Bernnt
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Hallo Leute,
ich muss etwas loswerden, was mich voller Fragen zurücklässt. Sorry wenn ich jemandem zu nahe treten sollte. Meine Entschuldigung im voraus.
ALSO: Ich war bei einem Konzert. Auf der Bühne war ein Duo - ein Akkordeonist und ein Cellist, die Stücke von Bach, Vivaldi, da Falla, aber auch von zeitgenössischen Komponisten spielten. Das Publikum hieß sie freundlich willkommen. Als sich die beiden hinter ihre Notenpulte setzten, fühlte ich mich unbehaglich. Der Cellist hatte seinen Notenständer etwas tiefer, man konnte sein Gesicht sehen und auch, wie er selbst die Saiten griff und den Bogen bewegte. Vom Akkordeonisten konnte man das nicht sagen: Vor ihm stand ein abgegriffenes hölzernes Konzertnotenpult, auf dem eine noch größere Spanplatte lag, die einen Teil des Kopf des Meisters sowie sein gigantisch großes 47tastiges schwerstgewichtiges MIII-Akkordeon fast komplett verbarg, aber dafür einige Notenseiten tragen konnte. Für mich ist ein Konzert auch ein visuelles Erlebnis. Ich möchte sehen, was Musik mit den Musikern anstellt, wie es sie verzaubert. Pech gehabt. Eine Baumarkt-Pressspanplatte brachte mich um dieses Erlebnis. Der Ton war ja fast immer ganz schön, aber es wäre noch schöner gewesen, wenn die Musik auch ein Gesicht bekommen hätte.
Dann ging es weiter: Die Noten verlangten wohl, dass man den Balg ein wenig weiter aufzieht. Dann knickte der Akkordeonkünstler seinen Hals nach rechts, gleichzeitig stellte er seinen linken Fuß auf die Zehenspitzen, um den Balg wieder zu zu bekommen. Das Gesicht ist während dessen angespannt. Diese Bewegung anzusehen, tat mir weh. Ich verspannte mich. Ich fragte mich, wie es ihm geht, wenn er 10 Jahre älter ist, wer ihm das beigebracht hat und ob das auf seine Schüler nicht abfärben muss. Hoffentlich nicht. Denn man kriegt solch einen Firlefanz nicht so leicht wieder los - das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Mein Lieblingskomponist: Bach. Ein schönes Arrangement. Schön gespielt von beiden. Auch der Ton des Akkordeons gefällt mir. Samtig weich. Der Akkordeonist beginnt das Thema in der rechten Hand. Der Cellist übernimmt das Thema, während der Akkordeonist eine Gegenstimme dazu spielt, leiser, viel leiser, dass man den Cellisten sauber wahrnimmt. Ich höre beide Stimmen. Leider klingt das Akkordeon leiser anders als laut. Andere Tonhöhe. c' in laut ist halt in demselben Register nicht notwendigerweise c' in piano oder gar pianissimo. So sind die beiden gegenläufigen Stimmen der beiden Instrumentalisten leicht gegeneinander verstimmt, obwohl der Cellist absolut sauber intoniert. Fühlt sich nicht gut an. Ich denke, manche Zuhörer merken nur, dass irgendetwas nicht stimmt. Was, ist bestimmt nicht so leicht zu sagen. Künstlerpech, denke ich. Was kann man da machen? Dem Cellisten sagen, er soll nicht so sauber und so schön spielen, dass er mit der mindestens 50.000 EUR teuren in Deutschland für viel Geld aufpolierten Edelkiste aus Castelfidardo harmoniert?
Das Konzert ist zu Ende. Die beiden verbeugen sich, nehmen ihren Applaus entgegen, verlassen das Podium zweimal. Beim dritten Male schauen sie sich an. Soll wohl heißen: "Das Publikum möchte wohl eine Zugabe haben. Wollen wir?" Die Abstimmung der beiden geht zuungunsten des Publikums aus. In dem Ticket, das pro Teilnehmer 20 EUR Minimum kostet, ist das nicht mit drin. So verlassen die beiden nochmals die Bühne, so dass der Applaus schnell verebbt. Zurück bleibt der Pressspanplatten-Notenständer. "Bauhaus, wenn's gut werden muss", tönt die Werbung in meinem Kopf. Ich schaue, dass ich schnell Land gewinne. Meine Ehre für mich und mein Instrument ist spürbar angekratzt.
Und was soll ich sagen? Beide Instrumente waren gut, Cello und Akkordeon klangen gut, die Instrumentalisten waren es auch. Das Repertoire war abwechslungsreich und bot einiges. Doch irgendwie passt das Gefühl nicht. Und es entscheidet der Bauch und nicht der Kopf, ob ein Konzert gut oder geil war. Habe ich zu große Erwartungen? Ich frage mich, was das für mich selber heißt. Auftritt mit Notenpult? Kommt für mich nicht in Frage. Als Akkordeonist mit einem Cellisten spielen - gar nicht so einfach wie gedacht, wenn es polyphon werden soll. Bin ich überkritisch? frage ich mich und denke an einen Uralt-Thread in diesem Forum: Warum finden manche Menschen das Akkordeon schrecklich? Und schließlich: Gibt es nicht Regeln, an die man sich als Akkordeonist halten sollte, wenn man auftritt?
ich muss etwas loswerden, was mich voller Fragen zurücklässt. Sorry wenn ich jemandem zu nahe treten sollte. Meine Entschuldigung im voraus.
