Noch ein neuer Hammond-Clone - Creamware lebt

Böhmorgler;5566411 schrieb:
Bei einer Hammond wäre volle Polyphonie dann, daß man 61 Tasten drücken kann und alle erklingen - unabhängig davon welche Zugriegel gezogen sind und welche Effekte eingeschaltet sind.

Hat eine Hammond nicht zwei Manuale (=122 Tasten) und ein Pedal (=25 Pedale), also in Summe theoretisch 147 gleichzeitige Möglichkeiten, Töne zu erzeugen?
 
Möglichkeiten schon, aber nicht alle davon erzeugen unterschiedliche, individuelle Töne. Ich verstehe die Verwirrung um das Thema echt nicht; das kann man doch überall nachlesen:

Es gibt 91 Sinus-Klangerzeuger, die 91 verschiedene Tonhöhen erzeugen und diese in unterschiedlicher Lautstärke ausgeben können.
Keine 147, keine 250.
Und was macht die Orgel mit ihren 91 Sinustönen nun?
- Je nach gespielter Note, Zugriegeleinstellung und Percussion-Setting wird eine Kombination dieser (permanent erzeugten) Sinustöne auf den Ausgang "losgelassen";
- das geschieht entweder hüllkurvenlos (an/aus in einer konstanten Lautstärke), oder im Falle der Percussion-Stimme wird eine monophone Hüllkurve durchlaufen.

Übrigens:
Unpassendes Beispiel, aber nur um die Relationen mal zu verdeutlichen: 96 gleichzeitige Sinusse und 96 Hüllkurven kann z.B. auch ein alter DX7 von 1983 ausgeben, daher frag' ich mich schon, wen die mit ihren 250 Sinussen beeindrucken wollen ;)



Wie auch immer - entscheidend ist, wie das ganze in der Praxis klingt.
Einerseits ist es toll, daß man für die paar € nun ein richtiges Zugriegel-Modul kaufen kann.
Andererseits finde ich auch, daß der Sound doch recht weit von dem entfernt ist, was Orgel-Clones der aktuellen Generation können. Mit den paar Sinusgeneratoren kann man ja wenig falsch machen, aber alles was darüber hinaus geht und den eigentlichen Klangcharakter formt (Click, Vibrato, Leslie und Overdrive) klingt nicht sehr authentisch.
Da helfen auch hunderte "Stimmen" nicht weiter, und ich denke, gerade solche Werbeaussagen sind nicht gerade geeignet, ein Produkt im seriösen Licht erscheinen zu lassen.
 
Hat eine Hammond nicht zwei Manuale (=122 Tasten) und ein Pedal (=25 Pedale), also in Summe theoretisch 147 gleichzeitige Möglichkeiten, Töne zu erzeugen?

Nochmal: Wenn ich einen virtuellen Tonrad-Generator als Grundlage nehme und sich jeder Ton aus der Summe einiger dieser Sinusschwingungen zusammensetzt, ist die Orgel automatisch VOLL-Polyphon. Ich könnte auch eine 10 Manualige Orgel bauen die diesen Ton-Generator nutzt. Diese hätte dann 10x61 Tasten und hätte damit 610-Stimmen.:eek:
Es ist eben nur so, dass beim Spielen des gleichen Tones mit der gleichen Registrierung auf zwei Manualen der Ton NICHT gedoppelt wird - man hört keinen Unterschied ob die Taste auf beiden oder nur auf einem Manual gedrückt wird.
 
