Rechtliche Situation beim Sampeln von Synthesizern

  • Ersteller Duplobaustein
  • Erstellt am
Hingegen erlaubt dürfte es sein (Vorsicht! Dürfte =! Darf!) Sounds aus Massive oder sogar der Diva abzusampeln.
Höchstwahrscheinlich ja - zumindest, solange es keine Werkspresets sind. Aber auch dann ist die Situation keineswegs klar... Bei Software-Synths kommt ja dazu, dass man - um die Software überhaupt benutzen zu dürfen - Lizenzbestimmungen akzeptieren muss, die ggf. Dinge einschränken können, die sonst (z.B. bei Hardware-Synthesizern) erlaubt sind. Noch eine andere Frage ist dann hingegen, ob die Lizenz als Ganzes in D überhaupt zur Geltung kommt oder ob zumindest Teile davon nach deutschem Recht schlicht nichtig sind. Da wird es dann echt kompliziert.

Ein Bösendorfer oder ein Steinway oder ein Blüthner, die haben ganz besondere Klang- und Spieleigenschaften. Diese resultieren nicht daraus, dass man ein wenig Holz und Stahl zusammengeschraubt hat. Da waren pfiffige Leute dran, die ganz viel Wissen und geistige Kompetenz und Arbeit haben walten lassen, damit die Instrumente jetzt so klingen, wie es klingen.
Richtig, und dieses Know-How der pfiffigen Leute ist ja auch durch Patente (gewerbliches Schutzrecht) geschützt. Den Klang des Flügels erzeugt aber letztlich der Spieler, nicht Steinway - deutlicher wird das bei einer Gitarre oder einem Saxophon, das bei jedem Spieler anders klingt. Das Instrument ist hier nur das Werkzeug. Und das Patentrecht wiederum kennt keinen Schutz für Ergebnisse, die man mit dem patentrechtlich geschützten technischen Gerät (und nichts anderes ist der Flügel hier) erzielt. Der Hersteller eines Pinsels hat auch keine Rechte an den Bildern, die mit dem Pinsel gemalt werden.

Jede Wette, dass diese Hersteller sich wehren werden, wenn man (08/15-Leute) diesen wertvollen Klang einfach mal eben absampeln wollen.
Die mögen sich wehren wollen, aber das gibt IMHO das Gesetz einfach nicht her - nochmal die Frage: auf welcher Grundlage denn?

Das Namensrecht ist dann die nächste Baustelle.
Du meinst Markenrecht - und, ja. Das ist eine andere Baustelle.

Du argumentierst die ganze Zeit mit einer "gefühlten Rechtslage" - ein Blick ins Gesetz schafft da schnell Klarheit (in diesem Fall zumindest, der recht einfach ist). Da du ja selbst empfohlen hast, ich möge mich da mal einlesen: wenn du das selbst beherzigt hättest, wäre dir evtl. aufgefallen, dass du im völlig falschen Gesetz unterwegs bist - das fängt schon in §1 an, wo der Geltungsbereich des UrhG mal definiert ist. Ganz wesentlich ist dabei der Begriff des "Werks" - und zwar eines immateriellen(!). Ein Flügel ist als solches sehr materiell, und ein Instrument, aber kein "Kunstwerk" oder eine ähnliche geistige Schöpfung.

Was kann jetzt an einem Instrument geschützt sein?
1) (Teile der) technischen Konstruktion (Patentrecht -> kein Schutz des Klangs)
2) bestimmte (optische) Designelemente (dies sogar ggf. nach Urheberrecht, spätestens über das Markenrecht) - prominentes Beispiel ist die geschütze Kopfplatte einer Fender-Gitarre - die hat (in diesem Kontext) aber mit dem Klang auch nichts zu tun.
3) der Markenname und Logos etc. selbstverständlich.

Der Klang selbst ist kein "Werk" - bei einem Flügel ist der Grundklang "Stand der Technik" seit über 100 Jahren. Die Feinheiten des Klangs sind Ergebnis großer Klavierbaukunst, aber nicht in dem Sinne eine geistige Schöpfung. DAS mag bei einem Synthpatch anders sein, weil ich da als Sounddesigner einem (nie gehörten) Klang, der nur in meinem Kopf existiert, mit technischen Mitteln beliebig(!) nahe kommen kann - Folge: das KANN ggf. als hinreichende Schöpfungshöhe gelten, wenn sich dadurch der neue Klang als geistige Schöpfung (aus meinem Kopf) "manifestiert", wie es dann im Rechtsdeutsch so schön heißt - in Form eines Parametersatzes, der auf dem Synth genau diesen Klang für alle Welt hörbar erzeugt.

