Voraussetzungen für die Konstruktion und den Bau eines Akkordeons

Die Behauptung, das Akkordeon hätte die Kirchenorgel ersetzen können, halte ich dagegen bei aller Liebe für unser schönes Instrument schon für relativ gewagt.
.. halt in kleinen Kirchen! ... aber da war dann meist eh keine Orgel drin , sondern wenn überhaupt was, dann eher ein Harmonium ... Und da widerum glaube ich dass das Akkordeon das Harmonium nicht eretzt hätte... denn das steht bequem auf dem Boden und belastet den Spieler nicht, während das Akkordeon beim Spieler an den Schultern zerrt.
 
ein derart fiktives Thema erzeugt zwangsläufig fiktive (gewagte) Beiträge.
verstehe ich lediglich als eine - wenn auch ungewöhnliche - Frage.
"Fiktives Thema" - das kann alles heißen. Fiktiv kann heißen: Ersonnen. Dem würde ich sofort zustimmen. Es kann aber auch heißen: Versponnen, irreal und damit bedeutungslos. Dem würde ich widersprechen.

Ungewöhnlich finde ich die Frage, die dahinter steckt nicht. Das Thema ist es schon gar nicht. Denn es geht um Bewusstheit. Ich merke, dass ich ein Konzert-Akkordeon unter den Fingern habe. Ein Instrument, das erst in den 1960ern und entstanden und später perfektioniert wurde. Ich spiele damit Musik aus einer Zeit, die seit 300 Jahren Geschichte ist. Musikmachen ist eine Zeitreise, die man selber in die Vergangenheit antritt. Als Musiker stehe ich vor der Pflicht zu überlegen, ob und wie ich dieser wunderbaren Barockmusik gerecht werden kann. Je mehr ich mich damit beschäftige, merke ich Zweifel und Unfähigkeit. Ich spüre, da ist noch mehr. Wie schön wäre es, das Ich, seine Geschichte und seine eigenen gebildeten musikalischen Vorurteile sein zu lassen und nur Johann Sebastian Bach sprechen zu lassen. Er soll mir sagen, wie man mit dem Konzertakkordeon seine Musik spielen und interpretieren soll. Ein musikalisches Koan. Vielleicht.

Ich habe mich gestern an die 3sat-Dokumentation "Lang Langs Goldberg-Variationen" erinnert und sie angesehen. Ein wunderbarer Film. Die Fragen, die ich habe, kommen dort so ähnlich vor. Diesmal geht es nicht um Meister Bach und das Konzertakkordeon, sondern um Meister Bach und den Steinway-Konzertflügel. Schaut mal rein, wenn der Film mal wieder gezeigt wird. Die Dialoge mit Andreas Staier und Michael Maul sind anregend (Es fällt auch kurz der Name 'Akkordeon').

(Mit russischen Untertiteln gibt es den Film in englischer Sprache auf Youtube:


View: https://www.youtube.com/watch?v=2FpGubUutQI.

Der Dialog mit Staier ist ab 13:39, die Aussage von Maul ab 40:33)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie schön wäre es, das Ich, seine Geschichte und seine eigenen gebildeten musikalischen Vorurteile sein zu lassen und nur Johann Sebastian Bach sprechen zu lassen. Er soll mir sagen, wie man mit dem Konzertakkordeon seine Musik spielen und interpretieren soll.

An dem Punkt glaube ich, dass es keine eindeutige Antwort gibt.

Frag die "Hardlinder" - also die Verfechter der historischen Aufführungspraxis, dann hat man mit dem Akkordeon eigentlich schon verloren. Denn ein Akkordeon klingt einfach nicht wie ein Cembalo und der Klang verhält sich auch anders. Auch z.B. die Eigenheiten diverser Instrumente kann man nur sehr unzulänglich mit abbilden - z.B. das relativ rasche abklingen des Tons beim Cembalo.

Anders sieht es aus wenn man vorgibt, die Intention wiederzugeben - also z.B. das musikalische Gefühl. Also betrachtet welche Emotion man mit dem Stück übertragen will. Da kann man das dann sehr wohl wieder auf s Akkordeon adaptieren und das Akordeon sinnvoll einsetzen.