.... ich muss manne (leider) recht geben. klanglich sehr enttaeuschend.
als zuriegelcontroller fuer die nords oder die vb3..dafuer aber
fast schon wieder zu teuer....
;)
 
Man seid ihr schnell mit eueren (Vor)urteilen. Das sind ein paar schnell hingefrickelte Samples um einen ersten Eindruck zu bekommen.
Das Ding hat so viele Einstellmöglichkeiten, dass jeder seinen Sound hinbekommen sollte. Im Vergleich mit Native B4 und der SC 2003 klingt das Teil eindeutig besser. Wenn du ein Nord hast wirste bestimmt nicht wechseln. Ich habs mir gekauft, weil es prima auf meinen Fantom G7 links hinpasst und ich die Orgeln vom Fantom nicht so überragend finde. Diesen Zweck erfüllt die B4000+ allemal. Ich hab hier noch ne modifizierte T200 rumstehen, die werd ich wahrscheinlich jetzt kaum noch brauchen, inbesondere, weil ich jetzt auch mehrmanualig spielen kann.
Als Controller für die Nord isses sicher nicht geeignet, es hat keinen Midi out bzw Midi out
funktioniert über USB.
 
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@ Wilhelm: So ist das hier. Als Trost kann ich Dir nur ein Zitat anbieten:
"Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom" (Albert Einstein).

Es gibt noch andere, die gut passen würden, aber die verkneife ich mir mal. Vorurteile und mangelnde Sachkenntnis gehen eben oft einher. Und Beides gibt es hier ausreichend...;)

  • Die Polyphonie steigt proportional zur Zahl der angeschlossenen Manuale? Aha!:rolleyes:
  • Wenn ich permanent 91 Tonewheelsignale verfügbar habe, werden die einfach so auf den Ausgang "losgelassen"? Aha!:rolleyes:
  • 96 unabhängige Stimmen mit dem nur 16-fach polyphonen DX7? Boah Ey!:rolleyes:

So mag die Welt zwar für manche Leute sein, aber die Realität ist trotzdem anders.
  • Jeder einzelne Ton, der ausgelöst wird, erfordert eine immense Rechenleistung.
  • Auf die verfügbaren Tonewheelsignale (die ja u. a. summiert werden müssen) werden komplexe Rechenalgorithmen (z. B. für Effekte) losgelassen.
  • Der dafür erforderliche Rechenaufwand (bzw. die dafür verfügbare Soft- und/oder Hardware) begrenzt die maximale Polyphonie.
  • Bei der B4000+ sind es (angeblich) 250 Töne, die gleichzeitig berechnet werden können, bei der VB3 147 (= 2 x 61 + 25) und bei der B4 sind es 95, die für schlappe Rechner auf 24 gedrosselt werden können.
  • Diese Zahl ist neben dem (subjektiven) Klang ein (objektives) Leistungsmaß und wird daher beworben.
  • Dass in anderen Bereichen (Sakralorgel) weniger Leistung für mehr Geld verkauft wird, ist vielleicht auch den Kunden geschuldet, die das so wollen oder akzeptieren.

Unabhängig vom Klang, der vermutlich auch nicht mal schlecht sein wird, finde ich das Produkt mutig. Endlich mal ein Unternehmen, das die Entwicklungssprünge und Preisstürze bei den Hardwarekomponenten direkt an den Kunden weitergibt! Noch dazu in D. :great: Und nicht eines der Großen, die 2011 Mini-Speicher immer noch für teures Geld verkaufen. :bad:
 
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@Wilhelm:

ich will Dir das Teil natürlich nicht madig machen! Wenn Du Spass damit hast und es in Dein Setup passt, dann ist die B4000+ sicher ein vernünftiger Lösungsansatz.

Meine Kritik am Sound bezog sich auf den Eingangs des Threads irgenwo gebrachten Vergleich mit den Top-Clones (Numa Organ, XK-3C, und auch Nord C1/C2/Electro3). Und mit diesen Teilen kann die B4000+ einfach nicht mithalten, da fehlt schon einiges. Wenn Du Sie mit der NI B4 (die ich zwar im Studio habe, aber nie benutze, weil sie mir viel zu plastikhaft klingt) vergleichst, dann hat die B4000+ natürlich ihre Daseinsberechtigung!

