DISCLAIMER: Ich sehe mich nachwievor nicht als gutes Beispiel für ein breites Publikum und antworte in erster Linie, weil ihr anscheinend interessiert seid - NICHT weil ich glaube, dass ich die Wahrheit gepachtet habe oder meine Anregungen gaaanz wichtig und von WB umzusetzen sind.
Das aus dem Weg:
WB schrieb:
Aaaalso:
der Typ... sagt das ja nicht wirklich zu ihr. Man hört ja, dass er aus Schüchternheit, sie tatsächlich anzusprechen, viele Male vor sich selbst das Fragen nach der Uhrzeit durchspielt.
Er sucht also Zuflucht im Machismo ohne es wirklich zu sein. Wäre er tatsächlich so ein Draufgänger, wäre er zu ihr hingegangen, hätte seine Hand um ihre Taille gelegt und hätte gesagt, mein Cabrio hat einen sehr bequemen Beifahrersitz...
Den von Dir verlinkten Song kenne ich natürlich. Genau das richtige Lied für den angesprochenen Zweck. Aber auch schon 60 Jahre alt.
Wer heute Musik macht hat die gesamte Popmusik im Nacken. Viele sind der Meinung, es ist schon alles gemacht worden. Wenn ich hoffnungslos bin, tendiere ich auch dazu. Aber manchmal will ich die Hoffnung nicht aufgeben und sehen, ob nicht vielleicht doch etwas möglich ist, was wenigstens ein klitzekleines Bisschen neu ist.
Aber wenn Dir der Text gegen den Strich geht - na ja... ist doch gut zu wissen. Vielleicht war es ja doch okay, dass der Redakteur damals abgewunken hat...
Ich höre keine Schüchternheit, ich höre einen Typen, der verschiedene Varianten durchspielt, die alle zum Erfolg führen. Ich bin da wohl begriffsstutzig, aber ohne ein dazwischen gesprochenes "No, that's not it" oder ein Räuspern, wie es entsteht, wenn man nervös ist, kommt die Nervosität bei mir nicht an.
Ich denke im Übrigen, dass die bisher gemachte Popmusik zwar interessant ist, und oft hilft, aber letztendlich man selbst individueller Mensch genug ist, etwas komplett Neues zu schaffen. Gerade bei dir würde ich nicht die Gefahr sehen, dass du ins "Kenn ich schon" abdriftest, auch wenn du weniger bewusst experimentell wirst.
Nachdem der Großteil der User hier den Text und die Interpretation gut finden, scheint dein Song gut anzukommen und ein bisschen kontrovers zu sein - beste Vorraussetzungen dafür, auf ein größeres Publikum losgelassen zu werden.
WB schrieb:
Na ja, wenn man sich nicht damit identifizieren muss, muss man auch nicht intellektuell, moralisch oder emotional Stellung beziehen. Man kann einfach ES und SICH stehen lassen wie und wo beide gerade sind und sich evtl. am Rest erfreuen.
Wenn ich mir z.B. Bicycle Race von Queen anhöre, indentifiziere ich mich auch nicht mit Radfahrern, Schwarzen oder Weißen, Frankenstein oder Superman u.s.w. Es ist einfach ein lustiger, nicht tiefsinniger Text. Er wirkt rein unterhaltend, hat einen gewissen Wortwitz und dient der Musik ohne im Niveau im Bodenlosen zu versinken.
