Es ergab sich
auf Anfrage, eine Fortsetzung meines Artikels über die Optimierung einer Stratocaster zu schreiben.
Vorab
Die Beweggründe, mir nochmal eine Classic 60 Stratocaster zu holen, habe ich
hier geschildert. Somit kann ich diesen Faden zur Optimierung einer gebraucht erworbenen Fender Classic 60 Strat weiter spinnen.
"Disclaimer": Bitte den folgenden Text nur im Rahmen meiner eigenen Sicht und handwerklichem Möglichkeiten lesen. Jeder ist mit Werkzeugen anders ausgestattet und jeder hat seine individuellen Vorstellungen und Herangehensweisen an so ein Thema.
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Was erwartet einen, wenn er derzeit (das kann sich durchaus wieder ändern!) eine gebrauchte Classic Strat erwirbt, die nicht deckend lackiert sind, sondern "die Holz" zeigt? Die Kleinanzeigen sind voll davon - mit Strats, bei denen man immer wieder Maserungen sieht, die aus meiner Sicht optisch unschön aneinander stoßen, sei es im direkt auffallenden Licht oder erst im schrägen Seitenlicht. Egal, ob es Classic 70-, aber leider auch Classic 50- oder Classic 60-Strats sind: Manchmal stoßen auf deren Bodys sogar drei Maserungen sehr störend aneinander. Ob es die echte Maserung von Planken ist oder nur Furniere sind, ist mir herzlich egal. Das Auge ißt bekanntlich mit und so muss es zumindest für mich eine Maserung sein, die vollkommen unauffällig aneinanderstößt. Die findet man zumindest derzeit eher selten oder solche Gitarren wechseln eben sehr schnell ihren Besitzer?
Instrumente, die einen "Used Look" haben, die irgendwie mehr oder weniger künstlich durch Abplatzer oder Einschläge irgendwelcher Art gealtert wurden ("Relic"), kommen für mich nicht infrage. Normale Gebrauchsspuren, die mit den Jahren der Nutzung kommen, sind ok.
Als Nächstes betrachte ich die Bünde. Sie sind in den Kleinanzeigen oft nur stiefmütterlich erwähnt, ihr Zustand spielt angesichts der sichtbaren Hölzer (kaufverleitend!) gern eine untergeordnete Rolle. Hier kann man schnell hereinfallen, wenn man nicht aufpasst.
Wird es nicht ausdrücklich in Bild und vor allem im Wort erwähnt, dass die Bünde erneuert wurden (aus meiner Sicht ist das vorbildlich!), so muss man bei "abgerockt" oder "Bühne gesehen" sicherheitshalber immer mit runtergespielten Bünden rechnen.
Entweder liegt es am verbauten Bundmaterial oder an Leuten, die gedrückt haben ohne Ende: Fast immer finden sich Dellen und Kerben in den Bünden, insbesondere an der g- und h-Saite. Fragt man speziell danach, so kommt eine Antwort oft ausweichend. Selbst bei anschließend gezeigten Fotos mit Hinweise auf Riefen oder Kerben kann der Verkäufer oftmals "nichts finden, die sind doch gut?".
Schon aus dieser Sicht ist ein Kauf ohne vorherige direkte, eigene Inaugenscheinnahme und Begutachtung nicht zu empfehlen. Sofern es sich nicht um ausgesprochene Sammlerinstrumente handelt, die nie gespielt wurden, handelt es sich nun mal um gespielte Gebrauchtinstrumente und ein Neubundieren kann hinterher schnell teuer werden, sofern man dazu einen Gitarrenbauer bemühen muss!
Aus meiner Sicht ist der Zustand der Bünde der Punkt der kritischsten Entscheidung, die jeder nach seinem Gusto (finanzieller Aufwand vs. "Habbewolle" vs. DIY-Vermögen, Ausstattung und Werkzeug) treffen sollte.
Hinsichtlich der beiden genannten Aspekte Maserung und Zustand der Bünde hat die Strat gestimmt. Da es sich noch um eine Classic und keine Vintera handelt, durfte ich davon ausgehen, sozusagen als dritten Punkt noch "Rosewood" als Griffbrett-Material zu bekommen. Das hat auch gestimmt. Somit wechselte die Strat den Besitzer.
Body & Soul
Im Prinzip arbeitete ich eigentlich alle Schritte der Classic 70 meines Artikels ab. Vieles wird sich daher wiederholen bzw. einige Schritte werde ich wohl nur ohne Bild erwähnen. Ergänzendes folgt jetzt.
Der Arbeitsplatz:
Erst einmal wird alles auseinander genommen; ist doch so eine Strat schließlich nichts weiter als ein Bausatz.
Die Strat hat ab Werk ihren typischen Gußblock verbaut. Die Schachtel mit den drei unterschiedlichen Tremoloblöcken habe ich lediglich dazugestellt.
Man sieht gut, wie fleckig der Body ist. Das Griffbrett ist begrabbelt. Der Neck war relativ krumm eingestellt mit daraus resultierender, hoher Saitenlage. Das sind nur Feststellungen. Keine Kritik.
Als erstes habe ich mich über den Body hergemacht. Zunächst einmal habe ich ihn ausgesaugt. Das gelbe Pulver darinnen muss nicht sein. Dann habe ich den Body mit warmem Spüliwasser geputzt und nach dem Trocknen ging ich mit zumindest meiner bewährten Methode mit Polywatch ran. Die Maschine musste ich nicht bemühen, wie ich es
bei meiner Ibanez noch tat. Die Kratzer und Riefen waren so dünn, dass Polierwatte und beständiges Polieren genügte, alles, wirklich fast alles an Kratzern zu tilgen, die auf diesem Body meistens nur oberflächlich waren. Winzige Kratzerchen dürfen bleiben. Es ist kein Neuinstrument. Und meine anderen Strats sehen auch verkratzt aus und bei dieser Strat kommen gewiss eigene und neue Kratzer hinzu.