Ein Klavier hingegen kann der beste Klavierbauer aber nicht nach Orgel klingen lassen, sondern den Klang nur etwas "brillanter" machen (z.B.). Die technische Lösung dafür erfüllt ggf. die nötige Schöpfungshöhe im Patentrecht - der neue Klang genießt aber an sich keinen Schutz, weil es eben nur ein "etwas besserer" Klavierklang ist - also keine eigene Schöpfung.

Also nochmal an dich die Bitte, mir eine Gesetzesquelle zu nennen, aus der das, was du behauptest, hervorgeht.
Ich kann leider keine Quelle nennen, denn mein Standpunkt ist ja, dass es eben kein Gesetz gibt, das das verbietet. Nichtexistenzbeweise sind naturgemäß unmöglich. Aber ich habe immerhin aufgezählt, was alles NICHT in Frage kommt. ;)

Und hier, als kleiner Service, eine Diskussion aus einem Rechts-Forum: http://www.recht.de/phpbb/viewtopic.php?f=44&t=220148
Und noch eins, wo es um die Schützbarkeit von Synth-Patches geht (wobei das echt knifflig sein kann): http://www.flstudio-forum.de/printthread.php?tid=24036

Mir ist tatsächlich nur ein Fall bekannt, wo ein reiner "Klang" außerhalb des Markenrechts "patentiert" wurde (als eigenständige Schöpfung eines Dr. Moorer), ist der "Deep Note"-Sound aus den THX-Jingles im Kino. Nun ist der allerdings so lang, und so markant, dass es einleuchtet, das sogar als eigenständige "Komposition" zu sehen, weil dort eben auch 30 verschiedene Einzelstimmen mit sich verändernder Tonhöhe einen Gesamtklang ergeben - das ist schon fast ein (kurzes) Musikstück, nicht mehr nur ein Klang. http://www.earslap.com/article/recreating-the-thx-deep-note.html

Ansonsten gibt es nur noch "Hörmarken" - aber das ist jeweils EIN ganz bestimmter Klang (das Telekom-Dingeling z.B. oder der "Audi-Heartbeat"), und nicht etwa der Gesamtklang eines Klaviers mit 88 Einzeltönen. Dieser einmalige Klang ist dann in genau dieser konkreten Form im Marken- und Wettbewerbsrecht geschützt - aber nicht über das Urheberrecht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hier noch was zum Thema: http://www.grin.com/de/e-book/113022/wem-gehoert-der-klang

Auszug:
Einzeltöne sind immer als gemeinfreie Bausteine der Musik zu betrachten und können niemals urheberrechtlichen Schutz genießen.[7] Es existiert nur eine natürlich begrenzte Anzahl von Tönen, so dass es beim Einzelton immer an der individuellen Neuschöpfung fehlt. Dies gilt auch für Einzeltöne und Einzelklänge sowie Klangfarben, die künstlich durch Kombination unterschiedlicher Klangfarben und Geräuschkomponenten erzeugt wurden.[8]

Die Quellen 7 und 8 sind unter dem Link oben angegeben.
 
...kann es sein, dass sich diese Passage jetzt eher auf Harmonielehre bzw. Akkordzusammensetzungen bezieht, anstelle auf Sampling von Einzteltönen? :confused:
 
