Musikalische Selbstüberschätzung; ein deutsches Phänomen?

  • Ersteller MarkFrisch20
  • Erstellt am
Also ein Bekannter von mir , ein guter Gitarrist der von seiner Musik lebt hat mal bei einem Gig in der Häckerwirtschaft eine runde deutsche Schlager gespielt. Daruf angesprochen folgender Kommentar: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
Will heißen deine Musik soll dem Publikum gefallen und das Publikum unterhalten. Wenn die Zuhörer Spaß haben haben wir unser Ziel erreicht, egal ob mit einem 2 tone Song oder einer virtuosen Vorstellung. Und die sympatischsten Musiker sind die, die Leistung Ihrer Kollegen anerkennen und nicht vergessen, das noch kein Meister vom Himmel gefallen ist und wir alle mal ganz klein mit dem ersten Akkord angefangen haben:great:

Gruß
 
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schoscho
  • Gelöscht von GEH
  • Grund: Netiquette - Board-Regel 3
schoscho
  • Gelöscht von GEH
  • Grund: Du kannst in sachlichem Ton die Einstellung anderer ablehnen, aber nicht in deiner Fäkalsprache
ich würde meinen schoppen wein (passt das zur "häckerwirtschaft"?) zwar lieber sinnig mit einer derartigen

musikalischen untermalung trinken, allerdings auch nicht ´rauslaufen, wenn "populäre" oder "volkstümliche" musik dargeboten werden würde und sich der rest der kundschaft dran erfreut. ist dann eben "musik zur geselligkeit" und wir wären in dem konkreten fall nicht in hermann hesses utopia ;)
 
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Ich glaube, dass es unter Musikern einfach eine Menge Selbstdarsteller und Exhibitionisten gibt; das liegt in der Natur der Sache.
Der Rest ist eine Frage der statistichen Verteilung. In Regionen wie den US, Irland oder dem südlichen Europa ist der Umgang mit der Musik aus meiner Sicht freier und wird häufig
durch das familiäre Zusammenleben begünstigt. Ich war in den 80ern über ein halbes Jahr in Fanklin / Ky und daher jede Woche in Nashville. Dort gehen die Musiker zur
Arbeit wie hier die Drehstuhlpiloten; da wird nicht über das Können gesprochen sondern maximal über bestimmte Projekte. In den Straßen unseres recht langweiligen
Dorfes war es üblich, dass Kinder sich gegenseitig besuchten und zusammen musizierten, tw. wurden Kinder- und Familiengigs vor den Garagen organisiert, und die Nachbarn
versammelten sich ohne irgendeine vorherige Einladung. Das gehört zum normalen Kinderralltag. In dieser Zeit habe ich nie das Gefühl gehabt, dass jemand über seine musikalischen
Fähigkeiten berichtet oder dieselben zur Schau gestellt hat. Daraus ableiten kann ich jedoch nichts. Ich denke eher, dass die Selbstüberschätzung heute schneller auffällt,
da ihr durch Plattformen wie einem Forum oder Yt Raum gegeben wird, andere zu erreichen. Gleichsam wird dieser Effekt davon begleitet, dass er sich heute schneller ein oberflächliches Halbwissen aneignen kann,
um mitreden oder Stücke ohne Beatgefühl halbwegs nachspielen zu können.
So ist das aber auch bei allen anderen Communities. Bspw. bei den Motosportlern findet man genauso viele Möchtegernfahrer, die ihre Knieschleifer mit dem Winkelschleifer
bearbeiten, damit es vor der Eisdiele cool aussieht, der Profi merkt das natürllich genauso wie bei den Musikern.
Man sollte es einfach nicht überbewerten, dass der Sichselbstüberschätzende noch etwas Zeit braucht, merkt er i. d. R. irgenwann selbst.
 
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So ist das aber auch bei allen anderen Communities. Bspw. bei den Motosportlern findet man genauso viele Möchtegernfahrer, die ihre Knieschleifer mit dem Winkelschleifer bearbeiten, damit es vor der Eisdiele cool aussieht, der Profi merkt das natürllich genauso wie bei den Musikern.

