Ja, wo denn zum Beispiel? Ich glaube das hat hier keiner behauptet.
Es wurden wiederholt Szenarien gezeichnet, wie weit man mit Theorie allein kommt. "Mit Theorie allein hast du keine Praxis", "Theorie allein bringt einen nur so weit" etc. Ja, genau, das bezweifelt auch niemand
. Keiner in diesem Thread betreibt Theorie im Vakuum oder als Selbstzweck. Das einzige, was manche von uns isoliert betreiben, ist die Praxis. Manche hier machen also Praxis ohne Theorie, aber keiner macht Theorie ohne Praxis
.
Ist Solos spielen jetzt der Inbegriff von "gut Gitarre spielen"?
Die Gitarre ist im Allgemeinen sowohl ein Rhythmus- / Harmonieinstrument als auch ein Melodieinstrument. Wenn man sich aus Prinzip dafür entscheidet, nur das halbe Instrument zu lernen, ist man in seinen musikalischen Möglichkeiten stark eingeschränkt. Über einen Pianisten, der nur Akkorde legt, anstatt auch Melodien zu spielen, würde ich übrigens dasselbe sagen. Genauso wie über einen Sänger, der nur solo und nicht mehrstimmig mit anderen singen kann.
Natürlich gibt es Genres, die hauptsächlich nur Rhythmusspiel erfordern. Und es ist völlig legitim, dass Musiker diese Genres spielen wollen; ich widerspreche nur folgender Pauschalannahme:
Es gibt viele Bands, die so gut wie gar keine Melodien spielen. Und eben nicht weil sie es nicht besser können, sondern weil es halt Leute gibt, die sowas geil finden.
Einen Beweis, dass derjenige das kann, habe ich erst, wenn er es auch demonstriert. Vorher brauche ich davon nicht auszugehen
. Das bedeutet nicht, dass er es in jedem Song demonstrieren muss - DragonForce gehen mir auch nach ein paar Songs auf die Eier, weil die einem es in absolut jedem Song unter die Nase halten müssen und die Musik dadurch wirkt, als hätte man über technische Masturbation hinaus nicht viel zu bieten
. Am besten gefallen mir üblicherweise die Gitarristen, die in erster Linie songdienlich spielen, und dann, wenn der Song es tatsächlich erfordert oder es einfach passt, auch mal richtig vom Leder ziehen.
Generell haben wir auch im Gesangsforum schon oft festgestellt: Wenn ein Musiker etwas bestimmtes kann, dann lassen die meisten es sich nicht nehmen, das in mindestens einem ihrer Songs zu zeigen
. Gerade in Wettbewerbssituationen, so wie gestern Abend, das war ja ein Bandcontest. Wenn also jemand in keinem einzigen Song über eine bestimmte Tonhöhe hinausgeht (bei Sängern / Blasinstrumenten), über ein bestimmtes Tempo, oder eben in keinem Song auch nur die geringste Melodie spielt, dann kann man ab einer gewissen kritischen Masse ausgehen, dass da auch ein gewisser systematischer Grund vorliegt und derjenige da eine Grenze hat. Das macht ihn nicht pauschal zu einem "schlechten" Musiker, aber es ist dann eben auch relativ offensichtlich, dass es Leute gibt, die noch besser sind - weil sie eben diese Grenze oder Einschränkung nicht haben.
die Vermutung nahe, dass bei dir entweder nur derbe Grind Bands spielen (Stichwort Insect Warfare ^^)
Ich habe solche Bands jetzt sowohl in Aachen als auch in Köln gesehen. Die growlen oder screamen auch nicht alle, manche shouten auch einfach nur klar oder "singen" sogar irgendwelche definierten Tonhöhen, die passen aber nicht erkennbar zum Rest der Musik
. Natürlich sind Aachen und Köln jetzt nicht super weit von einander entfernt, aber doch zwei unterschiedliche "Ballungsgebiete".
weitere Annahme würde durch den eingestreuten Singer/Songwriter-Kram bestätigt werden, deutet nämlich auf sehr lokale Geschichten hin, man lässt halt das spielen, was greifbar ist.
Ich kann dir sagen, wie das gestern ausgegangen ist: Der Frontmann der einen Death Metal-Band ist eine absolute Rampensau und Stimmungskanone. Wenn er die Leute zum Mitmachen animiert hat, wirkte das von seiner Seite nie gezwungen oder peinlich, absolut authentisch und gekonnt. Aber trotzdem war das Publikum nicht besonders dazu zu animieren, man merkte regelrecht immer ein Verzögerung von mehreren Sekunden, bis die mal auf eine Aufforderung "ansprangen" - weil die Musik eben erkennbar nicht so mitgerissen hat. Da konnte er noch so viel Energie reingeben. Gelandet ist die Band auf dem letzten Platz.
Die zweite Death Metal-Truppe hatte einen vielversprechenden Anfang mit so einem Spieluhr-Intro, wo man dachte, jetzt geht's gleich in die Melodic Death Metal-Ecke. Leider war dieses Intro das einzige, was melodisch war. Zu bewundern waren, wie bei der ersten Band auch schon, gekonnte Screams und tightes Rhythmusspiel, klar. Leider haben die beiden direkt hintereinander gespielt, also eine Stunde am Stück ein und derselbe Akkord in diversen, minimal verschiedenen rhythmischen Variationen. Den Liedtext kann ich auch noch: "Ya ya ya ya ya"
(vor allem bei dem zweiten, der war Inhale Screamer, da verstand man praktisch nichts). Im Prinzip also reine Perkussion + Screams.
Wer ist weiter vorne gelandet? Die holländische Oldschool-Rock-Truppe als dritte, dann auf dem zweiten Platz eine Band, die deutlich mehr von Punk als vom Metal inspiriert schien, und auf dem ersten Platz die Alternative-Band, die sich zwischendurch die Zeit für eine Akustiknummer genommen hat
. Da hatten dann alle die Feuerzeuge und Handy-Taschenlampen oben.