Zum leidigen Thema Polyphonie: Eine originale Hammond (und auch die oben genannten Top-Clones) ist/sind voll polyphon. Deshalb sollte eine hohe Polyphonie bei Clones keine Diskussionsgrundlage, sondern eine Selbstverständlichkeit sein. Dass man so ein Feature dann bewerben muss, ist für mich auch nicht so ganz nachvollziehbar. Einzig entscheidendes Kriterium für einen Hammond Clone ist das, was an authentischem Klang aus dem Teil heraukommt. Daran müssen sich alle messen lassen. Die B4000+ schneidet dabei eben nicht sonderlich gut ab - misst man sie an Ihrem Preis, schaut die Sache sicher etwas freundlicher aus.
Und noch etwas: Ob die verfügbaren Samples jetzt aufwendig erstellt wurden oder eben nicht, ist gar nicht entscheidend! Das was ich hören will, höre ich heraus. Oder andersrum gesagt: wenn ich vor mein 147er Leslie, das an die A100 angeschlossen ist ein paar Mikrofone stelle und ein bisschen herumklimpere, dann wird das Ergebnis klanglich immer überzeugend sein!
 
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Unabhängig vom Klang, der vermutlich auch nicht mal schlecht sein wird, finde ich das Produkt mutig. Endlich mal ein Unternehmen, das die Entwicklungssprünge und Preisstürze bei den Hardwarekomponenten direkt an den Kunden weitergibt!


Sag mal,
dafür, daß Du die Diskussion um's Polyphoniethema gleich zu Anfang für unwichtig erklärt hast - und den Mitdiskutanten mehrfach Spekulation und Unwissenheit unterstellst, schiesst Du aber ganz schön mit spekulativen Bulletpoints um dich :D.


Ich will auf die Details gar nicht näher eingehen und halte es mit Manned: Vollpolyphonie (in der nun schon mehrfach beschriebenen Art) gehört seit langem zum Standardrepertoire eines jeden Orgelclones. Als Leistungsmerkmal taugt das ebensowenig, wie wenn der Orgelhersteller damit protzt, daß mit seinen 9 Zugriegeln 1.xxx.xxx.xxxx unterschiedliche "Klänge" möglich seien.
Daß jedes einzelne Sinustönchen (nochmal: mehr als 91 erklingen nie, oder kann mir mal jemand schlüssig darlegen, in welcher Situation eine Tonradorgel mehr als diese 91 Signale ausgibt?) "eine immense Rechenleistung" erfordert, ist eine Spekulation, über die man sich mit ein wenig Synthese-Kenntniss nur wundern kann.
Die "immense Rechenleistung" ist in der Signalkette weiter hinten erforderlich, nämlich dort, wo das jeweilige Sinus-Klanggemisch mit Hammond-typischen Zutaten angereichert wird:

- Scannervibrato
- Amp
- Tonkabinett inkl. simulierter Mikrofonabnahme.

Und genau in den Punkten schlägt sich das günstig-Modulchen leider nicht so toll wie die Orgeln der "überteuerten" Platzhirsche.
Und diese Meinung hat nichts mit eilig eingespielten Klangproben oder Vorurteilen zu tun - das sind Fakten, die man auch als Hammond-Laie raushört, wenn man mal eine XK, Numa oder C2 zum Vergleich nimmt.



P.S.: ich hatte schon geahnt, daß bei dem DX7-Synthesizer-Beispiel gleich der nächste Schlaumeier auf die 16er-Polyphonie verweist.
Also nochmal zum Mitschreiben: Ich habe nichts von 96-facher Polyphonie geschrieben. Ich habe darauf verwiesen, daß das Instrument in der Lage ist, 96 unabhängige Sinustöne gleichzeitig zu erzeugen (16 x 6), und das tut es auch.
Jede der 16 DX-Stimmen hat 6 Operatoren (das sind nichts anderes als Sinusoszillatoren) und für jeden davon eine vollwertige, 4-stufige Hüllkurve. Im einfachsten Fall betreibt man damit simple additive Synthese (quasi wie bei einer Orgel), in der Regel interagieren diese 6 Operatoren pro Stimme per FM miteinander.