Warum muss ich hier nur zwangsläufig an die ganzen "gerelicten" und "geagedten" Gitarrenmodelle denken, die es mittlerweile in allen Preisklassen gibt...?
Ohne Nachfrage des Marktes gäbe es kein so großes Angebot.
 
Mag aber auch sein, dass wir in den communities so ein bisschen angeben bis zu einem gewissen grad "erwarten". Wenn hier jemand in der kaufberatung auftaucht und nach einer schönen blauen gitarre fragt, ob die gut ist, weil sie so schön blau ist, dann wird ihm schnell erklärt, dass man gitarren doch bitteschön nach dem klang kaufen soll und nicht nach der optik. Stimmt ja eigentlich auch.

Aber derjenige welcher da fragt, ist vielleicht nur ehrlich; er ist anfänger und kann weder seine gitarre nach gehör stimmen noch wäre er in der lage, die akkorde von "Hänschen Klein" herauszuhören; er hat die ohren noch gar nicht, um den klang einschätzen zu können.

Würde derselbe anfänger nach einer gitarre mit ordentlich wumms in den bässen, subtilen mitten und schillernden höhen fragen, würde sich niemand beklagen, selbst wenn der gleichzeitig in der spieltechnik einen thread mit der bitte um die "Hänschen Klein"-akkorde offen hätte.

So ein bisschen versnobt sind wir halt manchmal schon :)

Gruss, Ben
 
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Authentizität ist mir wichtig - in allen Bereichen.



Und ja - ich spiele nicht gut, aber gerne, und häufig, und gerne ansteckend, und dann ist gut.
 
In den Straßen unseres recht langweiligen Dorfes war es üblich, dass Kinder sich gegenseitig besuchten und zusammen musizierten, tw. wurden Kinder- und Familiengigs vor den Garagen organisiert, und die Nachbarn versammelten sich ohne irgendeine vorherige Einladung. Das gehört zum normalen Kinderralltag. In dieser Zeit habe ich nie das Gefühl gehabt, dass jemand über seine musikalischen Fähigkeiten berichtet oder dieselben zur Schau gestellt hat.
Interessanter Aspekt. Aus Gründen, die wir woanders diskutieren könnten, gibt es bei uns sowas wie nie lebendige musikalische Tradition (so gut wie) nicht. Es gibt also für die Allermeisten auch keine musikalische Praxis, in die die nächste Generation hineinwachsen könnte.
Das begünstigt das Gefühl, dass musikalisch gerade das Rad neu erfunden wird. Und mann als Teil dieser neuen Generation schon deshalb, weil man "dabei" ist, was ganz Besonderes darstellt.
 
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Das gehört zum normalen Kinderralltag. In dieser Zeit habe ich nie das Gefühl gehabt, dass jemand über seine musikalischen
Fähigkeiten berichtet oder dieselben zur Schau gestellt hat. Daraus ableiten kann ich jedoch nichts. Ich denke eher, dass die Selbstüberschätzung heute schneller auffällt,
da ihr durch Plattformen wie einem Forum oder Yt Raum gegeben wird, andere zu erreichen. Gleichsam wird dieser Effekt davon begleitet, dass er sich heute schneller ein oberflächliches Halbwissen aneignen kann,
um mitreden oder Stücke ohne Beatgefühl halbwegs nachspielen zu können.
So ist das aber auch bei allen anderen Communities.

... jupp, ganz wichtig! Genauso bei den Bergsteigern, den Seglern, den Komponisten, den Wissenschaftlern, den ... - je nachdem, was den Alltag ausmacht. Sicherlich ist Musik noch etwas anders als von mir aus Bergsteigen, wie es die Projektionsfläche für persönliche Träume von sehr vielen ist und ein wesentlicher Teil der heutigen Populärkultur, entsprechend ein großer Markt an Medien existiert. (Vor 35 Jahren gab es z.B. in Deutschland gerade mal das "Fachblatt" und "Spotlight" kam auf den Markt, heute ist der Markt mit Instrumentenzeitschriften überschwemmt.)

