Rant: Einspielen

  • Ersteller Corkonian
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Hallo Flyboy
Am einfachsten wäre es sich eines dieser vollgesperrten Ibanez Modelle oder 70er Jahre Epiphones zu kaufen, die sind auch mit 12er Saiten leise
und preisgünstig.
Wenn du in einem kleinen 1 Zimmer Apartment wohnst kannst du dich evtl. vor den geöffneten KLeiderschrank setzen, der sollte
auch ordentlich Schall schlucken. Ansonsten auf die Geduld der Nachbarn hoffen;)
 
Danke für die Tipps bezüglich einer leiseren Gitarre, das Prolem hat sich zwischenzeitlich gelöst ..

Begeben wir uns wieder zurück zum eigentlichen Thema. Das Hauptmantra welches hier immer wieder auftaucht lautet:
Du spielst Dich auf die Gitarre ein, nicht umgekehrt.
Und deshalb seien Klangverbesserungen auf eine verbesserte Spieltechnik
zurückzuführen

Und die passende Antwort darauf wurde auch bereits gegeben:
Stimmt auch nicht. Wenn ich Wald-und Wiesen-Akkorde auf einer Gitarre spiele, erzeuge ich diese mit hoher Genauigkeit immer auf die gleiche Art. Gleiches Plektrum, gleiche Anschlagstärke, gleiche Grifftechnik der linken Hand. Ich kenne mich und mein Spiel recht gut würde ich meinen...

Auch wenn ich die Klangeigenschaften einer Gitarre testen will reichen auch mir ein paar
einfache Akkorde. Erstmal die Saiten einzeln, dann ganz einfach von oben
durchgeschlagen, erst leise, dann immer lauter. Das hat nix mit irgendwelchem
Einspielen auf die Gitarre zu tun und ist fast zu 100% reproduzierbar. Und ich
wüsste nicht, welche Eigenschaften der Gitarre mir dabei verschlossen blieben ...
Ich höre die Klangfarbe, das Sustain, die Ausgewogenheit, die Obertöne, die Dynamik
und vieles vieles mehr. Das beschriebene Einspielen auf eine Gitarre findet
unabhängig davon statt, ich lasse mich dann von den speziellen Eigenschaften, zum
Beispiel von besonders harmonischen Akkorden inspirieren. Aber wenn ich wissen
will, ob sich der Klang verändert hat, dann wieder mit ganz einfachen Akkorden ....

Und nun zum Argument es gebe kein Klanggedächtnis und somit sei ein Vergleich mit
vorhergehenden Eigenschaften nicht möglich. Ein nettes Argument aber in der
Realität merken wir uns auch gar keine Klänge. Was wir mit tun,ist dass wir
kategorisieren. Wir speichern zum Beispiel ab: brillante Höhen, wenig Obertöne,
schwache Bässe etc. Und wenn uns dann ein paar Wochen später satte Bässe
entgegendröhnen, dann hat sich wohl was verändert. Klangbeschreibungen nach
Kategorien sind in jedem Review zu finden, ohne sie wäre eine Unterhaltung über
Gitarren überhaupt nicht möglich.

nachdem damit hoffentlich die Totschlagargumente vom Tisch sind könnten wir uns
viellicht dann mal dem eigentlichen Thema widmen ...
 
Naja, Totschlagargumente........

Also ist für Dich Gitarrenauswahl in etwa so wie Aktienkauf?

Ich kaufe die Gitarre, die das beste Entwicklungspotential hat, so wie eine Aktie, die die besten Kurssteigerungen erwarten lässt? Und die ich dann verkaufe, wenn das Entwicklungspotential abgeschlossen erscheint?

Der Unterschied ist aber, dass ich jederzeit ohne jeden Zweifel nachsehen kann, was der Wert der Aktie war, als ich sie kaufte.

Und das dies mit dem Klang auch gehen soll, ist genau der Punkt, der hier nicht nur von mir bestritten wird.

Niemand kann sich daran erinnern, wie seine Gitarre von dreissig Jahren, einem Jahr oder einer Woche geklungen hat. Was er kann, ist beurteilen, wie seine Gitarre heute klingt!

Selbst wenn man 'mal annehmen sollte, dass es tatsächlich so etwas wie einen Einspieleffekt geben sollte, so müssten diese Unterschiede doch so marginal sein, dass sie selbst in einem total schallisolierten Raum nur noch mit Messgeräten wahrnehmbar sein könnten. Das mjenschliche Ohr ist zu so feinen quasi kalibriertem Hören einfach nicht in der Lage.

