Unterricht geben - Welche Qualifikationen brauche ich?

  • Ersteller Domeni0
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Ob ein deutscher ML von 15 € die Stunde leben könnte, weiß ich nicht, jedenfalls verlangt er für seinen Musikunterricht mehr.

Du hast die ziemlich steile These in den Raum gestellt, die russischen ML könnten etwas, was ihre deutschen Kollegen nicht hinbekommen, und tauchst sofort in unverbindliches Geschwafel ab, sobald es darum geht, diese These konkret zu untermauern. Das finde ich ziemlich schwach, allerdings entspricht das auch mal wieder deiner üblichen Argumentationsweise.

Deine Mär von den arbeitswilligeren und trotzdem preiswerteren osteuropäischen ML beruht vielleicht auf wenigen, nicht zu verallgemeinernden Einzelfällen, sie entspricht aber nicht der Realität. Wir haben hier vor Ort (eine Großstadt, die im Mietspiegel und den Lebenshaltungskosten in den deutschen Top-5 liegt, dazu eine bedeutende MHS mit internationaler Studentenschaft, d.h. ein hohes Angebot an potentiellen Lehrkräften) z.B. eine überregional aktive Russische Musikschule, die preislich im ortsüblichen Bereich liegt - etwas anderes wäre auch wirtschaftlich gar nicht machbar!

Auch wenn das vielleicht etwas klischeehaft klingt, aber du kannst getrost davon ausgehen, dass z.B. russische Frauen mit guter Qualifikation in der Partnerwahl durchaus selektiv sind. Wenn daher irgendeine russische Klaviermutti in ihrer reichlich bemessenen Freizeit aus Langeweile ein paar günstige Stunden gibt, während der treusorgende Ehemann für ein gut gefülltes Familienkonto sorgt, ist das nicht auf die Allgemeinheit übertragbar.
Natürlich gibt es auch dort die Leute am anderen Ende der Fahnenstange, aber denen kann man keinen Vorwurf machen, wenn sie versuchen, sich mit Billigpreisen irgendwie über Wasser zu halten - da stellt sich eher die Frage, ob sich deren Klientel nicht in Grund und Boden schämen sollte, von solchen Notlagen auch noch profitieren zu wollen.

Du kannst es drehen und wenden, wie du willst: Wenn du durch deine Einkünfte nicht deine Kosten decken kannst, kannst du von deinem Job nicht leben, egal was das für ein Job ist, und egal wo du herkommst. "Preise runter" bedeutet daher immer auch "Stundenzahl hoch". Für ML ist diese Rechnung allerdings illusorisch, weil der Markt in der Schülerzahl quantitativ zu begrenzt ist. In einem im Wachstum begrenzten Markt kannst du dann nur noch dadurch Kunden generieren, indem du sie andersweitig abwirbst. Wenn du das nicht durch qualitativen Mehrnutzen schaffen kannst, sondern nur durch Unterbieten der ortsüblichen Honorare, setzt sich ein unausweichlicher Teufelskreis in Bewegung, an dessen Ende dann alle mit leeren Händen dastehen.

Als junger Lehrer wirst du es vielleicht eher mit jüngeren Schülern zu tun bekommen ...

Nicht unbedingt, weil die - zumindest wenn sie noch schulpflichtig sind - von ihren Eltern eher zu den städtischen bzw. privaten Musikschulen (die im Angebot mittlerweile häufig explizit auf die Pop-Schiene setzen) geschickt werden. Dazu kommt, dass Eltern auch eher zu Unterrichtenden mit längerer Erfahrung tendieren.
Bereits während meiner Studienzeit hatte ich - im Gegensatz zu den Studierenden mit Musikschuljobs - überwiegend erwachsene Schüler. Das läßt sich natürlich nicht verallgemeinern, sondern ist sicherlich auch vom angebotenen Unterrichtsfach abhängig (Violinanfänger im Seniorenalter sind eben eher selten), aber die Gleichung "junger Lehrer = junge Schüler" geht in der Praxis nicht unbedingt auf.
 
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Hallo @Domeni0

ich finde es ok, wenn man bereits als Gesangpädagogik-Student Stunden erteilt. Nur in der Theorie oder im geschützen Rahmen der Praktika an der MHS kann man unterrichten wohl nicht erlernen.