Anderes Beispiel: ein K5000 (*1997) beherrscht additive Synthese mit 32 Stimmen. Jede dieser Stimmen besteht aus 64 Sinustönen mit jeweils eigener Amplitudenhüllkurve, das Teil berechnet also 32 x 64 = 2048 Einzeltöne gleichzeitig.
So viel zum Thema "immense Rechenleistung".

Für eine vollpolyphone Orgel ist im Jahr 2011 nun wirklich nicht Nobelpreis-verdächtig - das sollte der DX-Verweis eigentlich sagen..
 
Und noch etwas: Ob die verfügbaren Samples jetzt aufwendig erstellt wurden oder eben nicht, ist gar nicht entscheidend! Das was ich hören will, höre ich heraus. Oder andersrum gesagt: wenn ich vor mein 147er Leslie, das an die A100 angeschlossen ist ein paar Mikrofone stelle und ein bisschen herumklimpere, dann wird das Ergebnis klanglich immer überzeugend sein!

Da liegt m.E. der Hase im Pfeffer. Solche und ähnliche Diskussionen kenne ich vom Fender Rhodes. Scheint mir rel. Vintage-typisch. Wenn man ein Original hat ist jeder Clone unzureichend. Das liegt aber nicht zuletzt auch an der Individualität des Gerätes. Jedes original klingt eben individuell anders. Ich hab schon Instrumenter gehört, die wesentlich "schlechter" geklungen haben als ne Software-Emulation. Dazu kommt, das bei vielen der typischen Sounds auch zusätlicher Aufwand betrieben wird (Smoke on the Water über Marshall-amp).

Im Falle der B4000+ handelt es sich erstmal um ein Modul, d.h. eine Ergänzung für vorhandene Tastaturen. Ich habe erwähnt das Einstellmöglichkeiten wie Alterung der TW oder Durchsingen der Kontakte, aber auch serieller Kontaktschluß möglich sind - all das habe ich erstmal bei meinen Samples nicht genutzt.
Der Grundsound ist m.E. in Ordnung. Fürs Leslie werd ich wahrscheinlich meinen Tube Rotopsphere auspacken. Für Leute wie mich (Cover-Mucker)ist erstmal Durchsetzung im Band-Kontext, die Bedienungsfreundlichkeit und die Identifizierung als "Hammond" durch den Zuhörer wichtig. Dann kommt das Gewicht (Jaja- der Rücken).
Alles andere ist sekundär. Ob irgend jemands A100 "besser" klingt oder nicht interessiert da nicht besonders. Es gibt immer ne besser klingende Hammond.
Könnten wir vielleicht die Prolophoniedebatte schließen? Das hat mit der B4000+ nun rein gor nix zu tun. Meinetswegen kann die 1stimmig sein, hauptsache die Akkorde klingen ;-)
 
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Danke Wilhelm für deine Demos ...gefällt mir mit Pep gespielt , muss sagen der Sound klingt sehr gut und vor allem auch der Preis .

Hab nen Juno-G mit ARX07 Modul ist nicht schlecht , oder die vielen Patch Samples mit meiner DAW klingen alle irgendwie nach Clone Hammond , das ist Geschmackssache.

Jeder kann hier doch sein Meinung sagen , ohne Kritik , denn der Leser bildet sich sowiso seine eigene .

mfg
 
Über die B4000+ wird es in der nächsten OKEY einen Testbericht geben.
 
Und ganz allgemein bitte ich alle Diskussionsteilnehmer, auf freundlichen und sachlichen Umgangston zu antworten. Leute, das ist doch nur ein Orgelexpander, also behaltet kühle Köpfe!
Danke.
 
