Rock & Jazz Harmony, Aufgabe Seite 117 V7/sus4-Akkorde

Die Aufgabe konnte ich lösen!

Finde es schon spannend, dass Musiktheorie gar nicht diese mathematische Exaktheit hat, die ich jahrzehntelang unterstellt habe... Was ich nicht ganz verstehe: Ist nicht der (ursprüngliche) Witz des Dominantseptakkords, dass er nach Auflösung strebt? Und wenn sich dann die Hörgewohnheit so ändert, dass wir diese Auflösung gar nicht mehr unbedingt brauchen, wäre es dann nicht sinniger den Begriff ganz zu streichen, statt ihn auf die anderen Stufen auszuweiten?
 
wäre es dann nicht sinniger den Begriff ganz zu streichen, statt ihn auf die anderen Stufen auszuweiten?
Ja klar, da hast Du schon recht. Du kannst ja schon mal damit anfangen. Aber das ist ungefähr so ein Unterfangen, wie in Großbritannien den Rechtsverkehr einzuführen. Das sind ja auch nicht die harmonisch aufgeklärten Jazzer, sondern Millionen von Rock'n'Rollern, Bluesern, Rockern, Country- und Pop-Musikern etc. pp., die Du umstimmen müßtest. Wobei das weniger gefährlich ist, als in GB als einzelner mit dem Rechtsverkehr anzufangen ... :ugly:

Viele Grüße,
McCoy
 
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... wäre es dann nicht sinniger den Begriff ganz zu streichen, statt ihn auf die anderen Stufen auszuweiten?
Finde ich eigentlich nicht. Denn die Akkordqualität bleibt ja die gleiche.

Thomas
 
Und wenn sich dann die Hörgewohnheit so ändert, dass wir diese Auflösung gar nicht mehr unbedingt brauchen, wäre es dann nicht sinniger den Begriff ganz zu streichen, statt ihn auf die anderen Stufen auszuweiten?
Allerdings dreht sich tonale Musik ganz erheblich um den Aufbau von Spannung und ggf. deren Auflösung. Das Konzept bezieht sich auch nicht nur auf die Dominante bzw. deren Repräsentation durch einen Dominantseptakkord.
Es gibt eine - meist sehr lange - Entstehungsgeschichte für alles, dem wir heute in der Musik begegnen können und daher auch für Begriffe und Bedeutungen in der musiktheoretischen Beschreibung.
Abgesehen davon, verschiedene Namen für die gleiche Gegebenheit machen das Kennenlernen auch nicht leichter, das kennt man von synonymen Akkordsymbolen oder Namen wie z.B. lydian dominant.

Den Zusammenhang für die Bedeutung eines Begriffs zu bedenken entspricht dagegen der Alltagserfahrung (Engländer, Regen, Läufer -> Homonym, Polysem).

Gruß Claus
 
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Also ich akzeptiere, dass praktisch der Begriff "Dominantseptakkord" synonym für "Septakkord" verwendet wird.

Was ich nicht verstehe, dass die Theoretiker das so hinnehmen. Woanders in der Musiktheorie wird über Fitzelchen seitenlang diskutiert und gestritten, um eine möglichst exakte Bezeichnung zu finden.
Und hier nimmt man einfach hin, dass ein Begriff falsch verwendet wird.

Denn die Akkordqualität bleibt ja die gleiche.

Wenn Du mit °Qualität" meinst, dass es ein Septakkord ist, sicher.
"Dominante" ist aber keine Akkord"qualitäts"bezeichnung, sondern eine Funktion - also in welchem Zusammenhang der Akkord auftaucht.

Jeder Durakkord hätte auch die gleiche "Akkordqualität", und trotzdem verwenden wir nicht für jeden Durakkord die Tonika als Begriff, sondern eben je nach Zusammenhang
Ein Blues würde bei Dir dann ja aus lauter Dominanten bestehen. :unsure: Also erst eine Dominante mit Tonikafunktion, dann eine Dominante mit Subdominantfunktion usw .... wozu?