ALSO: Ich war bei einem Konzert. Auf der Bühne war ein Duo - ein Akkordeonist und ein Cellist, die Stücke von Bach, Vivaldi, da Falla, aber auch von zeitgenössischen Komponisten spielten. Das Publikum hieß sie freundlich willkommen. Als sich die beiden hinter ihre Notenpulte setzten, fühlte ich mich unbehaglich. Der Cellist hatte seinen Notenständer etwas tiefer, man konnte sein Gesicht sehen und auch, wie er selbst die Saiten griff und den Bogen bewegte. Vom Akkordeonisten konnte man das nicht sagen: Vor ihm stand ein abgegriffenes hölzernes Konzertnotenpult, auf dem eine noch größere Spanplatte lag, die einen Teil des Kopf des Meisters sowie sein gigantisch großes 47tastiges schwerstgewichtiges MIII-Akkordeon fast komplett verbarg, aber dafür einige Notenseiten tragen konnte. Für mich ist ein Konzert auch ein visuelles Erlebnis. Ich möchte sehen, was Musik mit den Musikern anstellt, wie es sie verzaubert. Pech gehabt. Eine Baumarkt-Pressspanplatte brachte mich um dieses Erlebnis. Der Ton war ja fast immer ganz schön, aber es wäre noch schöner gewesen, wenn die Musik auch ein Gesicht bekommen hätte.
Dann ging es weiter: Die Noten verlangten wohl, dass man den Balg ein wenig weiter aufzieht. Dann knickte der Akkordeonkünstler seinen Hals nach rechts, gleichzeitig stellte er seinen linken Fuß auf die Zehenspitzen, um den Balg wieder zu zu bekommen. Das Gesicht ist während dessen angespannt. Diese Bewegung anzusehen, tat mir weh. Ich verspannte mich. Ich fragte mich, wie es ihm geht, wenn er 10 Jahre älter ist, wer ihm das beigebracht hat und ob das auf seine Schüler nicht abfärben muss. Hoffentlich nicht. Denn man kriegt solch einen Firlefanz nicht so leicht wieder los - das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Mein Lieblingskomponist: Bach. Ein schönes Arrangement. Schön gespielt von beiden. Auch der Ton des Akkordeons gefällt mir. Samtig weich. Der Akkordeonist beginnt das Thema in der rechten Hand. Der Cellist übernimmt das Thema, während der Akkordeonist eine Gegenstimme dazu spielt, leiser, viel leiser, dass man den Cellisten sauber wahrnimmt. Ich höre beide Stimmen. Leider klingt das Akkordeon leiser anders als laut. Andere Tonhöhe. c' in laut ist halt in demselben Register nicht notwendigerweise c' in piano oder gar pianissimo. So sind die beiden gegenläufigen Stimmen der beiden Instrumentalisten leicht gegeneinander verstimmt, obwohl der Cellist absolut sauber intoniert. Fühlt sich nicht gut an. Ich denke, manche Zuhörer merken nur, dass irgendetwas nicht stimmt. Was, ist bestimmt nicht so leicht zu sagen. Künstlerpech, denke ich. Was kann man da machen? Dem Cellisten sagen, er soll nicht so sauber und so schön spielen, dass er mit der mindestens 50.000 EUR teuren in Deutschland für viel Geld aufpolierten Edelkiste aus Castelfidardo harmoniert?
Das Konzert ist zu Ende. Die beiden verbeugen sich, nehmen ihren Applaus entgegen, verlassen das Podium zweimal. Beim dritten Male schauen sie sich an. Soll wohl heißen: "Das Publikum möchte wohl eine Zugabe haben. Wollen wir?" Die Abstimmung der beiden geht zuungunsten des Publikums aus. In dem Ticket, das pro Teilnehmer 20 EUR Minimum kostet, ist das nicht mit drin. So verlassen die beiden nochmals die Bühne, so dass der Applaus schnell verebbt. Zurück bleibt der Pressspanplatten-Notenständer. "Bauhaus, wenn's gut werden muss", tönt die Werbung in meinem Kopf. Ich schaue, dass ich schnell Land gewinne. Meine Ehre für mich und mein Instrument ist spürbar angekratzt.
Und was soll ich sagen? Beide Instrumente waren gut, Cello und Akkordeon klangen gut, die Instrumentalisten waren es auch. Das Repertoire war abwechslungsreich und bot einiges. Doch irgendwie passt das Gefühl nicht. Und es entscheidet der Bauch und nicht der Kopf, ob ein Konzert gut oder geil war. Habe ich zu große Erwartungen? Ich frage mich, was das für mich selber heißt. Auftritt mit Notenpult? Kommt für mich nicht in Frage. Als Akkordeonist mit einem Cellisten spielen - gar nicht so einfach wie gedacht, wenn es polyphon werden soll. Bin ich überkritisch? frage ich mich und denke an einen Uralt-Thread in diesem Forum: Warum finden manche Menschen das Akkordeon schrecklich? Und schließlich: Gibt es nicht Regeln, an die man sich als Akkordeonist halten sollte, wenn man auftritt?