Meine erste dreistimmige Fuge ist fertig. Bin wie immer gespannt auf eurer Urteil.

  • Ersteller kleinershredder
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kleinershredder schrieb:
Ich stelle mir das immer so vor, das wenn einer der großen meister was komponiert hat, dass er sich dann ne einfache melodie vorstellt, in der alles so ist wie man es erwartet.
Und das er sich dann überlegt an welchen stellen er was anderes machen könnte was niemand erwarten würde.

Diese vermutung trifft auf Prokofiew zu, "mein vater hat ganz gewöhnliche einfälle, aber dann 'prokofieriert' er sie", meinte sein sohn. Das heißt, dem zeitstil fügte er seinen personalstil zu.
Meist geht es aber ganz unromantisch zu, komponisten arbeiten auf bestellung (Händel, Bach, Mozart), für den eigenen bedarf (Beethoven, Paganini, Liszt, Chopin), auch zur eigenen bestätigung und freude, manche hören rechtzeitig auf (Rossini) und kochen lieber.
 
Günter Sch. schrieb:
Nun übertreibt mal nicht, jedes alter hat seine eigenarten und prägungsmöglichkeiten, vierjährige brauchen nicht zu komponieren, sie müssen spielerisch ihre bewegungen koordinieren, selbständiger werden, links und recht unterscheiden, sich die schuhe zubinden und vieles andere lernen, auch sprachlich. Bach begann, seine söhne mit 9 jahren zu unterrichten, ein gutes alter. Und "komposition" haben unsere klassiker alle nicht studiert, sie wuchsen in einer praxis auf, in der sie sich zu bewegen und zu äußern wussten. Nur Schubert litt unter seinen mangelhaften, kontrapunktischen fertigkeiten, meldete sich auch bei Herrn Sechter zum unterricht an, starb aber zuvor. Bruckner fing mit 40 an zu komponieren.
Und auch 17jährige sollten sich zeit lassen, es ist nicht jeder ein Mozart (wünschte man ihm nicht statt einer wunderkind"karriere" ein längeres leben?) oder Mendelssohn, und - - - - das komponieren ist schwieriger geworden, statt eines einheitlichen zeitstiles, in dem man sich natürlich bewegte, haben wir heute eine breitgefächerte landschaft von traditionellem, importiertem, populärem, kommerziellem und elitärem. Geduld, aber lasst der erkenntnis taten folgen! Nutzt die zeit, euch eine möglichst breite, nicht nur musikalische allgemeinbildung zu verschaffen.


Wohl wahr...
 
Vielleicht sollte ich mich auch nicht so sehr mit Fugen beschäftigen, sondern vielleicht erstmal andere Polyphone Stücke. Vielleicht Chorsätze von Bruckner?
Mit meinem Gesangslehrer singe ich gerade "Locus iste" von A. Bruckner, es ist eine Graduale, vielleicht kennst du es oder hast es gar und könntest mal einen Blick darauf werfen.

Hier kann man die Noten mit MIDI hintergrund hören.

Vielleicht wärst du mal so nett und würdest mir das so erklären wie die Fuge von Bach, wär Super. Vielleicht geht mir ja ein Licht auf.
 
Wuchinger schrieb:
Vielleicht sollte ich mich auch nicht so sehr mit Fugen beschäftigen, sondern vielleicht erstmal andere Polyphone Stücke. Vielleicht wärst du mal so nett und würdest mir das so erklären wie die Fuge von Bach, wär Super. Vielleicht geht mir ja ein Licht auf.

So arg polyphon ist der satz nicht, eher homophon, nur der bass hat eine geringfügige rhythmische selbständigkeit. Gewürzt wird das ganze mit (auch frei einsetzenden) vorhalten, durchgängen und einer prise chromatik nach art des jahrhunderts. Es aus der partitur zu spielen, wäre eine schöne übung für dich. Welche stimme singst du denn?

Hier ein paar details:
im 1.takt singt der sopran das dissonante "h", es verbindet aber melodisch das vorangegangene "c" mit dem folgenden "a", so etwas nennt man eine durchgangsnote. Das "a" im 2.takt wiederum enthält uns das folgende "g" vor, das ist ein vorhalt.
Im 4.takt müsste der sopran "f" singen, um in der harmonie zu bleiben, aber er mogelt sich von oben hinein (auch ein vorhalt), das erzeugt spannung und macht eine melodische linie interessant. Nach der pause im 4.takt setzt unvermutet die doppeldominante (zwei quintsprünge von "C" ergeben "D") ein und mündet wieder mit einem vorhalt in die dominante. Dann geht es aber gleich zurück ins anfängliche "C" (das "fis" ist wieder weg, stattdessen singt der bass "f", das in das "e" hinableitet (halbtonschritt). Das "f" des soprans im 8.takt ist wieder ein vorhalt, das "c" im 11.takt ein durchgang. Das"ais" im bass (13.takt) vertritt chromatisch das "h" und bereitet eine modulation nach "B" vor, von "B" nach "A" kommt man über eine harmonische "rückung", später von "C" nach "H".