Im Blues den Septakkord auf der IV. Stufe - das ist ja von der Stufe und von der Wirkung her viel eher ein Subdominantakkord.
Es will mir nicht in den Kopf, warum man das als "Dominantseptakkord auf der IV. Stufe" bezeichnen möchte. Also wer es nicht besser weiß und die Begriffe nur synonym gelernt hat, klar kein Problem.

Aber für Leute, die ein bisschen Musiktheorie hatten, muss doch da irgendwo ein Widerspruch aufploppen. Zumal es ja ganz einfach wäre, den exakten Begriff zu verwenden.

Stattdessen erfindet man einen "Dominantakkord ohne Dominantfunktion"? Warum nicht auch ein Flugzeug ohne Flugfunktion? Eine Flöte ohne Flötfunktion?

Also historisch passt es, musiktheoretisch ist es imo ein falsch verwendeter Begriff. Aber praktisch gesehen ist es ja zum Glück kein Unterschied ;) Ich werde weiter Septakkorde spielen, manche Mitmusiker funktionslose Dominantseptakkorde, und trotzdem wird es hoffentlich einigermaßen zusammen klingen.
 
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Aber für Leute, die ein bisschen Musiktheorie hatten, muss doch da irgendwo ein Widerspruch aufploppen.
Ich glaube, es geht da in erster Linie darum, sich in eine halt übliche Nomenklatur hineinzuleben und sich mit
ihr abzufinden, wenn man mit anderen über dieses Thema kommunizieren will.
Oder aber, man geht den Weg, den McCoy in seinem Post #22 beschrieben hat, und versucht, in GB
den Rechtsverkehr und das metrische System einzuführen ...

Thomas
 
Was ich nicht verstehe, dass die Theoretiker das so hinnehmen.
Da müßte man zuerst mal untersuchen, wie Löffler das in seinem Buch im Allgemeinen verhält, ob er das durchgehend so macht oder nur an dieser Stelle. Dann müßte man untersuchen, ob andere Theoretiker das auch so verwenden. Sikora spricht z.B. im Blues-Kapitel auf S.206 ausdrücklich von Septakkorden, die keine Dominantfunktion haben. Wie das US-Theoretiker handhaben weiss ich nicht. Aber den Theoretikern einen allgemeinen Vorwuf zu machen, ist wahrscheinlich nicht haltbar. Das "Problem" besteht wohl hauptsächlich bei den Praktikern, also in den Proberäumen.

Viele Grüße,
McCoy
 
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sich in eine halt übliche Nomenklatur hineinzuleben und sich mit
ihr abzufinden, wenn man mit anderen über dieses Thema kommunizieren will.
Wie gesagt, mit Leuten, die es praktisch gelernt haben, habe ich überhaupt kein Problem damit.
Nur ist "sich mit abfinden" als allgemeine Lösung nicht so mein Ding. Noch dazu im Theorieforum, wo kämen wir da hin ;) da könnte man ja über nichts mehr diskuieren :)

Aber den Theoretikern einen allgemeinen Vorwuf zu machen, ist wahrscheinlich nicht haltbar.
Ich hatte Deine und Cudos Beträge so aufgefasst, als sei das allgemeiner Konsens. Ihr seid für mich sozusagen die unangefochtene Autorität.
Aber da war ich dann wohl vorschnell.

Das "Problem" besteht wohl hauptsächlich bei den Praktikern, also in den Proberäumen.
Da ist es ja zum Glück kein Problem ;)
 
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Stattdessen erfindet man einen "Dominantakkord ohne Dominantfunktion"?

Wie das US-Theoreiker handhaben weiss ich nicht.
Am Berklee College of Music wird das in etwa so gelehrt:

1719483274119.png

II7, bVI7 und VII7.
 
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Also ich akzeptiere, dass praktisch der Begriff "Dominantseptakkord" synonym für "Septakkord" verwendet wird.
Hast Du das so in Quellen gefunden? In der Literatur und in dieser Diskussion finde ich die Darstellung differenzierter.