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Dass in anderen Bereichen (Sakralorgel) weniger Leistung für mehr Geld verkauft wird, ist vielleicht auch den Kunden geschuldet, die das so wollen oder akzeptieren.
Wenn ich eine Sakralorgel mit 50 Registern habe und dort 15 Tasten gleichzeitig drücken kann, dann habe ich nach der Zählweise der Sakralorgelhersteller eine 15fache Polyphonie; nach der Zählweise anderer Hersteller habe ich dann aber eine 750fache Polyphonie.

Das hat nichts mit "weniger Leistung für mehr Geld" zu tun.

Für den Anwender halte ich die Zählweise der Sakralorgelhersteller für sinnvoller.
 
"Vorurteile und mangelnde Sachkenntnis" ???

Veilleicht sind wir mittlerweile durch Numa, XK3c, VB3 und Ventilator recht verwöhnt.
Aber das ist nunmal "Stand der Technik" in Sachen B3 Clone.
Ich war wirklich angetan vom ersten Eindruck:
"Neuer Clone made in Germany" und bin sogleich in die Suchmaschinen rein.....
"Passt gut mit dem Neo ins Handgepäck, wäre doch prima...."

Nach den Klangbeispielen war ich allerdings weniger begeistert und
das wird wird man doch wohl sagen dürfen, oder ?

Gruss
Markus

P.S. vielleicht gibt sich ja der Guido nen Ruck und programmiert nen
tollen Clone mit integriertem Neo, das wär mal was richtig Neues und
kein xter Creamware-Aufguss.
Obwohl ich Creamware in guter Erinnerung hab. War mein erstes
HD-RecordingSystem im letzten Jahrtausend.
;-)
 
So, um diesem Thread doch noch etwas konstruktives beizutragen, habe ich mal Teile von Wilhelms Demo durch den Ventilator geschickt.

Zuerst mit 888 über Ventilator mit etwas Drive


Und Full mit Drive vom O&G


Und weil's so schön ist, lege ich noch eins drauf.


Kommentare spar ich mir jetzt einfach mal...
 
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Moinsen!

Hier im Board ist doch auch mindestens ein (kommerzieller?) HOAX-Anbieter unterwegs. Vielleicht kann der uns ja kompetent über die notwendige Polyphonie bei Hammond-Clones aufklären. Vielleicht auch darüber, wie begrenzt die "unbegrenzte" Polyphonie im Endeffekt ist (der Hinweis auf die "unbegrenzte Polyphonie" fehlt ja zum Glück bei der B.A.S.S.-Seite).

Eigentlich halte ich mich aus derartigen Diskussionen lieber heraus - dennoch will ich Euch hier einmal meinen Mostrich dazu auf's Brot schmieren...

Vorab bemerkt: Ich werde mich hier nicht auf eine Diskussion was besser oder schlechter ist einlassen sondern Euch einfach einmal die technischen Gegebenheiten etwas näherbringen - was durch den Verlauf dieses Stranges angeraten erscheint (zumindest mir).

Ich möchte zunächst einmal die Frage aufgreifen, wie denn die notwendige Polyphonie eines Hammond-Klones auszusehen hat. Die Frage ist letztlich ganz einfach zu beantworten: Genauso wie bei einer originalen Hammond. Das heißt: Wenn drei Mann gleichzeitig alle Tasten auf allen Manualen und alle Pedale drücken und alle Zugriegel gezogen sind müssen alle diese Töne zu hören sein - egal, wie sinnvoll diese Kakophonie nun sein mag. Eine Ausnahme kann man beim Pedal machen, wenn dieses monophon als Stringbass ausgelegt ist. Dies entspricht jedoch nicht dem Original. Andererseits gibt's ja heute kaum noch Hammond"oganisten", die überhaupt richtig Pedal spielen können, geschweige denn mit den alten polyphonen Pedalen klar kommen...