Was wir, auch als erfahrener Gitarrist, wahrnehmen, sind eher allgemeine, spezifische Klangeigenschaften wie "brilliant", "dumpf" oder gar "holzig". Das gestehe ich jedem zu.

Aber wenn ich dann noch berücksichtige, dass sich diese Schallereignisse in eine unterschiedlich "Schallumgebgung" einbetten, wird es für mich in der Tat unmöglich zu glaubenm, dass man so etwas "filligranes", wie Du es beschreibst, massiv und über jeden Zweifel erhaben "hört" und es nicht nur zu "hören glaubt".

Und deshalb können wir hier noch jahrelang diskutieren. Es ist und bleibt eine Glaubensdiskussion, die gar nicht mit "ja" oder "nein" enden kann.

Was ja auch aich nicht weiter schlimm wäre, wenn nicht die eine Seite der anderen ständig vorhalten würde, sie wäre taub. Und andere der einen, sie spinnen.

Und ich bin mir im klaren, dass das schwer ist. Wer, wenn nicht ich......?
 
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Prima Einstellung aber aus jedweder Diskussion bist Du damit wohl draussen ....

Nein, ich bin nicht aus "jedweder" Diskussion draußen - es gibt ganz viele Themen, bei denen ich lerne und debattiere und diskutiere, um mir eine Meinung zu bilden. Es gibt aber ein paar Themen, bei denen ich entweder (1) eine sehr feste Meinung habe (basierend auf Erfahrungen und Gelerntem) oder bei denen ich mich (2) schlicht auskenne und sehr viel weiß. Hier ist Kategorie (1). Ich habe eine sehr feste Meinung und bin glaube, dass diese richtig ist, bis mir jemand das Gegenteil beweist. Und ja, das kann zu einem mantra-artigen "glaub' du gerne was du willst, aber ich glaube halt nicht dran und aus Erfahrung X und Gelerntem Y halte ich es für Einbildung" führen.

Genau so kann ich bei Diskussionen um teure Ton-Kondensatoren, den Vorteilen von hundsteuren Boutique-Pickups, Hoolizern und richtungsgebundenen Lautsprecher-Kabeln abgehen. Hier sehe ich meine Kommentare als "voice of reason", mit denen ich andere Forumsteilnehmer an meiner festen Meinung teilhaben lasse. Ich lass' Dir ja auch Deine Meinung, aber ich kann sie halt nicht als "wahr" für mich akzeptieren. Meine gesamte Erfahrung bietet kein einziges Beispiel in dieser Art, und mein gesamtes Wissen zum Thema

Bei ganz vielen anderen Themen bin ich sehr viel offener. Ein Forum ist aber auch dazu da, die Verschiedenheit der Meinungen aufzuzeigen - es muss nicht immer das Ziel sein, dass sich alle einig sind. In gewisser Hinsicht leben Foren doch genau davon.

Daher:
Und deshalb können wir hier noch jahrelang diskutieren. Es ist und bleibt eine Glaubensdiskussion, die gar nicht mit "ja" oder "nein" enden kann.
Ist in diesem Fall halt so. Finde ich auch nicht schlimm.
 
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"voice of reason"

Ich bin mir sicher, diese Rolle nehmen hier eine Menge Leute für sich in Anspruch. Und schon deshalb werden wir uns alle nicht einig, weil jeder schlauer ist als der andere.... :)
 
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Liebe Skeptiker und Blindtestler,

angeblich kann kein Mensch die Fruchtsorte von Joghurt blind unterscheiden. Daher solltet ihr nur noch die billigsten kaufen, auch wenn es immer Erdbeer ist. Kann euch ja nicht langweilig werden. Wenn nichts nachweisbar und alles Einbildung ist, dann ist es auch egal, was für Instrumente ihr spielt. Wenn das Gehört keine Erinnerung hat, könnt ihr ja immer hintereinander den gleichen Song von Modern Talking hören. Ihr habt es gut.

Geht nicht in das E-Gitarrenforum! Die behaupten sogar, dass sich Speaker einschwingen. Kann man natürlich nicht beweisen, auch nicht mit Doppelblindtests, wegen Mikrofonpositionen und weil sich ja die Luftfeuchtigkeit auch hätte ändern können. Und die Mitarbeiter bei Yamaha, die jetzt bei neuen Gitarren künstlich gealtertes Holz verwenden, sind totale Schwachköpfe.

