm, irgendwann kann es sich sogar umkehren. Nee, wichtig ist erstmal, die denkbar sauberste Ausführung hinzubekommen. Aber selbst dann ist noch immer keine Musik, sondern nur weichgeklopfte Muskulatur, die man irgendwann dazu benutzen kann, Musik zu machen.
Um viel zu lernen, sollte man eher darauf achten, die Lernkurve stets möglichst steil zu halten. Das ist so ein bisschen wie in der Muckibude: Nicht ewig die gleichen Übungen, weil sich der Körper an die Herausforderung anpasst, bis er es locker hinbekommt. Sondern immer wieder neu herausfordern, wenn man merkt, dass etwas leicht fällt, braucht man es nicht mehr üben. Wenn dieser Zustand nicht eintritt, macht man grundsätzlich etwas verkehrt. Dann ist meist die Hürde zu hoch, etwas Einfaches wäre effektiver.
Aber das ist bloß die reine Technik betreffend. Es ist zwar leider so, dass man meines Erachtens als Musiker mit der Ausführung an sich, also der Bewegung, dem motorischen Aspekt befassen muss. Wenn man schon in der Ausführung Probleme hat, seine Finger zu koordinieren, dann braucht man sich um Dinge wie Mikrotiming gar nicht erst befassen. Und auch nicht damit, das spielen zu wollen, was man innerlich hört. Man hört dann nämlich nichts, die Aufmerksamkeit ist gebunden durch die Nicht-Selbstverständlichkeit der Bewegungen, die zur Tonerzeugung nötig sind.
Wenn man sich mit Motorik nicht befassen möchte, ist man als Musiker per se eine Fehlbesetzung und sollte sich andere Betätigungsfelder suchen. Tontechniker, DJ oder so, wenn man denn unbedingt Musik machen möchte. Selbst als Komponist wird es dann schwer. Ein Musikinstrument zu bedienen IST Bewegung, findet in Echtzeit statt.
Also: Ich denke, dass man durchaus technische Übungen machen sollte. Aber 10-20 Minuten sollten reichen, wenn man einen 2-Stunden-Plan hat. Zudem regelmäßig wechseln. Je nachdem, was man meint üben zu müssen, würde es knapp ein paar Wochen durchziehen und mich dann Anderem zuwenden.
Aber ich denke auch, dass der Weg musikalisch sein sollte, also meinetwegen eine Etüde, dessen Schwierigkeitsgrad angemessen ist (das zu bewerten ist bestimmt nicht einfach!), und die ein Thema behandelt, bei dem man für sich eine Schwäche oder ein Manko sieht.
Ich für meinen Fall habe das Realbook (mal) wieder herausgekramt um mich durch die Top 10 der Jazz Standards zu wuseln, mit dem Ziel, frei darüber improvisieren zu können. Und zwar in einer Qualität, die mich auch live in Jazz Bands überleben lassen würde. Die Herausforderung ist rein musikalisch! Wer das mal versucht hat, wird sich wundern... auch von der technischen Seite her ist das ein Hammer. Weil nämlich alles, und zwar restlos alles, mit einer geradezu beiläufig anmutenden Lockerheit gespielt werden MUSS. Sonst geht das Time kaputt (...und man wird von der Bühne geschmissen). Aber der mentale Aspekt, nämlich das immer-auf-der-Höhe-sein ist m.E. bei diesen Nummer (ich meine Stella by Starlight, Body And Soul, All The Things You Are usw. mit ihren teilweise sehr komplexen Harmonien und -manchmal sogar seltsamen- Kadenzen) wirklcih schwer. Man muss es soweit schaffen, diese Stücke zu verinnerlichen, dass man eine innere Stimme dazu entwickelt, und diese Stimme wiederum folgt sehr genauen Regeln, die man ebenfalls verinnerlichen und aus dem Bewusstsein ins Unbewusste pflanzen sollte, ansonsten klingt es künstlich und gestellt, aber nie wirklich natürlich und "human".
Im Prinzip ist es genau das, was Nulpe schrieb: Performancefähigkeit herstellen, ggf. Etüden erstellen oder herbeischaffen, und wenn gar nichts hilft, dann muss eben eine rein technische Übung her.
Im letzten Jahr hatte ich mit "Speed Kills" angefangen, und es lief gut. Diese Sextolen bei 140 bpm sind zu schaffen. Aber nach zwei Wochen fragte ich mich, was denn das überhaupt soll. Der musikalische Gehalt, also die emotionale Kommunikation des Performers mit seinem Zuhörer findet bei dieser Nummer einfach nicht statt. Es ist eine tolle Etüde, wenn man denn die Notwendigkeit verspürt, sich in einer Metal Band als einzigen akzeptablen Oberchecker und He-Man in diesem Universum Gehör verschaffen zu müssen. Aber so sehr ich Hardrock auch mag, ich bin aus dem Alter bei weitem heraus, irgendwelche realen oder auch nicht-realen, sondern nur gefühlten Mankos kompensieren zu müssen und mich als Silberrücken präsentieren zu müssen... nach dem Motto: Ich bin erst für mich selbst erst dann akzeptabel, wenn ich stets der Beste in meinem Umfeld bin. Also habe ich dieses Stück beiseite gelegt und überlasse es denjenigen, die es (noch) brauchen. Auch diese Jungs und manchmal ja auch Mädchen werden irgendwann älter.. deshalb ausdrücklich: Das ist jetzt kein Treten von mir.
Also.. alles in allem stimme ich zu. Mit chromatischen Übungen kann man sich vielleicht nach dem Aufwärmen 10-20 Minuten beschäftigen. Danach ist es vergebene Liebesmüh. Wer es trotzdem tut und sich täglich stundenlang damit quält, verschwendet im Prinzip nur Zeit, die anders wesentlich besser investiert wäre. Das ist das Gegenteil von klug.
Grüße Thomas
*Editiert->Falls Du diesbezüglich Gesprächsbedarf empfindest, steht Dir das "Anliegen und Beschwerden"-Sub offen/Rockin'Daddy*
Zum Thema:
Der richtige Weg, sich mit Musik zu befassen, ist ganz bestimmt nicht der, monatelang nichts anderes als sich dem Drill durch chromatische Übungen hinzugeben. Am Ende wird man vor allem eines gelernt haben: Nämlich die chromatische Übung.
Zudem ist es nicht wichtig, eine technische Übung über einen längeren Zeitraum im Plan zu haben (vielleicht ist es nicht einmal richtig, überhaupt einen Plan zu haben), wenn man etwas lernen will. Denn die Lernkurve ist nur am Anfang steil, später flacht sie ab. 5 bpm mehr kosten dann zwei weitere Wochen intensiven übens, die nächsten zwei Wochen schafft man nur noch 2 bpm, irgendwann kann es sich sogar umkehren. Nee, wichtig ist erstmal, die denkbar sauberste Ausführung hinzubekommen. Aber selbst dann ist noch immer keine Musik, sondern nur weichgeklopfte Muskulatur, die man irgendwann dazu benutzen kann, Musik zu machen.
Um viel zu lernen, sollte man eher darauf achten, die Lernkurve stets möglichst steil zu halten. Das ist so ein bisschen wie in der Muckibude: Nicht ewig die gleichen Übungen, weil sich der Körper an die Herausforderung anpasst, bis er es locker hinbekommt. Sondern immer wieder neu herausfordern, wenn man merkt, dass etwas leicht fällt, braucht man es nicht mehr üben. Wenn dieser Zustand nicht eintritt, macht man grundsätzlich etwas verkehrt. Dann ist meist die Hürde zu hoch, etwas Einfaches wäre effektiver.
Aber das ist bloß die reine Technik betreffend. Es ist zwar leider so, dass man meines Erachtens als Musiker mit der Ausführung an sich, also der Bewegung, dem motorischen Aspekt befassen muss. Wenn man schon in der Ausführung Probleme hat, seine Finger zu koordinieren, dann braucht man sich um Dinge wie Mikrotiming gar nicht erst befassen. Und auch nicht damit, das spielen zu wollen, was man innerlich hört. Man hört dann nämlich nichts, die Aufmerksamkeit ist gebunden durch die Nicht-Selbstverständlichkeit der Bewegungen, die zur Tonerzeugung nötig sind.