Wenn dieses ES und ICH so getrennt sind, sehe ich kaum Grund mich damit auseinander zu setzen. Ich bin zum Beispiel ein großer Fan des deutschen Sprechgesang, wenn ein Flow vorliegt - und habe mir, nachdem Fettes Brot, Blumentopf, Fanta 4 ein bisschen abgehört waren, auch mal Bushido aufgelegt… ich war recht überrascht, dass mir doch einiges gefiel, ich habs neben dem Computerspielen laufen lassen. Hätte ich alleine konzentriert zugehört, ich hätte es wohl nicht bis zum Ende geschafft - so ging es. Dein Lied hat, rein musikalisch, ganz viele großartige Elemente, die ich gern nebenbei höre - aber wenn ich mich näher damit auseinandersetze, kommen halt die anderen Punkte…
Bicycle Race funktioniert für mich übrigens wegen dieser absoluten Begeisterung, die ich darin spüre - diesem epischen Feeling, obwohl es um eine relativ triviale Sache geht. Klar, ich denke nicht darüber nach, ob ich Fahrräder mag oder nicht - es ist dieses "Alles ist kompliziert, aber ich will grad mein Fahrrad fahren, also lass mich!", zumindest für mich bei dem Song.
Würde z.B. etwas Zusätzliches vorkommen wie "Ich will für immer Fahrrad fahren, und mich nie wieder mit den nervigen Dingen des Alltags auseinandersetzen", dann würde ich stutzen, weil ich den extremen Eskapismus nicht besonders mag… schwierig, das alles zu beschreiben, weil ich ein extremer Bauchmensch bin.
WB schrieb:
Wegen der Textzeile
"Now! Let's take a look inside her mind"
Die andeutet ("Mooooment mal jetzt!"), dass es neben dem äußeren Anschein noch eine andere Seite gibt - die ja nur unerfreulich sein kann, da das Äußere ja so überaus erfreulich ist...
Ich fand das mit der Superagentin eigentlich sehr positiv besetzt - von wegen "Die ist nicht nur hübsch, sondern hat auch was im Kopf!" Ich hab's, wie gesagt, ernst genommen, dass sie eine Superagentin ist, ist zwar etwas absurd, aber hat für mich gearbeitet bei dem Song…
Jongleur schrieb:
Lieber Mondluchs, darf ich mitmachen?
Ich will nicht gegen deine Empfindungen sprechen. Die nehme ich einfach als objektiv gegeben. Aber vielleicht wächst auf deinem Erfahrungsbaum gerade ein neuer zarter Zweig
Denn gerade bei Dir - der gern experimentiert - wundert mich die Vehemenz etwas, mit der Dein Verstand WBs Song den Eintritt zur Seele verweigert
Fragt so unschuldig und ist gleich dabei.
Mein Erfahrungsbaum ist immer am Wachsen, gerade hier, wenn ich so tolle Antworten kriege, wo ich merklich zögern muss - dann tut sich schon was.
Ich bin ehrlich gesagt auch etwas überrascht - im Endeffekt führe ich es auf ein paar persönliche Erfahrungen zurück, welche mir diesen Lation-Machoismus zuwider gemacht haben.
Jongleur schrieb:
Die Groteske bietet wenig Identifizierungsmöglichkeit. Und trotzdem ist "Alice im Wunderland" bei (wie man so schön sagt) Jung und Alt beliebt. Ich denke an Bob Dylan (Desolation Row), Randy Newman (Short People) Tom Waits (jeder zweite Song). Es ist eigentlich der Aberwitz, der fasziniert, weniger eine Empathie. - Ach, was sag ich - denk an die Satire deiner Landsleute, die manchmal so schräg und böse ist, dass meine Seele jahre brauchte, um sie wie Freunde zu empfangen .
"Alice im Wunderland" funktioniert für mich wegen Alice - dieses ehrliche Staunen, diese Naivität, diese Aufrichtigkeit, mit der sie diese Welt erlebt, macht (zumindest den Zeichentrickdisney, den ich in erster Linie kenne) so großartig - in Verbindung dann mit der verrückten Welt natürlich.
Bob Dylan hat mich noch nicht durch und durch erreicht, Randy Newman auch nicht wirklich, Tom Waits eher - und hier habe ich ihn erst gerne gehört, als ich mich etwas an seine Stimme gewöhnt hatte. Ich erinnere mich, ich habe "Somewhere over the Rainbow" von ihm abgeschaltet, weil ich seine Stimme so furchtbar fand - einige Zeit später habe ich den Zugang gefunden. Ich kann es schwer sagen - sie wirkt einfach stark auf mich jetzt, sie erreicht mich, ich habe das Gefühl ich sehe den Menschen dahinter, nicht einfach die komische Stimme…
Oh, und unsere Satire - die ist einfach drinnen bei mir.