Teure alte Geigen werden jährlich überholt und außerdem bewusst Musikern gegeben, damit sie gespielt werden. Ist das nicht albern?

Und jetzt beweist mir bitte, dass es keine Einhörner, Yetis und UFOs gibt. Das bildet ihr euch nämlich nur ein und ich glaube euch nicht, bis ihr bewiesen habt.

Wie wäre es eigentlich mal mit einem Vergleichstest für Augenbinden?

Ganz liebe Grüße

erniecaster
 
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Und was hat das mit dem Threadthema zu tun? :rolleyes:

Bitte zurück zum Topic!
 
Hallo,

genau das ist das Thema, auch wenn es dir vielleicht nicht gefällt.

Die Einschwinger glauben, dass sich Instrumente durch Spielen verändern. Die Blindtestler glauben das nicht und verlangen Beweise - siehe Anfangsposting. Warum darf ich als Einschwinger dann nicht auch den Beweis des Gegenteils verlangen?

Die Welt der Einschwinger erscheint mir bunter als die der Blindtestler. Ich bin froh, in dieser Welt zu leben. Nein, ich zwinge niemanden dazu, diese Welt als die bessere zu sehen und in meiner zu leben. Ich mag aber auch nicht gezwungen werden, Farben aus meiner Welt in ödes Grau zu verwandeln.

Güße mit Küsschen

erniecaster
 
Zunächst einmal eine grundsätzliche Bemerkung: Es wird in diesem Thread immer
wieder ein wissenschaftlicher Beweis in der einen oder anderen Richtung gefordert.
Leider kennt die Wissenschaftstheorie im Bereich der empirischen Wissenschaften gar
keinen Beweis. Denn jede Theorie kann theoretisch immer noch widerlegt oder
zumindest erweitert werden. Theorien haben so lange Gültigkeit, bis sie komplett
oder zumindest in Teilen widerlegt werden.

Ob bewusst oder unbewusst, die Gegner der Einspieltheorie verfahren nach genau
diesem Prinzip. Solange ihre Einwände gegen die Einspieltheorie unwidersprochen
bleiben ist keine Diskussion auf Augenhöhe möglich.

Nachdem es hoffentlich nun doch möglich erscheint, eventuelle Klangänderungen
festzustellen, möchte ich mich mit der wichtigen Frage beschäftigen, ob eine
Gitarre ein Fahrrad ist ...

Das heisst ob man sich nicht vielleicht doch Mechanismen vorstellen kann, welche
die Eigenschaften von Holz auch kurzfrisig verändern (dass sowas sowohl bei der
Gitarre als auch beim Rad durch einen Sturz möglich ist lassen wir mal aussen vor).
Klar ist, das Holz akustische Eigenschaften besitzt und dass sich diese deutlich
nach Art des Holzes unterscheiden können.

Primär veantwortlich für die Akustik ist sicher die besondere Struktur von Holz aus
gerichteten elastischen Fasern und mikroskopischen Hohlräumen in Form von Zellen
und Leitungen. Aber es fehlt noch ein wichtiges Glied, und das sind
Dämpfungselemente. Ein angeschlagenes massives Holz verstummt recht schnell. Es
gibt Materialien, die durch mechanische Belastungen quasi weichgeknetet werden,
weil sich ihre molekulare Struktur ändert. Und ein Holz mit weniger Dämpfung wäre
dann sicher resonanter.

Nein, das ist nicht mal ansatzweise ein Beweis für irgendwas, aber solange es eine
denkbare Erklärung für ein Einspielen gibt, kann man sich hoffentlich nun auch mal
darüber unterhalten.
 
Ich zitiere mal wieder vorsichtshalber den Geigenbauer und Physiker Hermann Meinel, der auch nichts anderes hörte:

"Die Geigen besitzen Eigenfrequenzen, so dass sich die zur Erzielung möglichst wohllautender Klänge notwendigen Anstrichbedingungen dauernd mit der Frequenz ändern. Der Spieler braucht naturgemäß einige Zeit, bis er diese besten Anstrichbedingungen beherrscht. Dann klingt die Geige tatsächlich unter seinen Händen besser. Aber es hat sich nicht die Geige eingespielt, sondern der Spieler."