Aus technischer Sicht ist nun die Frage, wie denn jetzt überhaupt der Ton erzeugt wird. Meist wird heute über DSPs etc. gearbeitet, dort der Klang berechnet etc.. Das Problem dabei ist, daß diese Rechenleistung nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Dies versucht man zu umgehen, in dem man nun in den DSPs mehrere Kanäle implementiert, die diese Berechnungen nun (je nach Ausführung mehr oder minder) parallel ausführen können, was die Gesamtleistung erhöht. Eine entscheidende Frage bei derartigen Ansätzen ist nun, wie die Berechnungen laufen. Müssen jetzt erst pro Taste die einzelnen neun Töne berechnet werden und wird dann daraus gemäß den Zugriegeln eine Summe gebildet oder ist der Algorithmus komplexer und berechnet gleich das Summensignal aller Töne etc. Dies alles hat letztlich Auswirkungen auf das, was ausgegeben wird und hörbar ist. Wichtig bei dieser Art von System ist zu verstehen, daß es eben nicht "nur" 96 Töne gibt, die erzeugt werden müssen, sondern daß für gleiche Töne (z.B. C 8' und c 16') zwei der verfügbaren Klangerzeugungsmechanismen eingesetzt werden müssen. Analoges gilt auch für die Summenberechnung pro Taste. Auch hier muß für jede Taste ein Klangerzeugungsmechanismus eingesetzt werden, auch wenn gleiche Töne erzeugt werden. Übrigens ist die Frage, welche Art eines Algorithmus letztlich zur Anwendung kommt auch immer eine Frage der eingesetzten Hardware.

Somit müßten unter der Annahme des ersten Verfahrens max. 2 * 9 * 61 + 2 * 25 Klangerzeuger, also 1148 Klangerzeuger zur Verfügung stehen. Für die zweite Variante 147.

Da dies je nach eingesetzter Hardware nicht immer oder nur mit entsprechendem Mitteleinsatz (und somit entsprechend hohem Verkaufspreis) machbar ist wird sich oftmals damit beholfen, daß man davon ausgeht, daß eigentlich nie alle Tasten gleichzeitig gedrück werden. Wenn man nun davon ausgeht, daß vollgriffig beidhändig und mit beiden Füßen gespielt wird, so werden (bei melodiösem Spiel - Glissandi einmal außen vor) seltenst mehr als 12 Tasten und 4 Pedale gleichzeitig gedrückt sein. Damit käme man im Falle des ersten Beispiels mit 116 Klangerzeugern und im zweiten Beispiel mit 16 Klangerzeugern hin. Alles, was darüber hinaus geht, würde dann wegfallen und wäre nicht mehr hörbar. Um diese Effekte gering zu halten, werden in derartigen Fällen Berechnungen angestellt, die dann die vermeindlich unwichtigsten (=am wenigsten wahrnehmbaren) Teile zu Gunsten der prägnanten Teile ausschalten.

Anders sieht es hingegen aus, wenn noch Sustain zum Einsatz kommt (was dem Original ja nicht entspricht). Hier können während der Ausklingphase ja durchaus neue Töne hinzukommen, womit man hier wiederum den vollen Umfang der Tonerzeuger bräuchte. Jedoch wird auch hier oft der soeben beschriebene Weg beschritten.

Um jetzt auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Wenn eines der auf DSPs aufsetzenden Verfahren die Möglichkeit beitet, alle Tasten mit allen Fußlagen (und je nach Auslegung das Pedal mono- oder polyphon) gleichzeitig erklingen zu lassen ohne etwas herauszurechnen, dann ist dies mMn. in Bezug auf einen Hammond-Klon vollpolyphon. Ist dies nicht oder nicht vollständig möglich, dann wäre so gesehen der Klon auch nicht als vollpolyphon zu bezeichnen.