Das alles hat Bruckner bei Simon Sechter in Wien gelernt, und der musste ihn vor übereifer und allzu großem fleiß warnen, was heute wie eine sage klingt, wo alles hoppla-hopp gehen muss und nicht anstrengen darf.
Aber Berlin ist auch kein dorf.
 
Günter Sch. schrieb:


So arg polyphon ist der satz nicht, eher homophon, nur der bass hat eine geringfügige rhythmische selbständigkeit. Gewürzt wird das ganze mit (auch frei einsetzenden) vorhalten, durchgängen und einer prise chromatik nach art des jahrhunderts. Es aus der partitur zu spielen, wäre eine schöne übung für dich. Welche stimme singst du denn?

Hier ein paar details:
im 1.takt singt der sopran das dissonante "h", es verbindet aber melodisch das vorangegangene "c" mit dem folgenden "a", so etwas nennt man eine durchgangsnote. Das "a" im 2.takt wiederum enthält uns das folgende "g" vor, das ist ein vorhalt.
Im 4.takt müsste der sopran "f" singen, um in der harmonie zu bleiben, aber er mogelt sich von oben hinein (auch ein vorhalt), das erzeugt spannung und macht eine melodische linie interessant. Nach der pause im 4.takt setzt unvermutet die doppeldominante (zwei quintsprünge von "C" ergeben "D") ein und mündet wieder mit einem vorhalt in die dominante. Dann geht es aber gleich zurück ins anfängliche "C" (das "fis" ist wieder weg, stattdessen singt der bass "f", das in das "e" hinableitet (halbtonschritt). Das "f" des soprans im 8.takt ist wieder ein vorhalt, das "c" im 11.takt ein durchgang. Das"ais" im bass (13.takt) vertritt chromatisch das "h" und bereitet eine modulation nach "B" vor, von "B" nach "A" kommt man über eine harmonische "rückung", später von "C" nach "H".

Das alles hat Bruckner bei Simon Sechter in Wien gelernt, und der musste ihn vor übereifer und allzu großem fleiß warnen, was heute wie eine sage klingt, wo alles hoppla-hopp gehen muss und nicht anstrengen darf.
Aber Berlin ist auch kein dorf.


Erst einmal vorweg, das ganze beeindruckt mich sehr (nicht Bruckners Graduale, die natürlich auch). Hats du dieses Wissen in deiner Laufbahn als Musiker gesammelt, als sogenanntes "Bardenwissen", oder hast du Musik/Tonsatz (etc.) studiert?

Zu deiner Frage: Ich singe Tenor und Bass (nicht gleichzeitig:)).
Es liegt daran, dass ich noch nicht ganz so lange singe und mich an die Tenorlage erst "herrantrainieren" muss.

Ich muss zugeben, dass in deinem Text noch viele Dinge sind, die ich erst lernen muss.
Was genau man unter "Rückung" versteht, oder "Durchgang" etc.

Warum ist das h im ersten Takt zB. dissonant, weil es eine kleine sekunde vom "c" entfernt ist, also weil es ein dissonantes Intervall ist?

Ich würde mir gern vieles beibringen, aber leider kenn ich keine geeignete Literatur.
Wie auch immer, vielen Dank für die viele Hilfe.

Nicky
 
Ich würde mir gern vieles beibringen, aber leider kenn ich keine geeignete Literatur.

Meine ausbildung war eher irregulär als akademisch, aber dann hats noch zu zwei universitätsdiplomen (die ich als schon erwachsener praktiker "mit links" erwarb) gereicht, man muss ja was vorweisen können, um existent zu sein.
Insofern kann ich dich beruhigen: man kann sehr viel selbst lernen, literatur gibt es massenhaft, schau dich doch in der nächsten bibliothek um.
Speziell: im takt 1, 4.viertel stehen (immer von unten nach oben gelesen, wie man das mit einer partitur macht) c - g - e - h, was dissonant ist als sekunde/septime, wie du richtig bemerkst. Was ein durchgang ist, habe ich an einem beispiel erklärt, von einer konsonanz zur anderen gehen, auch wenn der weg über eine dissonanz führt. Die harmonik des späten 19. jh.s wurde immer reicher und farbiger, die modulationen künstlicher und gesuchter, mit einem schritt kommt Bruckner von C nach H (takt 19/20), solche unvermutete nebeneinanderstellung nicht verwandter akkorde (C und H haben keinen ton gemeinsam, der als brücke dienen könnte) "verrückt" die harmonie (hier um einen halbton).
So etwas ist übrigens nicht neu, höre dir die überraschenden madrigale von Gesualdo di Venosa (16.jh.) an, als regel galt schon damals: nach einer pause kannst du neu einsetzen, wie immer du willst, was Bach auch tut in seinen choralsätzen.
Wenn ich dir weiterhelfen kann - - - - - , das meiste musst du selber tun: halbwegs gut spielen, hören, lesen lernen, verstehen, was in der musik vor sich geht - - - - -
Ich schreibe das nicht als PM, weil es vielleicht auch manch anderen betrifft, der auf der suche ist.
 