Es dürfte aber schon rein statistisch ziemlich unwahrscheinlich sein, dass da etwas zu hören ist, wenn es so viel Leuten nicht auffällt.
Und Behauptungen sollten immer die beweisen können, die sie aufstellen!
 
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Hallo,

könnte es sein, dass mehr Menschen das Einspielen von Gitarren hören als Menschen, die das negieren?

Warum werden Stradivaris an Musiker verliehen statt sie in den Tresor zu packen?

Zuckersüße Grüße

e.
 
Das Problem mit der ganzen Problematik ist einfach die Komplexität und nicht-Vergleichbarkeit von Umständen und dazu die komplette Subjektivität und diverse psychoakustische Phänomene.

Man sollte hier einfach mal unterscheiden zwischen Dingen die man irgendwie nachweisen kann und Dingen die subjektiv wahrgenommen werden.

Was man z.B. messen könnte:
- Änderungen am Holz, z.B. Resonanzverhalten, Feuchtigkeit, Kristallisation (-sgrad) von Harzen
- Änderungen am Obertonverhalten
- Sustain
- evtl sogar Spannungen im Holz (das dürfte allerdings etwas aufwändiger sein)

Probleme dabei:
- äußere Einflüsse müssen exakt gleich sein (gleiche Position im gleichen Raum, gleiche Luftfeuchte, Temperatur etc pp)
- Saiten altern
- genormte Anschläge dürften problematisch sein, bzw müssten maschinell erledigt werden
- man bräuchte wissenschaftliche Messgeräte
- man müsste Messreihen machen mit einigen Gitarren zu verschiedenen Zeitpunkten etc

Soweit ich weiß hat sowas noch nie jemand etwas ernsthafter gemacht.
Wir haben also keine wissenschaftliche Basis und Daten auf die wir zurückgreifen könnten, sondern nur subjektive Eindrücke und zusammenhanglose Anhaltspunkte.

Da kommen nun noch mehr Probleme zusammen:
- Daten von verschiedenen Gitarren
- Eindrücke von verschiedenen Personen geschildert
- teilweise gegenseitige Beeinflussung von diesen Personen
- kaum Aussagen über Qualifikation dieser Personen

Jetzt kommen noch ein paar psychische und psychoakustische Dinge ins Spiel:
- wir hören uns gerne Dinge zurecht, d.h. unser Gehör fokussiert auf verschiedene Dinge, wenn wir uns darauf konzentrieren und blendet Anderes aus
- wenn wir Dinge beurteilen nehmen wir diese beeinflusst von unserem Vorwissen, Skepsis, Tagesform und Stimmung wahr
- unser Gedächtnis für Klänge ist nicht unfehlbar, gerade über längere Zeiträume

Jetzt gibt es verschiedene Fälle die hier diskutiert werden:

1) "Meine Gitarre klingt heute viel besser als vor 3 Jahren"
Dann müsste man rückfragen:
- sind es dieselbe Art Saiten, dieselbe Stärke, dieselbe Stimmung?
- ist es immer noch derselbe Raum, dieselbe Position?
- ist deine Technik vielleicht "besser"/anders geworden? Neue Plektren, anders gefeilte Nägel, generell "besserer" Anschlag?
- erinnerst du dich wirklich noch ganz exakt, wie sich die Gitarre damals angehört hast?
- hat sich dein Gehör evtl über die Jahre verändert?
und nur wenn man alle diese Fragen in Richtung "es hat sich nichts verändert" beantworten kann, kann man darüber reden, dass sich vmtl die Gitarre verändert hat.

2) "Meine Gitarre klingt heute besser als gestern"
- fühlst du dich heute anders als gestern? wacher, fitter, müder, genervter
- sind deine Ohren ähnlich angestrengt? morgens vs abends, Zeit in lauter Umgebung verbracht etc
- sitzt du an derselben Position im gleichen Raum?
etc pp

3) "Meine Gitarre klingt jetzt besser als vor 2 Stunden"
- warst du da schon ähnlich eingespielt?
- bist du ähnlich müde, hungrig, etc
- Ohren ähnlich angestrengt?
etc pp

Das Problem ist einfach, dass sich permanent soviele Variablen verändern, die Einfluss auf unsere Wahrnehmung haben, dass es wirklich schwierig ist zu unterscheiden was nun aufgrund äußerer Einflüsse bzw psychoakustischer Phänomene wahrgenommen wird, und was tatsächlich eine Veränderung an der Gitarre selbst ist.

