Natürlich hätte ich das machen können und mehrere Gitarren mitnehmen können, aber da hätte ich mich nicht wohlgefühlt weil ich es selbst nicht leiden kann wenn jemand ankommt und mir sofort zeigen muss was er denn alles so hat....
Also das halte ich mit Verlaub nicht nur für übertriebene Bescheidenheit, sondern auch für Leichtsinn. Du fährst doch auch nicht nach Italien mit einem Auto ohne Reserverad (oder doch wenigstens ein Pannenset, wobei ich davon nicht so überzeugt bin...). Gerade in einer Hochzeitsband will kein Mensch was davon hören, das halt gerade eine Saite gerissen oder eine Lötstelle gebrochen ist. Da muss die Show weitergehen, das ist das oberste Gesetz. Gitarre schnell im Song wechslen, und in der Pause vor dem nächsten Set die Saite wechseln.
Wenn man fürs Musikmachen bezahlt wird (und das will ich bei einer Hochzeitsband doch sehr hoffen), sind solche Vorbereitungen ein Gebot der professionellen Höflichkeit gegenüber Kunden, Bandkollegen und Gästen. Deshalb sollte man nicht nur immer - mindestens, der Teufel ist ein Eichhörnchen - eine weitere Gitarre dabei haben, sondern auch ein kleines Notfallbesteck als Ersatz für Amp oder Modeller. Das kann ein altes GT-8 oder Pod sein, aber iregndwas muss man für den Fall der Fälle haben. Und natürlich einen zweiten Gitarrengurt (ja, die können auch mal kaputtgehen) und ein bisschen Werkzeug für losgedrehte Schrauben und dergleichen.
Okay, soweit zur Abteilung
, aber das musste ich loswerden, man möge es mir verzeihen. Hab ich halt alles schon hinter mir. Also jetzt zu Deinem eigentlichen Anliegen:
Eine HSS-Strat ist eine prima Sache für fast alle Songs, aaaber: auch wieder bezogen auf speziell diese Sorte Gigs sollte sie wirklich frei von Verstimmungsproblemen sein. Den einen oder anderen falschen Ton hört kein Mensch, aber eine verstimmte Gitarre lässt die ganze Band sehr bescheiden klingen, und das merken sehr wohl auch feiernde Nichtmusiker. Ich persönlich würde nie einen Gig ohne mindestens eine Gitarre ohne Tremolo oder wenigstens einem Floyd Rose machen. Aufliegend eingestellt kann auch reichen, aber da sollte man sich wirklich sehr sicher sein. Auch hier spreche ich aus der Erfahrung, dass eine Strat, die sonst immer sehr stimmstabil war, bei einem Gig einfach nicht in Stimmung bleiben wollte.
Dazu kommt: Natürlich kann man auch mit einer Les Paul einen kompletten Gig machen. Es muss nicht mal eine mit Coil Splitting etc. sein, aber ich würde dabei zu PAF-mäßigen HB raten, die auch Cleansounds gut abdecken. Mein heißgeliebtes 50s Wiring würde ich dabei auch dringend ans Herz legen, weil man damit mMn die schlankeren Sounds einfach in besserer Qualität erzeugen kann. Und man muss weniger mit den Füßen arbeiten, weil man bei passender Verstärkung schon eine Menge Sounds einfach mit den Potis hinregeln kann. Gewicht ist allerdings auch ein Faktor, wenn Deine Paula eine 5 kg-Bohle ist. Da werden 5 Stunden-Auftritte u.U. schon ein wenig anstregend, selbst mit Pausen zwischen den Sets. Auch wenn man Paulas liebt, ist es gar nicht verkehrt, dann mal ein Set mit einer 3 kg-Gitarre einschieben zu können.
Würde mich jemand zwingen, einen solchen Gig mit nur einer Gitarre zu spielen, wäre ich erstens stinksauer, und würde zweitens weder Strat noch Paula oder PRS mitnehmen - meine persönliche Wahl wäre meine Squier Superstrat mit durchgehendem Hals und aufliegend eingestelltem Takeuchi-Floyd Rose. Mit der kann man Wände einreißen, Sie verstimmt sich nicht (auch nicht, wenn mal eine Saite reißen sollte), und eine neue Saite ist mit passendem Werkzeug erstaunlich schnell aufgezogen und gestimmt. Dazu sind die beiden HB (Tonerider Generator Neck mit A2-Magnet und ein '59/Custom Trembucker) mit 50s Wiring und einer Partial Split-Schaltung auch zu sehr guten SC-Sounds fähig. Es ist natürlich weder der perfekte Vintage-Stratsound, noch klingt es wie eine Les Paul; aber wenn man seinen Kram spielen kann
, kann man damit
alles überzeugend klingen lassen, was einer Partyband so abverlangt word.
Zuletzt wollte ich nochmal auf die Außenwirkung zurückkommen. Du bewegst Dich da im mindestens semiprofessionellen Bereich, und da ist auch der Blickwinkel ein anderer. Eben ganz anders, als wenn Du beim Kleinstadt-Festival in einem 45 Minuten-Set vor der örtlichen Muckerpolizei fünfmal die Gitarre wechselst. Bei einer gebuchten Band sehe ich einen Multiständer mit 3 Gitarren nicht als Koketterie, sondern eigentlich als die Untergrenze an, und die Leute, die für Euch zahlen, bekommen höchstens den Eindruck, dass sie für ihr Geld auch was geboten bekommen und sich jemand für Sie Mühe gibt.
Die sind nicht neidisch, sondern
freuen sich, wenn Du "Still Got The Blues" auf der Paula und "Smoke On The Water" auf der Strat spielst!
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Eine weitere Frage habe ich noch, da wir ja ohne Keyboard spielen, wäre es da nicht interessant hier die Melodie der Songs mit der E-Gitarre mitzuspielen und so den Gesang zu unterstützen?
Oder ist das eher den Songs (überwiegend Tanzmukke) nicht dienlich?
Was meint ihr?
Klar, bei manchen Songs geht das schon, aber es könnte auch nerven, wenn man es zu oft macht. Ich gebe Dir aber völlig recht, wenn Du Dir bei der Art Musik Gedanken über die Rolle von zwei Gitarren machst.
Eine Idee ware es vielleicht auch, an und zu mit "Pad"-Sounds zu arbeiten, wie man sie in vielen MultiFX findet. Dort werden über Delays und Modulationen Sounds erzeugt, die sich Keyboard-ähnlich einblenden. Da kann man auch mal einfach einen Akkord stehen lassen, und es füllt schön den Hintergrund. Mit dem kleinen Bonus, dass es das gleichzeitige Singen und Spielen sehr erleichtert, falls das zu Deinem Job in der Band gehört.
Auch nicht schlecht für sowas sind die (wenn auch monophonen) Synthis, die heute oft in Multis integriert sind. Das macht den Bandsound wieder ein Stück vielfältiger, wenn man zB eine Melodielinie spielt. Wobei ich da weniger an die Gesangsmelodie denke, als an wiederkehrende rhythmische Kontrapunkte oder kleine Fills. Es gibt inzwischen aber sogar polyphone Synthis, die man mit dem normalen Gitarrensignal ansteuern kann, etwa von EHX oder Boss. Wenn mal die ersten Gagen kommen, wäre das vielleicht eine Investition in den Bandsound. Ich persönlich spiele einfach gern viel, und auch wenn ich ein alter Rocker bin, würde ich wohl immer noch lieber Synthiesounds mit der Gitarre spielen als Pausen
.
Gruß, bagotrix