Jan1980 schrieb:
Ein interessanter Artikel zu der Thematik steht als Leseprobe auf der Seite des Studio-Magazins:
http://www.studio-magazin.de/Leseproben/Grenzen%20der%20Digitaltechnik.pdf
Hier wird beschrieben, welche Problematik die Summierung im Rechner mit sich bringt.
Da steht viel richtiges drin, aber auch viel falsches (weil nicht ganz zuende gedacht bzw. die technische Umsetzung ignorierend).
So wird zum Beispiel bei der digitalen Summierung davon ausgegangen, dass wir über Festkomma-arithmetik reden. Das gibt es zwar noch, stirbt aber aus. Und auch da kann man durch geschickte Algorithmen den (theoretisch tatsächlich vorhandenen) Auflösungsverlust reduzieren, wenn man z.B. die Reihenfolge von Pegelabschwächungen, Summierungen und Summenverstärkung (oder Abschwächung) so geschickt wählt, dass möglichst wenig Verlust entsteht.
Und noch etwas wird unterschlagen: Dieser Dynamikverlust ist bereits einkalkuliert: Genau DESWEGEN nimmt man in 24 Bit auf, damit nach all der Summierung und Bearbeitung noch mindestens 16 Bit im Endprodukt übrigbleiben - und die sind völlig ausreichend. Das entspricht nämlich dem vielzitierten Rauschabstand von 96dB, den
a) sowieso niemand in der Praxis dynamikmäßig ausnutzt
b) auch ein analoger Summierer nur mit Mühe erreicht (von der Schallplatte mal ganz zu schweigen)
c) schon die Eingangssignale meist gar nicht ausschöpfen...
Außerdem als kleine Anmerkung: Das menschliche Gehör kann im Richtungshören Unterschiede von 3-5 Grad wahrnehmen, was einem Laufzeitunterschied zwischen beiden Ohren von etwa 10 Mikrosekunden entspricht. Die CD schafft hingegen "nur" 22 Mikrosekunden in der Darstellung von Tonsignalen.
Das erstere ist richtig, das zweitere falsch. Die STÜTZSTELLEN haben einen Abstand von 22µs, das heißt aber nicht, dass die Signalauflösung in der Zeit damit aufhört. Stichtwort: Rekonstruktionsfilter. Und wer schonmal einen Splinefit gemacht hat, der weiß, dass die relevante Information in mehr als nur einer Stützstelle steckt und da auch wieder rausgeholt werden kann.
Betrachtet man sich z.B. den Zeitpunkt des Nulldurchgangs einer "Geraden", die durch zwei Stützstellen gegeben ist, dann kann man diesen Nulldurchgang sehr genau ausrechnen - viel genauer als den Abstand der beiden Stützstellen. Und nichts anderes tut das Rekonstruktionsfilter...
Manchmal werden Platten als "offener" oder "luftiger" im Klang beschrieben, und auch ich kann dieses beim Hören von Platten nachvollziehen.
Stichwort Psychoakustik: Woher kommt das? Und ist dabei das Signal "besser" oder klingt es nur "schöner". Und wenn letzteres, kann ich das nicht auch anders erreichen (z.B. die subtilen Verzerrungen der Platte) künstlich erzeugen?
Genauso interessant ist es (z.B. bei Live-Aufnahmen) das Signal spaßeshalber mal vor und mal nach der (44,1 kHz-) AD/DA Wandlung abzuhören: Den Unterschied sollte eigentlich jeder merken.
Das halte ich für ein Gerücht, und VERNÜNFTIG durchgeführte Hörtests zeigen, dass diesen Unterschied regelmäßig fast keiner hört. Wenn man Live mal vor und mal nach der Wandlung abhört, dann hat man in der Regel schonmal einen gewissen Lautstärkeunterschied, bzw. einen anderen Kopfhörerverstärker am einen oder anderen Punkt in der Kette. Oder hat andere (Analog!)Komponenten durchlaufen. Den Unterschied hört man sicher. Den hört man aber genauso bzw. viel stärker, wenn man bei der Analogtechnik mal vor und nach der Tonbandmaschine abhört (Hinterbandkontrolle). Dieser Unterschied ist aber nicht auf die Digitaltechnik zurückzuführen, sondern auf ein Abhören an verschiedenen Punkten des Signalweges...
Trotzdem ist die Digitaltechnik auf keinen Fall zu verteufeln, ich glaube man sollte sich ihrer - mit dem nötigen Problembewußtsein - ohne schlechtes Gewissen bedienen.
Vor allem sollte man bei allem berechtigten Nachdenken über mögliche Nachteile der Digitaltechnik nicht immer so tun, als wäre die Analogtechnik perfekt. Sondern sich mal fragen "OK, dann habe ich hier nur 16 Bit (also einen Rauschabstand von 96dB). Schlecht oder gut ist das im Vergleich ZU WAS? wie sieht denn der Rauschabstand, die Artefakte, der Frequenzgang usw. von dem entsprechenden Analogequipment aus?"
Was meinst du, was - verglichen mit den Rundungsfehlern in der digitalen Mischerei) die ca. 100 oder mehr Filter, Summierverstärker, Signalbusse, Faderschleifbahnen, (alternde) Kondensatoren usw. mit dem Signal machen? Da kommt an jedem EQ, an jedem Fader, an jedem Aufholverstärker und Steckverbinder und auf jedem Meter Leiterbahn auch nicht unerhebliches Rauschen, Einstreuung etc. dazu.
Objektiv ist das schlechter. Und auch wenn es subjektiv "schöner" ist, z.B. weil das Ohr Rauschen in gewissem Maß als angenehm empfindet (der Steinzeitjäger im Wald fühlt sicher sicherer als auf der Steppe...): Es ist nicht kontrollierbar und damit in der Studiotechnik eher ungünstig - denn Rauschen kann ich auch anders erzeugen, WENN ich will...
Und viele Menschen hören solche Unterschiede ja überhaupt nicht mehr, wenn man sich die Verbreitung von mp3-Playern anschaut...:screwy:
Das mal sowieso.
Jens