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SonicAudio
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Du spricht hier einige recht komplizierte Aspekte an, der eine ist rein kultureller Natur, der andere ist bloß ein kommerzieller Aspekt und unterliegt damit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, nebst einiger Synergien.Ich bin gespannt ob, bzw. wann die Renaissance der Gitarre eingleutet wird, oder ob der Gitarrist aufgefordert ist sein Instrument neu zu interpretieren. Aus meiner Sicht wird man heute mit antiquiertem Spiel nur noch bei antiquiertem Publikum etwas. Mir geht es heute so, dass ich nicht "einfach drauflosspiele", sondern mir Gedanken darüber mache, was dieses Instrument ausmacht und wo es einmalig, alternativlos ist. Dazu braucht es viel Übung und viele Techniken - und ein sehr gutes Instrument!
Ich glaube, dass man traditionelles Spiel in ein neues (aber passendes) Environment einbetteten muss und/oder die Gitarre dort in den Vordergrund bringt wo sie über ein Alleinstellungsmerkmal verfügt. Die Zeiten aber, dass die Stromgitarre als Synonym der Moderne gilt und die gesamte Songstruktur abdeckt scheint mir vorbei. Die Genres reproduzieren sich selbst, hinterlassen den faden Nachgeschmack dass Dogmen verwaltet werden. Vielmehr reiht sich die Stromgitarre nun ein, in das gleichwertige Spektrum aller verfügbaren Instrumente und genau deshalb sollten auch in Zukunft wertige, vermutlich nur nicht mehr solche Massen an Gitarren hergestellt werden!
Kulturell wird es immer einige Genres geben, bei denen die E-Gitarre unverzichtbar bleibt. Ihre Rolle als führendes Instrument in der Popmusik unterlag in den letzten 30 Jahren einer spürbaren Inflation. An der allgemeinen "Gitarrenschule" des 20. Jahrhunderts allein liegt es aber nicht, sondern viel mehr an einem geradezu pervertierten Zeitgeschmack, der erst durch die Einbindung des Computers heraufbeschworen wurde. Da muß man sich auch nicht wundern, daß sich inzwischen die Reihen der wirklich herausragenden Gitarristen immer mehr lichten. Kompositorisch intelligente Gitarrensoli, die über mehrere Minuten dauern, hört man heute kaum mehr. Stattdessen labert man über den einen oder anderen "Shredder", der seine (oder auch ihre) antrainierten Fingerübungen einsetzt und zur Schau stellt, ohne dadurch den musikalischen Wert eines Stücks anzuheben. Geschwindigkeit und flüssiges Spiel sind keine Schande, aber Shredding wird heute total überbewertet.
Ein Nebenaspekt dazu ist der traditionelle Gitarrenbau, hier blieben echte Innovationen leider bis heute auf der Strecke. Diese merkwürdige Tendenz an den "bewährten Konzepten" der letzten 75 Jahre festzuhalten und praktisch fast immer nur die gleichen alten Komponenten zu verbauen hinterläßt bereits unangenehme Spuren am Markt. Um nur ein Beispiel zu nehmen, der PAF-Tonabnehmer, was hört man nicht alles an tollen Wundern, die diese technische "Errungenschaft" rechtfertigen. Nur damit ein paar fanatisierte Deppen, die dieser Art Gehirnwäsche anheim fielen, darüber jubeln, als hätte man den Nachttopf neu erfunden! An einer durchgreifend hochwertigen Verarbeitung sind die wenigsten Hersteller interessiert, was hier zählt sind nurmehr die Gewinnmargen und die Absatzzahlen. Ein erweiterter Arbeitsprozeß mit entsprechend hochwertigen Premiumkomponenten und einer umfangreichen Qualitätssicherung kommt dabei nicht ins Spiel. Wer heute anspruchsvoll genug ist, weil er oder sie mit den Instrumenten von der Stange nicht mehr zufrieden ist, dem bleibt der Weg zum Gitarrenbauer nicht mehr erspart.
Kaufmännisch betrachtet, ja es stimmt, es sind einfach schon zu viele Gitarren im Umlauf, aber nicht weil die angeblichen "Sammler" sie etwa aus einer Laune heraus nicht mehr haben wollen, sonder weil sie meistens von einer oder mehrerer Macken behaftet sind! Man trennt sich eben lieber, als daß man sie kostenträchtig ordentlich reparieren oder restaurieren läßt, soll sich doch der neue Besitzer darum kümmern. Auch werden einfach zu viele neue Gitarren im Niedrigpreissegment auf den Markt geworfen, nur um der Konkurrenz nicht das Terrain zu überlassen. Firmen wie Gibson oder Fender gelten inzwischen schon lange nicht mehr als Synonym für Qualität, diese Position füllen inzwischen andere Marken aus!.