Ich kann ja mal munter ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, weil ich musikalisch selber im Genre Rap/Hipohop aktiv bin und inzwischen mit sehr vielen Menschen zusammengearbeitet hab...
Ich find diese Unterscheidung die hier teilweise gemacht wird zwischen Rap und "richtiger Musik" ziemlich absurd... man darf einfach den Faktor der Digitalisierung nicht vergessen und daher wird eben sehr schnell alles hochgeladen was so passiert ist. Seis ein Essensfoto oder seiens die ersten musikalischen Gehversuche.
Ich hab vor gut 20 Jahren angefangen Gitarre zu spielen und nach dem ersten Jahr hatte ich auch schon eine Schülercoverband und stand damit auf der Bühne... da war mein/unser Ziel eben auch schnellstmöglich zu zeigen was wir (nicht
) können. Da haben wir uns auch für auf dem Schulhof feiern lassen... genau wie jetz 15jährige Beatproduzenten oder Rapper die jüngst erst angefangen und mehr schlecht als recht unterwegs sind.
Myspace und co kamen erst 2-3 Jahre später und auch da haben sowohl ich, als auch alle anderen aus meinem musikalischen Umfeld ihre kümmerlichen Homerecordingversuche online gestellt. Grade dafür ist das Internet doch auch cool... man kann direkt alles zeigen (ob das so schlau is sei mal dahingestellt)
Nach der Schülerband kam dann bei mir die erste rechtige Band und wir haben es damit zumindest auf lokaler Ebene recht weit gebracht und auch ein paar Konzerte übers Land verteilt gespielt. Wir haben damals das gemacht, was man nachfolgend "Djent" nannte, zu einem Zeitpunkt wo es Bands wie Periphery, Tesseract und co noch gar nicht gab bzw. deren Songwriter grad angefangen die ersten Demos/Experimente auf myspace zu laden. Die Band lief eigentlich recht gut und über ein paar Jahre haben wir jede Woche unzählige Male geprobt und geübt wie blöd... ohne Management/Booker etc. kamen wir dann aber iwann nicht mehr großartig weiter und die Band hat sich im Sande verlaufen. Zum einen wurde der allgemeine Sound iwann so trendy, dass es mich genervt hat und zum anderen hat sich unsere Band dann auch wegen Studium etc. lokal voneinander getrennt + sich zu treffen wurde dann deutlich schwerer, wenn jeder wo anders wohnt.
Ich hab dann zunächst versucht neue Leute für eine Band zu finden, aber wurde nicht so richtig fündig... ich kannte persönlich keine Leute, die für mich auf dem Level meiner (ehemaligen) Bandmitglieder waren und irgendwelche Internetsuchen haben auch 0 gebracht - leider.
Seit ich angefangen hab Musik zu machen, hab ich mich immer mit Recording und Produzieren beschäftigt, weil ich zunächst Ideen für die Band festhalten wollte und nachher, weil ich dann auch gern rumprobiert hab. Hab dann auch elektronische Musik in allen Genres probiert und einfach alles munter ausprobiert wonach mir grad der Sinn stand.
Über mehrere Jahre hatte das aber alles kein wirkliches Ziel und weil ich nebenher auch seit immer mal Rap gehört hab, hab ich dann auch spaßeshalber mal 2-3 Beats gemacht und die ins Internet gepackt. Die Resonanz darauf war für mich derart erfrischend nach einer ewigen Durststrecke in der ich für die Außenwelt quasi musikalisch tot war, dass ich dann mehr Beats gebaut hab.
Nach den ersten Sachen die ich gebastelt hab, hab ich mir gedacht "ja geil.. jetz versuch noch mehr deine ganzen anderen musikalischen Fähigkeiten zu involvieren und werd etwas experimenteller".... wenn ich dann Leuten Sachen gezeigt hab war die Resonanz nicht vorhanden oder sehr schlecht, weil ich es zu dem Zeitpunkt total übertrieben hab und total aus den Augen/Ohren verloren hab, dass bei einem Beat ja vll noch jemand drauf rappen/singen können sollte.