Die Frage, warum nun oftmals diese (für die Hammondorgelemulation eigentlich weniger geeignete) Technik eingesetzt wird, drängt sich auf und ist relativ einfach zu beantworten: Diese Technik eignet sich recht gut, um mit einem Bauteil möglichst viele unterschiedliche Klangformen darstellen zu können (Thema Keyboards und Naturstimmen). Den Entwicklern der Instrumentenhersteller ist diese Technik bekannt und es kann für einen Hammond-Klon ggf. auf schon entwickelte Module zurückgegriffen werden. Dies spart Kosten und minimiert die Notwendigkeit, sich u.U. in neue Verfahren oder Bauteile einarbeiten zu müssen. Gleiches gilt für die Programmierung der Bauteile (sofern notwendig).

In diesem Strang klang ja auch schon an, daß für einen Hammond-Klon ja eigentlich nur 96 konstante Töne zu erzeugen und zu kombinieren sein. Das ist richtig und orientiert sich am Original. Wenn eine Technik eingesetzt wird, die Entsprechendes ohne Einschränkungen nachbildet, so kann man, auch unter Berücksichtgung der zuvor gemachten Ausführungen, ein derartiges Gerät auch als vollpolyphon in Bezug auf einen Hammond-Klon bezeichnen

Viele Grüße

Gerrit
 
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Eigentlich halte ich mich aus derartigen Diskussionen lieber heraus... Ich werde mich hier nicht auf eine Diskussion was besser oder schlechter ist einlassen sondern Euch einfach einmal die technischen Gegebenheiten etwas näherbringen - was durch den Verlauf dieses Stranges angeraten erscheint (zumindest mir)...

Hallo Gerrit,

vielen Dank für Deinen sachlichen Beitrag, der wirklich nötig war und die Streitpunkte sehr gut klärt. „Vollpolyphon“ aus der Werbung sieht bei so manchem Produkt in der Realität doch ganz anders aus. Ich möchte die unsinnige Diskussion nun wirklich nicht neu entfachen, aber zum Nachdenken über folgende Punkte anregen:
  • Die Polyphonieangabe bei der B4000+ ist konkret, man kann sie leicht überprüfen und danach bewerten. Und da es bei der Hammond im Gegensatz zu Sakralorgeln keine zuschaltbaren Register gibt, sogar eindeutig.
  • Was ist mit den Angaben der Marktführer? "Unbegrenzt polyphon" (XK3), „vollpolyphon“ (Clavia) und „nahezu vollpolyphon“ (NUMA)? Ist definiert, was das überhaupt bedeutet? Das, woran der Käufer glaubt oder gleuben soll?
  • Schaut Euch das „Rumgeeiere“ in den Werbebotschaften von Clavia und NUMA an, da ist nur die Rede von 91 simulierten Tonewheels und exakt 147 daraus modellierbaren Tönen. Gleichzeitig? Ist das präzise und seriös oder auch Geblubber?
  • „Voll-Polyphon“ ist auch 2011 keineswegs selbstverständlich: Die neuen und teuren Hammond-SK1 und SK2 sind laut Datenblatt 61-63-fach polyphon (für 2 Manuale!) und 8-fach fürs Pedal, die „nahezu polyphone“ NUMA, unbestritten ein Top-Clone, bringt es nicht einmal auf die 61 im Manual (http://www.keyboardmag.com/article/studiologic-numa-organ/4457)
  • Wie die Polyphonie dann erst mit dem bei Hammond, NUMA und Clavia optionalen Sustain aussieht (ob das sinnvoll oder „vintage“ ist, ist ja eine andere Frage)? Probiert es aus.

Ist das wirklich wichtig? Nein. Ändert das die klangliche Rangfolge der Clones? Nein! Es zeigt nur, dass und wie Marketing-Geblubber sehr effektiv selbst bei den Leuten wirkt, die sich für vollkommen objektiv halten. „Ausreichende Polyphonie“ wäre zwar oft die ehrliche und korrekte Angabe, aber wer von Euch würde das kaufen bzw. nicht nach Zahlen schreien?