Ich bin natürlich auch völlig begeistert von mir, wenn ich unser Boot auch nur ein Viertel so gut lackiert habe, wie die Handwerker aus dem Seglerverein... Etwas (unberechtigter) Stolz mag da jedem gegönnt sein-)
 
Ein guter Musiker ist ein guter Mensch.
Wir haben in unserem Proberaum eine eigene Bühne sowie einen ausreichend großen Zuhörerbereich (ca. max. 50 Leute).
Einmal die Woche ist Session und Open Stage für jeden Anwesenden (oft auch bisher unbekannte Leute). Die Konstellation ist jedesmal anders und es ist kein Stil und keinerlei Absprache vorgegeben..
Leute, die anderen was beweisen wollen, stehen ziemlich schnell alleine auf der Bühne.
Die Kunst besteht eher darin, echte (also auch echt wirkende), eigene akustische Vorschläge anzuspielen und auf das Einsteigen der anderen zu hoffen. Andersherum ist natürlich Sensibilität bei dem eigenen Beitrag zur aktuellen Musik gefragt. Jam-Session halt, was rede ich, ihr wisst ja, was gemeint ist.
Ich konnte da noch keine Unterschiede bei den Nationalitäten beobachten. Musiker sind manchmal seltsame, vertrackte Personen; aber im Moment der Wahrheit zählt nur das Gute im Menschen.

Wenn einem gehäuft Selbstdarsteller über den Weg laufen, dann ist das halt persönliches Pech. Das geht vorbei; muss man nicht auf unser Land projizieren. Ich finde das nicht des Ärgerns wert; - und belehren lässt sich sowieso niemand.
 
Es gibt viel mehr! Da sind Welten die vielen Gitarristen unentdeckt bleiben.
Es ist nicht getan mit ein paar Akkorden die auf der Gitarre im 4/4 Takt unsicher geschrammelt werden!

Ich finde es interessant dass Du Deinen Beitrag damit beginnst, dass die Leute in den spanischsprachigen Ländern viel bescheidener sind was ihr eigenes Können angeht, Du dann aber dazu übergehst so beinahe jeden als technisch unversiert hinzustellen, der Deinen Ansprüchen nicht genüg. Das funktioniert irgendwie nicht so ganz, oder? Viele Gitarristen sind Selbstdarsteller, das lässt sich auch hier im Forum gut verfolgen. Es gibt etliche Beiträge mit Wortlauten wie "Wie kann die Band nur erfolgreich sein? Der Gitarrist kann nichtmal sweepen/tappen/insert-your-favourite-Metal-technique-here/...". Mit deinem Beitrag machst Du aber auch nicht den Eindruck, als würdest Du Dich von dieser Masse abheben.

Ich will nicht sagen, dass Dein Beitrag nicht zumindest in Teilen auch der Wahrheit entspricht. Diesen elitären Unterton hingegen finde ich ziemlich frech, wenn ich ehrlich sein soll.
 
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Also youtube ist schon mal kein guter Maßstab, denn jeder kann 20 takes schneiden bis es perfekt aussieht, diese Selbstherrlichkeit hat nichts mit Können zutun.

Gute Gitarristen und deutschen Musikern allgemein fehlt vielleicht etwas Biss. Mut und Risikobereitschaft ist hier nicht sonderlich groß, die Ängste und Abhängigkeit dominieren in Deutschland.

Hinzu kommt das man in Deutschland die eigenen Musiker nur wenig fördert, man holt sich lieber Musiker aus dem Ausland. Eine totale Entwicklungsbremse. Das beste Beispiel ist das Radio und TV Shows. Nicht nur die Künstler kommen aus dem Ausland sondern auch das Programm und die Ideen selbst, denn nur was sich bereits im Ausland beweisen konnte ist würdig für eine Investition in Deutschland. Die Sicherheitsdenke ist einfach viel zu hoch.