Was ich aber wichtig finde ist, dass der Student von einem erfahrenen Lehrer (z.B. seinem Päda-Lehrer der MHS) supervisorisch begleitet wird. Das heisst, in regelmässigen Abständen immer mal wieder Unterricht unter Aufsicht des Päda-Lehrers. Dieser kann den Fortschritt des Schülers des Studenten kontrollieren und allenfalls die Reissleine ziehen, falls was in die falsche Richtung läuft. Also in etwa so, wie es ja auch in den Fachdidaktikstunden läuft: unterrichten, besprechen was lief gut, was weniger und auch den Schüler miteinbeziehen: wie hat er sich gefühlt beim Unterricht, hat er die Anweisungen des GL verstanden, bekam er Hilfe bei der Umsetzung etc.
Diese Supervision kostet den Studenten natürlich ein bisschen was, sollte es ihm aber wert sein, nicht nur aus Respekt seinen Schülern gegenüber, sondern auch um selber voran zu kommen. Und mit der Zeit, wenn klar ist, dass sein Unterricht gut läuft, kann diese "Überwachung" dann ja in grösseren Abständen stattfinden.

Als weiteres finde ich es auch essentiell, dass der Student gleichzeitig und so oft wie möglich bei sehr guten Gesangspädagogen hospitieren geht. Dort nicht nur beobachtet, wie sie technische Belange vermitteln, sondern v.a. auch wie sie reagieren, wenn ein Schüler eine Anweisung nicht grad umsetzen kann, wie konzentriert sie über die volle Stunde bei ihrem Schüler sind und wie individuell auf den einzelnen Schüler abgestimmt sie unterrichten.

Dass, wie von jemandem hier erwähnt, ein Student keine Anfänger unterrichten soll finde ich nicht. Bei einem Anfänger, der im Prinzip noch nichts kann, gibt es noch so viele Möglichkeiten wo man mit dem Unterricht ansetzen kann. Da finden sich immer auch Themen die noch recht einfach zu vermitteln sind und wo die Gefahr einer Fehlvermittlung kleiner ist. Bei Schülern die schon einige Zeit Unterricht hatten, kann es sein, dass sie sich bereits gesangliches Fehlverhalten antrainiert haben. Sie da wieder raus zu holen braucht meiner Ansicht nach nicht nur eine guten, sondern auch einen erfahrenen GL, ein Student könnte da schnell mal an seine Grenzen kommen. Umso mehr, wenn ein Schüler bereits richtig gegen die Wand gelaufen ist oder sich in einer ausgemachten Stimmkrise befindet: Finger weg von solchen Schülern, die brauchen in jeder Beziehung einen sehr guten Profi-GL.

Dass ein Student zu einem anderen Tarif unterrichtet als ein diplomierter GL ist klar und hat nichts mit Preisdumping zu tun. Ist auch in anderen Studienrichtungen so, wenn Studenten in ihrem späteren Berufsbereich jobben.
Wie hier schon erwähnt, ermöglicht dies auch Gesangsinteressierten mit kleinem Budget Stunden zu nehmen. Andererseits gibt es auch immer Leute die halt einen erfahrenen GL einem Studenten vorziehen, so dass auch für die GLs nach dem Diplom noch Schüler übrig bleiben. Ich hätte ganz zu meiner Gesangsanfangzeit auch die Möglichkeit gehabt, bei einer Gesangsstudentin Unterricht zu bekommen, habe aber einer diplomierten GL den Vorzug gegeben (falls nötig, kann man ja auch in etwas grösserem Abstand Stunden nehmen, damit es finanziell passt).
Und dass GL (zumindest die klassischen) in heutiger Zeit generell Mühe haben, genug Schüler zu finden, ist wohl ein trauriges Zeitphänomen und hat eher weniger damit zu tun, dass Gesangsstudenten den Diplomierten die Butter vom Brot klauen.
 
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Was ich aber wichtig finde ist, dass der Student von einem erfahrenen Lehrer (z.B. seinem Päda-Lehrer der MHS) supervisorisch begleitet wird. [...] Als weiteres finde ich es auch essentiell, dass der Student gleichzeitig und so oft wie möglich bei sehr guten Gesangspädagogen hospitieren geht.

