Ich sehe hier häufig große Pedalboards. Und oftmals mit Multis (...). Die bieten ja alle unzählige Möglichkeiten. Setzt ihr das denn tatsächlich auch ein?
Ich habe noch das alte POD in der Version 2, aus meiner Zeit bei der Beatles Cover Band, und bin dann später auf das Helix migriert. Beides spiele ich direkt über die PA. Zum Recorder im "Home Studio" verwende ich auch noch häufig den alten Toneport UX1.
Warum ich so ein Multi mit digitaler Emulation den Einzelpedalen vorziehen hat verschiedene Gründe:
1) Ich kann mit einigen der Presets schon viel anfangen, da sind die Einzelkomponenten bereits gut überlegt aufeinander abgestimmt. Das erleichtert mir das oft doch mühsame Soundtüfteln in neuen Gefilden.
2) Ich hab keine Lust, bei allen für mich relevanten Effekten, die Einzelpedale unterschiedlicher Hersteller durchzuprobieren. Das macht für mich nur Sinn, wenn ich alle nebeneinander hätte und direkt vergleichen könnte. Dazu bin ich kaum in der Lage. Außerdem sind manche der Vintage Effekte nur gebraucht oder ev. auch gar nicht so einfach zu bekommen. Die mal alle nebeneinander aufgereiht zu bekommen wäre schon ziemlich aufwendig oder teuer.
3) Ich würde mich nie auf einen speziellen Kompressor, Hall, Chorus oder ein spezifisches Delay festlegen wollen. Zu manchen Sounds passen andere als die persönlich favorisierten Effekte eben doch besser.
Extravagante Effekte verwende ich kaum. Es ist aber beruhigend, wenn sie an Bord sind, für den Fall das dann doch mal Bedarf ist. Hin und wieder ist es auch einfach ein Fun Faktor, mit ihnen zu spielen.
Nutzt ihr viel Modulation oder irgendwelche Pedale mit speziellen Sounds?
Die Amp Modulationen sind ein Hauptgrund, warum ich über keinen Amp spiele. Die verschiedenen Verstärker und Hersteller haben unterschiedliche Sound Charakteristika. Jeder Amp färbt den Klang sehr individuell und spezifisch. Ich möchte mich nicht auf einen Amp festlegen. Praktisch variiere ich rund zehn Amps, wobei meine Favoriten der Hiwatt, der Plexi, der JCM 800 und der Bassman sind.
Es gibt auch Sound Geeks, die sagen, JCM 800 ist nicht gleich JCM 800 oder Plexi nicht gleich Plexi. Die haben einen ganz anderen Zugang, die suchen DEN EINEN Sound und der muss natürlich aus echten Röhren röhren. Mir geht es aber um die Vielfalt und den klanglichen Unterschied zwischen den genannten Modellen.
Ich hab nicht den einen, ich hab mehrere Sounds. Ich will mal einen kleinen Exkurs machen, um das zu verdeutlichen:
Ich hab mir vor ein paar Jahren den Spaß erlaubt und von der Line6 Datenbank alle von Usern hochgeladenen Gilmour Sounds für das POD HD500 (hatte ich kurzzeitig auch) heruntergeladen, das waren einige 'zig Sounds, die ich dann durchprobiert und mit den selbst getweakten verglichen habe. Kaum jemand hat die Sounds auf einem Hiwatt aufgebaut, obwohl es den Hiwatt zur Auswahl gibt. Für mein Ohr waren die dann auch ziemlich weit davon entfernt, authentisch nach Gilmour zu klingen. Das hat mir auch deutlich vor Augen geführt, dass man, wenn man keine Grundkenntnisse hat, an der Fülle an Funktionen überfordert sein kann und das Ergebnis ziemlich unbefriedigend ausfallen kann.
Ein kleiner Exkurs:
Zur Veranschaulichung hier ein paar Beispiele vom Home Recording über den Toneport, den ich 2008 für überschaubare 90,83 Euro gekauft habe:
1) Hiwatt Emulation, für mich die beste Basis für einen passabel authentischen Gilmour Sound, hier mit meiner gepimpten Squier:
2) Marshall Plexi Modulation, für mich die beste Basis für den cremig "singenden" Sound der Paula, hier mit meiner Gibson Les Paul Studio:
3) Fender Bassman Emulation, für mich die beste Basis für den "glockigen" Sound der Strat, hier mit meiner gepimpten Squier:
Mein Fazit:
90 Euro für die Vielfalt an unterschiedlichsten Amp- und Effekt-Modulationen find ich schon sehr cool. Und meiner Meinung nach braucht es nicht die komplexe, aufwendige und sehr kostspielige Kette an Effekten und Amps, wie sie beispielsweise Gilmour hat. Ich persönlich brauche auch keine Original Röhren Amps mit einem Baukasten voll Bodentretern. Die Emulationen kommen für meinen Bedarf ausreichend nah heran, so dass ich mich dafür nicht zu verstecken brauche.