Mal ein paar lustige Tests die man machen kann, um zu sehen, wieviel Einfluss schon kleine Veränderungen auf unsere Wahrnehmung haben:
- Setzt euch mit der Gitarre in die Mitte des Raumes und spielt, dann setzt euch einen Meter näher an eine Wand und spielt dort
- Macht eine CD an, hört ein Lied an. Dann hört ihr das Lied nochmal und fokussiert euch auf den Bass. Ihr hört ihn nun viel klarer und "lauter". Aber die Aufnahme hat sich nicht verändert. Nun spielt ein Lied auf der Gitarre. Danach spielt das Lied nochmal, aber fokussiert euch auf den Bass. Der ist nun auch viel klarer und "lauter".. hat sich die Gitarre verändert?
- Spielt ein Lied auswendig auf der Gitarre und versucht dabei einen Artikel in einer Zeitschrift zu lesen. Versucht hinterher zu sagen, ob euer Sound so war, als ob ihr es spielt ohne dabei zu lesen. Geht nicht? Dasselbe passiert in eurem Kopf, wenn ihr unbewusst Dinge des Tages rekapituliert, über Dinge nachdenkt, die euch beschäftigen etc
- Nehmt zwei verschiedene Plektren und spielt dasselbe Lied. Klingt anders? Aber die Gitarre hat sich nicht verändert
- Spielt ein Lied. Dann setzt euch einen Kopfhörer auf und hört laute Musik. Spielt das Lied danach nochmal. Hat sich der Klang verändert?

Meine persönliche Konklusion:
Es ist sehr schwierig wirkliche Aussagen darüber zu treffen, ob sich Gitarren über die Zeit verändern.
Ich persönlich bin eher skeptisch, alleine, weil es soviele Dinge gibt, die unser Gehör und unsere Wahrnehmung beeinflussen. Ich traue mir nicht zu da verlässliche Aussagen zu treffen, und ganz ehrlich spreche ich auch vielen anderen Leuten die Fähigkeit dazu ab. Nicht weil ich ein schlechter Mensch bin, nicht einmal weil ich glaube, dass die die Unwahrheit sagen (bin mir sogar sicher, dass viele Leute das wirklich wahrnehmen), sondern weil ich denke, dass sie dem einen oder anderen Phänomen auf den Leim gehen, ohne es zu merken.
Wenn ich mehrere Stunden übe, klingt es am Ende auch meist besser als am Anfang, aber das könnte sein, weil sich meine Finger erst aufwärmen müssen, es könnte sein, dass ich mich an die Gitarre gewöhnen muss, es kann sein, dass sich mein Gehör drauf einstellt, was ich hören will, es kann sein, dass ich das Stück nach 3h Üben einfach besser spielen kann, es kann sein, dass sich die Gitarre in der Zeit verändert. Alles möglich. Sogar möglich, dass es eine Kombination aus Allem ist.
Ich persönlich glaube sogar, dass meine Gitarre kurzfristig "warm wird", und ich meine das sogar quasi wörtlich. Ich hab z.B. bei meiner Meistergitarre das Phänomen, dass sie immer leicht verstimmt aus dem Koffer kommt. Und wenn ich sie dann stimme, ist sie nach ein paar Minuten wieder verstimmt. Wenn ich sie aber nicht stimme, ist sie nach ein paar Minuten korrekt(er) gestimmt. Ich hab also das Gefühl, dass sich die Gitarre in den ersten paar Minuten quasi akklimatisiert, und ich mache dafür meine Körperwärme verantwortlich. Absolut keine Ahnung ob das stimmt, oder ob ich da auch auf irgendwas reinfalle. Aber mit meinen andern Gitarre habe ich das z.B. nicht, deswegen würde ich nie generelle Aussagen darüber anstellen.
Und hier sehe ich die Problematik: Im Internet werden oftmals eigene Erfahrungen verallgemeinert. Und das ist Quatsch. Wenn jemand meint, dass seine Gitarre über die Zeit besser geworden ist: fein. Aber der Schritt zu "alle Gitarren werden mit der Zeit besser".. sehe ich nicht. Und den zu "alle Gitarren mit massiven Fichtendecken werden besser, die mit Zeder nicht".. sehe ich schonmal gar nicht.
Entweder man beschränkt sich auf subjektive Erfahrungswerte, was ja durchaus okay und zu vertreten ist, oder man macht allgemeingültige Aussagen, für die man dann aber eben auch mindestens eine sehr gute, nachvollziehbare Erklärung oder belastbare Daten haben sollte.
Ganz persönlich bin ich auch eher auf der skeptischen Seite und frage mich: wieso sollte sich eine Gitarre mit der Zeit zum Positiven verändern? Zum einen müsste das 50:50 für besser/schlechter sein, zum anderen müsste man das eher in Kategorien wie "entwickelt mehr Obertöne" (fände ich z.B. bei den meisten meiner Gitarren nicht so toll), "mehr Sustain" (fände ich genausowenig toll) etc angeben "besser/schlechter" sind aussagelos.


