Kreativität birgt ja immer Emotionalität, und i.d.R. auch von der extremen Sorte. Es gibt ja kaum Intimeres, als seine Kreativität zu teilen und zu vermengen; Bands sind ja hoch emotional motivierte Beziehungsgeflechte. Deshalb glaube ich, dass es völlig egal ist, wie die Grundkonstellation ist: Früher oder später wird es immer irgendwie knallen, spätestens, wenn man es nicht mehr schafft, die Einzelenergien gemeinsam zu fokussieren (zu einem Song zum Beispiel). Und wenn dann die üblichen Autonomie/Abhängigkeits-Konflikte auftreten, kommen halt die "Softskills" ins Spiel: Konfliktfähigkeit, Kritikfähigkeit, Toleranz, Offenheit, Kompromisbereitschaft... Wenn die nicht ausreichend vorhanden sind, funktioniert eine Band halt genauso wenig wie jedes andere soziale Gefüge.
Diese Rollenunterscheidung in einer Band ist daher für mich wenig brauchbar - außer vielleicht als nachträgliche Analyse, wenn's in die Hose gegangen ist. Aber was hat man davon. Man plant ja nicht die Besetzung seiner nächsten Band "am Reißbrett" anhand der benötigten Softskills... "Sorry, Keith, wir haben schon genug Kreativität, wir bräuchten an der Klampfe eher noch einen unkreativen Teamplayer."
Ich bin da mittlerweile eher sehr bei Projektideen angekommen: Wenn es gut läuft, genießt es, und wenn zu viel Energie in soziale Regulierung statt in Musik geht, ist es Zeit für Veränderungen. Ich glaube, viel negative Emotionalität kommt aus der Nicht-Akzeptanz, dass es eigentlich vorbei ist, dem krampfhaften Analysieren von Störungen und dem Kämpfen um überhöhte Ideale, anstatt sich respektvoll in die Augen zu sehen und weiter zu ziehen. Denn dann geht's schon lange nicht mehr um Musik.