Das gute Stück ist gestern angekommen, ich hab es inzwischen zweimal durchgehört. Überrascht hat mich vor allem, dass das Album zugänglicher und songbasierter ist, als ich es erwartet hatte. Dafür, dass ihr mich auf die Scheibe aufmerksam gemacht habt, gibt's ein kleines Mini-Review, ich geh kurz auf die einzelnen Songs ein:
Deadwing:
Nicht schlecht, krankt aber meiner Meinung nach ganz erheblich am bis zur Uninspiriertheit straighten und auch noch zu laut abgemischten Drumming. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mir der Song mit interessanterem oder auch nur dezenterem Schlagzeug um einiges besser gefallen würde.
Shallow:
Rockt! Das Main-Riff ist geil, und laut gehört macht dieser Song einfach höllisch Spaß.
Lazarus:
Mit diesem Song kann ich mich nicht völlig anfreunden, eine Spur zu seicht und süßlich kommt er mir daher. Coldplay haben diese Balladen meiner Meinung nach um einiges besser drauf.
Halo:
Ich liebe diesen Song! In den Strophen erinnert er mich irgendwie an Nine Inch Nails (hat übrigens nicht Adrian Belew, der hier Solo-Gitarre spielt, schon mit Trent Reznor gearbeitet? Mag sein, dass ich da was verwechsle), und der Refrain geht richtiggehend in's Ohr, ohne aber nervend zu sein, ganz im Gegenteil, ich könnte da stundenlang mitsingen
Arriving Somewhere (But Not Here):
Der Longtrack sozusagen, um in der Prog-Diktion zu bleiben. Hier kommt der Pink Floyd-Einfluss wohl am stärksten durch, was mir als Floyd-Fan einerseits gut gefällt, andererseits erinnern mich gerade die ersten paar Minuten dermaßen stark an "Dogs", dass man fast von Akbupfern sprechen könnte. Dann geht der Song glücklicherweise doch eigene Wege und baut sich langsam zu einem Höhepunkt auf, der sich in einem fetten Heavy-Part entlädt. Sehr schön die anschließende ruhige Stelle mit Gitarrensolo im Jazzgitarren-Sound. Am Ende schließt sich der Kreis, und der Song endet wieder im anfänglichen Stil. Insgesamt auf jeden Fall ein gelungener Track, sehr schöne Gesangsharmonien im Chorus übrigens.
Mellotron Scratch:
Wieder balladiges, allerdings meiner Meinung nach ausgereifter und interessanter als bei Lazarus. So lass ich mir das gefallen. Vor allem auch das Outro mit den Multilayer-Vocals hat mich überzeugt.
Open Car:
Hier geht's zunächst wieder härter zur Sache; interessanter Staccato-Gesangsstil unisono mit dem trockenen Verse-Riff. Dann geht der Song über in einen getrageneren, sehr emotionalen Teil, der mir recht gut gefällt.
The Start of Something Beautiful:
Geht so. Die Strophen leben hauptsächlich vom Bass-Riff, im Refrain dominiert wieder die Gitarre, und in der Bridge (wenn man das so nennen will), dem noch interessantesten Teil des Songs, kommen noch nette Klavierakkorde dazu. Nicht schlecht, sticht aber auch auf keine Weise hervor, wirkt ein wenig belanglos. Immerhin die vermutlich interessantesten Schlagzeug-Parts bisher.
Glass Arm Shattering:
Mit LoFi-Gebrutzel beginnt dieser sehr schöne Song und setzt sich auch sonst eher getragen fort. Und tatsächlich, da sind ja diese Gesangsharmonien, die vermuten lassen, dass Steven Wilson mit Brian Wilson verwandt sein könnte. Ist angeblich ein stark selbstreferenzieller Song, was ich schlecht beurteilen kann, da das ja mein erstes PT-Album ist, aber ich kann diesen Song durchaus auch ohne "Vorwissen" genießen. Gelungener Abschluss für ein heterogenes, aber jedenfalls lohnendes Album.
Von der Produktion her gibt's nicht allzuviel zu beanstanden, hab schon besseres gehört, aber das geht absolut in Ordnung.
Insgesamt bin ich recht zufrieden mit dem Album, zwar leichte Schwächen, für die man aber mit vielen schönen und einigen gut rockenden Stellen mehr als entschädigt wird. Ob ich mir mehr von PT zulegen werde, kann ich noch nicht sagen, dazu muss ich das Ding wohl noch eine Weile hören.
EDIT: Nochwas: das Artwork ist absolut gelungen! Schon das Cover ist äußerst stimmig, das Booklet wartet einerseits mit atmosphärischen Fotographien, andererseits mit Collagen in bester Radiohead-Manier auf. So muss das sein. Die Texte könnten noch drinstehen, bis auf ein paar Fetzen und den Text von Halo ist da wenig zu finden, aber die kriegt man ja auch im Internet, wenn man mag.