Unterschieden werden zumindest im Jazz die Dominantseptakkorde mit Auflösung, entsprechend deiner Auffassung.
Dann gibt es in real existierender Musik die "special function dominant chords", die sich weder durch Quintfall noch chromatisch zum nächsten Akkord auflösen, sie wurden bereits genant:
Subdominant Moll wie z.B: ... | Fm7 ./. | Bb7 ./. I Cx (Moll oder Dur) ||
bVI als Substitutdominante subV/V7 wie z.B. ... |F ./. | Ab7 ./. | C ./. ||
II7 wie in Takt 3 & 4 des Girl from Ipanema
usw.

Es bleiben noch Domantseptakkorde, die unabhängig von einer Auflösung existieren können. Funktionsharmonisch beschreibbar z.B. als Tonika und Subdominante im Blues.

Da müßte man zuerst mal untersuchen, wie Löffler das in seinem Buch im Allgemeinen verhält,
Er folgt im Wesentlichen der Lehre des Berklee College.
Bezüglich der "Funktionsbezeichnungen" im Blues stellt Mathias Löffler fest, dass die Akkordqualität (Dominantseptakkord) nicht mit der musikgeschichtlich herleitbaren Funktion (Tonika, Subdominante) übereinstimmt und bevorzugt daher Stufenbezeichnungen mit Akkordqualität, z.B. IV7-Akkord (S. 602, 610).

Das "Funktionsbezeichnungen im Blues" abschließende Zitat ist pragmatisch:
"Davon abgesehen sollte es in der Verständigung untereinander keine Probleme geben, wenn jemand zum Beispiel von der Tonika eines Blues spricht. Man weiß ja, was gemeint ist."
Quelle: Mathias Löffler, Rock & Jazz Harmony, AMA-Verlag. Brühl 2018, S. 611.

Der Definitionswirrwarr löst sich bei musikalisch praxisbezogener Betrachtung schon eher in Wohlgefallen auf, z.B. bei Tony Winston zu "Killer Joe" mit seinem prägnanten A-Teil.


View: https://youtu.be/6VDKPJ1KHCM?t=757

Gruß Claus
 
Grund: kleine Umfomulierung an Schluss
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Ich kann mir vorstellen, daß das Problem auch aus solchen Tabellen wie dem Scale-Syllabus von Jamey Aebersold entstanden ist:

1719484738394.png

Da wird von "five basic categories" gesprochen, und eine davon ist Dominant 7th und hat das Akkordsymbol (z.B.) C7. Wenn man dann nicht tiefer in die Materie einsteigt, sind eben alle Dur-Septakkorde "Dominant 7th".

In anderen Schulen findet sich Ähnliches:

1719484947535.png

(Edward F. McGuire, Guitar Fingerboard Harmony)

Gerade Gitarristen neigen dazu, in Griffen zu denken, und die Dur-7er kriegen dann eben einfach alle die Bezeichnung "Dominant".

Ihr seid für mich sozusagen die unangefochtene Autorität.
Unangefochtene Autoritäten gibt's nicht ...

Viele Grüße,
McCoy
 
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Danke, dass Ihr Euch so um mich Unverbesserlichen kümmert ;)

Es bleiben noch Domantseptakkorde, die unabhängig von einer Auflösung existieren können. Funktionsharmonisch beschreibbar z.B. als Tonika und Subdominante im Blues.

Mir ist nur nicht klar, warum man die als "Dominant"-Septakkorde bezeichnen muss.

Reicht das nicht vollkommen aus, sie als Septakkorde zu bezeichnen?

Wieso soll die I7 oder die IV7 eine Dominante sein?
Die meinen doch mit "Dominante" einfach nur "Septakkord".

