Uschaurischuum
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In den beiden großen Diskussionsthreads hier beim Folk wurde mehrmals das Thema Mittelalter angesprochen, immerhin kam es einmal als Vorschlag für den Experimentierthread, gleichermaßen hat Mittelalter hier keine wirkliche Lobby, und wir tun uns auch etwas schwer, zu definieren, ob und wenn, dann welche mittelalterliche Musik überhaupt etwas beim Folk zu suchen hat.
Mittelalterliche Musik ist Musik aus der Zeit vor der Renaissance, also aus der Zeit vor dem 14. Jahrhundert. Wenn du eine normale Sammlung von klassichen Gitarrenstücken hast, wird diese wahrscheinlich genau da beginnen, bei der Renaissance, mit Stücken wie Greensleeves und dem Alemande von Tilman Susato usw. Mit Renaissance ist die Wiedergeburt der griechischen und römischen Antike nach dem vermeintlich dunklen Mittelalter gemeint.
Je älter die Musik, desto weniger erhaltene schriftliche Aufzeichnungen haben wir, was erhalten ist, stammt wohl eher aus der höfischen und kirchlichen Musik. Jeglicher Versuch, mittelalterliche Musik zu spielen, ist und bleibt der Versuch einer Rekonstruktion, denn wir haben keine Tonträger aus dieser Zeit, und die Aufzeichnungen sind sicherlich verschieden interpretierbar. Vor allem wissen wir nicht, wie die Menschen damals gedacht und gefühlt haben, die haben beispielsweise im Winter 2/3 ihrer Zeit im Dunklen verbracht, Licht war Luxus, je reicher, desto heller wurde das Leben. Sauberes Wasser war ebenfalls Luxus, die sicherste Art, sich nicht am Wasser zu vergiften, war Alkohol zu trinken, zum Bierbrauen wurde Bilsenkraut verwendet, viele Menschen waren also permanent stoned. Auch ein klarer Kopf war wohl ein großer Luxus!
Wir kennen allerdings sicherlich noch die meisten Instrumente, die damals gespielt wurden.
Der ernsthafteste Ansatz, solche Musik zu rekonstruieren, kommt aus der akademischen Ecke, hier haben Menschen viel Zeit damit verbracht und auch Geld investiert, um eine Forschung voran zu treiben. Solche Musik bekommt man in der Regel in den Radiosendern zu hören, die noch vor kurzem als Klassiksender hießen, jetzt eher als Kultursender bezeichnet werden. Die mittelalterliche Musik hat mit Klassik wohl kaum mehr zu tun als die Beatles mit ACDC.
Wichtige Ensembles, die sich mit alter Musik beschäftigen, sind für mich das Hillard Ensemble, oder auch La Reverdie aus Italien. Vor allem La Reverdie zeigen, das auch ernsthafte Forschung nicht unbedingt zu einer verstaubten Interpretation führen muss. http://de.youtube.com/watch?v=a2UHk_VP7lg Es gibt leider nur dieses eine Video, und in der ersten Hälfte wird nur geredet. http://www.lareverdie.com/
Verschiedene andere Ansätze, sich mit mittelalterliche Musik zu beschäftigen, sind beispielsweise, eigene Kompositionen zu schaffen, die ganz im Stil dieser Epoche gehalten sind, wie die Lautenkomposition Elsbeth of Nottingham von Jan Akkerman bzw. Focus.
Ein anderer Ansatz wäre das nicht authentische verdüstern des Mittelalter einerseits, und das verklärende romantisieren andererseits, und jetzt befinden wir uns auch schon auf dem durchschnittlichen Mittelaltermarkt, ein Spektakel, eine Gaudi, die manchen viel Spaß bringt, und daher auch gerechtfertigt sein mag.
Hier stimmt insgesamt kaum etwas. Du wirst in Marktsprech begrüßt, so ähnlich mögen die Menschen zu Zeiten Martin Luthers gesprochen haben. Würdest du auf mittelhochdeutsch angesprochen werden, würdest du's wohl kaum verstehen!
Daz er bî mir læge, wessez iemen,
- nu enwelle got - sô schamt ich mich.
wes er mit mir pflæge, niemer niemen
bevinde daz wan er unt ich
und ein kleinez vogellîn!
tandaradei!
daz mag wol getriuwe sîn.
So dichtete Walter von der Vogelweide, mittelhochdeutsch war allerdings nur eine Lieratursprache zum Zwecke der besseren Verständigung, weil die Leute halt überall ein wenig anders sprachen
oder vielleicht so?
Themu gi folgon sculun
an sô huilike gardos, sô gi ina gangan gisehat,
ia gi than themu hêrron, the thie hoƀos êgi,
selƀon seggiad, that ik iu sende tharod
te gigaruuuenne mîna gôma. Than tôgid he iu ên gôdlîc hûs
das ist noch ein wenig älter, nämlich 9. Jahrhundert, aus Sachsen, aus dem Heliand, einer Nacherzählung des Evangeliums
Dann gehst du um die Ecke, wo du von orientalischen Bauchtänzerinnen empfangen wirst zum brachialen Klang von Dudelsäcken und einem mit Fellen bespannten Drumset.
