Junge, Junge!
Wolfsbarsch mit seiner "dreidimensionalen Ironie", du mit deinem kategorischen Ausschluss von Diskussionen - furchtbar! Endlich mal provokante(ere) Texte, eine Userschaft, die durchaus streitfreudig ist (und großteils auch gut streiten kann!) und dann kommen irgendwelche Ausflüchte, warum auch immer.
@antipasti
Die Diskussion über die Gremzen der Kunst und des guten Geschmacks finde ich sehr interessant, hat aber in einem Thema über einen bestimmten Text nicht viel verloren, da bin ich bei dir.
Wäre es vielleicht möglich, diese Diskussion in einen Extrathread auszulagern? Gibt da sicher mehr als zwei Fronten und könnte (ein angemessener Ton vorausgesetzt) sehr spannend werden.
@[PEDO]
Ich äußere mich jetzt zu deinem Text, sogar zum Inhalt, gegen deinen Willen, doch um dich zu zitieren:
[PEDO schrieb:
Ich tue das und mir ist es egal, ob du da anderer Meinung bist.
Das LI vergewaltigt die Welt, weil sie ihre Beine öffnet. Das LI begafft die Welt, weil sie ihre Titten zeigst. Das LI bespritzt die Welt, weil sie ihre Lippen 'hergibt' (eine Aussage, die nicht wirklich was Neues bringt). Dann öffnet die Welt noch ihr Höllenloch, wo es rausblutet, weil man so hart zu ihr war.
In der Bridge wird vom Unverständnis der Bourgeois für das Tolle am Sex geredet, von Vergewaltigung keine Rede mehr.
Und im Refrain erklärt sich das LI zum "Sündhaften" allgemein, dass es vergraben ist, alles vergewaltigt, wie überlegen ist und wie cool er das alles findet.
Mein ganz ehrlicher Gedanke dazu? So was stockkonservatives wie dieses lyrische Ich hab ich selten in einem Text gesehen!
Ich meine, ehrlich: der singt davon, wie verhurt die Welt doch ist, wie offenherzig, usw. Ist sie das wirklich? Ich muss ehrlich sagen, dass ich der Meinung bin, dass gerade in den letzten Jahren zumindest bei uns die Stimmung konservativer geworden ist allgemein. Das haben mir auch Freunde (sowohl alternative, als auch konservative) bestätigt, dass in einigen Bereichen wieder ein Rückschritt gibt, eine Art neuer Biedermeier aufkommt. Deswegen finde ich die Beschreibung des LIs nicht etwa provokant oder so, sondern einfach übertrieben.
Und die Reaktion darauf? Vergewaltigen wir die Welt! Und das finde ich ja so interessant: nicht einfach ficken, nein. VerGEWALTigen, das ist im Deutschen ein hartes Wort, und im Englischen auch. Es bedeutet Gewalt zuzufügen (muss übrigens nicht zwingend körperlich sein), um Sex zu haben, und ist eindeutig negativ besetzt.
Und zwar manchmal auch bei den Tätern, das ist nämlich das Interessante an deinem Text für mich: die Aussage "Sie wollte es doch eigentlich!" ist wohl einer der bekanntesten Ausflüchte, die man von Vergewaltigern hört (wenn man das Pech hat, mal echt einen kennenzulernen). Die Sätze "Diese verdammte Schlampe hat es doch nicht anders verdient!" oder "Wenn sie sich so als Fleisch anbietet, dann nutze ich das auch!" wirken dann auch recht authentisch - und sind in der Essenz das, was in den Strophen bei dir ausgesagt wird.
Diese totale Abwertung von Frauen (und du schreibst von "spread leags", "show tits". "give lips" und "wenches", der Text drängt nur das weibliche Geschlecht in diese bestimmte Rolle) geht bei solchen Leuten oft mit einem sehr konservativen Weltbild einher. Der Priester, welcher irgendeine Dirne durchnimmt (oder ein Kind, um aktuell zu bleiben) und dabei sagt "Es ist Gottes Wille" passt da ebenfalls rein.
Das lässt das lyrische Ich bisher wie einen stockkonservativen Vergewaltiger erscheinen. Aber es gibt ja noch Bridge und Refrain!
Diese Selbstverherrlichung des LIs... es meint, es sei etwas Vergrabenes, und dass sein Weg höherwertig ist. Es liegt wohl in der Natur eines jeden Menschen, andere zu vergewaltigen, dass es das einzig Wahre ist - deswegen tut's das LI ja auch mit Elan, mit Freude! Ich meine, hey, ich hätte hier und da die Gelegenheit gehabt, die Situation einer anderen auszunutzen und sie zu vergewaltigen, und habe es letztendlich nicht getan, weil es halt nicht mein Ding ist - aber vielleicht bin ich da eine Ausnahme, hab mir was entgehen lassen!