Subdominant Moll wie z.B: ... | Fm7 ./. | Bb7 ./. I Cx (Moll oder Dur) ||
Das hab ich glaube ich mal als Subdominanten (-kette) gelernt.

und das als Doppeldominante.
Beides funktional gut darstellbar, genau wie Trugschlüsse oder Tritonussubstitution.

Was wäre z.B. mit der Folge Ab - Bb - C? Rückung?
Wenn es Ab7 - Bb7 - C7 ist, sind das dann plötzlich Dominanten? ;)

die Dur-7er kriegen dann eben einfach die Bezeichnung "Dominant".
Genau das ist auch mein Eindruck. Die Akkordqualität (Septakkord) wird hier mit der Funktion vermischt bzw verwechselt.

Die Ursprungsfrage war ja aber eigentlich auf die Stufen bezogen - ein V7sus auf der II. Stufe.
Da wird das sogar doppelt gemoppelt - V steht statt der Stufe für Dominante (die aber gar nicht gemeint ist), Dominante steht für Septakkord.

Im Grunde genommen ist schon alles klar, man versteht natürlich, was gemeint ist.
Ich krieg mich aber trotzdem nicht dazu, einen Subdominantakkord als Dominantseptakkord zu bezeichnen.

@CUDO II danke für die Screenshots!

Den Absatz verstehe ich allerdings nicht
1719485731005.png

Ich versuche mir das konkret klarzumachen ... komme aber nicht klar.

Also "I7 könnte auch als V7 über IV" - dh. zB wenn wir in C-Dur sind, könnte C7 als G7 über F verstanden werden?

F7 als sub(?) G/E ??

Bb7 als sub G7/F ?

Verstehe ich die Schreibweise hier falsch?
 
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Verstehe ich die Schreibweise hier falsch?
Ja. Gemeint sind Sekundärdominanten.

V7 / IV heißt: Dominante der Subdominante.
IV7 als subV7 / III heißt: IV7 ist die tritonussubstituierte Dominante der 3. Stufe.
bVII7 als subV7 / VI heißt: bVII7 ist die trironussubstituierte Dominante der 6. Stufe.

Viele Grüße,
McCoy
 
Den Absatz verstehe ich allerdings nicht
Anhang anzeigen 945816

Also zB in C-Dur könnte C7 als G7 über F verstanden werden?

F7 als sub(?) G/E ??

Bb7 als sub G7/F ?

Verstehe ich die Schreibweise hier falsch?
Gemeint ist z.B. in der Tonart C Dur:

| CMA7 | Gm7 C7 | FMA7 etc.
Hier ist C7 Sekundärdominante, also V7/IV und nicht I7 wie z.B. als Tonikaakkord in einem Blues.

Oder
| CMA7 F7 | Em7 A7(b9) | Dm7 etc.
Hier ist F7 subV7/III und nicht IV7 wie z.B. in einem Blues.

Oder
"My One And Only Love" in C Dur ab Takt 5
1719487290358.png

Hier ist Bb7 nicht bVII7 sondern subV7/VIm.
 
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Danke, ja dann verstehe ich die Bezeichnungen. Das ist klar, hatten wir ja oben teilweise auch schon, dieses zB.
| CMA7 | Gm7 C7 | FMA7 etc.
Hier ist C7 Sekundärdominante, also V7/IV und nicht I7 wie z.B. als Tonikaakkord in einem Blues.
.. also eine "echte", dh. "funktionelle" Dominante.

Huer ist F7 subV7/III
... damit ist es ja eine Tritonussubstition, also auch eine "ordentliche" Dominante (MIT Dominantfunktion).

Aber alle diese Beispiel hängen ja davon ab, wie sich der Akkord auflöst. Oder besser wie er in funktionellem Zusammenhang steht. Oben sind es Dominanten.
Beim IV7 -> I7 im Bluesschema hat doch aber das IV7 eindeutig eine subdominantische Funktion, da müsste man schon ganz schöne Kopfstände machen

Und ein Akkord, der ohne Zusammenhang alleine für sich steht, hat nun mal keine Funktionsbezeichnung. Außer eben mit der von McCoy beschriebenen historischen Entstehungsgeschichte ...

die Dur-7er kriegen dann eben einfach alle die Bezeichnung "Dominant".

