Muss hier auch mal was loswerden. Hatte gestern wieder mal seit langer Zeit eine Bandprobe. Ich habe einige Riffideen mitgebracht, von denen ich dachte, dass sie der Band recht gut zu Gesicht stehen (metallig, nicht allzu 08/15, aber dennoch eingängig) und die auch gut zueinander passen. Weil mir der Drummer schonmal gesagt hat, dass ich keine Gitarrenspur mitbringen soll, bei der der komplette Aufbau des Songs festgelegt ist, hab ich eben einzelne Riffs mitgebracht. Ich hatte schon eine recht genaue Idee für den Aufbau, wäre aber auch für andere Ideen offen gewesen.
Unser Schlagzeuger ist sehr kreativ, wenn es darum geht, Schlagzeug-Parts zu vorhandenen Gitarrenriffs zu finden. Unsere Basserin hört sehr schnell die Töne raus und spielt sogleich was harmonisch passendes (ich könnte das nicht
). Und unser Sänger schreibt imo wirklich sehr gute, interessante und zum Nachdenken anregende Texte, und seine eingängigen Gesangsmelodien, die er aus dem Nichts zu nehmen scheint, find ich häufig einfach nur umwerfend.
Meine Schwäche ist leider, dass ich nicht gut bin wenn jemand sagt: "Spiel mal was melodisches Powermetalliges!" oder "Spiel mal was schnelles Technisches!". Also spontan überzeugende Riffs zu bringen. Da muss ich erstmal lange im Proberaum ausprobieren und meistens kommt doch nur was Durchschnittliches bei raus. Um dem also vorzubeugen bereite ich zu Hause Sachen vor, die ich wirklich überzeugend finde. Und weil kein kompletter Aufbau gewünscht wird, bringe ich möglichst viele Gitarrenparts mit, die gut zueinander passen.
Dann gehts im Proberaum los: Ich spiele einen Riff vor und der wird so lange gespielt, bis jeder was Passendes dazu spielt. Teilweise auch schon mit Gesang. Und danach gibts zwei Möglichkeiten: Entweder ich sage was ich mir als Nächstes vorstelle, oder die anderen sagen, was sie jetzt gut fänden. Wenn letzteres passiert, dann kommt es nicht selten vor, dass keiner meiner Riffs zum gewünschten Effekt passt und ich wieder rumprobiere. Oder aber ich sage meine Vorstellungen und es stellt sich eine leichte Unzufriedenheit bei den anderen ein... das könnte auch mit unseren leicht unterschiedlichen Musikgeschmäckern zusammenhängen.
Und ab da machts irgendwie keinen Spaß mehr. Mit dem gemeinsamen Songwriting wird erst ein Part gesondert gespielt, und nach dem wird beurteilt, was als nächstes passend wäre, und wenn so der nächste Part gefunden ist, gehts genauso weiter, sodass man irgendwann eine Aneinanderreihung von Riffs hat. Ich würde lieber viel mehr Wert auf den Aufbau und den Spannungsbogen eines Songs legen... aber da müsste sich einer hinsetzen und sich Gedanken dazu machen. Oder jeder kennt vorher die Parts und macht sich eigene Gedanken zum Aufbau und dann wird diskutiert (diese Variante würde ich bevorzugen).
Wir proben derzeit aufgrund der Studien- und Arbeitsbedingungen von Schlagzeuger und Sänger nur durchschnittlich jede zweite Woche. Und wenn dann mal eine Probe stattfindet und nichts bei rauskommt, ist das sehr, sehr ärgerlich. Und deswegen will ich, was das Songwriting angeht, bis zur nächsten Probe so viel es geht vorbereiten. Aber dann heißt es wieder, dass das Songwriting lieber komplett gemeinsam gemacht werden soll. Und dann kommt in einer Probe wieder kaum was zustande.
Meine bisherigen Vorstellungen zum Songwriting in Anbetracht der seltenen Proben waren: Ich schreibe eine komplette Gitarrenspur für einen Song und nehme diese auf; diese Aufnahme enthält dann Hinweise darauf, wie der Spannungsbogen verläuft, lässt aber prinzipiell noch so manches offen. Diese Aufnahme wird von den restlichen Bandmitgliedern angehört und jeder steuert seinen Part bei, wie er es für richtig hält, zuerst vielleicht unsere Basserin, dann der Schlagzeuger und zuletzt der Sänger. Und wenn auf diese Weise Gitarrenparts dabei sind, die den anderen gar nicht zusagen, würde ich zur nächsten Probe gleich mehrere verschiedene Gitarrenspurensongs aufnehmen und der, der am besten gefällt, wird bearbeitet. Auf diese Weise würde jeder seinen eigenen Part beisteuern.
Aber wo liegt da mein Denkfehler?
Ich denke, das Problem ist auch, dass der Schlagzeuger teilweise sehr genaue Vorstellungen hat, aber sie mir, dem Gitarristen, nicht genau zu verstehen geben kann, weil er vom Gitarrenspielen wohl so wenig Ahnung hat wie ich vom Schlagzeugspielen. Und wenn ich dann nicht mache, was er sich vorstellt, stellt sich schon eine leichte Unzufriedenheit ein...
Aus der Band auszusteigen wäre eigentlich schade, weil ich schon recht lange dabei bin, die einzelnen Instrumentalisten ihre Instrumente auch wirklich gut beherrschen (siehe 2. Abschnitt) und wir uns auch zwischenmenschlich recht gut verstehen (wir gehen z.B. nach der Probe noch recht oft gemeinsam essen und sprechen über die Probe).