Schade eigentlich um den Thread. Eine Diskussion was denn tatsächlich einen "guten" Lehrer ausmacht wäre sicher interessant gewesen, vor allem die Definition mal von aktiven Gesangslehrer zu hören hätte mich interessiert.
MfG
Ich dachte, das wäre schon Thema gewesen, nicht nur hier sondern auch in anderen threads.
Was für mich einen guten Lehrer ausmacht ist vor allem, daß er an mir als Schülerin und an MEINER individuellen Entwicklung interessiert ist. Ich hatte in meinem Leben einige sehr gute LehrerInnen, nicht nur im Bereich Gesang. Ein guter Lehrer für mich ist einer der sagt: "Ja, das was du da gemacht hast ist schon sehr gut, aber du kannst es noch besser, probier es mal so und so....."
Es war mir immer wichtig, von meinem Lehrer oder Lehrerin individuell wahrgenommen und unterrichtet zu werden. Ich erinnere mich an einen Religionslehrer, den ich in meiner ersten Ausbildung mal hatte. Ein etwas ältlicher, auf den ersten Blick auch eher langweiliger Typ. Niemand nahm ihn und seinen Unterricht ernst. In einer Klassenarbeit habe ich mich ein wenig hineingesteigert und soweit ich mich erinnere den Schöpfungsmythos feministisch auseinandergenommen.
) Ich war damals ziemlich auf Krawall... Danach kam er zu mir und sagte sinngemäß: "Also, was Sie da geschrieben haben, dem kann ich ganz und gar nicht zustimmen, aber ich finde es sehr interessant, wie Sie das sehen....". Er war offen - und ich bekam eine sehr gute Note für diese Arbeit.
Gute LehrerInnen fordern dich heraus. Sie sehen, was du kannst genau wie das, was du noch nicht kannst - und helfen dir, herauszufinden, was du brauchst, um dich weiterentwickeln zu können.
Die LehrerInnen, die ich am meisten geschätzt habe waren immer solche, die sehr viel gefordert haben, aber gleichzeitig echte Anerkennung und sogar Begeisterung dafür zeigen konnten, was ich gemacht habe.
Gesang ist eine hochindividuelle Angelegenheit. Gleichzeitig gibt es Kriterien, die eine gute Stimbildung ausmachen.
Es ist meine Pflicht, SchülerInnen auch vehement darauf aufmerksam zu machen, wenn sie etwas mit ihrer Stimme anstellen, das schädigend sein kann. Auf der anderen Seite bin ich immer bereit, Individualität anzuerkennen oder herauszuarbeiten und Stilmittel, die eigen sind zu kultivieren.
Jedenfalls im großen Bereich Pop/Rock und Singer-Songwriter ist das ganz wichtig.
Im letzten Sommer habe ich eine (sehr junge) Schülerin - nach vielen Diskussionen mit ihr - verwarnt, die immer versuchte, viel zu laut und zu brustig zu singen. Ich sagte ihr, wenn sie das weiter so machen würde wäre ich nicht bereit, sie weiter zu unterrichten. Seitdem hat sie beschlossen, sich nun wirklich einzulassen - und tolle Fortschritte gemacht. Das ist die Voraussetzung, um das Belting, das sie sich wünscht auf einer soliden Grundlage zu erlernen.
Niemand kommt bei mir an der Kopfstime vorbei. Auch nicht die Naturbelterinnen, die gerne mal mit verschränkten Armen vor mir stehen und motzen: "Die Kopfstimme ist hässlich, ich kann das nicht". Das ist einfach Teil einer guten Stimmbildung und Basis für Mixed Voice und Belting.
Wenn jemand mit dem Ziel kommt, eine Aufnahmeprüfung in Musicalgesang zu machen bin ich streng, denn da müssen die stilistischen Vorgaben stimmen, sonst kann man die Prüfung nicht bestehen.
Wenn jemand eigene Stücke macht oder eine sehr eigene Art des Singens hat versuche ich, genau diese Eigenheit aufzunehmen und daran zu arbeiten, dass sich das Eigene entfalten kann.
Wenn jeman kommt, der bei Null beginnt kann ich mich ehrlich an jedem Ton freuen, der getroffen ist und leichtgängiger kommt als in der Stunde davor. Manche SchülerInnen müssen sich jeden einzelnen Ton erarbeiten. Ich habe den allergrößten Respekt davor, wenn jemand sich diese Mühe macht um singen zu lernen.
Mit meiner eigenen Stimme hat das alles oft nicht viel zu tun. Wie ich weiter oben schon mal schrieb: Es kann den SchülerInnen im Grunde egal sein, was ich selber als Sängerin mache und wie meine Stimme klingt. Es geht im Unterricht um IHRE Stimmen und ihren Gesang und ihren Musikgeschmack. Und nicht um meinen.