Nach erneutem Abwaschen und Trocknen kam ein aus meiner Sicht bewährtes Pflegemittel zur Anwendung und der Body zeigt sich nach dem Abreiben nun wieder in diesem Zustand, d.h. zu meiner Freude fast wie neu:
Der Body ist übrigens wunderbar leicht. Beim Beklopfen höre ich ein kurzes, trockenes "Tock - Tock - Tock", kein nachklingendes "Tang - Tang - Tang". Ich weiß, dass das nicht nur saublöd ist, das zu beschreiben, sondern kann mir auch gut vorstellen, dass niemand damit was anfangen kann. Von daher nur soviel: Dieser kurze und sehr trockene Laut assoziiert für mich (!) einen sehr gut klingenden Body ohne einen "nachhallenden Eigenklang", der vielleicht nachteilig in die Tonformung der Gitarre eingehen könnte. Ihr seht schon: "vielleicht" und "könnte". Ob dem wirklich so ist, weiß ich nicht. Es wirklich nur meine ureigene Marotte.
In den Fotos kommt das Rot des Sunbursts zu knallig. In Wirklichkeit ist es wesentlich dezenter. Das kriege ich bildmäßig nicht korrigiert.
Die Strat wiegt übrigens 3,3 kg. Meine andere Classic 60 wiegt 3,7 kg.
Zum Abschleifen von Halstasche und Halsfuß habe ich mich ja im Artikel zur Classic 70 schon ausführlich geäußert. Bitte dort nochmal nachlesen. Bei der mir vorliegenden Classic 60 fiel die akkurat geschliffene Oberfläche der Halstasche auf. Ich musste nur einen winzigen Lackpopel in der Ecke oben rechts entfernen und nur ein wenig Kosmetik am rechten Rand der Halstasche betreiben durch dünnen Abschliff des Lackes (siehe Pfeil im Bild oben).
Der Halsfuß war nicht mit Lack dick zugekleistert, wie ich es von älteren Hälsen noch kenne. Sondern er war nur mit einer dünnen Lackschicht versiegelt. Bei dieser Classic 60 von 2016 machte man verarbeitungsmäßig ab Werk einfach nichts falsch. Die CNC-Fräsungen sind extrem passgenau, es gibt keine Ausrutscher mehr. Alles sitzt exakt.
Die Rückseite des Halses habe ich mit Stahlwolle dünn abgeschliffen, so dass ich eine griffige Halsrückseite bekomme. Das ist aber nur individuelle Kosmetik. Denn viel wichtiger sind die Bünde.
Ich schrieb es oben: Im Bereich der g- und h-Saite hatten sie in den tiefen Lagen einige leichte Kerben drin. Ansonsten sahen sie noch gut aus. Grund für mich, noch keine Neubundierung zu veranschlagen, sondern die Bünde durch vorsichtiges Abschleifen und Polieren selbst zu "reparieren". Wären die Bünde schlimmer, so wäre das für mich ein zwingender Preisverhandlungsgrund; auch mit der Option, dann womöglich zu sagen: "Danke, nein", da mit einzurechnenden Kosten für eine Neubundierung der insgesamt zu zahlende Preis zu hoch wäre. "Strat
um jeden Preis" ist eben nicht und dann man muss man warten können, bis das nächste Angebot kommt. Was lange dauern kann.
Nach dem Abkleben habe ich mit Naßschleifpapier und langem Schleifklotz vorsichtig die Bundoberflächen geschliffen. Vorrangig, um die Kerben etwas herauszunehmen. Erst kurz beginnend mit 500er Korn und dann etwas ausdauernder mit 2400er Korn. Anschließend ging es ans Verrunden der Bundkronen und Polieren, was ich mit Stahlwolle mache. Zwischendurch wird immer wieder und immer wieder mit einem absolut geraden Aluminium-Flachprofil kontrolliert.
Die Bünde 1 bis 3 sind gerichtet, ab Bund Nummer 4 sieht man die Bünde im abgeschliffenen Zustand. Hier in Vergrößerung:
Das ist nicht mal eben gemacht, sondern das dauert. Insbesondere das seitliche, drückende Verrunden der Bünde dauert mangels Bundfeile. Jeder handhabt solche Arbeiten anders, ich habe mir das so angewöhnt.
Im Endergebnis sieht der Hals dann so aus:
Und in der Vergrößerung so:
Zwei eigentlich nur noch in der Spiegelung sichtbare Kerben sind geblieben (Pfeile). Kann ich mit leben, denn meine andere Classic 60 sieht mit den Jahren teilweise ebenso aus und das erwartbare bißchen Scheppern ist zumindest für mich völlig ok: Aufwand vs. Nutzen. Eine Neubundierung ist hier wirklich noch nicht erforderlich.
Die Bundenden sind hinsichtlich der Griffbrettkanten ab Werk akkurat abgerichtet.
Nach letzter Kontrolle mit dem Stahllineal und peinlichen Säubern des Halses und des Arbeitsplatzes habe ich noch den festen Sitz der Schrauben geprüft, die die Mechaniken halten. Alles sitzt. Nun habe ich das Griffbrett gereinigt und anschließend kam ein gewisses Öl drauf, dessen Name ich hier vorsorglich verschweige.
Body & Soul, pardon, Korpus und Hals sind fertig für den Zusammenbau:
(Wird fortgesetzt)