einigermassen amüsiert habe ich diese kleine auseinandersetzung beobachtet und da muss ich heiligerbimbam (marco, soweit ich mich recht entsinne, oder?) zustimmen, metal hat für mich - genauso wie fast alle anderen musikstile - etwas mit kunst zu tun: es ist die kunst jemanden zu beigeistern, jemanden emotional oder anderwertig zu berühren. für mich zählt die musik an sich (trotz meiner starken visuellen fixierung) zu der absoluten königsdisziplin der kunst.
ich war mittlerweile auch schon bei einigen konzerten (sicher nicht 400 aber einige waren es trotzdem) und was ich bei diesen konzerten erlebt habe, das ist mehr als nur ein weg gegen die gesellschaft zu rebellieren oder sich selbstbewusst die schädel einzudreschen. ich habe solidarität mit anderen menschen erlebt, rücksichtnahme auf mitglieder der gesellschaft, die von anderen "normalen" menschen nicht in diesem masse akzeptiert werden. und soweit ich mich erinnern kann, rekrutieren sich metal-fans fast immer aus der bürgerlichen schicht, in der zeit von black sabbath eben arbeiterkinder, die mit ihrem leben und ihrer umwelt unzufrieden waren. heute sind durch die intellektualisierung auch andere gruppen wie studenten oder auch akademiker auf die faszination metal aufmerksam geworden und haben sie aufgenommen, verändert, weiterentwickelt. es wurden meta-ebenen entdeckt, die früher - möglicherweise unbewusst - eingewoben wurden und in songs eingebaut. der angesprochene medizin-student, der nach der nacht im club wieder in seine ursprüngliche rolle schlüpft ist für mich ein symbol. ein symbol für weiterentwicklung in persönlicher, musikalischer und gesellschaftlicher form.
die persönliche weiterentwicklung kann man insbesonders am spott der anderen messen: wer wurde nicht schon einmal verlacht wegen seines musikgeschmackes, musste erleben, wie seine bevorzugte musikrichtung durch oberflächliche und plumpe argumentation in den dreck gezogen wird? vermutlich ein minderheit hat sich noch nicht mit diesen problemen konfrontiert gesehen. aber meine persönliche erfahrung in dieser hinsicht war eine interessante: mittlerweile schmerzt mich der spott dieser unwissenden nicht mehr. ich stehe darüber, mir von musikalisch ungebildeten durschnittshörern kommentare bezüglich gesangsstil und outfit der musiker zu herzen zu nehmen. man wächst mit der fuck-you-attitüde mit, wird unempfindlich gegenüber der unberechtigten und argumentationslosen spott der anderen. für mich eine unschätzbare fertigkeit.
dann erwähnte ich noch die musikalische weiterentwicklung: man kann entweder behaupten durch die verschiedenen einflüsse wird der ursprüngliche spirit des metals verwässert, verweichlicht. oder man sieht die unterschiedlichen musikalischen einflüsse als vorteil, als chance zur evolution des gewohnten stiles. die integration von stil-fremden instrumenten, das experimentieren all diese vorgehensweisen sind für mich mehr metal als jedes nietenarmband dieser welt (daher halte ich rebel extravaganza von satyricon für eines der gelungensten black metal-album überhaupt, eine hammond orgel und black metal. wer hätte gedacht, dass so eine kombination funktioniert?). hör nicht auf diese nörgler, probier es aus! an dieser stelle kann man auch wieder an die persönliche weiterentwicklung anknüpfen. müssig zu erwähnen, dass ich fan letzterer auffassung bin...
als weiteren punkt möchte ich auf die gesellschaftliche entwicklung eingehen: wieso sollte man unterschiedliche kulturen mit ihren eigenheiten nicht genauso einfliessen lassen? aber death metal aus brasilien, der genauso klingt wie florida death? wozu? roots von sepultura ist meiner meinung nach ihr originellstes und gelungenstes werk, trotz aller unkenrufe. einfach weil es mehr eigenständigkeit besitzt als die 24. kopie eines trällernden power metal-songs, den man schon in 23 besseren varianten gehört hat. das funktioniert natürlich nicht uneingeschränkt und sollte nicht erzwungen sein (wenn die leute unbedingt wollen und es ihre feste überzeugung ist, dann können sie ja auch eine 25. oder 26. version des power metals nachschieben!) aber gewisse kombinationen haben charme... beispiel: nile und ägypten (instrumente und texte).
im schwitzenden moshpit vor einer bühne sind alle gleich. sie alle fiebern mit glänzenden augen dem auftritt ihrer favoriten entgegen und geniessen die musik, jeder auf seine art und weise. der eine bangt sich die seele aus dem leib, ein anderer steht mit verschränkten armen im hinteren drittel der halle und staunt bauklötze beim solo des gitarristen. leute, die in ihrem brotberuf bankangestellte sind helfen lehrlingen im moshpit auf die beine zu kommen. und wer weisss, vielleicht war der letzte metaller, den du bei dem letzten konzert um feuer gefragt hast, ein installateur, den du sonst keines blickes würdigen würdest. menschen kommen zusammen und erleben gemeinsam begeisterung und das soll bitte keine kunst sein?
vielleicht schlüpfen sie am nächsten tag wieder in ihren anzug, streifen sich ihre krawatte über und gehen ihrem normalen job nach aber wenn du unter dem begriff "metaller" dieses bild als ideal hernimmst, dann gelte ich mit absoluter sicherheit nicht als metal-freak. meine bevorzugte beschäftigung ist es nicht bier-trinkend herumzugröhlen oder faschistoiden gedankengängen nachzuhängen. ich lebe diese musik - aber auf meine art und weise, ich empfinde sie als aufregende parallelwelt, die kunstvoll und schön oder apokalyptisch-düster gestaltet ist. von aussergewöhnlichen menschen mit begabung geschaffen, wie ein geschichtenerzähler fesselnde konstrukte zum leben erweckt.
ja, ich sehe mich als metaller aber ich passe nicht in das klischee vom bier-saufenden proll, genausowenig wie viele andere hier in diesem forum. ich sehe das allerdings nicht als nachteil sondern als unschätzbaren vorteil, verschiedene facetten und unterschiedlichste bildungs-level bilden ein buntes (und nicht schwarz-weisses) bild und tragen so zu einer welt bei, in der eine minderheit nicht als lästiges anhängsel, sondern als wertvolle bereicherung der kultur gesehen wird.
wenn dieser kleine text als aufruf zu mehr toleranz und weniger engstirnigkeit helfen soll, dann habe ich meine schuldigkeit getan.
viel spass mit eurer bevorzugten (oder auch nicht) musik. stay metal. stay unique.