Ich brauche, glaube ich, nicht lange weiter zu erzählen, möchte an dieser Stelle jedoch würdigen, dass manche dieser mittelaltertümlichen Musiker und sonstigen Künstler durchaus kreativ sind und ihr Publikum gekonnt unterhalten. Bloß mit Mittelalter hat es eben nicht viel zu tun!
Mittelalterliche Musik ist Musik aus der Zeit vor der Renaissance, also aus der Zeit vor dem 14. Jahrhundert. Wenn du eine normale Sammlung von klassichen Gitarrenstücken hast, wird diese wahrscheinlich genau da beginnen, bei der Renaissance, mit Stücken wie Greensleeves und dem Alemande von Tilman Susato usw. Mit Renaissance ist die Wiedergeburt der griechischen und römischen Antike nach dem vermeintlich dunklen Mittelalter gemeint.
Je älter die Musik, desto weniger erhaltene schriftliche Aufzeichnungen haben wir, was erhalten ist, stammt wohl eher aus der höfischen und kirchlichen Musik. Jeglicher Versuch, mittelalterliche Musik zu spielen, ist und bleibt der Versuch einer Rekonstruktion, denn wir haben keine Tonträger aus dieser Zeit, und die Aufzeichnungen sind sicherlich verschieden interpretierbar. Vor allem wissen wir nicht, wie die Menschen damals gedacht und gefühlt haben, die haben beispielsweise im Winter 2/3 ihrer Zeit im Dunklen verbracht, Licht war Luxus, je reicher, desto heller wurde das Leben. Sauberes Wasser war ebenfalls Luxus, die sicherste Art, sich nicht am Wasser zu vergiften, war Alkohol zu trinken, zum Bierbrauen wurde Bilsenkraut verwendet, viele Menschen waren also permanent stoned. Auch ein klarer Kopf war wohl ein großer Luxus!
Wir kennen allerdings sicherlich noch die meisten Instrumente, die damals gespielt wurden.
Der ernsthafteste Ansatz, solche Musik zu rekonstruieren, kommt aus der akademischen Ecke, hier haben Menschen viel Zeit damit verbracht und auch Geld investiert, um eine Forschung voran zu treiben. Solche Musik bekommt man in der Regel in den Radiosendern zu hören, die noch vor kurzem als Klassiksender hießen, jetzt eher als Kultursender bezeichnet werden. Die mittelalterliche Musik hat mit Klassik wohl kaum mehr zu tun als die Beatles mit ACDC.
Wichtige Ensembles, die sich mit alter Musik beschäftigen, sind für mich das Hillard Ensemble, oder auch La Reverdie aus Italien. Vor allem La Reverdie zeigen, das auch ernsthafte Forschung nicht unbedingt zu einer verstaubten Interpretation führen muss. http://de.youtube.com/watch?v=a2UHk_VP7lg Es gibt leider nur dieses eine Video, und in der ersten Hälfte wird nur geredet. http://www.lareverdie.com/
Verschiedene andere Ansätze, sich mit mittelalterliche Musik zu beschäftigen, sind beispielsweise, eigene Kompositionen zu schaffen, die ganz im Stil dieser Epoche gehalten sind, wie die Lautenkomposition Elsbeth of Nottingham von Jan Akkerman bzw. Focus.
Ein anderer Ansatz wäre das nicht authentische verdüstern des Mittelalter einerseits, und das verklärende romantisieren andererseits, und jetzt befinden wir uns auch schon auf dem durchschnittlichen Mittelaltermarkt, ein Spektakel, eine Gaudi, die manchen viel Spaß bringt, und daher auch gerechtfertigt sein mag.
Hier stimmt insgesamt kaum etwas. Du wirst in Marktsprech begrüßt, so ähnlich mögen die Menschen zu Zeiten Martin Luthers gesprochen haben. Würdest du auf mittelhochdeutsch angesprochen werden, würdest du's wohl kaum verstehen!
Daz er bî mir læge, wessez iemen,
- nu enwelle got - sô schamt ich mich.
wes er mit mir pflæge, niemer niemen
bevinde daz wan er unt ich
und ein kleinez vogellîn!
tandaradei!
daz mag wol getriuwe sîn.
So dichtete Walter von der Vogelweide, mittelhochdeutsch war allerdings nur eine Lieratursprache zum Zwecke der besseren Verständigung, weil die Leute halt überall ein wenig anders sprachen
oder vielleicht so?
Themu gi folgon sculun
an sô huilike gardos, sô gi ina gangan gisehat,
ia gi than themu hêrron, the thie hoƀos êgi,
selƀon seggiad, that ik iu sende tharod
te gigaruuuenne mîna gôma. Than tôgid he iu ên gôdlîc hûs
das ist noch ein wenig älter, nämlich 9. Jahrhundert, aus Sachsen, aus dem Heliand, einer Nacherzählung des Evangeliums
Dann gehst du um die Ecke, wo du von orientalischen Bauchtänzerinnen empfangen wirst zum brachialen Klang von Dudelsäcken und einem mit Fellen bespannten Drumset.
Ich brauche, glaube ich, nicht lange weiter zu erzählen, möchte an dieser Stelle jedoch würdigen, dass manche dieser mittelaltertümlichen Musiker und sonstigen Künstler durchaus kreativ sind und ihr Publikum gekonnt unterhalten. Bloß mit Mittelalter hat es eben nicht viel zu tun!
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