Da musste ich dann zum ersten mal schmerzlich erfahren, dass ein gutes Arrangement zu basteln und sich auf wenige aber prägnante Elemente zu fokussieren gar nicht so einfach ist.
Über ein paar Zufälle hab ich dann aus meiner Stadt ein paar andere Rapper und Produzenten kennengelernt und fortan mit denen weiter zusammen Musik gemacht und das unterscheidet sich im Endeffekt einfach kein Stück von der Arbeit mit meiner Band früher. Man schreibt Songs, verwirft sie, trifft sich regelmäßig und probiert rum und feilt jahrelang an seinem Stil, dem Handwerk, spielt Konzerte und versucht einfach dazuzulernen.
Für mich ist das Rock/Metal-Genre seit Ewigkeiten tot. Es gibt keinen jungen inovativen Nachschub mehr und wenn man sich Festivals anguckt, stehen da nur weiße Typen auf der Bühne, die inzwischen 40-70 Jahre alt sind... und in ihrer Band seit Jahrzehnten spielen... immer die gleichen Leute.... Für mich als Musiker ist das einfach sehr unattraktiv, wenn sich die Musik 0,0 entwickelt.
Ich bin dazu gekommen mehr zu im Rapkosmos zu produzieren, als sich dieses Genre sehr gewandelt hat. Den Timbaland und Pharellsound der lange Jahre das Soundbild im Mainstream dominiert hat war nicht so meins... iwann vor 5-6-7 Jahren kamen dann aber Leute wie asap rocky, kanye west, kid cudi... danach travis scott, young thug, future etc. und danach die Welle an jungen "soundcloudrappern" die das Genre nochmal komplett auf den Kopf gestellt haben. Spätestens ab da war Hiphop nicht nur "Rap mit Beat", sondern Experimentierfreudigkeit, Effekte (autotune allen voran) und richtiges Songwriting rückten in den Fokus. Ab da wurde Rap progressiver und hat angefangen mich richtig abzuholen.
Inzwischen hab ich das lang und ehrgeizig genug gemacht, dass es bisher dafür gereicht hat mit meinen Jungs auf den großen Fesitvals zumindest mal die mittelgroßen Bühnen zu bespielen und Labeldeals zustande gekommen sind... von kleineren Sachen, bis zu major-deals.
Man darf sich in diesem Genre auch nicht zu sehr vom deutschen Mainstream blenden lassen. Rap ist auch aktuell gleichzeitig Popmusik und ich wüsste nicht wann der deutsche Mainstream zuletzt mal cool oder interessant war. Deutschland ist als Musikland sehr innovationsfeindlich und mit neuem Stil und innovativer Mucke um die Ecke zu kommen ist sehr sehr schwierig, wenn es gleichzeitig auch noch erfolgreich sein soll. Nichtsdestotrotz braut sich da unter der Oberfläche grad richtig was zusammen und es gibt einen riesigen Fundus an unendlichen krassen Musikern. Viele Produzenten mit denen ich mal was zusammengemacht hab übersteigen in Sachen Talent und Kreativität alles um Längen was ich früher aus der gitarrenlastigen Musik kannte.
Bei den "simplen beats" darf man nebenbei auch nicht vergessen wieviel an Musik man basteln und komponieren muss, ehe man etwas hervorbringt was sehr eingängig aber gleichzeitig "besonders" ist. Riffs von AC/DC, smoke on the water, smells like teens spirit undundundund sind auch alles sehr stupide und einfache Lieder. Etwas sehr einfaches zu erschaffen, was aber gleichzeitig ikonisch ist, ist einfach x-fach schwieriger als "komplexe" Mucke zu machen.
Der deutsche Mainstream ist auf jeden fall keine Refrenz für ein ganzes Genre... erst recht nicht von einem, welches in den letzten 10-15 Jahren von allen Musikbereichen die größte Innovationskraft hatte mit unendlich vielen Facetten... (... die hier Anwesende zum Teil vermutlich einfach nicht kennen).
Lange Rede kurzer Sinn:
Dieses Genre so undifferenziert zu betrachten ist einfach Quatsch.