Und ich glaube Bach hat das selber auch nicht ansatzweise so dogmatisch gesehen, sondern relativ frei auf das jeweilige Instrument angepasst. Bsp. das bekannte "Menuett" aus Anna Magdalena Bachs Notenbüchlein - Auf Cembalo gespielt klingen die langen Notenwerte schon ab bevor die Notation gemäß Notenblatt endet....Will man das auf dem Akkorodeon genauso spielen muss man tierisch drauf achten den Notenwert vorher enden zu lassen... nur man kann einzelne Noten nicht auf dem Akkordeon ausklingen lassen während andere noch klingen...Versucht man das streng dogmatisch, dann klingt das "Menuett" mehr oder weniger lieblos bis bescheuert.

Wenn man aber schaut welche Emotion und Intention soll der Ton erzeugen, dann kann man die Töne auch mitunter entsprechend länger halten und alles klingt wieder flüssig und stimmig. Da muss man schlichtweg mit dem eigenen Instrument spielen und experimentieren was hier am besten passt. Für genau dieses Menuett hae ich auch schon diverse Streicherfassungen gehört... und da werden die Töne schön gehalten und entsprechend dem Notenwert gespielt... und es hört sich stimmg an.

Somit bleibt ein unlösbarer Widerspruch: historisch korekt zu spielen oder mit dem Akkordeon wiederzugeben.

Und das selbe macht Lang Lang übertragen mit dem Klavier ja auch - seinen Konzertflügel gabs damals ja auch noch nicht. Aber er macht sich Gedanken, was ist das Wesen des Musikstücks, welches ich rausarbeiten muss, damit die "muikalische Botschaft" rübergebracht werden kann und wie kann ich das auf meinem jetzigen Instrument umsetzen.
 
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Und das selbe macht Lang Lang übertragen mit dem Klavier ja auch - seinen Konzertflügel gabs damals ja auch noch nicht.
Exakt. Nur ist die Methode das zu erreichen unterschiedlich. Lang Lang flog von Kontinent zu Kontinent, schaute sich um und fragte einfach ein Haufen Leute, so dass sich seine eigene Auffassung auf welchem Weg auch immer gebildet hat. Bescheiden räumt er ein, dass sein Weg noch nicht abgeschlossen ist. Ich mache eine virtuelle Reise in die Vergangenheit to Mr. Bach himself. Noch sehe ich ihn nicht in meinen Träumen... In beiden Fällen ist so etwas wohl kein bloß kognitiver Akt.
 
Ich stelle mir manchmal vor, was aus Bach heute geworden wäre.

image(7).jpg

Ganz ehrlich. Das Umfeld der Zeit formt die Menschen.

Natürlich ist es spannend die Hintergründe zu kennen, aber auch ich würde nicht allzuviel davon umzusetzen versuchen. Jede Zeit braucht ihre neuen Interpretationen und Kompositionen. Auch wenn es schwer fällt, sich von künstlerischen Monumenten zu lösen, Kopien braucht man schließlich auch nicht.
 
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Ich stelle mir manchmal vor, was aus Bach heute geworden wäre
Genau das habe ich mich heute auch gefragt und habe beim Nachdenken darüber mich an drei Menschen erinnert die mir im Laufe des Lebens begegnet sind mit überragendem Musik-IQ. Sie waren sehr erfolgreich als Arzt, Unternehmer und Politiker und sind auf ihrem Lebensweg dem Vorbild ihrer Väter gefolgt. Musik haben sie nur zum eigenen Plaisir im Kämmerlein gemacht wie auch die Väter.
 
Bach heute hätte Jazz gemacht, soviel ist klar :⁠-⁠)

Ob er Akkordeon gespielt hätte, da bin ich mir nicht so sicher.

Menschen ...mit überragendem Musik-IQ. ...Musik haben sie nur zum eigenen Plaisir im Kämmerlein gemacht wie auch die Väter.
IQ als Voraussetzung ja, aber wenn man es nebenberuflich macht, fehlt einfach die Zeit für ein wirklich hohes Niveau. Ich kenne eine Ausnahme, dh. einer der auf professionellem Niveau Musik macht. Der hat allerdings keine Kinder und ist geschieden. 🙄
 
Ich stelle mir manchmal vor, was aus Bach heute geworden wäre.
Wenn das so weiter geht, wird das irgendwann zu einem exxxklusiven Ü18-Thread, bei dem man seine Personalausweisnummer eingeben muss... ;)

Jede Zeit braucht ihre neuen Interpretationen und Kompositionen. Auch wenn es schwer fällt, sich von künstlerischen Monumenten zu lösen, Kopien braucht man schließlich auch nicht.
Aber es gibt bestimmt Interpretationen, die du als nicht angemessen sehen würdest, oder? Die Frage ist, ob es "ästhetische Maßstäbe" oder "Regeln" oder ... gibt, in dessen Grenzen sich Interpretation abspielen sollte. Ich rufe hier nicht nach einem Musik-Polizisten, sondern nach einer wohlwollenden inspirierenden künstlerischen Stimme. Polizisten sind für gefährliche Verkehrsrowdys und Mörder, nicht für DEN Menschen und Künstler allgemein.

Glücklicherweise sind wir hier Akkordeonisten, insofern ist Bach kopieren eigentlich unmöglich. Merkwürdigerweise werden aber Bach-Interpretationen kopiert, was ich merkwürdig finde.
 
Merkwürdigerweise werden aber Bach-Interpretationen kopiert, was ich merkwürdig finde
Das meinte ich auch.

Aber es gibt bestimmt Interpretationen, die du als nicht angemessen sehen würdest, oder?
Ja, mir muss ja nicht alles gefallen, aber der einzelne Geschmack ist ja keine Instanz.
Es ergibt sich meistens aus dem allgemeinen Erfolg einer neuen Interpretation in einer bestimmten Zeit.
Lang Lang scheint solche Bach Interpretationen liefern zu können.

Diese ganzen Gould Kopien langweilen doch nur noch oder?
Ich finde es aber eben schwierig über solche Monumente hinwegzusetzen, gerade heute in einer immer flüchtigeren Gesellschaft.
 
IQs werden quantitativ gemessen (Quotient = numerisch) ... also doch sowas ... ?
Wird halt umgangssprachlich gern so verwendet.
ZB. wird bei guten Basketballspielern immer vom "Basketball IQ" gesprochen.
Dass es das im Sinne eines IQ-Tests bei Musik nicht gibt, sollte eigentlich klar sein.

Nenn es halt "kognitive Voraussetzungen", "Talent", so in der Art, ich vermute, das hat @diatoner gemeint.
 
vom "Basketball IQ" gesprochen.
ergibt nur Sinn, wenn bei Verwendung des Begriffs in dieser Form unausgesprochen und auch zweckentfremdet ein hoher IQ impliziert wird. Again what learned (L.M.) ...
 
ergibt nur Sinn, wenn bei Verwendung des Begriffs in dieser Form unausgesprochen und auch zweckentfremdet ein hoher IQ impliziert wird.
Naja, es kann schon auch ein niedriger (musikalischer, Basketball) IQ vorliegen.

Wenn man jemanden für seine Intelligenz positiv hervorhebt, ist aber in der Regel, wie Du richtig bemerkst, ein hoher IQ der Grund dafür. Ist ja eigentlich trivial.

Ich lese "unausgesprochen" bei Dir heraus, dass Dir der Begriff nicht gefällt, richtig?

Musikalisch kenne ich den Begriff ja auch so nicht, mich stört er aber auch nicht besonders. Im Basketball - woher ich den Begriff kenne - gibt es halt Spieler, die sich weniger mit Körperkraft und Masse durchsetzen, sondern durch vorausschauendes kombinierendes Spiel auszeichnen. Da kann man durchaus von einer (im Vergleich zu anderen hohen und für diesen Sport spezifischen) Intelligenz sprechen.

Musikalisch könnte (!) man es so übertragen, dass ein hoher musikalischer IQ Leute auszeichnet, die zB gut mit anderen zusammenspielen, große Zusammenhänge leicht erfassen. Ob man sie dafür loben muss, sei dahingestellt, denn dafür kann am Ende keiner was. Man hat eben gute Voraussetzungen.

Um wirklich ein guter Musiker / Spieler zu werden, braucht es trotzdem ohne Ende Training/Üben.

Als (positive) Beispiele fallen mir spontan ein sportlich Nikola Jokic, Lebron James - oder musikalisch Jacob Collier, Cory Henry, Sergiu Celibidache.
Nach Leuten mit geringem sportlich/musikalischen IQ würde ich jetzt mal nicht suchen, aber Beispiele kennt man sicherlich auch. Vielleicht kann man solche Leute aber sogar noch mehr bewundern, wenn sie sich mit viel Fleiß und Ausdauer durchsetzen, obwohl sie es schwerer haben.
 