Mir geht da grade ein kleines LIcht auf - Im Grunde geht das ja dann darauf zurück, dass sowohl Dur/Moll als auch große/kleine Intervalle im Englischen mit "major/minor" bezeichnet werden.

Die Durterz führt in der obigen Übersicht zu der Bezeichnung "major seventh chord" und meint dann die große Terz UND die große 7 (maj3, maj7) , die kleine entsprechend zu "minor seventh chord" (min3, min7), und wenn wir zum Dur-Akkord mit kleiner Septime kommen, sind die Bezeichnungen schon vergeben. Und da greift man zu dem Strohhalm, den Dur-Akkord mit kleiner 7 als "Dominant"-Akkord zu bezeichnen. Den Namen "Minor-Major" bzw. die entsprechende Tonleiter gibt es im Gegensatz dazu. "Major minor" wäre wahrscheinlich zu sperrig.

Im Deutschen kann man stattdessen einfach Septakkord oder Durseptakkord sagen (und die kleine Septime implizieren). Bei uns kamen die Bezeichnungen ja eher aus der Klassik / Generalbass.
Aber die englischen Bezeichnungen sind inzwischen natürlich verbreiteter.
 
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Mir ist nur nicht klar, warum man die als "Dominant"-Septakkorde bezeichnen muss.
Du meinst, weil Rameau als Erfinder des Begriffs noch etwas anderes darunter verstand? :D
Im Ernst, das ist meines Wissens nach Berklee Terminologie, mit der die musikalischen Vorgänge in Blues, Rock, Pop und Jazz offenbar diskussionsfähig beschreibbar sind.

Oben hatte ich der Berklee-Terminologie folgend die "Akkordtypen" genannt. Der Akkordtyp mit dem Alleinstellungsmerkmal Tritonus aus großer Terz und kleiner Septime wird als Dominantseptakkord definiert. Das Alleinstellungsmerkmal führte auch zum Widerspruch deiner Auffassung "synonym".

Die in konkreten musikalischen Zusammenhängen analysierbare Verwendung dieses Akkordtyps ist eine andere Sache. Die ist je nach musikalischem Zusamenhang kann offenbar verschieden aussehen kann.

Die Lösung des Dominantseptakkords von seiner kadenziellen Auflösung weist Diether de la Motte bereits in Werken von Robert Schumann nach (Harmonielehre, Abschnitt "Funktionsfreie D7-Folgen", S. 176ff).
Das führt in Kerner-Lieder Nr. 6 zu einer Abfolge von vier Dominantseptakkorden (Bb7, C7/Bb, A7, F7/A), Zitat: "hin zu einer großen aus funktionellem Zusammenhang befreiten Klangfläche zusammengefügt"(ib.).

Gruß Claus
 
Die Lösung des Dominantseptakkords von seiner kadenziellen Auflösung weist Diether de la Motte bereits in Werken von Robert Schumann nach (Harmonielehre, Abschnitt "Funktionsfreie D7-Folgen", S. 176ff).
Sehr interessant. Hab's nachgelesen. Danke für den Quellenhinweis.
 
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Damit gehst Du dann halt weiter als Diether de la Motte, auch wenn er schlucken musste, dass bereits bei Robert Schumann funktionsfreie Dominantseptakkorde vorliegen. Dennoch bleibt er bei der Bezeichnung Dominantseptakkord, weil es nun einmal der Definition entspricht.

Dagegen wird ein Vierklang der Terzschichtung a c e g in der Tonart d-Moll zur Molldominante, der Akkord wird trotz der eingenommenen Funktion nicht als Dominantseptakkord bezeichnet.
Zum Dominantseptakkords aus Sicht der klassischen Harmonielehre lässt sich neben de la Motte u.a. nachlesen bei:
Hermann Grabner, Handbuch der funktionellen Harmonielehre, Kassel 2005, 13. Aufl., S. 61ff. oder
Thomas Krämer, Harmonielehre im Selbststudium, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2016. 7. Aufl., S. 75.

Mit der bis auf Weiteres zuerst bei Schumann nachgewiesenen Lösung des Dominantseptakkords von der "riemannschen" Dominantfunktion ist der Akkord jedenfalls unter neuen Umständen in der Welt und das nachhaltig, de la Motte kommt Debussy in den Sinn.

Dominante (Funktion) und Dominantseptakkord (Akkordtyp) werden in Text oder Sprache häufig synonym verwendet, offenbar sind sie das jedoch seit 200 Jahren nicht mehr unbedingt.
Es ist übrigens bereits die zweite Emanzipation des Dominantseptakkords. Die erste findet sich zur Bachzeit, als der Dominantseptakkord unmittelbar eintreten konnte, ohne wie in den gut 100 Jahren davor nur als "Ergebnis einer Durchgangsbewegung oder Vorhaltsbildung" (Palestrina, Schütz, s. Krämer, S. 75f.).

Gruß Claus
 
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Mit Literatur und alles, toll.
Praktisch bin ich längst überzeugt - musiktheoretisch eher nicht ...

Lösung des Dominantseptakkords von der "riemannschen" Dominantfunktion ist der Akkord jedenfalls unter neuen Umständen in der Welt
Naja, wenn er sich von seiner Funktion löst, dann ist er eben wieder ein einfacher Septakkord. So wie ein leitender Mitarbeiter wieder zum Mitarbeiter wird, wenn er sich von seiner leitenden Funktion löst. Wo ist das Problem? ;)
Wenn ich nicht irre, hat auch schon Bach in vielen Rezitativen Septakkorde benutzt, die sich nicht zur Tonika auflösen. Würde ich Bauchschmerzen haben, die als "Dominant"septakkorde zu bezeichnen.


Dennoch bleibt er bei der Bezeichnung Dominantseptakkord, weil es nun einmal der Definition entspricht.
Wenn man es so definiert, dann ist das ein Zirkelschluss, logisch bleibt er dann bei der Bezeichnung.
Eine wirkliche "Definition" habe ich aber offensichtlich verpasst - oder ist die Berklee-Bezeichnung die Definition?

Kann man aber alles so machen - nur sollte man eben diese unschöne Doppelbezeichnung "Dominante" für die Funktion und "Dominant" für den Dur-Septakkord klarstellen - sprich dass es mal das eine und mal das andere bedeuten kann.

bezieht sich auf den defininierten Akkordtyp - major, minor, half-diminished, diminished, dominant

Ich finde es nach wie vor unglücklich, die Bezeichnungen zu vermischen. Es ist halt eine pragmatische Lösung aus historischen Gründen und weil es im Englischen nicht den "Dur-Septakkord" gibt.
Ein Dur-Septakkord ist ein Septakkord, und ein Dominantakkord ist ein Akkord mit Dominantfunktion. Kommt beides zusammen, ist es ein Dominantseptakkord. So ist es für mich schlüssig.
Dass es praktisch oft so gehandhabt wird, ist vollkommen ok, genau wie "Acki's Sportsbar" rechtschreibmäßig ok ist. Es funktioniert, und solange man weiß, was gemeint ist, passt das schon.


Wie trennt man im Englischen eigentlich die Begriffe für den funktionellen Dominant-Dreiklang (also nicht den Septakkord, sondern einen Dreiklang mit Dominantfunktion) vom Septakkord?
Eigentlich müssten doch beide "dominant chord" heißen?
1719576958865.png

Ist der erste ein "dominant" chord (without dominant function), und der zweite ein "functional" dominant chord (without seventh)?
Woraus folgern würde, dass es dominant chords geben könnte, die keine dominant chords sind? ;)
Oder gibt es für die "Funktion Dominante" einen anderen Begriff im Englischen?
 
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