Unterhaltsame Diskussion! Mein Senf dazu:
1. (Vorweg
Larrys Statements
Larry mag durch sein selbstbewusstes Auftreten den ein oder anderen provozieren. Das kann ich hier und da auch nachvollziehen. Ich finde es trotzdem bewundernswert, in welcher Ausführlichkeit und mit welchem Engagement er sich hier mit Beiträgen ausseinander setzt, die dermaßen auf Halbwissen beruhen, dass man sie eigentlich unkommentiert stehen lassen müsste...
Dass seine Praxiserfahrung als Service-Tech - von der er hier berichtet ohne (!) andere Hersteller zu dissen - in Frage gestellt wird und mancher meint, mit ihm auf Augenhöhe diskutieren zu können, nur weil der eigene Amp nie ein Problem hatte - und man die eigene Einzelerfahrung ja auf ALLE anderen Fälle übertragen kann... - , finde ich schon ziemlich frech.
Aber so ist das Medium Web 2.0: da darf jeder seinen Senf zum besten geben. Ich ja auch ;-)
2. Pragmatisch gedacht: Amp kaputt - so what?
Am vergangenen Wochenende meldete sich der (ältere, vielgespielte) Laney des Gitarristen einer befreundeten Band just vorm Gig ab. Ironischerweise wollte der Ersatzamp seines Bandkollegen (ein Marshall 6100) auch nicht... Der spielt übrigens Soldano... Ich will hier aber nicht spekulieren, ob er deshalb immer einen Ersatzamp dabei hat ;-)
Lösung jedenfalls: Es wurde der Peavey einer anderen Band benutzt. Man spielt doch selten alleine, gelle? War das ein Problem? Natürlich nicht, Sound war ok, das Image des Gitarristen hat keinen Schaden genommen... Fehler mit hoher Warscheinlichkeit einfach nur 'ne defekte Röhre. Schöne Gelegenheit, die endlich mal wieder zu erneuern.
Soll heißen: Wenn mal ein Amp ausfällt, was soll's? Völlig egal ob PtP- oder PCB-gefertigt... Der Blitz (wenn auch bitte nicht der eines Kurzschlusses...) soll mich an dem Tag erschlagen, wo ich herum memme, weil ich mal spontan einen Gig nicht mit meinem eigenen Amp bestreiten kann.
Das wird immer soooo dramatisiert... Neuerdings gibt's ja sogar schon Amps mit "Endstufenüberwachung und automatischer Bias-Einstellung". Im Prospekt steht: "so kannst Du in der Pause in Ruhe die defekte Röhre wechseln". Hallo? Welche P-A-U-S-E? Ok, Zielgruppe der Amps sind also vor allem Top-40-Mucker ;-)
Irgendwo weiter oben stand: "Nicht in den Amp reinschauen, einfach am Sound erfreuen und gut ist..." ist was dran. Ich hatte 15 Jahre einen 5150 und ich konnte nach einem Blick in den Amp absolut nachvollziehen, dass er aufgrund seiner nun wirklich billigen und lieblosen Machart oft kritisiert wird. Fakt ist aber auch: Er klingt gut und mein Amp hat 15 Jahren nie Probleme gemacht, stand in nassen Proberäumen, wurde nach Gigs (Schutzhülle oder gar Flightcase...) in den Kofferraum geschmissen usw. Wenn mein 5150 das schon abkonnte, dürfte ein Larry meiner Einschätzung nach Atomkriege überdauern, so wie der gebaut ist...
Die Moral daraus: Ich denke, JEDER "Marken"-Amp, und wenn er noch so billig gebaut ist, ist heutzutage mindestens "ausreichend" zuverlässig, oder? Und wenn er mal zickt - siehe weiter oben...
Das der ein oder andere Gitarrist trotzdem Spaß am Nonplusultra in Sachen Qualität und Sound hat, kann ich trotzdem sehr gut nachvollziehen. Der Bauch spielt eben auch mit. Und wie bei fast allem erzeugen die letzten 10% Prozent an Qualität nunmal 90 % des gesamten Aufwands. Das kostet eben. Ob es einem das wert ist, muss jeder selbst wissen.
3. Marken-Gläubigkeit vs. "bewusstes Konsumverhalten"
Trotzdem finde ich es immer putzig, wie sich mancher (ich sage es mal böse) "Billig-Massen-Amp"-Besitzer mit Händen und Füßen dagegen wehrt, dass Amps der gehobenen Preisklasse (ob PtP oder nicht) ihrem Standard-Amp bezüglich Konzeption, Bauteilqualität und Verarbeitung etwas voraus haben könnten...
Es ist auch erstaunlich, wie viele Leute sich offenbar nicht vorstellen können, dass nicht nur die "großen" Namen in der Lage sind, überhaupt einen guten Amp zu bauen. Dabei sind es gerade die kleinen Hersteller, die eben nicht jedes Bauteil durchkalkulieren. Da bestimmt allein der Amp-Designer - und nicht der Chefeinkäufer aus Abteilung xyz - was in den Amp kommt.
Und an der Stelle finde ich dann doch irgendwie, dass man - wenn man sich losgelöst vom Sound mal über das Preis-Leistungs-Verhältnis Gedanken macht - hinterfragen kann, WAS in so einer Kiste drin steckt, WER sie herstellt usw.
Wenn Hersteller die Fertigungsweise ihrer Produkte immer weiter vereinfachen, bzw. die Produktion in Drittweltländer verlagern, dann muss das vielleicht nicht zwangsläufig zu schlechteren Produkten führen. Sie sollten das aber kenntlich machen - und den Kostenvorteil bitte an den Verbraucher weitergeben!!! Und genau das findet längst nicht bei allen Herstellern statt. Und dann bin ich an dem Punkt, wo ich für Markenimage zahle, nicht aber für die eigentliche Produktqualität.
Ich greife jetzt mal das Beispiel Mesa auf, weil es oben fiel. Ein Dual Rectifier kostet heute 2.700,- EUR das entspricht ungefähr dem DM-Preis vor EURO-Einführung. Das bedeutet, das Teil ist in 7 Jahren fast doppelt so teuer geworden. Wenn gleichzeitig tatsächlich - wie oben geschildert , ich kann es nicht beurteilen! - vieles im Amp vereinfacht wurde, finde ich das schon frech. Da würde ICH dann die 2.700,- so ich sie denn hätte (...), definitiv lieber als Anzahlung für einen Larry-Amp nehmen.
Sorry, für soviel Pseudo-Philosophie, das ist sicher ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Auch wenn Musiker per se tendentiell idealistisch und bewusst denken sollten (sollten sie?), regiert auch hier mittlerweile vor allem "geiz ist geil".
Und der Bulldozer für unter tausend Ocken ist nunmal genauso gut wie das US-Original... Und der Bugera klingt genauso wie ein 5150... Ich weiß, ich weiß...