So, zum Abschluss außerhalb des Kontextes noch ein paar Dinge, die hier auf den letzten Seiten angesprochen wurden:

Wenn nichts nachweisbar und alles Einbildung ist, dann ist es auch egal, was für Instrumente ihr spielt. Wenn das Gehört keine Erinnerung hat, könnt ihr ja immer hintereinander den gleichen Song von Modern Talking hören.

Das sind zwei andere Prinzipien: niemand bestreitet, dass unterschiedliche Gitarre unterschiedlich klingen, und die Erinnerungfähigkeit des Gehörs beruht auf verschiedenen Parametern. Sich Melodien zu merken ist deutlich einfacher, als sich Klänge zu merken. Zwei sehr ähnliche Melodien voneinander zu unterscheiden ist recht einfach, wenn sie nicht zu lang sind. Zwei ähnliche Klänge zu unterscheiden ist schon schwieriger, wenn sich nur die Obertonstruktur etwas ändert. (einfach mal mit nem Musikprogramm und Equalizer testen. Zieh bei 10.000Hz 3dB raus, das ist schon im Direktvergleich schwierig zu hören)

Die behaupten sogar, dass sich Speaker einschwingen. Kann man natürlich nicht beweisen,

Im Gegenteil. Das lässt sich sogar einfach messen und hängt mit dem Material der Membranen und der hohen Belastung zusammen die diese ausgesetzt sind. Das sind ja teilweise Zentimeter an Hub, die da erzeugt werden.

Und ein Holz mit weniger Dämpfung wäre
dann sicher resonanter.

Die Idee ist gar nicht mal dumm und einer der wesentlichen Unterschiede zwischen E- und akustischer Gitarre:
Die E-Gitarre ist im Grunde ein einziger großer Dämpfer. Es interessiert eigentlich nur, welche Schwingungen der Saiten gedämpft werden, weil diese dann nicht von den PUs übertragen werden.
Bei der A-Gitarre ist es andersrum: hier ist interessant, welche Resonanzen des Korpus angeregt werden, weil diese eben an die Luft weitergegeben werden.
Die Sache ist nur: wenn sich nun durch Veränderung eine neue Resonanz bildet, müsste das ja auf Kosten einer anderen passieren. Das gibt der Energieerhaltungssatz vor: Wenn ich mit der gleichen Kraft anschlage und irgendetwas resoniert mehr als vorher, dann muss dafür im Gegenzug etwas anderes weniger resonieren.
Dazu kommt noch das Problem: wir spielen ja quasi alle Frequenzen auf unserer Gitarre. Aufgrund der Naturtonreihe und unseres Stimmungssystems, welches an manchen Stellen für unser Gehör eigentlich extrem schief ist, regen wir obertontechnisch eigentlich alles an, was da ist.

Warum werden Stradivaris an Musiker verliehen statt sie in den Tresor zu packen?

Das ist eine hochkomplexe Frage, die mMn viel mit Geld, Prestige, Hype, Seltenheit und vielen anderen Dingen zu tun hat. (man könnte sich aber bei der Gelegenheit z.B. mal fragen, wieso 1870er Martins NICHT an Gitarristen, sondern an Filmproduzenten verliehen werden.. *hust*)
Aber hierzu gab es zumindest vor nicht allzu langer Zeit tatsächlich einen Blindtest.
Das Ergebnis kann man zusammengefasst z.B. hier lesen: http://www.zeit.de/kultur/musik/2012-01/stradivari-geigen-studie
 
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Liebe Leute,

ich weiss dass es furchtbar überheblich und anmaßend klingt, aber so ist es nicht gemeint.