Bestimmt habe ich etwas vergessen...
Herr Bach denkt weiter:

Wenn ich einen Ton auf dem Instrument spiele und gleichzeitig zittere, entsteht ein Vibrato. Aber das Vibrato ist anders als das, das man mit einer Geige macht. Bei einer Geige schwankt die Tonhöhe, bei einem Akkordeon die Lautstärke.

Ich kann alle Töne länger aushalten. Ich kann die Lautstärke halten und sogar anschwellen lassen. Das geht auf einem Clavichord oder einem Cembalo nicht. Auf einer Trompete kann ich Töne anschwellen lassen, aber nicht alle (Ventile werdet ihr erst später erfinden).

Und die Tonlänge kann länger sein als beispielsweise bei einer Geige. Ich weiß, irgendwann werdet ihr längere Bögen erfinden. Aber Barockbögen sind kurz, man kann nicht beliebige lange Töne spielen, irgendwann ist der Bogen einfach zu Ende. Vergleichsweise lange Töne kann ich in der Kirche machen. Aber so eine Orgel kann ich nicht überall hin mitnehmen. Bei fürstlichen Feierlichkeiten oder bei Empfängen der Stadt habe ich ein Orchester, aber keine Orgel. Insofern könnte ein Akkordeon ziemlich interessant sein.

Ich sehe, du spielst Knöpfe. Man kann links und rechts gleichzeitig verschiedene Akkorde spielen, die Töne eines jeden einzelnen Akkords können weiter voneinander entfernt sein als auf jedem Instrument, das ich kenne.
 
(Ventile werdet ihr erst später erfinden)
Wenn das Akkordeon schon erfunden ist, solltest Du fairerweise auch die Blechblasventile schon erfunden sein lassen ;)

die Töne eines jeden einzelnen Akkords können weiter voneinander entfernt sein als auf jedem Instrument, das ich kenne.
Da könnte man jetzt wieder mit der Orgel kommen. Da sind die Töne weit voneinander entfernt.
Vom Pedal bis zu den Manualen ist es locker ein Meter, wenn nicht noch mehr. Von unten links bis oben rechts sogar zwei Meter. Das krieg ich mit meinem Balg nicht hin.

Aber natürlich auch die Tonhöhe.
Akkorde sind für Bach aber vielleicht gar nicht das entscheidende, sondern die Möglichkeiten der Mehrstimmigkeit.

Ich kann die Lautstärke halten und sogar anschwellen lassen.
Orgeln hatten damals noch keinen Schweller, oder? Sollten wir den mal auch noch erfinden lassen?

Crescendo und Decrescendo waren musikalisch glaube ich auch gar nicht so gewünscht - Stufendynamik oder so hieß das glaube ich (Wechsel laute/leise Passagen bzw mehr/weniger Musiker bzw Solo-Instrument/Tutti).
 
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Bei fürstlichen Feierlichkeiten oder bei Empfängen der Stadt habe ich ein Orchester, aber keine Orgel. Insofern könnte ein Akkordeon ziemlich interessant sein.
der fürstliche Besuch wäre ziemlich sicher gewaltig beeindruck gewesen, wenn ihm zu Ehren zum Empfang ein ( in Zahlen : 1) Musiker aufgeboten worden wäre :m_akk: :gruebel:

... Bei aller Verliebtheit ins Konzertakkordeon, glaube ich dass das damals dann doch mit Orchester abgelaufen wäre.. weil je größer das aufgebotene Orchester desto reicher der Gastgeber ... desto mehr Punkte auf dem Angeberkonto!:D
 
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Da fragt man sich doch, warum heutzutage Staatsgäste mit Blasmusik und nicht besser mit Akkordeonorchester empfangen werden ... ?
 
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arum heutzutage Staatsgäste mit Blasmusik und nicht besser mit Akkordeonorchester empfangen werden .
weil da ne Piccoloflöte ne Piccoloflöte ist und kein ähnlihc klingendes Register!

Meisterklasse454 war ja zu Lebzeiten ein bekannter Orchesterdirigent und hat mir mal gesagt als er ein paar Akkordeons bei mir ausprobierte: "ach weißt du, wie präsent das Piccolorregister ist, interessiert mich nicht so arg - wenn ich wirklich Piccolo will, dann besetze ich mit Piccoloflöte - die ist dann wirklich präsent!"
... so denken Orchesterdirigenten!
 
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