Das ist zumindest an den MHS ohnehin obligatorisch.
Der TO studiert allerdings Lehramt, das hat nichts mit einem MHS-Studium zu tun. Dazu wird er gegebenenfalls aber mehr sagen können - nach meiner Kenntnis ist inzwischen die seit Ewigkeiten geforderte Trennung von MHS- und Lehramts-Studiengängen weitgehend vollzogen.
Das Problem war ja früher, dass die "Lehramtler" ihre vokale/instrumentale Ausbildung als Externe an der MHS erhielten (wie übrigends auch Schauspielschüler), was sich zunehmend sowohl in den Inhalten, als auch in den Ansprüchen als praxisfremd erwiesen hat.

Und dass GL (zumindest die klassischen) in heutiger Zeit generell Mühe haben, genug Schüler zu finden, ist wohl ein trauriges Zeitphänomen und hat eher weniger damit zu tun, dass Gesangsstudenten den Diplomierten die Butter vom Brot klauen.

So traurig finde ich das nicht, weil der Wandel musikalischer Stile und Genres seit jeher ein zeitbedingtes Phänomen ist. Ich kann mittlerweile ein halbes Jahrhundert musikalischer Entwicklungen überblicken, und allein in diesem relativ kurzen Zeitraum habe ich vieles kommen und gehen gesehen. Selbst der klassische Kanon - von einem Kernbestand abgesehen - hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal geändert. Ausschließlich BMW (Bach-Mozart-Wagner) fährt heute keiner mehr.

Dass "Gesangsstudenten den Dipolomierten die Butter vom Brot klauen", ist eigentlich niemals als problematisch empfunden worden - ganz im Gegenteil. Man stammte ja schließlich aus der gleichen, durchaus von einem elitären Selbstbild geprägten Kaste, und hat den Nachwuchs sogar ermutigt, möglichst früh die Praxis kennenzulernen.
 
Beispiel der HOAI
Die war doch schon vorher unterlaufen, weil die Bauingenieure gerne für mehrere Betreuungsjobs der Gewerke eingesetzt wurden und so gezwungen waren, vergünstigt zu arbeiten, wollte man überhaupt was bekommen - andere haben es mit BIs aus dem Ausland unterlaufen. Daneben gab es die angestellten Ingenieure, die von ihren Großbaufirmen bezahlt wurden, bei denen es sowohl Besser- als auch Minderverdiener gibt.

Zu dem Thema "Musiklehrer": Es steht jedem frei auf seiner Homepage seine Ausbildung zu benennen, z.B. "Musikerlehrer mit Studium an Hochschule XXX und Weiterbildung bei Mister YYY" und somit indirekt den Kunden darauf hinzuweisen, dass es wohl auch Musiklehrer ohne Studium gibt. Der Schüler ist dann gehalten, sich zu überlegen, wieviel er für wen ausgeben will.

Es gibt ja auch Studenten, die sich was durch privaten Untericht nebenher verdienen möchten. Es gibt sogar welche, die was anderes studieren und trotzdem den Schülern Keyboardunterricht geben:evil: und damit möglicherweise den Musiklehrern Schüler weggenommen haben.. :hail: Interessant sind die Preise die ich hier lese: Ich habe damals (bis ca 1993) DM15,- genommen, weil die Musiklehrer das Doppelte kosteten und sich das nicht jeder leisten konnte. Der Punkt ist halt der, dass das nirgendwo auftaucht, da Privatgeld und somit keine Steuern anfallen. Damit ist das relativ viel Geld.

Auch heute wird da viel schwarz gemacht, was ich so sehe und nicht nur bei Musiklehrern. Auch bei den Musikaufnahmen ist das so: Während ich UST und EKST zahlen muss, kassiert der Sohnemann von irgendeinem Chormitglied das Geld netto.

Vielleicht sollte man Tonaufnahmen und Musikausbildung als haushaltsnahe Dienstleistung einstufen und es so abzugfähig machen, damit es attraktiver wird, eine Person zu beschäftigen, die echte Rechnungen ausstellt.
 

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