Zu einer allgemeingültigen Aussage darüber, ob es so etwas wie einen Einspieleffekt gibt, verfügen wir weder über die theoretischen noch über die praktischen Fähigkeiten. Wenn wir hier hier das Wort Wissenschaft gebrauchen, dann ist das eigentlich Blasphemie. Steinigt mich deswegen, aber ich habe dieses wunderbare Handwerk mal erlernt und ausgeübt.

Kommen wir einfach mal zurück auf den Teppich. Wir sind Menschen, die das musizieren mit Gitarren verbindet und die sicherlich viel Spass miteinander hätten. Bleiben wir doch bei dem von wir wirklich etwas verstehen. Nämlich beim musizieren und beim Erzählen von Geschichten. Dann würde ich von meinem Altersheim für Klampfen berichten und wie die ihren dritten Frühling erleben. Und genau wie am Lagerfeuer wäre es egal ob man den Geschichten wirklich glaubt oder schmunzelt.
 
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Warum werden Stradivaris an Musiker verliehen statt sie in den Tresor zu packen?

Vielleicht auch, um den Nimbus des Besitzes dieser Instrumente weiter zu steigern. Strads sind heute nicht mehr im Bereich des Vermögens normaler, guter Musiker angesiedelt, sondern gehören zu großen Teilen Investoren/ Stiftungen bzw. vermögenden Nichmusikern (jedenfalls Nichtprofis). Abgesehen davon, dass man sich durch den Verleih dieser Instrumente ein "kulturfreundliches Image" aufbauen kann, erhöht natürlich auch die Präsenz der Instrumente deren Marktwert. Ein van Gogh, von dem niemand weiß, bringt nicht viel ein.

Abgesehen davon:

Teure alte Geigen werden jährlich überholt

Richtig. Verändern die sich nun (nur) durch das Einspielen oder auch durch die Überholung? Wenn ich ein Stück Holz an der Geige austausche - ist das eine geringere Veränderung als die Alterung in einem Jahr?

Nachtrag: Das heißt nicht, dass sich das Material und damit der Klang nicht auch ändern. Aber der Vergleich taugt m.E. gerade NICHT als Beleg dessen.
 
Für mich ist aus eigener Erfahrung klar: Ich spiele und gewöhne mich schneller auf das Instrument ein als ich Änderungen am Instrument selbst wahrnehme und ich benötige stets eine kurze Zeit des Umgewöhnens.

Im Rahmen eines Analogieschlusses: Hätte ich zwei Autos, benötige ich beim Wechsel stets eine mehr oder weniger kurze Zeit um optimal mit dem Fahrzeug zu interagieren obwohl die wesentlichen Elemente gleich sind.
Gleiches gilt für meine drei Gitarren, Zwei A- und eine E-.

Daher: Der Einspieleffekt kommt mehrheitlich vom Spieler und nicht von geänderten physikalischen Parametern der Gitarre (einschwingen) wobei ich letzteres natürlich nicht ganz ausschließen kann.

Die oben angesprochene "Referenzgitarre" kann es im akustischen Bereich kaum geben, denn keine akustische Gitarre gleicht der anderen vollständig. Mag sein dass die Gitarre im Laden mehr Luftfeuchtigkeit abbekommt und dumpfer/leiser klingt als die trockene Gitte von daheim, das mag auch einen Punkt ausmachen - eigene Erfahrungen, da schließe ich meine nicht aus, sind nicht 100% zuverlässig sofern nicht alle Umgebungsparameter übereinstimmen, was sie bei meinen Gitarren ( im gleichen Raum) glücklicherweise tun.
 
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@oskopik Gitarren "halten" deutlich laenger als 15 Jahre. Bei CFM durfte ich eine 100 Jahre alte Gitarre spielen. Meine eigenen sind zum Teil auch deutlich aelter, die aelteste ist eine 12-Saiter Ovation aus den spaeten 1980'ern, also auch schon 30+ Jahre alt.
 