Ich glaube schwieriger wäre es für mich z.B. japanischen Humor, den ich WIRKLICH skurril finde, anzunehmen - Takeshi's Castle hieß da eine recht populäre Show, die ich ebenfalls nicht einfach anschauen konnte…
Jongleur schrieb:
Deine Gefühle gehören Dir allein! - Aber mit dem Erkennen ist das bei mir so eine Sache. Ich erkenne mich (im Gegensatz zu Anderen) kaum in der Exaltiertheit einer Nina Hagens oder der Schrulligkeit eines Tom Waits....und mag dennoch ihre verrückte Art. Das Verrückte zieht mich an. Mancher Künstler streichelt die Vorstellung von meinem Ich, manche von meinem Alter Ego.
Im Text könnte ich nach logischen Gesichtspunkten Schwächen aufdecken. Aber warum? Warum muss ein Verrückter logisch sein, Wohlgemerkt, WB argumentiert klar und klug. Aber seine Attitüde ist die eines Clowns oder weisen Narrens.
Der Text plappert im Brustton der Überzeugung eine ganze Menge Unsinn. Hat das nicht was vom Macho?
Mich zieht… hm, ich glaube die Ehrlichkeit an… das, was ich dahinter sehe. Man sagt mir, ich habe einen ganz guten Blick dafür… ich kann es nicht sagen. Vor allen, weil ich nicht in erster Linie drüber nachdenke - ich lasse alles auf mich wirken… aber mich zieht eher eine Band an, wo ich merke, dass für sie etwas dahinter steht, als jemand, der ganz aufgesetzt versucht, besonders verrückt zu sein oder so… aber das ist schwer so zu sagen, und natürlich absolut abhängig vom persönilchen Eindruck, den man mal bekommen hat…
Es ist auch nicht die Logik, die hier spricht aus mir. Es gibt hundert logische Wege, wie ich einen Text bearbeiten kann - angefangen mit "Hat er ein bestimmtes Ziel", weiter zu "Wie ist die Form, Ordnung, Chaos, geordnetes Chaos", oder vielleicht "Einsatz bestimmter Signalwörter zu bestimmten Zeiten"… aber mich interessiert das alles nicht direkt. Klar, mein Verstand mag Herausforderungen, mag es mal zögern zu müssen - aber bei so Sachen entscheidet viel mehr der Bauch. Und der Bauch stößt sich an diesem komischen Akzent, dass es nicht ganz aufrichtig klingt… das ist meine Meinung als "Konsument", als "Laie", wo ich ohne viel nachzudenken sage, was mir gefällt und was nicht.
Und wie gesagt: ich habe sicher einen schwer erklärbaren Geschmack.
Jongleur schrieb:
wie unterschiedlich doch die Wahrnehmungen sind. Selbst bei Leuten, die einem online vertraut scheinen.
Hm... ich vermute eher, Williamsbirne hatte bei seinem "Sommerlied" eher etwas Verrückteres im Sinne. Vielleicht näher an Brian Wilsons dran wie z.B. " Good Vibrations".
http://www.youtube.com/watch?v=K4AJjrxcxzg oder an Robert Wyatt
http://www.youtube.com/watch?v=Ny7QmSUNAiE
Ich habe deswegen an "Hey, Baby" gedacht, weil der Song sehr impulsiv und einfach gehalten wirkt - klar, im Arrangement geht's wild her, aber das Grundmotiv ist sehr einfach, sehr klar, und auch textlich direkt auf den Punkt gebracht… naja, er hat schon gemeint, Tea for Two war seine Vorlage, also lagst du wohl eher richtig als ich.