"nach Fingersatz" spielen
... ist meines Erachtens das geringere Problem und unter bestimmten Umständen sogar sinnvoll. Die größere "Gefahr" ist eine Note-Finger-Fixierung. Das ist kein "Zahlenproblem" sondern eine fixierte Auge-Hand-Koordination von Noten und Fingern, die schnell entsteht, wenn in einem eng begrenzten Tastenbereich gespielt wird. Meine Schüler schreiben nur dann Zahlen an Noten, wenn es wirklich notwendig ist. Also kann ich ausschließen, dass sie nach Zahlen spielen. Dennoch zeigt sich, dass ein nur leicht verschobener Lagenwechsel dazu führen kann, dass sich beim Anblick bestimmter Noten ein ganz bestimmter Finger in Bewegung setzt und der Positionswechsel der Hand in diesem Moment anscheinend ausgeblendet wurde. Je größer der Positionswechsel ist, um so leichter ist es, eine fixierte Auge-Hand-Koordination aufzubrechen und zu lernen, die Abstände zwischenden Tonhöhen im Notenbild zu realisieren und in Fingebewegungen umzusetzen. Wenn sich da eine Blockade zeigt, schreiben wir die Fingerzahlen an die Noten, um an "strategischen Punkten" Fingerpositionen sichtbar zu machen.
Früh einsetzende Lagenwechsel sind meines Erachtens also vor allem notwendig, um die einseitige Verknüpfung zwischen Note und Finger zu verhindern. Wenn an bestimmten Stellen immer wieder ein falscher Finger "zuckt", werden Fingersatzzahlen punktuell als didaktisches Hilfsmittel eingesetzt. Das unterstützt die Erkenntnis, dass jede Note eine ganz bestimmte Taste auf dem Klavier meint, mit welchem Finger die gespielt wird, ist dagegen salopp gesagt "wurscht".
Wichtig ist, dass man lernt, sich nicht einfach irgendwie dahin treiben zu lassen und die Finger laufen lässt, wie es gerade kommt, sondern sich ansieht, welche Tasten in einer Melodie bzw. Begleitung benutzt werden und sich dann überlegt, mit welcher Handposition und welchen Lagenwechseln man am besten durch die Melodie kommt. Wenn der Herausgeber bereits einen Fingersatz eingetragen hat, versucht man zu ergründen, warum er den so und nicht anders gesetzt hat hat oder ob es Alternativen gibt, die für die Größe der eigenen Hand besser passen oder sich besser anfühlen ... oder ob da eine pädagogische Absicht hinter dem vorgegebenen Fingersatz stecken könnte.
Für einen guten und sicheren Spielfluss, sowie eine geschmeidige Handbewegung ist ein gut durchdacher und konsequent durchgehaltener Fingersatz sehr wichtig. Damit sich der einprägt, wird er an entscheidenden Stellen, also dort, wo Kreuzungen oder Lagenwechsel angesetzt werden, an die Noten geschrieben. So ist die Chance am größten, dass der herausgearbeitete Fingersatz nicht immer wieder geändert wird.
Der langen Rede kurzer Sinn:
Fingersatz (bzw. Zahlen) sinnvoll genutzt ist wichtig und richtig. Die Menge macht das Gift. ;-)
Gruß
Lisa