J
Jongleur
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@JamBass + Williamsbirne
Ihr geht da wohl beide von der Spontanität des Jazz aus. Ich nicht. Ich behaupte das Gegenteil: gerade ein Jazzmusiker benötigt die längste und intensivste Vorbereitung, um ähm....ein paar Momente in seinem Leben spontan zu wirken.
Ein Jazzmusiker brauch extremes Wissen oder wenigstens Gehör für komplexe Zusammenhänge. Ein Jazzer muss sein Instrument fast perfekt beherrschen. Zudem muss er die Harmonielehre perfekt anwenden können. Er muss alle Scalen, Tonleitern beherrschen. Muss gerade und ungerade Takte spielen können. Muss schnelle Tempi spielen und jeden Tempowechsel mühelos sofort mitgehen können. Kennt ihr Jazzer persönlich? Ich kenne welche, die können nur in diesem komplexen Rahmen musizieren. Die verlieren ihr Feeling, wenn sie mit Unwissenden zusammen spielen müssen. Allerdngs gibt es keinen Grund, den Jazz für diesen Riesenaufwand zu bedauern: Er liebt sein Leben offenbar so und nicht anders
Um mit Williamsbirnes Bild vom Zauberer zu reden: Sie sind zum Beispiel damit beschäftigt, dass ihnen keiner die Tricks abguckt. Es gibt Trompeter, die legen ein Taschentuch über die Finger, damit keiner den Fingersatz sieht. Andere tragen zu große Schuhe, damit man nicht sieht, dass sie mit den Zehen zählen. All das spricht für mich (ein Jazzfan) gegen den Mythos vom "frei" improvisierenden Jazzer.
@Annette
Ich komme aus ähnlichen Gründen ebenfalls am Ende ins Trudeln. Für mich wird der Film spätestens am Ende zum naiven Zeichentrickfilm.
Aber für mich klingt es da nicht gewollt, sondern eher so, dass der Text irgendwann zu früh beendet wurde. Das Spiel mit den Abkürzungen würde die Spezialistin lebendiger charakerisieren, wenn ihr neben staatlichen Gebilden andere Abkürzungen durch den Kopf gingen (aus dem IT- Bereich, genauso wie aus dem Gesundjeitsbereich oder einfach nur dem Küchenbereich). WB hat vergessen, seiner Figur mit diversen Schattierungen zu versehen. Ich könnte mir mit wenigen Änderungen auch diesen Teil als Knaller vorstellen
Was den etwas klemmigen Schluss mit dem angeblichen Dialog zwischen LI und Frau betrifft, war ich mir mit Williamsbirne bereits einig, dass der suboptimal ist. Nach diesem Diskurs würde er sicher ändern. Nun glaube ich, dass ihm für die Zukunft klar ist, dass er manchmal auch zu einer etwas voreilig klemmigen Variante neigt und er wird an diesen Stellen besonders vorsichtig agieren.'
Ich hab da auch so meine Schwächen und werde vorsichtig, wenn ich mich auf mein dünnes Eis wage
Andererseits gefällt er mir gerade: dieser verklemmt, komische Tonfall.
Das Drama des begabten Kindes...oops, hier suche ich ein spezielles emotional ... gibt es keines...also:verstehendes Williamsbirne, ich mag die Sichtweise, dass Kunst automatisch auch Schutz und Distanzierung bedeutet. Auch der volkstümliche Sänger distanziert sich für mich mit seiner "Herzigkeit". Er will sich als Kumpel oder netter Liebhaber durchs Leben singen. Ich bin unsicher, wie viel Selbstanalyse ein Künstler dauerhaft vertragen würde. Als warm up für kreative Prozesse taugt diese Betrachtungsweise mMn alle mal
@JamBass
Kennst Du die Dokumentation "Der Quantum Activist"? Wenn nicht: eine Deiner These zustimmende Dokumentation. Hat mich nachhaltig beeindruckt.
Williamsbirne schrieb:Und jeder Zauberer spielt mit den Erwartungen des Publikums. Er kann nur durch Überraschung faszinieren. Er muss also sehr planvoll und zielgerichtet vorgehen. Dem Zufall kann nur wenig überlassen werden - und dieses Wenige macht dann vielleicht die Spontaneität aus, die ihn menschlich oder authentisch erscheinen lässtJamBass schrieb:Meine Lieblingsmucke, Jazz oder Jazzrock - improvisiert, passt nicht so ganz in dein Erklärungs-Schema. Er ist spontan und menschlich obwohl er in großen Teilen planlos und nicht zielgerichtet anmutet.
Aber das führt von deinem Thema ab.Williamsbirne schrieb:Ich hatte in einem anderen Thread schon einmal geschrieben, dass ich mich aus eben diesen Gründen seltener mit Jazz anfreunden kann. Das ist keine allgemeingültige Aussage. Nur von meiner Natur her neige ich eher zum Planvollen.
