Ich bin ja seit ca. anderthalb Jahren RAN-Besitzer (siehe Signatur), mir stand die Euphorie damals auch bis zum Hals. Eventuell hätte ich warten sollen mit dem Review damals. Aber inzwischen sehe ich die Sache wesentlich nüchterner. nicht zuletzt, weil die Gitarre, die ich damals noch für ca. 1500 Euro gekauft hatte heute einen kanppen 1000er mehr Kosten soll. Gut, kann mit Zsloty-Verfall zutun haben, aber darum geht es auch nicht.
Die Gitarre hat zwar zweifellos ihre Stärken - ein unheimlich seidiger luftiger Ton sowie die bisher schönsten Cutaways, die meiner Meinung nach jemals gefräst wurden -, dem gegenüber stehen jedoch ein viel zu klobiger Hals (mein Fehler, da gewollt, obwohl dieses Profil weit von dem der Ibanez SZ abweicht, die mir nach wie vor immer noch sehr angenehm in der Hand liegt und dafür Pate stand), ein sehr scharfkantiges Ebenholzgriffbrett, ein Deadspot am 15ten Bund der H-Saite, sowie die wahrscheinlich größte Katastrophe (und das darf bei einem Instrument dieser Preisklasse wirklich nicht) die Bundunreinheit: das Ding ist einfach nicht (mehr) Oktavrein zu bekommen. Ich meine das Problem ist erst später aufgetreten, würde aber für ein Holz zweifelhafter Qualität sprechen, das weiter gearbeitet hat. Schlimm ist es bereits auf den ersten 3 Bünden, ein D lässt sich beim besten willen nicht 100% sauber spielen. Ich dachte erst, dass ich vom Earvana-System meiner alten LTD verwöhnt wäre oder auch einfach meine Pranken nicht im Griff habe. Als ich dann aber meine Carvin bekommen habe, die ebenfalls einen ganz normalen Graphtech-Sattel benutzen, war ich doch etwas perplex Die Sache geht ab Bund 12 weiter, wenn man die selben Töne in den verschiedenen Lagen abgreift, da sind die Abweichungen teils schon gewaltig schräg. Die Sache mit dem Holz würde auch erklären warum die Gitarre sich trotz fester Brücke und Lockmechaniken in Tagesabständen doch noch merklich verstimmt. Ja, die Saiten sind festgezogen und gedehnt - mangelndes Stehvermögen des Holzes? Selbst meine Carvin mit Wilkinson ist nach einem Tag noch "in Tune".
Was auch noch auffällig war, ist der sehr dicke Lack. Das Teil schaut aus wie ein Lutscher, kleine Druckstellen färben sich weiß ein. Und das Schwingverhalten ist katastrophal, man hat das Gefühl, das das Holz gar nicht so richtig zum Leben erweckt wird, daraus resultiert auch mein Empfinden eines außerordentlich steifen Spielgefühls. Hier bekommt der Kampf um jeden Ton eine vollkommen neue Bedeutung. Was mich zum letzten Punkt bringt. Der Sound ist wie gesagt sehr luftig und filigran. Ein Kollege meinte dass die Gitarre für Soli prädestiniert ist. Das war es dann aber auch schon. An den PUs kanns nicht liegen, der SD JB ist zwar nicht sehr bassstark, was aber grad bei hoher Verzerrung eher störend ist, und der PU ist normalerweise auch HiGain eine Waffe. Es ist praktisch kein Bumms vorhanden, Quint-Chords kommen nicht ins Schieben und Singelnotes klingen generell sehr dünn. Insgesamt wirkt die Gitarre unheimlich kraftlos
Soweit zum Instrument. Zu RAN allgemein:
Die Jungs haben es meiner Meinung grad servicetechnisch absolut nicht drauf. Der Email-Verkehr lief zwar ganz gut, jedoch hatte ich häufiger mal das Gefühl, dass die Herrschaften die Nachrichten gar nicht richtig lesen. Spätestens als ich mein Instrument mit einem Mahagoni-Hals statt mit einem Ahornhals bekam, wusste ich das mit ziemlicher Sicherheit. Als ich auf dieses Thema angesprochen habe sagte man mir, dass man sich an diese Abmachung überhaupt nicht erinnern könne, OBWOHL diese Position in der ProForma-Rechnung aufgelistet war. Auf die Vorlage der entsprechenden Email bekam ich keine Antwort. Weitere Fehler waren falsche Pickup-Rahmen, ein überaus hässlicher Headstock (wobei das auch ein Stück mein Fehler war, weil ich von falschen Tatsachen ausgegangen bin, allerdings hat damals auch nirgendwo ein bild des Standardheadstocks existiert) und eine Ahorndecke, bei der ich mir heute noch sicher bin, dass sie keine AAAAA-Gradierung hat, ich aber wohl dafür bezahlt habe. Besonders dann, wenn ich diese Decke mit den einfach gebeizten von PRS oder Carvin vergleiche, die ja "nur" 4A-Gradierung haben.
Noch ein Wort zum Schluss, viele die die Posts in meiner Signatur angeklickt haben, mögen mich angesichts dieser Worte jetzt einen Spinner oder Opportunisten schimpfen, der über alles das Gegenteil behauptet, sobald er etwas besseres findet. Dem ist nicht so, zumal ich damals davon überzeugt war, ein wirklich gutes Instrument in der Hand zu haben; da kannte ich aber zB Carvin noch nicht. Und die haben mir gezeigt was für Geld wirklich machbar ist. Klar ich hätte sie damals wirklich reklamieren können, aber nach 12 Monaten Warten und einem saumäßigen Kundenservice sowie "Defekten", die wohl erst im Nachhinein entstanden sind hatte ich da keine Lust mehr drauf. Mich hätte damals die Preisentwicklung bei RAN schon stutzig machen müssen. Ich glaube kaum, dass man seit den Anfangstagen wirklich soviel besseres Holz verwendet oder mehr Mitarbeiter (soweit ich weiß ist das immer noch ein 5 Mann-Schuppen) eingestellt hat, die die mittlerweile astronomischen (und völlig überzogenen) Preise rechtfertigen.
Wenn man nach einem ganz individuellen Instrument sucht, mit eigenen Applikationen, ist RAN durchaus ne Option. Die Preise haben jedoch nichts mit Qualität zutun, wenn ihr mich fragt. Jemand der einfach nur eine Customklampfe sein Eigen nennen will, ohne sie ganz besonders individuell gestalten zu wollen bekommt woanders wesentlich mehr für wesentlich weniger. Und das muss ja nicht unbedingt Carvin sein...
PS: ich wollte die RAN eigentlich beizeiten verkaufen. Auf Anraten eines Freundes werde ich sie aber vorläufig noch behalten, vor allem weil sie doch so nirgends im Laden zu finden ist und eine gewisse Individualität beinhaltet. Und nach dem Post hab ich mir dahingehend ja wohl die Chancen auf einen guten Deal verbaut
Aber ich finde, soviel Ehrlichkeit musste sein.