Nein. Lies den Absatz im Kontext, dann wird es klarer. Es wird ausgedrückt, was unter den urheberrechtlichen Schutz fällt, und zwar im Zusammenhang mit Sampling. Eine Melodie ist geschützt, ein Fragment einer Melodie evtl., ein Einzelton nicht (Quelle 7). Und dass sich das jetzt eben nicht nur auf "Ton" im Sinne einer Komposition bezieht (also a''' oder f#'), sondern auch auf den konkreten Klang, das sagt der zweite Satz und Quelle 8.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Bei digitalem, also ROM-Material wird's knifflig - da kommt der grosse japanische Arnold schon mal mit der schwingenden Bratpfanne angerannt, wenn du verstehst... Ähnlich sieht es übrigens beim Sample-ROM von Drummaschinen aus.
Das Problem hat Arnold doch selber. Deswegen gibt's immer noch keinen "Boutique D-05". Nicht, weil der gute Eric mosern könnte, sondern weil die Rudimentär-Samples tatsächlich Spectrasonics gehören und Arnold die erst wieder lizensieren müßte. (Okay, das und die Gebrauchtpreise und Lebensdauer der LA-Klassiker, die einfach keinen Klon rechtfertigen – selbst wenn die Displaybeleuchtung abgrätscht, ist ein gebrauchter D-50 oder D-550 plus Displayreparatur billiger als eine Herrenbutieke™ oder hat zumindest das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis.)

Naja, eine Moog SAW ist eben anders als eine DSI SAW.
Bei Moog sind die Sägezähne sicherlich auch nicht immer gleich.

Und wenn du zwei Minimoogs (am besten R.A. Moog bzw. muSonics Minimoogs mit originalem Oszillatorboard) mit aufeinanderfolgenden Seriennummern an ein Oszilloskop anschließt, wirst du dich auch wundern: Da gibt es Unterschiede. Minimal, aber es gibt sie.

Mit der Roland TB-303 will ich gar nicht erst anfangen. Die wurde gefühlt aus dem Jupiter-8-Ausschuß zusammengelötet. Wenn überhaupt, dann müßte man da die Filtercharakteristik rechtlich schützen (Vierpol, wo man aus unerfindlichen Gründen, die Arnold auch nicht kennt, nur drei hört). Aber anscheinend stört sich Arnold nicht an Nachbauten nach Originalplänen wie TT-303 (China), Bassline-3 (Deutschland) und x0xb0x (USA bzw. wo auch immer derjenige saß, der sie jeweils gebaut hat).


Martman
 
Aber anscheinend stört sich Arnold nicht an Nachbauten nach Originalplänen wie TT-303 (China), Bassline-3 (Deutschland) und x0xb0x (USA bzw. wo auch immer derjenige saß, der sie jeweils gebaut hat).
Auch da gilt wieder: die technische Konstruktion ist nur über Patente schützbar - und damit eben nicht mit den absurden Laufzeiten aus dem Urheberrecht, sondern in der Regel maximal 20 Jahre. Wenn irgendein wesentlicher Bestandteil der TB-303 patentiert war, sind diese Patente seit 10-15 Jahren ausgelaufen... Sie können sich also gar nicht dran stören... ;)
 
Siehe auch Yamahas FM-Monopol. 1977 haben sie sich FM-Synthese exklusiv sichern lassen. 1991 wollte Kurzweil der K2000 auch FM-Synthese beibringen, und Yamaha kam mit Anwälten. 1995 war Korg beim Prophecy noch vorsichtig und wendete Phasenmodulation an (nicht wissend, daß Yamaha das seit dem DX7 selbst machte).

Im 21. Jahrhundert brach dann der Damm. Nord Modular G2, Alesis Fusion und Korg OASYS brachten allesamt das volle DX7-Programm, ohne daß Yamaha noch was sagen konnte. Gut, denen war FM/VPM nach dem "letzten Aufbäumen" alias FS1R inzwischen herzlich egal.


Martman
 
Siehe auch Yamahas FM-Monopol. 1977 haben sie sich FM-Synthese exklusiv sichern lassen.
Nicht ganz. Die haben ein Patent von John Chowning exklusiv lizenziert, und das drehte sich um die "digitale" FM bzw. VPM (also letztlich den Algorithmus, der die FM auf digitalen Chips erst stabil und kostengünstig möglich machte). Analoge FM-Synthese war nie patentiert (wäre auch schwierig gewesen, alldieweil Frequenzmodulation an sich ja längst im Radio-Bereich Stand der Technik war, und Wobbelgeneratoren in jedem Labor standen).

Das Patent ist angemeldet am 26. März 1974 - ab da laufen die 20 Jahre. Korg konnte also 1995 schon ganz ohne Probleme den Prophecy bauen und musste da gar nicht tricksen. Die waren also nicht vorsichtig, sondern haben pünktlich mit dem Ablauf des Chowning-Patents die Phasenmodulation ebenfalls vermarktet.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben