GeiGit
Helpful & Friendly User
Universal Music Co. - Model 1000 (Stradivari Copy) inkl. Mods
GeiGit's neue A-Geige - ein eBay-Schnäppchen mit ungeahnten Möglichkeiten!
Vorgeschichte
Der aufmerksame Musiker-Board-Leser ist sicherlich schon irgendwann mal über ein Review, oder einen Workshop von mir gestolpert.Ich bin leidenschaftlicher Musiker und Bastler und versuche mein Equipment für mich optimal zu gestalten. So kommt es immer wieder zu eigenwilligen Konstruktionen und deren Dokumentation hier im Musiker-Board, da ich es einfach liebe diese Lösungen mit euch zu teilen. Ich probiere die Inspirationen die ich bekomme einfach gerne aus und bin immer wieder selbst überrascht, welche Dinge dabei heraus kommen.
Als Jugendlicher hatte ich mich zwar getraut zwei E-Gitarren zu bauen, aber hatte vor jeglicher Manipulation meiner "teuren" Geige einen großen Respekt, der mir von meinem Opa (einem Berufs-Geiger in Rente) eben auch so vorgelebt wurde.
Trotzdem hatte ich mich 1991 getraut zwei Tonabnehmer zwischen Steg und Decke meiner Geige zu klemmen und führte deren Kabel zum Halter der Kinnstütze, unter den ich ein Blech klemmte in welches ich eine Buchse geschraubt hatte. An der Geige war also alles absolut reversibel geklemmt und angebunden und nur an die Schulterstütze schraubte ich dann eine Buchse und ein Volumenpoti (siehe Review). Ich ging also kleine, zaghafte Schritte, ließ aber die Finger von wirklichen Modifikationen.
Als ich dann mit einer E-Geige liebäugelte und schließlich eine in eBay erstand, hatte ich anfangs eigentlich nicht vor sie zu modifizieren. Aufgrund ihres geringen Preises lag die Schmerzgrenze allerdings viel tiefer und ich setzte die Ideen Schritt für Schritt um. Den Bericht dürft ihr gerne hier lesen: klick.
Als ich dann erfuhr, dass sich eine eigentlich anstehende Reparatur an meiner akustischen Geige nicht mehr wirklich lohnt, da ihr Wert durch diverse Dinge einfach zu niedrig geworden war und es mittlerweile auch gute Geigen schon recht günstig gibt, sank auch bei ihr die Schmerzgrenze diverse Dinge zu optimieren und auszuprobieren.
Also bekam sie eine neue Kinnstütze unter die ich eine 6,3mm-Buchse montierte, ein anklemmbares Mikro mit Funksystem, einen neuen Saitenhalter mit Feinstimmern und als Krönung zuletzt noch ein "Lanzenmikrofon".
Nun war sie im Einsatz durchaus praktischer, konnte besser verstärkt werden, klang gut, war aber leider immer noch schwer zu spielen, da die Saitenlage (schon seit Mitte der 90er) viel zu hoch war.
Ich überlegte immer wieder, ob ich das Griffbrett selbst entfernen, einen größeren Keil unterleimen und ein neues Griffbrett aufleimen, oder ob ich vielleicht ein echtes "Neckreset" (Video1, Video2) durchführen sollte?
Aber irgendwie hatte ich vor beidem einfach Respekt und die Befürchtung, dass sich der Klang ändert, oder dass ich genau dann meine akustische Geige brauche, wenn ich die Reparatur begonnen hätte und sie dann nicht einsetzbar wäre.
Eine Reparatur durch einen Geigenbauer lohnt sich bei dieser Geige leider nicht, das hatte ich schon bei zwei Geigenbauern in Erfahrung gebracht.
