Damit ist das Volksliedgut auf einem alten Stand fest gefroren und frei von neuen Einflüssen. Sprich: gestorben.
Gestorben heißt aber nicht notwendigerweise, tot, vergessen und verschwunden zu sein aus dem Bewusstsein.
Die Wandervogelbewegung im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts hatte sich u.a. auf die Fahne geschrieben, Volkslieder wieder zu beleben.
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland in den 50er und 60er Jahren eine Schulmusikbewegung, die vom Volkslied ausging.
Die 70er Jahre brachten in der Liedermacherszene in Deutschland eine sehr intensive Auseinandersetzung mit dem Volkslied, auch auf kritische Weise.
Wer weiß schon, ob zukünftig nicht irgendwann der Umgang mit Volksliedern wieder neu und vielleicht auf ganz andere Weise praktiziert wird.
Mir ist schon klar, dass heute Volkslieder nicht in dem Gewand entstehen können, wie das in den vergangenen Jahrhunderten der Fall war und dass man diese Bezeichnung auch nicht für neue Lieder/Songs, die sich im "kollektiven Gedächtnis" festsetzen, benutzen kann.
Ich sehe das mit den Volksliedern als das, was sie waren: Ein Produkt ihrer Zeit in einer ganz bestimmten historischen Situation, in der Lieder gesungen wurden als musikalischer Ausdruck von allerlei Themen, die die Menschen in irgendeiner Form bewegten.
Meine Ausgangsfrage im Thread war auch nicht, ob heute neue Volkslieder entstehen, sondern, ob sie noch im Bewusstsein der Menschen sind und noch erklingen oder ob man sie aus welchen Gründen auch immer vergessen hat oder sich schämt sie zu singen, weil sie nicht modisch genug erscheinen.
Innovation ist sicherlich ein wesentliches Kriterium für Musik, aber meines Erachtens nicht das einzige, wenn es darum geht, Vergangenes zu erhalten.
Rational gesehen kommen die "alten" Volkslieder den Kindern und Jugendlichen zunächst wohl eher seltsam vor, aber Musik und somit auch Volkslieder haben etwas Wunderbares neben der theoretischen und sachlich- analytischen Betrachtungsweise: Sie lösen Emotionen aus. Dass Singen gesund ist und Spaß machen kann, wurde mehrfach erwähnt.
Und ich glaube auch nicht, dass Volkslieder in Zukunft tot sind.
Es liegt an den Menschen selbst, wenn man sich in der heutigen Zeit der Fremdbestimmung durch Technik, der wir nicht entrinnen können (was keineswegs negativ gemeint ist), der Erinnerung und Bewahrung von wertvollen Liedern beraubt.