In Deutschland gibt es keine musikalische Weiterentwicklung wie in England oder den USA und warum liegt klar auf der Hand, weil man die falsche Einstellung zur Musik hat. Allein die Tatsache das sich deutsche Sänger vor einflussreiche Produzenten hinstellen und den Anspruch erheben nur deutsch singen zu wollen, zeigt wie unflexibel und arrogant sie sind, träumen aber von einer internationalen Karriere und halten sich für die Größten. Wenn man nur im Dorf spielt oder in Deutschland sein Ding machen will ist das völlig ok, aber ansonsten sollte man die Erwartungshaltung mal etwas zurückdrehen, und sich wie im Sport erstmal mit der ausländischen Konkurrenz messen denn da schneiden Deutsche in musikalischen Wettbewerben völlig zu Recht eher schlecht ab.

Wer die Weltspitze sucht wird sie musikalisch nicht in Deutschland finden. Deutsche Musiker mit Weltklasse Niveau gibt es trotzdem nur sind die um einiges bescheidener als die angesprochenen Profilneurotiker und haben ihren Weg meistens über das Ausland gemacht bzw. machen müssen.
 
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Geht's um Musiker oder um Geschäftsleute?
 
Hat der TE doch sehr deutlich beschrieben, um Arroganz und Selbstüberschätzung.
 
Das weiss ich sehr wohl.
Du beschreibst in deinem Beitrag zum Thema die geschäftliche Professionalität und deren Grundlagen in Deutschland.
Du beschreibst die Einstellung der Musiker als falsch.
Ich würde gerne von dir wissen, ob du das Thema hier als auf das Geschäft "Musiker" oder "Profimusiker" bezogen betrachtest, oder auf die musikalischen Belange, weil du als erster zu diesen eigentlich nichts geschrieben hast.

Bin ja selbst am zweifeln, ob ich das ganze richtig verstehe, ich dachte, es ginge um Selbstüberschätzung am Instrument, nicht auf dem Markt.

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Es gibt also für die Allermeisten auch keine musikalische Praxis, in die die nächste Generation hineinwachsen könnte.
Das begünstigt das Gefühl, dass musikalisch gerade das Rad neu erfunden wird. Und mann als Teil dieser neuen Generation schon deshalb, weil man "dabei" ist, was ganz Besonderes darstellt.
Auch da denke ich, dass dieser Aspekt alle Länder der Erde gleichermaßen betrifft.
Als der Blues über England kam und nach Amerika zurückschwappte, war das kein Fortführen einer englischen Tradition.
Beat und Rock sind überall neu gewesen und höchstens die Kinder der 68er können auf eine superkurze Tradition zurückgreifen.

Deinen letzten Satz kann ich aus Gründen, die ich beim Altersunterschied vermute, nicht deuten. Welche Musik empfindest du als "neues Rad"?
 
Bin ja selbst am zweifeln, ob ich das ganze richtig verstehe, ich dachte, es ginge um Selbstüberschätzung am Instrument, nicht auf dem Markt.

Der Markt besteht nunmal aus Musikern und wer soll da nachrücken wenn posing und Selbstüberschätzung scheinbar wichtiger sind als anspruchsvolle Musik oder aussergewöhnliche Leistungen am Instrument?

In der deutschen Musik reicht es aus nur durchschnittliche Leistungen zu bringen, die nicht sonderlich hervorstechen.
Erfolg in der Musik wird in Deutschland kommerziell ganz anders und meines Erachtens handwerklich nicht besonders gut sondern nur befriedigend praktiziert. Sonst würden die Toten Hosen kaum einen Preis für das beste Album bekommen.

Es sei ihnen gegönnt, aber was ist daran Weltklasse?

Das ist nunmal Selbstüberschätzung, und das schlimme ist es reicht in diesem Land aus.
 
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Interessante Diskussion. Ich bin zwar noch nicht lange hier im Musiker-Forum, aber treibe mich als Hobbyfotograf schon lange in verschiedenen Foto-Foren herum. Das Bild ist dort ganz ähnlich, wie es hier beschrieben wird: Ellenlange Debatten um teures Equipment, semi-professionelles Getue -- und allzu häufig grützschlechte Bilder dazu. Das scheint mir aber eher ein Foren-Problem zu sein als eines von Fotografen/Musikern.