Ich wünschte mir ab 2016 alle Jahre wieder beim Weihnachtsgewinnspiel eine Geige
Mein Problem: Die unterschiedliche Mensurlänge meiner Geigen
Wenn ich von der E- auf die A-Geige wechselte hatte ich immer Anfangschwierigkeiten mit der Intonation. Die legten sich natürlich nach einiger Zeit wenn sich die Finger an die Geige gewöhnt hatten. Ich dachte Anfangs es läge eben daran, dass ich die Geige wieder in die Hand nahm, aber als ich feststellte, dass es genau dann besonders stark war, wenn ich von einer auf die andere Geige wechselte, wollte ich der Sache auf den Grund gehen und kontrollierte mal die Mensur, also die Saitenlänge. Sie war bei meiner E-Geige 327mm, also sehr nahe an dem Standard-Wert für eine 4/4-Geige von 328mm. Bei meiner A-Geige war sie jedoch nur 320mm, also ganze 7mm kürzer. Das war dann eher ein Zwischending zwischen 3/4- und 4/4-Geige. Das war also mein Problem! Ich musste bei jeden Geigenwechsel den gewohnten Fingerabstand anpassen. Mich, bzw. meine Greifpositionen also neu "eichen".Bei meiner E-Geige konnte ich an der Mensur nichts ändern. Durch die Kunsttoffwanne, in der der Steg auf dem Piezo steht und die Fräsung für die Wanne in der Decke, war der Steg fix.
Bei meiner A-Geige konnte ich ihn aber ebenfalls nichts ändern, da der Steg ja exakt auf einer gedachten Linie zwischen den inneren Kerben der F-Löcher stehen soll. Wenn man davon abweicht, ändert das den Klang der Geige total!
Ich konnte ihn zwar auf 323mm erhöhen, aber mit der restlichen Differenz musste ich mich einfach arrangieren.
Rein von der Saitenlage und der Mensurlänge spielte ich viel lieber auf meiner E-Geige. Vom Klang her gefiel mir aber die A-Geige doch etwas mehr und der "Monitor direkt am Ohr" ist in mancher Situation einfach ein klarer Vorteil für die Intonation.
Somit war für mich klar, dass ich zumindest die Mensurlänge nicht mit einem Neckreset, oder einer Unterkeilung des Griffbretts ändern könnte. Da sie mich jedoch am meisten störte ging meine innere Tendenz dann doch eher Richtung "neue A-Geige".
Weitere Reparatur-Überlegungen
Vielleicht würde auch ein Austausch des Halses mit Griffbrett hier die Möglichkeit bieten die Mensurlänge näher an die 327mm zu bekommen?Ich suchte auf eBay schließlich Hälse, oder komplette Geigenbausätze, aber irgendwie kam ich auch da nicht weiter.
Ich brauchte vielleicht mehr Übung im Geigenbau um zu lernen wie man einen Steg sauber anpasst, oder eine Stimme versetzt. Also kam eines Morgens unter der Dusche die Eingebung: Kauf dir doch eine billige Geige und probiere die Dinge dann mit ihr aus?
Somit machte ich mich auf eBay auf die Suche nach einer günstigen und guten 4/4-Geige.
Eine 4/4-Geige in eBay: Universal Musical Instrument Co.,Inc. - Stradivari Copy Model 1000
Schließlich stolperte ich bei dieser Suche über eine Geige mit sehr spärlicher Beschreibung, aber schöner Farbgebung die mir irgendwie ins Auge sprang. Ich speicherte mir den Link, vergas die Geschichte aber wieder für ein paar Tage, da ich viel um die Ohren hatte.Als ich dann erneut den Link am Freitag, den 11.11.2021 in meiner Frühstückspause öffnete, sah ich, dass die Versteigerung um 20 Uhr enden würde.
Und es hatte immer noch niemand etwas geboten! Da stand immer noch der Anfangspreis von 107€. Und es gab auch keine Beobachter.
Ich schaute mir nochmals alle Bilder an und vermutete eben, dass durch die spärliche Beschreibung und die Tatsache, dass ein Piezo-Sensor und dessen Klinkenbuchse auf die Decke geklebt waren, der eine oder andere lieber die Finger von dieser Geige lassen wollte. Wer weiß wie gut das Ding da wieder runter geht?
Außerdem fehlte die Kinnstütze.
Das waren für mich aber beides keine Gründe. Im Gegenteil. Der Sensor wäre eine willkommene Dreingabe und meine alte Kinnstütze lag ja noch in meiner Schublade. Also beschloss ich mit meiner Frau gemeinsam beim Abendessen die Geige in eBay zu beobachten.
Ich setzte mir ein Limit von 150€ und wir waren erstaunt, dass sich auch in den letzten Minuten nichts bewegte.
Also beschlossen wir die 150€ 30 Sekunden von Ende zu setzen und dann zu schauen was passiert.
So machten wir es dann auch - und ersteigerten die Geige tatsächlich für den Mindestpreis von 107€!
Niemand anderes hatte Interesse. Wir waren der einzige Bieter.
