So, hier auch mal wieder ein Posting nach längerer Zeit.
Ich habe vor einiger Zeit bei einer Sammlungsauflösung eine 1983er Fender Stratocaster aus der Vintage Reissue Serie gekauft, die Anfang der 80er auf den Markt kam. Die Strat spielt sich super und hat eine schöne Patina.
Mit dem Klang des Neck- und Middle- Pickups war ich bisher soweit glücklich, der Bridge Pickup war mir allerdings immer einen Ticken zu grell. Aber gut, vintage reissue halt, das gehört halt bei alten Strats so, dachte ich mir. Ich habe dann als erstes den Bridge Pickup mal an den zweiten Tone-Poti gelötet, das gehört meiner Meinung nach sowieso standardmäßig gemacht.
Nun bin ich aber ja auch Pickup-Wickler und dachte mir, da kann ich mir ja auch selbst was bauen. Für mich sind Gitarren auch Werkzeuge. Und dann wird da dran auch gearbeitet, um sie zu optimieren. Ich habe auch nicht vor, die Gitarre zu verkaufen, deswegen habe ich auch kein Problem damit, an "alten" Gitarren rumzuschrauben.
Lange Rede, kurzer Sinn, ich habe die Pickups ausgebaut und durchgemessen, um dann anhand dieser Werte ein Pickup-Set zu wickeln. Ich wollte den Neck- und Middle-Pickup so lassen, der Sound passte ja. Beim Bridge Pickup wollte ich etwas weniger Höhen haben und generell einen etwas "ausgewogeneren" Sound.
Hier mal die Messergebnisse der original-Fender Pickups:
| Neck | Middle | Bridge |
DCR | 5,9 kOhm | 5,8 KOhm | 5,9 kOhm |
Induktivität @ 100 Hz | 2,3 H | 2,26 H | 2,3 H |
Kapazität @ 100 kHz | 106,4 pF | 98,8 pF | 99,3 pF |
Bei den Ergebnissen sieht man auch gut, dass man sich da bei Fender, was die Pickups angeht, "vintage-korrekt" verhalten hat, und einfach 3 gleiche Pickups eingebaut hat. Kalibrierte Sets, wie man das heute macht, gab es damals nicht.
Ich habe mich dann bei meinem Bridge Pickup erst einmal dazu entschieden, mich an diese Werte zu halten und dann eine Baseplate an den Bridge Pickup zu montieren. Hier die Ergebnisse meiner Pickups:
| Neck | Middle | Bridge |
DCR | 5,9 kOhm | 5,8 KOhm | 5,9 kOhm |
Induktivität @ 100 Hz | 2,3 H | 2,23 H | 2,46 H |
Kapazität @ 100 kHz | 82,34 pF | 78,11 pF | 85 pF |
Man sieht also, dass ich Neck und Middle ganz gut getroffen habe. Bei der Bridge sieht man bei der Induktivität die Auswirkung der Baseplate. Und dann ist bei meinen Pickups die Kapazität geringer. Den Unterschied schiebe ich jetzt einfach mal auf unterschiedliche Wickeltechniken. Ich würde auch einfach mal behaupten, dass die Fender Pickups von der Maschine gewickelt worden sind, wohin gegen bei meinen Pickup der Draht mit der Hand geführt wird. Ich verwende beim Wickeln mancher Pickups teilweise auch die CNC-Funktion meiner Maschine, aber auch dort kann ich ein "Chaotisches" Wickelschema einstellen, was das so viel angepriesene "Scatterwinding" simulieren soll. Ich möchte dazu jetzt nicht so viel sagen, darüber wurde schon ausreichend diskutiert. Aber darin dürfte der Unterschied liegen, dass bei mir einfach weniger Umdrehungen pro Lage drauf sind. Und ich kenne leider auch nicht die genauen Spezifikationen des von Fender in den 80ern verwendeten Wickeldrahtes. Ausser, das es AWG42 Heavy Formvar Draht ist. Diesen habe ich auch verwendet.
Am Messgerät sieht das dann folgendermaßen aus (gemessen mit dem
Integrator von Ken Wilmott):
Alle Werte mit 200kOhm und 470pF "Last" gemessen, um das Verhalten in einer Gitarrenschaltung zu simulieren.
Mit dem Sound des Bridge Pickups bin ich soweit erstmal zufrieden.
Hier ein kleines Soundbeispiel. Leider habe ich keinen direkten Vorher-Nachher-Vergleich gemacht. Man verzeihe mir auch das uninspirierte Genudel, es war spät ;-)
View: https://www.youtube.com/watch?v=JMRsc2ArXsk
So, das war viel Text. Aber ich dachte mir, der ein oder andere findet das vielleicht ganz interessant. Ausserdem bekomme ich viele Anfragen, ob ich diesen und jenen Pickup "klonen" könnte. So etwas geht nur bis zu einem bestimmten Punkt. Und am Ende wird es nie genauso klingen, weil da einfach zu viele Variablen im Spiel sind. Man sollte sich dann eher überlegen, warum möchte ich genau diesen Pickup "klonen"? Wenn er einem gefällt, warum dann nicht genau den kaufen? Klar, wenn es alte Pickups sind, dann wird das schwierig. Aber in dem Fall arbeite ich mich mit dem Kunden meistens über seine Soundvorstellungen an das Endergebnis heran. Und das sieht in vielen Fällen ganz anders aus, als die Vorstellungen, mit denen man an die Thematik heran geht. In diesem Sinne - Happy Tinkering ;-)