Dass man das Gelernte auch und gerade zu Beginn anderen zugänglich macht, finde ich wiederum sehr verständlich. Früher waren es eben Musikschulkonzerte und der Familiengeburtstag, heute postet man es bei Youtube. Wenn man dann noch positives Feedback bekommt, motiviert das ungemein. Daran würde ich keinen Anstoß nehmen. Und diejenigen Musiker, die ich kenne und ihr Geld damit verdienen (das sind nicht wenige), sind durchaus in der Lage, ihr Können realistisch einzuschätzen -- wobei es denen ohnehin um ihre Musik und nicht um Spieltechniken o.Ä. geht.

Insgesamt ist es in der Musik mit der Lernkurve wohl wie bei vielen anderen Dingen: Zuerst hat man das Gefühl, gar nichts zu können; wenn man eine Weile dabei ist und schon einiges kann, glaubt man irgendwann, die Sache zu beherrschen -- und wenn man dann noch ein paar Jahre weiter ist, merkt man erstmal, wie unglaublich viel man noch NICHT kann, und lernt allmählich, sich richtig einzuschätzen. Meines Erachtens ein völlig normaler Lernprozess.

Gruß Jens
 
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Der Markt besteht nunmal aus Musikern und wer soll da nachrücken wenn posing und Selbstüberschätzung scheinbar wichtiger sind als anspruchsvolle Musik oder aussergewöhnliche Leistungen am Instrument?
Ich finde, es macht schon einen fundamentalen Unterschied, ob ein Musiker (egal ob selbstüberschätzend oder tiefstapelnd) sich hobbymäßig unter gleichgesinnten musikalisch bewegt, oder ob es um den "Künstler" auf dem Markt geht.

DaDaDa von Trio war nicht zu unterbieten, auf dem Markt aber ein Kaliber.
Die Hosen mag man mögen oder nicht, die Güte ihrer Musik hat mit ihrem Marktwert praktisch nichts zu tun, - und so ist es bei fast allen bekannten Produkten.
Betrachtet man den Musiker dagegen nicht als Hersteller von Produkten, sondern als musizierenden Menschen, der sich selbst und die Beherrschung seines Instrumentes und der Musik nicht ehrlich darstellt, dann geht es um zwischenmenschliche Belange.

Ich persönlich bin gerade recht heftig gegen die Wand gefahren, weil ich mein Potential in Punkto Jassbassist doch ziemlich überschätzt hatte. Ich werde mir das abschminken müssen und kleinere (Rock)brötchen backen.
Selbstüberschätzung und deren Darstellung gegenüber anderen ist unschön, aber nicht besonders exklusiv. Sie kommt auf allen Gebieten, überall und immer vor; ist praktisch ein Volkssport. Dass Amerikaner darin schlechter sein sollen als Deutsche, kann ich mir wirklich kaum vorstellen.
In der Kunst gehört sie praktisch zum Erfolg zwingend dazu.
 
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Ich finde, es macht schon einen fundamentalen Unterschied, ob ein Musiker (egal ob selbstüberschätzend oder tiefstapelnd) sich hobbymäßig unter gleichgesinnten musikalisch bewegt, oder ob es um den "Künstler" auf dem Markt geht.
Das würde ich auch so sehen. Erfolg auf dem "Kunstmarkt", egal ob Bildende Kunst, Schauspielerei, Musik, Literatur .... hat wenig mit der Qualität des Dargebotenen zu tun und noch viel weniger damit, wie die Erfolgreichen ihr Handwerk beherrschen. Wieso das allerdings ein besonders "Deutsches" Phänomen sein sollte, erschließt sich mir, als EU Bürger nichtdeutscher Herkunft, nicht wirklich. Müll, der sich gut verkauft, wird doch überall produziert, nur kriegt man es aus ferneren Ländern nicht so unmittelbar mit.
 
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Die Hosen mag man mögen oder nicht, die Güte ihrer Musik hat mit ihrem Marktwert praktisch nichts zu tun, - und so ist es bei fast allen bekannten Produkten.

Es sind deutsche Musiker, und zwar Profis also reden wir nicht lange drum herum was das fachliche Können angeht. Es ist nur durchschnittlich.

Betrachtet man den Musiker dagegen nicht als Hersteller von Produkten, sondern als musizierenden Menschen, der sich selbst und die Beherrschung seines Instrumentes und der Musik nicht ehrlich darstellt, dann geht es um zwischenmenschliche Belange.