Krasse Sache!
Hier das eBay-Angebot: Klick und ein paar Bilder des Verkäufers
Warten und geduldig sein
Es folgte eine lange Zeit der Geduld, da Tag für Tag verging, ohne dass die Geige per DHL geliefert wurde. Am 18.11.2021 schrieben wir den Verkäufer an, was den los sei und ob er uns eine Sendungsnummer habe? Die bekamen wir dann auch. Er hatte die Geige am Vorabend erst aufgegeben.Egal. Sie war nun zumindest unterwegs.
Am Freitag, den 20.11.2021 kam dann Abends schließlich ein großer, leichter Karton per DHL in's Haus! Halleluja!
Unboxing
Ich machte kurz ein Bild und öffnete dann behutsam den Karton. Als ich den ersten Deckel geöffnet hatte, sah ich, dass ein zweiter Karton im ersten sehr passgenau drin steckte. Ich öffnete ihn und fand darin sehr gut gepolstert die Geige in einer Plastiktüte. Wahrscheinlich hatte der Verkäufer erstmal ne Weile gesucht, biss er solch einen Karton und das Auspolsterungsmaterial zusammen hatte. Ich packte sie vorsichtig aus und sah, dass der Steg für den Transport entfernt worden war. Also schaute ich, ob die Stimme noch stand, da sie natürlich durch den Transport ohne die Saitenspannung bei "härterer Gangart" durch den Zusteller umfallen könnte. - Aber sie stand noch! Gott sei dank!
Ich klopfte Decke und Boden ab und schaute die Geige genau an. Ich konnte keinen Riss finden. Alles schien in Ordnung!
Also packte ich den Steg aus der Serviette aus, stelle ihn auf die gedachte Linie zwischen die inneren Kerben der F-Löcher, legte die Saiten oben in die Kerben und stimmte Saite für Saite langsam hoch. Dabei musste ich den Steg natürlich immer wieder senkrecht stellen, da er sonst immer mehr Vorlage bekommen hätte und umfallen könnte. Wenn dann der Feinstimmer unter dem Saitenhalter mit Wucht auf die Decke knallt, kann diese sehr schnell einen Riss bekommen.
Die ersten Töne
Ich stimmte die Geige und spielte ein paar Läufe auf ihr. Sie war leise, etwas nasal, hatte wenig Bässe und meine Frau meinte nur: "Da musst du aber einiges dran machen, damit die gut klingt!" und sie hatte ja recht. Ich spielte zum Vergleich ein paar Töne auf meiner alten A-Geige und der Unterschied war echt deutlich!Potential
ich legte alle Geigen erstmal wieder weg und wir aßen zu Abend. Dabei ließ ich in Gedanken nochmal alles Revue passieren:-Sie hatte keinen Riss
-Sie war etwas anders, aber soweit gut gebaut
-Sie sah gut aus
-Der Steg war zu hoch und überhaupt nicht richtig optimiert. Man hatte ihn eben halbwegs an den Füßen angepasst, aber mehr auch nicht.
-Die Stimme stand an einer deutlich anderen Stelle als bei meiner A-Geige
-Rein vom Geräusch des Abklopfens her, war der Klang gar nicht so unterschiedlich zu meiner A-Geige
-> Es gab jedenfalls einiges positives und auch augenscheinliches Optimierungspotential
Der verbaute Piezo-Tonabnehmer: Boston TD-10
Am nächsten Tag war Samstag und ich hatte Nachmittags etwas Zeit um mich mit der Geige weiter zu beschäftigen.Als erstes schaute ich mir den Piezo-Tonabnehmer genauer an. Es war ein Boston TD-10-CJ. Ich prüfte wie fest er wohl verklebt sei, da in der Original-Beschreibung des Tonabnehmers im Internet stand, dass er mit einer speziellen Klebefläche versehen sei und sich problemlos ablösen lassen sollte, ohne den Lack zu schädigen.
Bei dieser Prüfung löste sich erstmal seine schwarze Abdeckkappe und es kam ein offener Standard-Piezo zum Vorschein.
