Hallo Drug,
zusätzlich zu Haralds wie üblich professionellen und hilfreichen Hinweisen möchte ich Dir noch einen sehr unwissenschafltichen, aber unmittelbaren Tip geben (vielleicht hilft's ja). Es geht um das, was Harald mit "kennenlernen" beschreibt:
Ich habe zur Übung (auch bei toten Sprachen) immer versucht, das passive Erkennen durch aktive Herangehensweise zu ergänzen. Also in diesem Fall z. B. das, was jeder Lagerfeuergitarrist mit seiner Klampfe macht. Du hast ein Lied im Kopf (Melodie, "Klang") und versuchst, dieses Lied auf der Gitarre zu begleiten (das geht natürlich auch auf dem Klavier). Es genügt eine einfache, Dir genehme Tonart und zunächst nur dwei Akkorde (Tonika, Dominante und Subdominante). Nun mußt Du versuchen, die Wechsel richtig zu erkennen bzw. vorauszusehen, um auf Anhieb den richtigen Akkord zu spielen.
Hierfür reichen zunächst einfache Lieder (Kinderlieder, Wanderlieder, Volkslieder). Es ist völlig egal, wie einfach, anspruchslos oder albern diese Lieder sind! Hierbei wirst Du sehr schnell und direkt lernen, die spezifischen Spannungsverhältnisse zwischen den Akkorden zu erkennen. Mit etwas Übung wirst Du sehr genau wissen: "Aha, jetzt kommt die Subdominante" oder "so, jetzt wieder zurück zur Tonika".
Du hast eine sehr unmittelbare Rückmeldung (weil Du ja hörst, ob Du richtig gespielt hast) und es wird irgendwann ohne großes Überlegen funktionieren.
Beispiel Morse-Alphabet: Wenn Du Dir die Codes nur theoretisch "in Strichen und Punkten" merkst (lang, lang, kurz...), wirst Du in der Praxis extreme Schwierigkeiten haben, das Gehörte sofort zu verstehen. Viel besser ist es, sich den "Klang" zu merken und schließlich direkt, ohne Umwege, zu erkennen.
- Grundton und somit Tonika erkennen (erste Aufgabe beim Hören)
- von hier ausgehend ein Gefühl für die anderen Stufen und ihre Verhältnisse untereinander entwickeln
Du fragst nach Beispielen im Netz: es gibt unendlich viele! Alle Liedchen mit Akkordangaben, die durchs Web geistern, sind geeignet. Wenn Du erst einmal die Tonart bestimmt (also die Tonika gefunden) hast, kannst Du die anderen Stufen davon ableiten:
Beispiel: "Hänschen klein ging allein": D A D D ...
D-Dur ist hier die Tonika, also hat A-Dur die Funktion der Dominante. Voilà.
Um auf die eigentliche Aufgabenstellung zurückzukommen: auf diese Weise trainiert und gerüstet, wirst Du beim Hören eines unbekannten Stückes viel leichter die Stufen/Funktionen erkennen. Denn die "Funktionen" heißen nicht nur so, sondern haben auch wirklich eine musikalische Funktion (nicht nur theoretisch!).
Viel Erfolg
Torsten