Ich habe mir gerade den Ju-06 Wellenform-Vergleich angesehen und finde auch: das wirkt sehr überzeugend.
Aber ich bin zugleich auch seit Jahren Skeptiker, was derartige Vergleiche betrifft. Ich habe schon viele ähnliche 1:1 Vergleiche gesehen, die erstmal hammergut wirken. Vergleiche, in denen z.B. ein Clavia Rhodes angeblich genauso klingt wie ein ihm entsprechendes Rhodes MkI: da werden dann einzelne Töne nebeneinander angeschlagen, und das klingt so nebeneinander irgendwie ganz ok. Dann hörst Du beide Instrumente im musikalischen Kontext wirklich gespielt, und sie verhalten sich und klingen deutlich verschieden. Mir hat auch mal jemand bei sich zu Hause eine Sägezahn-Wellenform eines Access Virus neben der eines ausgeliehenen Moog Prodigy vorgeführt, und das klang mit entsprechenden gedämpften analog-mode Filtereinstellungen beim Access Virus gar nicht so unähnlich. Ich weiß aber aus Erfahrung, dass beim wirklichen Spielen beider Synths im musikalischen Kontext zwischen den jeweiligen Klangeindrücken Welten liegen und man mit dem Access Virus keinen einzigen wirklich nach Moog klingenden Lead-Synth-Part spielen kann (hab das lange vergeblich da rauszuholen versucht, und die Mitmusiker empfanden das besonders bei hohen Lautstärken immer eher als Plastiksound: genau wie ich selbst). Dabei ist mir egal, dass Band-Zuhörer das oft nicht bewusst hören und beurteilen können: ich bin überzeugt, dass sie unbewusst und emotional einen lebendigeren analogen Klang trotzdem mehr genießen werden. Menschen haben eine erstaunlich komplexe und sensible Gesamtwahrnehmung von Klang.
Kurz: ich suche überhaupt nicht das Haar in der Suppe, sondern mich spricht der Gesamtklang des System 8 bisher einfach nicht an. Moogulator hat ja vor allem die technischen Eigenschaften beim Soundbiegen getestet und selbst dazu kommentiert, dass er sich nicht um musikalische Kontexte bemüht hat. Aber selbst die wenigen Flächen-Klänge und höheren Lagen in seinen Beispielen überzeugen mich klanglich schlicht nicht, und wie sich in den Amazona-Kommentaren zeigt, bin ich nicht der einzige, der das kritisch hört: auch erfahrene Analog-Synth-Kenner wie Marko Ettlich hören da keine analogen Wunderwelten.
Nur am Rande: ich bin nie ein Fan des Juno-106-Klangs gewesen, weil ich den Juno 6/60 und auch Jupiter Klang bei weitem vorziehe. Und ich finde auch nicht, dass man die Unterschiede zwischen zwei Junos mit denen vergleichen kann, die zwischen einem beliebigen Juno 6/60 und dem Roland Boutique ACB Klang m.E. bestehen. Dies Argument wurde schon seit Jahren in Moog-Diskussionen überstrapaziert (wenn behauptet wurde, VAs klängen genau wie der Mini, weil ja auch keine zwei Minis gleich klängen).
Ich würde mich sehr freuen, wenn ACB sich so weiterentwickelt, dass es sich auch für mich dann im musikalischen Kontext wirklich warm-lebendig und analog anhört und sowas wie ein Juno-6-Sound mit zwei Oszillatoren pro voice möglich würde.
P.S.
Was Roland's notorische Konzept-Schwächen betrifft, haben sie nach meiner Wahrnehmung mit dem Weggang von Eric Persing begonnen. Mir scheint, dass niemand bei Roland seither, auch nicht seit den erfreulichen positiven Impulsen nach der Mitarbeiter-Übernahme, Musiker-Sound-Wünsche und alltagstaugliche Keyboard Konzepte auch nur annähernd so gut verstanden hat wie Eric Persing.