ICh habe es jetzt echt versucht kontrapunkte zu erfinden, aber es geht einfach nicht.
Wenn ich irgendeine Melodie zu Papier gebracht habe und eine andere dazukomponieren will passt das vorne und hinten nicht.
 
Wenn ich irgendeine Melodie zu Papier gebracht habe und eine andere dazukomponieren will passt das vorne und hinten nicht.[/quote]

Es gibt verkehrsregeln. Wie wäre es mit einem frage-antwortspiel zwischen zwei stimmen? Die eine ruht sich aus, die andere plaudert weiter und umgekehrt (Bach, Invention Nr.1). Oder du markierst konsonanzen auf den guten (betonten) taktteilen und füllst die zwischenräume in beiden stimmen rhythmisch verschieden aus. Ich werde mich mal umsehen, ob es geeignete literatur für euch sorgenkinder gibt.
 
Mein Problem ist glaube ich auch das ich nicht so richtig aufschreiben kann was ich denke.
 
Günter Sch. schrieb:
Ich werde mich mal umsehen, ob es geeignete literatur für euch sorgenkinder gibt.


Wenn du auch Literatur dazu findest/kennst, sag bitte bescheid!
 
Zu den Hoftänzen, da reicht es ja bei wikipedia nach der form zu gucken.
Weil Form und Technik ja zwei verschiedene dinge sind.
Wenn du Homophone Melodien komponieren kannst reicht das ja für die meisten Tänze, du musst diese MElodien halt nur noch in die Richtige Form Packen.
 
ich muss schon sagen. das gefällt mir. bin zwar eher Metaller aber Barocke Musik finde ich wirklich gut.
 
Wuchinger schrieb:
Wenn du auch Literatur
Wuchinger schrieb:
dazu findest/kennst, sag bitte bescheid!


Suiten und partiten, wo diese ex-modetänze vorkommen, gibt es massenhaft, bei Bach "Französische", "Englische", "Partiten". Jeder tanz hat, da an bestimmte schrittfolge gebunden, eine charakteristische taktart und ein bestimmtes tempo wie die standard-turnier-tänze heute. Wenn da die musiker um ein weniges abweichen, werden die tänzer konfus (auch wenn sie ein stück nicht kennen, und so werden immer dieselben gespielt, da gibt es nur einen tango und nur einen Paso doble).
Übrigens kann von homophonie keine rede sein, besonders die "Gigues" sind bei Bach raffiniert kontrapunktisch mit umkehrungen und krebs angelegt, manche Sarabande ist rhythmisch äußerst verzwickt, und die Courante (Partita e-moll) ist durchweg off-beat.
Was interessiert dich speziell? Da es eines meiner spezialgebiete ist, kann ich nicht alles vor dir ausbreiten. Die einzelnen typen bekommst du in jedem lexikon erklärt.
 
DTV Wörterbuch "Musik"
Gerhard Dietel, Bärenreiter-Verlag 15.50

Konzis und informativ, reicht für ein langes musikerleben

"Klassik fürDummies", Sonderausgabe
Wiley VCH 20.40

Unterhaltsam, nur - - - gibt es die angesprochene spezies hier im Board?

"ABC Musik", allgemeine Musiklehre
W. Ziegenrücker, Breitkopf und Härtel 8.40

Durchaus empfehlenswert

Über Haunschild ist schon viel gesagt worden, ein "muss" für junge leute.

Beim kontrapunkt wird schon einiges voraugesetzt, de la Mothe ist nichts für anfänger, aber gut.

Es gibt fast alles, wenn man sucht: lernen ist leicht, wäre nicht das leichte schwer.
Ein angehender artist, der mit dem dreifachen salto beginnt, fällt auf die nase und wird seine trainingsmethoden umstellen, musik tut den betreffenden nicht weh, oder?
 