Und ja, natürlich ist es das LI, was hier spricht - heißt für mich aber nicht, dass ich nicht trotzdem ernsthaft über die Aussage nachdenken kann. Auch hier ist es wieder nicht provozierend für mich, sondern einfach nur dumm, weil: ich finde Gewalt per se sehr fragwürdig und zweifelhaft, und sehe nur sehr, sehr selten Grund, davon Gebrauch zu machen. Daher finde ich eine Lebensweise, die anscheinend nur aus dem Drang danach, provokativ zu sein, es daran anlegt, so viel Gewalt wie nur möglich zuzufügen, dumm.
Ist aber subjektiv, ich seh's nicht so emotional, Arachnophobia ist da viel mehr drinnen - Geschmackssache. Wobei ich mich frage, wieviele Leute Vergewaltigung wirklich gutheißen und sich deshalb von dem Text angesprochen fühlen.
Und natürlich die Bridge, wo plötzlich mit dem Vergewaltigungsthema gebrochen wird. Das LI redet nur noch davon, dass Spießer nicht kapieren, was sie mit den Dingern zwischen ihren Beinen alles machen können, dass es der Sex ist, welcher die Welt lebenswert macht... ja, aber nichts davon, dass es die Gewalt braucht, damit's RICHTIG Spaß macht!
Das lässt für mich nur zwei Möglichkeiten offen: entweder wurde hier "aus Versehen" mit dem bisherigen Verlauf gebrochen bzw. wollte man unabhängig vom bisher Erzählten gegen Spießbürger austeilen und damit kurz ein neues Thema reinbringen.
Oder aber das lyrische Ich sieht Vergewaltigung als die normale Form von Sex an, dass also die Frau immer gegen ihren Willen herhalten muss, was (für mich zumindest) eine Verharmlosung von VerGEWALTigungen wäre. Würde zum bisherigen LI passen, wir stellen uns den stockkonservativen Familienvater in der eisern geführten Familie vor, der nicht nur seine Frau hin und wieder gegen ihren Willen nimmt, sondern auch die älteste Tochter, weil die ja noch jünger ist. (In dem Zusammenhang ist der Film "Das weiße Band" wirklich sehr zu empfehlen!)
Oh, natürlich gibt's noch die eine zusätzliche Strophe, die noch extra provokant sein soll. Öffnet sich die Welt also für den Geschlechtsverkehr, sieht man, dass darin die Hölle ist - Geschlechtlichkeit, Offenheit bedeutet also Hölle, klar. Wurde ja auch bisher gesagt, passt zu unserem stockkonservativen LI.
Und weil wir sie so hart gefickt haben, blutet das Loch so gut. Hört sich gesellschaftskritisch an - ich muss ehrlich sagen, diese beiden Zeilen sind das, was mir am Text am Besten gefallen. Ich erkenne keine Wertung daraus, es ist einfach deskriptiv, vielleicht gefällts mir deswegen. Provokant würde ich es nicht nennen, aber ein nettes Bild, welches zum Nachdenken anregen kann.
Fazit: wer Vergewaltigungen per se toll findet, wird am Text wohl was Gutes finden, wobei durch die Bridge es schon jemand sein muss, der Vergewaltigung wirklich normal findet, was wohl noch seltener ist.
Ich selbst falle nicht in diese Zielgruppe. Als Freund direkter, provokanter Texte (kann an der Stelle Wolfsbarsch empfehlen, hat ihr schon recht interessante Sachen gezeigt) fühle ich mich auch nicht angesprochen, weil das lyrische Ich in keinster Weise irgendwie ansprechend ist, und auch seine Message nichts "Wahres" für mich hat, was mich zum Nachdenken anregen würde.
Das war jetzt alles sehr kopflastig, weil der Text anscheinend auch sehr kopflastig geschrieben wurde. Jedenfalls vermisse ich auch vom Gefühl her den Flow, es kommt nichts rüber bzw. WAS rüberkommt, spricht in meinen Augen nur sehr wenig ausgewählte Personen an.
Solltest du dich durch irgendeinen Teil meines Beitrag provoziert fühlen, dann hoffe ich, dass das von dir als Provokateur gewürdigt wird.
Geplant wäre es jedenfalls nicht gewesen. *g*