Ich schob die Klinge meines Taschenmessers von der Kabelseite her unter den Piezo und wunderte mich, dass er wohl nur zur Hälfte mit einem doppelseitigen, gepolsterten Klebeband festgeklebt war. Somit konnte er ja mit der freien Seite munter gegen die Decke klappern. So wollte ich ihn auf keinen Fall montiert lassen, also drehte ich die Klinge sanft nach oben. Er löste sich nur sehr schwer und ich war mir echt nicht sicher, ob das das Originalklebeband war. Gott sei Dank habe ich mit dem Ablösen solcher Kleber schon viel Erfahrung und bekam ihn nach einigen Minuten konzentrierten Agierens komplett entfernt ohne die Decke zu beschädigen.
Auch das doppelseitige Spiegelklebeband unter der Buchse ließ sich entfernen und abreiben.
Die Klebereste radierte ich mit einem weißen Edding-Radierer und half auch immer wieder zwischendurch mit etwas "Viol" auf einem Baumwolllappen nach.
Nach einer halben Stunde war von der Montage fast nichts mehr zu sehen.
Dann schaute ich mir den Piezo nochmal genau an.
So wie es aussah, war der Massekontakt gut auf die Messingscheiben gelötet. Der Innenleiter war oben in der Mitte auf die versilberte Keramikoberfläche des Piezokristalls aufgelötet und mit einem Tropfen Heißkleber gesichert. Als ich diese Verklebung kontrollierte, löste er sich fast von selbst. Aber das war kein Problem. ich wollte ihn sowieso etwas versetzen um später das Stegfüßchen mittig auf dem Abnehmer platzieren zu können.
Nun nahm ich einen Schleifschwamm und schliff die Messing-Platten des Piezos beidseitig blank und verrundete dabei auch deren Kanten. Dann kürzte ich die Litze etwas, isolierte sie ab, verzinnte die Piezofläche und die Litze und lötete sie wie gewünscht am Rand an.
Ich testete den Piezo an meinem Verstärker und war happy, dass er funktionierte. Er war jetzt bereit um ihn später provisorisch unter eines der Stegfüßchen zu klemmen.
Optimierung des Steges
Nun war es Zeit sich mit der Optimierung des Steges auseinander zu setzen.Er war ja zu hoch und hatte einiges an Masse, die natürlich den Sound leiser und nasaler machte - ähnlich wie ein Dämpfer.
Manches wusste ich schon von diversen Internetseiten und hier aus dem Board (z.B. von hier) Und ich hatte mich ja schon 2014 bei der Optimierung meiner E-Geige intensiv mit dem Stegbau beschäftigt und einen ganz speziellen Steg gebaut:
Trotzdem schaute ich mir ein paar YouTube-Videos an um wieder im Thema zu sein und zu sehen wie man das macht.Der Klang
Ab 11.10.14 beschäftigte mich das Thema sehr intensiv, ich schaute mir verschiedenste Stegformen an, verglich sie, laß darüber, was für Klangbeeinflussungen passieren, wenn man welchen Teil des Steges verschlankt usw.
Auch die Infos über den D.A.C-Steg, wo dessen Vorteile liegen, dass er heller klingt, mehr Höhen durchlässt, dass der Steg der Übertrager zwischen Saite und Korpus ist, dass er unterschiedliche Frequenzen stärker, oder schwächer dämpft, da er nicht bei jeder Frequenz gleich steif ist und bei unterschiedlichen Frequenzen unterschiedlich stark schwingt, dadurch auch Kurvenverschiebungen entstehen usw. das wusste ich vorher nicht.
Dass die Geigendecke ebenfalls nicht bei jeder Frequenz gleich stark schwingt und dementsprechend nicht jede Frequenz gleich laut an die Luft übergeben wird, das wußte ich schon vorher.
All das hat mir geholfen zu verstehen, dass an der Position des Piezos zwischen Steg und Geigendecke eben nicht genau der Klang der Geige abnehmbar ist, sondern ein "Zwischenprodukt".
Das erste "Problem" der E-Geige ist die fehlende Deckenschwingung und dadurch die "härtere Aufhängung", wenn man es mit einem Komfort- und Sportfahrwerk vergleichen will.
Das zweite "Problem" ist die höhere Lautstärke und die ausgerichtetere Übertragung der Höhen durch die PA-Lautsprecher.
Ein Beispiel: Eine Solisten-Violine muss sich gegen ein Orchester durchsetzen können. Sie muss also lauter und pregnanter sein und wird deshalb oft im Höhenbereich "effektiver" eingestellt. Sie produziert also mehr Höhen und klingt für den Spieler am Ohr eher schrill wie wohlklingend. Der Klang geht halb Richtung Konzertsaaldecke und halb Richtung Publikum. Da die Höhen aber in der Luft stärker abgedämpft werden, wird der Klang bei größerem Abstand weicher und ausgeglichener.
Bei der E-Geige ist das anders: Die PA-Lautsprecher sind lauter, übertragen die Höhen geradliniger Richtung Hörerohr und brauchen deshalb weniger "Schrillheit" von der E-Geige. Wir müssen also eher weniger Höhen auf den Weg schicken und diese am besten schon im Steg, dem hölzernen "Equalizer", rausdrehen.
Dabei ermittelte ich den normalen Saitenabstand am Ende des Griffbretts und merkte, dass ich bei der G-Saite statt den angestrebten 4,5-5mm etwa 9mm und an der E-Saite 7mm statt der angestrebten 3,5mm hatte.
Außerdem war der Steg falsch herum aufgestellt und auf beiden Seiten oben verjüngt. nicht nur auf der Griffbrett-Seite.
Da gab es einiges zu tun!
Ich erstellte mir einen Schnitzer aus einem alten Küchenmesser und baute aus einer Leiste und einem Brettchen einen Anschlag gegen den ich den Steg drücken konnte wenn ich ihn mit einem breiten Stechbeitel in der Dicke verjüngte.
Was nun folgte war ein Herantasten mit immer mehr Zuversicht und Sicherheit im Umgang mit den Werkzeugen. Leider konnte ich keine Bilder davon machen, aber ich brauchte beide Hände zum Arbeiten. Somit gibt es nur ein Endergebnis.
Ich zeichnete mit einem Bleistift die Kontur des Griffbrett-Endes in Verlängerung desselben auf den Steg, errechnete die Differenz aus gewünschtem Saiten-Abstand und Bleistiftradius und schnitzte eine für mich passende Kontur des Stegs, die auch wiederum an die Kontur der E-Geige angepasst war. Von ihr hatte ich ja den ersetzten Originalsteg und konnte mich an ihm orientieren. Auch den Saitenabstand und deren Positionen konnte ich dort abnehmen.
Ich schnitzte die Fußauflagen passend zur Decke, passte die Brückenhöhe der Korpuskontur und der Vorlage des gut angepassten Steges meiner A-Geige an, vergrößerte leicht die Augen und die Flügelbreite und verjüngte den Steg auf der Griffbrettseite.
Nachdem ich dann alle Kanten noch gebrochen hatte, sah der Steg schon viel eher nach einem "angepassten" Steg aus.
Nun stellte ich ihn auf der Linie zwischen den inneren Kerben der F-Löcher auf, stimmte die Saiten und kontrollierte den Saitenabstand am Ende des Griffbrettes: Es waren 5mm bei der G- und 3,7mm bei der E-Saite! Eine Punktlandung! ich war begeistert!
Erste Töne nach der Optimierung
Als ich die Geige nun spielte, war sie deutlich lauter und hatte einen viel offeneren Ton! Sie war fast schon aggressiv aber es ging in die richtige Richtung!Nun kontrollierte ich die Mensur und stellte fest: Es waren 330mm - echt krass! So stark schwankt die Mensur bei 4/4-Geigen!
Das war ja jetzt wiederum zu viel! Es war zwar angenehm sie so zu spielen, da man die Finger nicht so knapp nebeneinander setzen musste, aber es war im Vergleich zu den 327mm der E-Geige eben 3mm zu viel.
Es folgte ein Abendessen und ein Fernsehabend, bei dem ich überlegte, was ich nun machen sollte.
Sollte ich die Geige wieder verkaufen? Oder anpassen? Aber wie?
Irgendwann später kam dann die Eingebung: Stell doch den Steg einfach mal auf die gewünschten 327mm-Mensurlänge und ignoriere die gedachte Position des Geigenbauers.
Das machte ich dann auch, konnte es aber nicht mehr testen, da es schon zu spät war.
Am Sonntag spielte ich in zwei Gottesdiensten dann im Lobpreis Gitarre und kam erst später wieder nach Hause. irgendwann dachte ich: So. Jetzt stimm sie nochmal und teste wie sie klingt wenn der Steg an der gewünschten Stelle steht.
Und was soll ich sagen: Sie klang ausgewogener. Weniger aggressiv und sprach wirklich gut an! Die Lagenwechsel klappten auf Anhieb richtig gut! Der Fingerabstand war angenehm und gewohnt und ich fühlte mich sehr schnell auf ihr "zu Hause"!
Echt krass! So klang sie deutlich besser!
Sie hatte auch mehr Bass, wenngleich sie deutlich weniger Bass auf der G-Saite hatte als meine alte A-Geige. Aber trotzdem klang sie gut. und war durchsetzungsstark!
Ich klemmte den modifizierten Boston TD-10-Piezo nun testweise unter den Stegfuß auf der E-Saiten-Seite und schloss ihn an meinen Marshall AS50D-Akustik-Verstärker an.
Der Klang war ausgewogen über alle Saiten. ich konnte den Bassregler des Kanals aufdrehen und da war sie, die Wärme.
Ich dachte kurz nach und erinnerte mich wie schwierig meine alte A-Geige war wenn ich sie per Tonabnehmer und/oder Mikro verstärkte: ich musste den Bass teilweise um 11dB absenken, damit sie nicht auf der G-Saite rausknallte.
Das war hier nun ganz anders. Sie war hell, neutral und man konnte die Wärme da reindrehen, wo man sie wollte. Ganz ähnlich wie bei meiner E-Geige!
Also war sie vielleicht genau das, was ich brauchte?
Und sogar besser dafür geeignet als meine alte A-Geige?
Das Urteil meiner Frau und meiner Tochter
Ich steckte sie aus, ging mit ihr ins Wohnzimmer und spielte meiner Frau und meiner Tochter einige Töne auf ihr vor.Auch ihnen gefiel sie nun im Klang. Sie war lauter, ausgewogen und klang gut in beider Ohren!
Echt krass!
Kurze Aufnahme
Ich nahm meine kurze "Standard-Sequenz" auf um den Sound der Geige akustisch über mein Audio Technika AT2035 und über den Boston TD10 unter dem rechten Stegfuß festzuhalten.Ich habe diese Aufnahme für euch getrennt, damit ihr beide Sounds separat hören könnt:
01-Optimierter Steg über Audio Technika AT2035
02-Optimierter Steg über Boston TD-10
Neue Begeisterung
Ich beschloss die Stimme vorerst nicht zu verändern. Warum auch?Erstmal würde ich die Kinnstütze und den Saitenhalter tauschen, den Abnehmer und ein Lanzenmikrofon sauber einbauen und sie in der Praxis testen.
Also bestellte ich diese Dinge erstmal bei Thomann und gönnte ihr auch gleich einen Koffer, damit ich sie später auch mitnehmen konnte ohne eine der anderen Geigen aus ihrem Koffer verbannen zu müssen.
Recherche über den Hersteller Universal Musical Instrument Co.,Inc.
Ich versuchte mehr über den Hersteller der Geige herauszufinden, aber da war das Internet doch eher unergiebig. Die Geige kommt wohl aus Jongro in der Provinz Seoul in Südkorea.https://unimusic.en.ec21.com/
https://unimusic.en.ecplaza.net/
Company Name Universal Musical Instrument Co.,Inc.
Contact Person Jang Hun Jung
Address 30-6 Iksundong WunHyon Tower 204
City/Area Jongro
State/Province Seoul
Zip/Postal Code 110-130
Country/Region Korea
Telephone 82-2-766-8327
Fax 82-2-747-2107
https://goo.gl/maps/p6fSvxArwWcgKVX5A
Zwischenfazit
Es handelt sich um eine akustische Geige nach italienischem Vorbild in der Bauform einer Stradivari aus südkoreanischer Produktion.Der Steg war sehr schlecht angepasst und hinderte das Instrument daran seine Lautstärke und seinen Klang voll zu entfalten.
Sie ist insgesamt sauber gebaut und gut und nicht zu dick lackiert.
Im Bassbereich klingt sie etwas flach, bietet aber eine gute Basis für eine elektrisch verstärkbare Geige.
Nach der Steganpassung spielt sie sich leicht und gefällt mir wirklich gut!
Es ist eine Geige mit viel Potential!
Ich hoffe, dass euch die Geschichte meiner Geige gefällt und ihr dabei bleibt, denn es geht noch weiter!
Im nächsten Bericht geht es um den Anbau von Feinstimmersaitenhalter, Kinnstütze und um die Tonabnahme der Geige mit verschiedenen Piezos und einem Lanzenmikrofon.
Bis bald, Euer GeiGit
- Eigenschaft
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