ICh meinte ja nicht dfas alles homophon ist, sondern das man da auch schon was mit homophonen Melodien machen kann, um sich die Formen klar zu machen.
 
kleinershredder schrieb:
ICh meinte ja nicht dfas alles homophon ist, sondern das man da auch schon was mit homophonen Melodien machen kann, um sich die Formen klar zu machen.

Die formen dieser sätze sind sehr einfach: 2 teile, die jeweils wiederholt werden. Harmonisch: der erste endet in der dominante, der zweite moduliert und kehrt zur tonika zurück. Alle sätze haben die gleiche tonart, die satzweise ist bei lebhaften sätzen meist zweistimmig polyphon, langsamere wie die allemande, trios von menuetts sind drei-und mehrstimmig wie die vollgriffigen sarabanden, die bei dem langsamen tempo allzu dünn klingen würden.
 
Günter Sch. schrieb:

Was interessiert dich speziell? Da es eines meiner spezialgebiete ist, kann ich nicht alles vor dir ausbreiten. Die einzelnen typen bekommst du in jedem lexikon erklärt.


Also, bei meinem nächsten Auftritt, möchte ich zwischendurch gern etwas aus Bachs Lautensuiten spielen. Dazu habe ich zwei Tänzer die dazu tanzen (Frau u. Mann) War schon am überlegen was und hatte mir die Sarabande aus der Lute Suite in "a" ausgesucht, find es aber nicht ganz so passend und hab mich daher für den Bourée aus der Lute Suite in "e" entschieden. Ich hab ihn mal in Anhang als Midi gestellt. Ich würde den Tanz UNBEDINGT lernen wollen (geh sonst auch auf eine Tanzschule, aber für Flamenco) und es dann den beiden Tänzern (sind keine richtigen Tänzer nur Klassenkameraden die bereit wären das zu lernen) beibringen.
Wenn du vorschläge für was besseres, was spannenderes, oder gar lustigeres hast nur zu, du bist der Fachmann. :)
Ich hab im Internet schon viel gesucht aber nie was brauchbares gefunden, weder Lehrer noch Aufzeichnungen oder SKizzen zum selbst beibringen.

Hilfe! :)

Nicky
 

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  • BACH_J~3.mid
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Das kann ja lustig werden. Mit einer choreographie kann ich nicht dienen, aber es gibt im klassischen ballett einen "pas de bourrée" (da kannst du nachschlagen oder deine tanzlehrerin fragen), meine frau hätte ihn dir vormachen können. Mit einer bourrée (die endung sagt, sie ist weiblich) bist du sicherlich besser beraten als mit einer sarabande, sie ist lebhafter, lustiger und weniger körperbetont. Die sarabande ist spanisch/maurisch, erotisch, deshalb war sie dann im prüden Spanien auch verboten. Diese tänze waren keine bühnen- sondern gesellschaftstänze und wurden von jungen adligen jahrelang geübt, allein für das menuett rechnete man 2 jahre. Man hatte ja auch nicht viel anderes zu tun. Was noch? Viel spaß.
U.a
www.abt.org/education/dictionary/terms/pas_bourrees.html
 
Mir ist schon klar, dass das keine Bühnentänze sind. Ich mach das auch nur für einen Schulauftritt und deshalb muss es nicht wirklich professionell sein.
Wie kann ich denn was passendes zu dieser Bourée finden, muss ja nicht wirklich komplex sein, soll ja nur als kleiner Witz gelten. Meine Musiklehrerin sagte, dass sie mal eine Fortbildung machte und dass es garnicht so schwer sei es nur anstrengend ist, das alles auswendig zu lernen anhand der Skizzen. Gibts denn noch eine Möglichkeit nachzuschaun, dieses Balletbourée könnte ja etwas schwer sein.
 
Gibts denn noch eine Möglichkeit nachzuschaun, dieses Balletbourée könnte ja etwas schwer sein.[/quote]

Dazu braucht man sicherlich länger als zwei jahre, eine ausbildung zum klassischen tanz und eine spätere tätigkeit ist wohl das anstrengendste und aufopferungsvollste, was ich kenne, vergleichbar der sportgymnastik oder artistik. Aber wenn du dich wie ich bei "pas de bourrée" durchgegoogelt hast, wirst du schritt-schemata gefunden haben, die ich für einen ganz gewöhnlichen nachstellschritt halte, der nach allen richtungen ausgeführt werden kann, tänzer dabei immer auge in auge. Deine lauten-bourrée im kopf, probier doch einfach etwas aus, übrigens sind mädchen wesentlich erfindungsreicher auf diesem gebiet, ziehe deine klassenkameradin zu rate und spiel ihr was vor (MM=Mälzels Metronom ewa 80/90 oder etwas mehr die halbe note, immer mit 2 achteln auftakt).
 

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