Gerrit hatte zum Glück auch auf den „nicht so ganz vernachlässigbaren“ Rechenaufwand bei den Clones hingewiesen. Wenn die Algorithmen für den AMP oder den „simplen“ Leslieffekt tatsächlich so einfach wären, was würde dann den Preis des Ventilators rechtfertigen? Das Design? Die Unwissenheit oder Dummheit der Kunden? Was steht da im Prospekt? „Um auch hohen Ansprüchen zu genügen wurde für den VENTILATOR ein grundlegend neues Rotoreffekt Konzept programmiert, das an Komplexität sicherlich seinesgleichen sucht. Mit der Rechenleistung, die hier verbraten wird, betreiben andere eine komplette Orgel inklusive Leslie® Effekt!“ (http://neo-instruments.de/de/ventilator/ventilator-overview). Ist das kein Marketing-Geblubber? Gleiches gilt übrigens auch für den belächelten Kompressor der B4000+. ”Especially the energy robbing is crucial for organ playing techniques. Acting as a gentle dynamic level compression, it gives you the possibility to do slides across the keyboard with a dynamic sound that is full and pleasant…” (http://www.clavia.se/main.asp?tm=Products&clpm=Nord_C1_Organ). Was bei der C1 ein zentrales Feature war, ist bei der B4000+ ein lächerliches Gimmick?

Seid einfach nicht unfair zu einem “David”, der hier gegen nicht nur einen “Goliath“ antritt.

Mit der B4000+ erhält man einen Expander, der kaum teurer bzw. sogar preiswerter ist als ein reiner Zugriegel-Controller (Ocean Beach / Doepfer). Die Soundengine mit TFT-Display gibt es praktisch gratis. Keine Konkurrenz zu einem Top-Clone, so wie keiner dieser Clones für einen Puristen eine B3 vollwertig ersetzt. Aber nahe genug dran und für viele Zwecke vollkommen ausreichend und ideal. Die Rechenleistung des eingesetzten Sharc-Prozessors finde ich beachtlich. Gerade, wenn man den Preis dafür und die Leistung der Konkurrenzprodukte berücksichtigt. Das DSP-basierte Konzept ist anders als beim HOAX (FPGA ohne DSP), auch das sollte man berücksichtigen.

Ich habe die B4000+ gestern mal getestet und bin von der Qualität (in Relation zum Preis) wirklich beeindruckt. Da kann ich Wilhelm gut verstehen. Es ist die aktuell günstigste Variante, um Stagepianos oder Workstations mit ziemlich guten Hammondsounds aufzupeppen. Viele Einstellmöglichkeiten, daher muss man lange suchen, bis man „seinen“ Hammondsound gefunden hat. Wie oben erwähnt, nicht „der Referenzsound“ fürs Tonstudio, aber echte Zugriegel mit sehr guter Rasterung, deutlich besser/wertiger als bei der Numa. Und die Polyphonie? Die B4000+ hing an einem 88er Roland und erzeugte mindestens 88 Töne gleichzeitig (auch die, die es im Original nicht gibt…). Die Messlatte für die zukünftigen B.A.S.S – Clones u. ä. liegt aber in jedem Fall nicht in Bodennähe.
 
Dann möchte ich noch ergänzend den Plugiator ins Spiel bringen, der aber höchstens noch gebraucht zu ergattern ist. Cineralf z.B. hat ihn.
 
Auf der Ferofish Homepage gibts jetzt Demos
 
Vollpolyphon oder nicht - ohne separaten Leslieeffekt ist das Teil auf den klanglichen Stand von vor 20 Jahren. Die Lesliesimulation eiert, das es einen nur so graust - mich zumindest.
Und dementsprechend nützt mir der günstige Preis auch nix...
 
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