Wenn erlaubt, möchte ich kurz meinen Senf zum Yamaha MO8 ablassen, der sich vom MO6 praktisch nur durch den größeren Oktavumfang unterscheidet.
Ich spiele den MO8 seit ca. 2 Jahren.
Mein Anforderungsprofil war damals ähnlich wie das von Edmund.
Kurz meine Kommentare:
- Große Tastatur
Wer wirklich Spaß an den Klavier- und Orgelstimmen haben möchte, kommt für meine Begriffe um den MO8 nicht herum. Auch macht das Splitting erst bei dieser Größe Sinn. Für mich schied der MO6 deshalb damals aus.
- Voices
Ich möchte mich nicht als Gehörpapst oder Style-Guru aufspielen, aber aus meiner Sicht sind die Klavierstimmen topp, ebenso die E-Gitarren. Die A-Gitarren sind auch schön, aber in der Auswahl zu beschränkt. Was gar nicht geht, sind die Streicher und die Blechbläser.
Die Streicher klingen zu elektronisch, um realistisch zu wirken, und gleichzeitig zu realistisch, um sphärisch, voluminös oder zumindest interessant zu sein. Genauso die Blechbläser. Was da als Trompete verkauft wird, hört sich an wie eine Kindertröte.
Das ist einfach nur Keyboard-Niveau. Japanische Trash-Hupe.
Die Drums dagegen sind der Hammer. Ohne viel Übung kann man zum Beispiel schön mit der Base Drum jonglieren. Vom leichten "Anstupsen" bis zum "voll Reintreten" gibt es sehr viele Nuancen.
Was ich persönlich nicht brauche, und wofür ich wahrscheinlich unnötig Geld ausgegeben habe, sind die Milliarden von Fantasy-Voices, die zu einseitig auf Ethno-House zielen oder als reine Effektteppiche ausgelegt sind. Parallel dazu sind die vorgefertigten Arpeggios, die man zu jeder Voice abrufen kann und die in der Werbung damals groß rausgestellt wurden, entweder irrsinnig monoton oder bizarr bis durchgeknallt.
Ich glaube nicht einmal, dass diese Sachen für experimentelle Musik oder für Hörspiel/Werbung/Video geeignet sind, weil die Sounds und Effekte trotz aller Exaltiertheit dann doch wie "irgendwo schon mal gehört" klingen.
- Sequencer
Den Sequenzer richtig zu nutzen macht keinen Spaß, weil einfach die Bedienelemente fehlen und weil das scheckkartengroße Display zu klein ist. Der 16-Spur-Mixer als Mikroskop-Grafik ist kaum zu erkennen, und dann das Rumgehupfe mit nur vier Cursortasten - nein, danke. Man könnte sogar nachträglich synkopisieren und einzelne Töne ändern, aber eigentlich nur theoretisch. Man muss sich das so vorstellen, als würde man Windows über eine Handy-Tastatur bedienen.
- Bedienung
Die Voice-Auswahl ist eine Katastrophe. Das Jog-Wheel, das alle haben, lässt sich zwar gut greifen und antreiben, bis zum exakten Ziel ist es aber prinzipbedingt immer eine Zappelei.
Die Voice-Auswahl über die Tastenbänke auf der rechten Seite ist dann so richtig schlimm. Dieses Schema zu durchschauen, das auch noch für jeden Main-Modus anders ist, das ist wie Blindenschrift lernen. Man kann sich zwar Favoriten auf eine Tastenreihe legen, aber die bietet viel zu wenig Platz.
Da lobe ich mir das 0 bis 9-Tastenfeld auf meinem Prolo-Keyboard. Damit bin ich letztendlich schneller.
- Tastatur
Die gewichtete Graded-Hammer-Tastatur ist und war für mich der Haupt-Kaufgrund. Ich kam damals aus der Orgel- und Kitsch-Keyboard-Ecke und wollte einfach mal eine gescheite Spieltechnik lernen. Am Anfang war ich gefrustet, denn die Tastatur gibt wirklich jede Nuance wieder und verlangt einen gewissen Krafteinsatz. Wer es da (so wie ich) gewohnt war, einfach nur eine Tastenfolge zu drücken, der erlebt Böses.
Nach einigen Wochen aber kam ein vollkommen neues Musikgefühl. Man hängt ganz anders dran am Instrument. Man versteht plötzlich, welche Farbe auch ein ganz langsames, einfaches Stück ausstrahlen kann.
(Ein Kind, das von Anfang an ein "echtes Klavier" spielt kennt es gar nicht anders.)
Das Fußpedal als Zubehör ist natürlich Pflicht.
Mein Fazit: Als digitale Alternative zu Klavier und Orgel sehr gut. Beim Rumspinnen/Improvisieren sehr anregend, aber eben doch als "Workstation" angelegt. Unter der Bezeichnung wird das Teil schließlich auch vermarktet, da kann man Yamaha keinen Vorwurf machen. War mir halt nicht so bewusst, mein Fehler.