Hier geht es nicht um Persönlichkeit oder Sympathie sondern in erster Linie um musikalische Leistung.
Zumindest dann wenn man einen auf dicke Hose macht oder renommierte Musikpreise annimmt.

Ich persönlich bin gerade recht heftig gegen die Wand gefahren, weil ich mein Potential in Punkto Jassbassist doch ziemlich überschätzt hatte. Ich werde mir das abschminken müssen und kleinere (Rock)brötchen backen

Du bist eben realistisch und arbeitest daran besser zu werden anstatt wie viele andere alles hinter ihrem Narzismus zu verstecken.
Und wahrscheinlich wärst Du auch nicht überheblich geworden wenn es geklappt hätte.

Das ist eben nochmal ein kleiner Unterschied wenn man sich in der Öffentlichkeit präsentiert egal ob Hobby oder Profi.
 
Sonst würden die Toten Hosen kaum einen Preis für das beste Album bekommen.
[..]
Das ist nunmal Selbstüberschätzung

Was ist denn daran Selbstüberschätzung?
Es gibt zig Interviews, wo der Sänger der Toten Hosen sagt, dass er eigentlich überhaupt nicht singen kann. (und das kann man auch bestätigen)
Selbstüberschätzung wäre es ja erst dann, wenn die Hosen selbst sagen würden, dass sie die total super Übermusiker sind. Tun sie aber nicht.
In dem Fall, dass sie mit Preisen ausgezeichnet werden, ist es wohl eher die Einschätzung einer Jury, die man diskutieren müsste. Da kann dann alles Mögliche bei rauskommen...

Generell hat aber kommerzieller Erfolg nicht zwangsläufig wirklich was mit "Können" am Instrument zu tun. Ich gehe aber soweit zu behaupten, dass das in den letzten Hundert Jahren schon immer so war.
Oft sind es die total einfach Dinge, die gut bei der Masse ankommen, eben weil sie leicht zu erfassen sind. Aber das wäre ein anderes Thema. Und auch nicht A-Gitarren-Spezifisch..

Insgesamt ist es in der Musik mit der Lernkurve wohl wie bei vielen anderen Dingen: Zuerst hat man das Gefühl, gar nichts zu können; wenn man eine Weile dabei ist und schon einiges kann, glaubt man irgendwann, die Sache zu beherrschen -- und wenn man dann noch ein paar Jahre weiter ist, merkt man erstmal, wie unglaublich viel man noch NICHT kann, und lernt allmählich, sich richtig einzuschätzen. Meines Erachtens ein völlig normaler Lernprozess.

Den Satz würde ich nahezu vorbehaltlos unterschreiben.
Wer kann sich schon ernsthaft selbst einschätzen? Dazu müsste man soviel Leute und Zeugs kennen, das ist überhaupt nicht möglich…
In jungen Jahren sowieso ganz und gar nicht.

Ich würde über mich sagen, dass ich mich überhaupt nicht einschätzen kann. Ich kenne mittlerweile so viele Leute, die in Spezialbereichen wahnsinnig gut sind.
Mich persönlich empfinde ich eher als "Allrounder", der verschiedene Stile und Instrumente abdecken möchte. Aber da weiß ich auch, dass ich gegenüber jedem Spezialisten deutlich "schlechter" bin.
Dafür weiß ich z.B. in technischen Dingen oft mehr, als viele meiner Bekannten. Aber es gibt noch so viel, das ich nicht weiß..
Mich da jetzt irgendwie einzuordnen.. das scheitert schon am Vergleich.. sind einfach Äpfel und Birnen..
Mag sein, dass ich mich überschätze, oder unterschätze.. Je nachdem, wen ich frage, bekomme ich auch verschiedene Antworten..
Man muss da sehr genau die Grenzen der Beurteilung ziehen und genau erörtern. Im Sinne von "meine Interpretation von Stück XYZ finde ich der Interpretation von ABC in folgenden Punkten überlegen, weil.."
Das funktioniert.
"Ich bin ein besserer Gitarrist als ABC" funktioniert nicht wirklich..
 

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