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An dieser Diskussion kann man wunderbar sehen, was ein paar grundlegende Überlegungen zu Glauben vs. Wissen und was eigentlich Wissenschaft ist leisten könnten. Aber auf der Basis von sowas ist so eine Diskussion natürlich nur halb so hitzig, emotional und "interessant". Der Beitrag von Disgracer hat eigentlich alles gesagt. Die Komplexität von wahrgenommenem und absolutem Klang (Frequenzen), nicht-Vergleichbarkeit von Umständen und subjektiver Hörerfahrung macht jeglichen Wahrheitsanspruch bei diesem Thema ziemlich obsolet. Der Beitrag von Der Zauberer war da ja auch schön ehrlich. Wer glaubt, möchte das Gegenteil bewiesen bekommen. Etwas "zu beweisen" ist aufgrund der genannten Schwierigkeiten mit irgendwelchen Vergleichsstudien fast unmöglich. Daher gibt es Gläubige, denen das Gegenteil nicht bewiesen werden kann, und Skeptiker, denen die Nichtbeweisbarkeit bewusst ist, die daraus aber auch nicht zweifelsfrei schließen können, dass es dieses Phänomen nicht gibt; zumindest auf keinen Fall so, wie die meist sehr oberflächlichen Argumente mancher (!) Gläubier suggerieren würden

Ich zähle mich auch zu den Skeptikern (bei den allermeisten akustischen "Überzeugungen"), habe aber großen Respekt vor Hörerfahrung und reflektierter Musikererfahrung. Die Reflektiertheit spielt aber für mich bei der Glaubwürdigkeit eine extrem große Rolle: Ernstzunehmenden Musikern ist fast immer ihre Limitiertheit bewusst und sie überprüfen ihre Einschätzungen immer hinsichtlich möglicher Biases (höre ich das wirklich gerade, oder spiele ich in einem anderen Raum oder ist die Luftfeuchtigkeit eine andere oder oder oder).
 
Ein gutes Beispiel zur Klangsubjektivität habe ich aus meinem Sport dem Tischtennis.

Ursprünglich waren die Tischtennisbälle aus Celluloid. Jetz werden aber phasenweise Bälle aus Plastik eingeführt. Diese neuen Bälle aus Plastik klingen in den ersten Minuten oder Trainings grausam, aber nach einiger Zeit klingen sie "gefühlt" genauso, wie die alten Celluliodbälle.
Jedes mal, wenn man die Bälle von Plastik und Celluloid wechselt hört man einen Unterschied im Klang kurz, danach hören sie sich einfach an, wie immer und man könnte vom Klang keinen Unterschied sagen.

Bei meinen Gitarren kann ich definitiv sagen, dass ich nicht nur ich mich auf die Gitarren eingespielt habe, sondern, dass sich zumindest zwei meiner Gitarren "verändert" haben. Sie sind lauter und voller geworden. Dafür musste ich sie aber auch lange spielen und hart prügeln.
Der größere Unterschied ist bei meiner Epiphone Texan Elitist gewesen, die ich vor 5 Jahren als erste "teure" Gitarre gekauft habe. Sie hat zwar gut geklungen, war aber noch leiser als meine Ibanez Vollsperrholz, die ich mir als erste Steelstring zwei jahre davor gekauft habe. Mittlerweile ist sie wesentlich lauter und Voluminöser als die Ibanez geworden. Subjektivität schließe ich hier mal aus.
Man kann zumindest optisch sehen, dass sich bei der Epiphone die Decke ganz leicht gehoben hat. Zu anfangs war sie flach und jetz ist sie an der Bridge ganz leicht höher geworden, so wie es bei einer Gitarre sein soll. Kann auch daran liegen, dass ich das gute Stück trotzdes Leichtbaus von 1550 Gramm ein gutes Jahr mit 13er Saiten bespannt habe. Auch die Ansprache ist deutlich leichter geworden.

Meine alte Gibson Dove musste ich sozusagen "aufwecken", nachdem sie ein paar Jahre beim "Vintage" Gitarrenhändler war, das ging aber schnell. Sie wurde vom einen Vorbesitzer mit 13er Saiten (offensichtlich) viel gespielt und hat auch ein "settled" top, das nicht mehr 100% Original Plan ist. Ich denke, dass eine Gitarre für merkbare Unterschiede schon sehr hart belastet werden muss, um mittelfristig Unterschiede vorzustellen. Die Dove war auf jeden Fall lauter, voluminöser, angenehmer im Klang, und kein "totes Stück Holz", wie die andern Gibsons, gegen die ich sie damals angespielt habe. Diese waren aber auch sehr wenig gespielt worden, was man bei dem Alter gut erkennen kann, wenn die Bünde noch wie neu sind und die Decke weder Dings noch Plektrumspuren hat.

Bei meinen anderen vier Gitarren habe ich bis jetzt keinen Unterschied feststellen können, außer, dass ich mich auf die Gitarre eingestellt habe. Aber die habe ich ehrlich gesagt auch zu wenig gespielt bis jetzt.
 

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