Ihr geht da wohl beide von der Spontanität des Jazz aus. Ich nicht. Ich behaupte das Gegenteil: gerade ein Jazzmusiker benötigt die längste und intensivste Vorbereitung, um ähm....ein paar Momente in seinem Leben spontan zu wirken.
Ein Jazzmusiker brauch extremes Wissen oder wenigstens Gehör für komplexe Zusammenhänge. Ein Jazzer muss sein Instrument fast perfekt beherrschen. Zudem muss er die Harmonielehre perfekt anwenden können. Er muss alle Scalen, Tonleitern beherrschen. Muss gerade und ungerade Takte spielen können. Muss schnelle Tempi spielen und jeden Tempowechsel mühelos sofort mitgehen können. Kennt ihr Jazzer persönlich? Ich kenne welche, die können nur in diesem komplexen Rahmen musizieren. Die verlieren ihr Feeling, wenn sie mit Unwissenden zusammen spielen müssen. Allerdngs gibt es keinen Grund, den Jazz für diesen Riesenaufwand zu bedauern: Er liebt sein Leben offenbar so und nicht anders
Um mit Williamsbirnes Bild vom Zauberer zu reden: Sie sind zum Beispiel damit beschäftigt, dass ihnen keiner die Tricks abguckt. Es gibt Trompeter, die legen ein Taschentuch über die Finger, damit keiner den Fingersatz sieht. Andere tragen zu große Schuhe, damit man nicht sieht, dass sie mit den Zehen zählen. All das spricht für mich (ein Jazzfan) gegen den Mythos vom "frei" improvisierenden Jazzer.
@Annette
Ich komme aus ähnlichen Gründen ebenfalls am Ende ins Trudeln. Für mich wird der Film spätestens am Ende zum naiven Zeichentrickfilm.
Aber für mich klingt es da nicht gewollt, sondern eher so, dass der Text irgendwann zu früh beendet wurde. Das Spiel mit den Abkürzungen würde die Spezialistin lebendiger charakerisieren, wenn ihr neben staatlichen Gebilden andere Abkürzungen durch den Kopf gingen (aus dem IT- Bereich, genauso wie aus dem Gesundjeitsbereich oder einfach nur dem Küchenbereich). WB hat vergessen, seiner Figur mit diversen Schattierungen zu versehen. Ich könnte mir mit wenigen Änderungen auch diesen Teil als Knaller vorstellen
Was den etwas klemmigen Schluss mit dem angeblichen Dialog zwischen LI und Frau betrifft, war ich mir mit Williamsbirne bereits einig, dass der suboptimal ist. Nach diesem Diskurs würde er sicher ändern. Nun glaube ich, dass ihm für die Zukunft klar ist, dass er manchmal auch zu einer etwas voreilig klemmigen Variante neigt und er wird an diesen Stellen besonders vorsichtig agieren.'
Ich hab da auch so meine Schwächen und werde vorsichtig, wenn ich mich auf mein dünnes Eis wage
Andererseits gefällt er mir gerade: dieser verklemmt, komische Tonfall.
Williamsbirne schrieb:Denn ich hatte (und habe teilweise bis heute) sehr lange mit der offenen Ablehnung durch die Familie zu kämpfen. Es ist fast unmöglich, aus diesem moralischen Verdun ohne Kriegsverletzungen herauszukommen. Wenn ich es nicht gelernt hätte, die Maskierung als obligatorischen Teil der Kunst anzuwenden, wer weiß...
Das Drama des begabten Kindes...oops, hier suche ich ein spezielles emotional ... gibt es keines...also:verstehendes Williamsbirne, ich mag die Sichtweise, dass Kunst automatisch auch Schutz und Distanzierung bedeutet. Auch der volkstümliche Sänger distanziert sich für mich mit seiner "Herzigkeit". Er will sich als Kumpel oder netter Liebhaber durchs Leben singen. Ich bin unsicher, wie viel Selbstanalyse ein Künstler dauerhaft vertragen würde. Als warm up für kreative Prozesse taugt diese Betrachtungsweise mMn alle mal
@JamBass
JamBass schrieb:Will man es philosophisch betrachten, so tendiere ich zu der Ansicht, dass der Mensch nur aus Innenwelt besteht und auf Schlüsselreize reagiert; - die der Musiker sehr wohl in deinem Sinne verantwortlich und sensibel zu benutzen hat; ganz deiner Meinung.
Kennst Du die Dokumentation "Der Quantum Activist"? Wenn nicht: eine Deiner These zustimmende Dokumentation. Hat mich nachhaltig beeindruckt.
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