Wenn man sich mit Motorik nicht befassen möchte, ist man als Musiker per se eine Fehlbesetzung und sollte sich andere Betätigungsfelder suchen. Tontechniker, DJ oder so, wenn man denn unbedingt Musik machen möchte. Selbst als Komponist wird es dann schwer. Ein Musikinstrument zu bedienen IST Bewegung, findet in Echtzeit statt.
Also: Ich denke, dass man durchaus technische Übungen machen sollte. Aber 10-20 Minuten sollten reichen, wenn man einen 2-Stunden-Plan hat. Zudem regelmäßig wechseln. Je nachdem, was man meint üben zu müssen, würde es knapp ein paar Wochen durchziehen und mich dann Anderem zuwenden.
Aber ich denke auch, dass der Weg musikalisch sein sollte, also meinetwegen eine Etüde, dessen Schwierigkeitsgrad angemessen ist (das zu bewerten ist bestimmt nicht einfach!), und die ein Thema behandelt, bei dem man für sich eine Schwäche oder ein Manko sieht.
Ich für meinen Fall habe das Realbook (mal) wieder herausgekramt um mich durch die Top 10 der Jazz Standards zu wuseln, mit dem Ziel, frei darüber improvisieren zu können. Und zwar in einer Qualität, die mich auch live in Jazz Bands überleben lassen würde. Die Herausforderung ist rein musikalisch! Wer das mal versucht hat, wird sich wundern... auch von der technischen Seite her ist das ein Hammer. Weil nämlich alles, und zwar restlos alles, mit einer geradezu beiläufig anmutenden Lockerheit gespielt werden MUSS. Sonst geht das Time kaputt (...und man wird von der Bühne geschmissen). Aber der mentale Aspekt, nämlich das immer-auf-der-Höhe-sein ist m.E. bei diesen Nummer (ich meine Stella by Starlight, Body And Soul, All The Things You Are usw. mit ihren teilweise sehr komplexen Harmonien und -manchmal sogar seltsamen- Kadenzen) wirklcih schwer. Man muss es soweit schaffen, diese Stücke zu verinnerlichen, dass man eine innere Stimme dazu entwickelt, und diese Stimme wiederum folgt sehr genauen Regeln, die man ebenfalls verinnerlichen und aus dem Bewusstsein ins Unbewusste pflanzen sollte, ansonsten klingt es künstlich und gestellt, aber nie wirklich natürlich und "human".
Im Prinzip ist es genau das, was Nulpe schrieb: Performancefähigkeit herstellen, ggf. Etüden erstellen oder herbeischaffen, und wenn gar nichts hilft, dann muss eben eine rein technische Übung her.
Im letzten Jahr hatte ich mit "Speed Kills" angefangen, und es lief gut. Diese Sextolen bei 140 bpm sind zu schaffen. Aber nach zwei Wochen fragte ich mich, was denn das überhaupt soll. Der musikalische Gehalt, also die emotionale Kommunikation des Performers mit seinem Zuhörer findet bei dieser Nummer einfach nicht statt. Es ist eine tolle Etüde, wenn man denn die Notwendigkeit verspürt, sich in einer Metal Band als einzigen akzeptablen Oberchecker und He-Man in diesem Universum Gehör verschaffen zu müssen. Aber so sehr ich Hardrock auch mag, ich bin aus dem Alter bei weitem heraus, irgendwelche realen oder auch nicht-realen, sondern nur gefühlten Mankos kompensieren zu müssen und mich als Silberrücken präsentieren zu müssen... nach dem Motto: Ich bin erst für mich selbst erst dann akzeptabel, wenn ich stets der Beste in meinem Umfeld bin. Also habe ich dieses Stück beiseite gelegt und überlasse es denjenigen, die es (noch) brauchen. Auch diese Jungs und manchmal ja auch Mädchen werden irgendwann älter.. deshalb ausdrücklich: Das ist jetzt kein Treten von mir.
Also.. alles in allem stimme ich zu. Mit chromatischen Übungen kann man sich vielleicht nach dem Aufwärmen 10-20 Minuten beschäftigen. Danach ist es vergebene Liebesmüh. Wer es trotzdem tut und sich täglich stundenlang damit quält, verschwendet im Prinzip nur Zeit, die anders wesentlich besser investiert wäre. Das ist das Gegenteil von klug.
Grüße Thomas
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