Martman
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Die Frage ist natürlich einerseits: Was braucht der jeweilige User? Natürlich gibt es beispielsweise Leute, die auf einer MOXF, einem Nord Stage oder dem, was MainStage mitliefert, jedweden Analogklang zu, wie sie sagen, 99% originalgetreu replizieren. Oder die, die einen Matriarch oder Sub37 als 100%-Drop-in-Ersatz für einen '72er Minimoog nehmen.Kommt der Nachbau für meine Bedürfnisse nah genug an den Klang des Originals heran? Um darauf eine hilfreiche Antwort zu geben, ist eine differenziertere Betrachtung nötig als "geht sowieso nicht".
Aber es gibt auch die, die z. B. in einer Genesis-zu-Peter-Gabriel-Zeiten-Tributeband spielen, denen ein Verghese ProSoloist Rack nicht ansatzweise nah genug an einem echten ARP ProSoloist ist – obwohl das ein spezialisierter Klon ist, der ausdrücklich für Genesis-Tributebands in Zusammenarbeit mit Keyboardern in Genesis-Tributebands gemacht wurde. Oder eben auch die, die nicht einfach nur in einer Cover- oder Tributeband live spielen, sondern auch viel im Studio machen, wo die Kriterien wieder ganz woanders liegen. Siehe die Replica-Covers in der Jean-Michel-Jarre-Fanszene. Die "Das hört keiner"-Schwelle liegt im Studio ganz woanders als auf der Live-Bühne. Ganz zu schweigen davon, daß sie bei elektronischer Musik ganz woanders liegt als bei Rock, Jazz oder Soul. Auch wenn es solche Leute im MuBo nicht gibt, außerhalb des MuBo gibt es sie.
Und man muß sich auch mal überlegen, was die Ankündigung eines Herstellers auslöst. Als Roland den Jupiter-80 ankündigte, ohne ein Wort über dessen Features zu verlieren, hofften einige auf einen echtanalogen Jupiter-8-Reissue plus X, aber klanglich wieder genauso wie 1981. Oder zumindest auf einen virtuell-analogen Klon des Jupiter-8, der aber verdammt nah am Original ist.
Jetzt hat Dave Smith eine Neuauflage des Prophet-5 angekündigt. Mit SSM- und Curtis-Chips. Man fühlte sich an den Minimoog-Reissue erinnert, an Korgs Neuauflagen von MS-20 und ARP Odyssey nach Originalschaltplänen mit, soweit möglich, Originalteilen und natürlich an die diversen TB-303-Klone. Es las sich wie der Versuch einer Doppel-Replica: Rev. 1/2 und Rev. 3 in einem Gehäuse, aber jeweils eine Vollreplica der legendären Originale. Und genau darauf hofften nicht wenige – um dann so bitter enttäuscht zu werden, weil die Sache nicht konsequent genug durchgezogen wurde.
Dann hätte man das auch von vornherein klarstellen müssen, daß das weder ein Rev.-2-Klon noch ein Rev.-3-Klon sein soll – so wie die Black Corporation, die nicht müde wird zu erklären, daß Deckard's Dream eben kein Yamaha-CS80-Klon ist, sondern nur vom CS80 inspiriert.Aber in diesem Fall bringt der ORIGINALhersteller seinen EIGENEN Klassiker in einer NEUEN Revision raus.
Also keinen Clone einer früheren Revision sondern eine NEUE Revision, mit paar neuen Features.
Und dann hätte man die Hardware nicht so designen dürfen, daß die Leute erstmal an einen Klonversuch glauben. Das heißt, die Umschaltbarkeit des Filters zwischen Rev. 1/2 (SSM2040) und Rev. 3 (CEM3320) hätte man sich ebenso schenken können wie die vermeintliche Regelbarkeit der Bauteilalterung, die an entsprechende Features in Hammond-Softwareklonen erinnert, aber eigentlich nur Oszillatordrift regelt.
Nur hätte DSI/SCI das nie vermarktet gekriegt. Wie, kein Klon der Kiste, auf der Phil Collins "In The Air Tonight" eingespielt hat? Nö, dann nicht.
Dann läßt man die Leute lieber im Glauben, einen vollwertigen Klon gleich mehrerer klassischer Prophet-5-Revisions zu kaufen. Sollen sie damit ruhig auf die Schnauze fallen, egal, wir haben das Ding verkauft und Geld damit gemacht.
Ich werde beizeiten mal gucken, ob schon jemand die Neuauflage mit dem Original verglichen hat.
Martman